Alternative Stadtrundgänge
Touristische Stadtführungen ähneln sich an allen Reisezielen, mehr oder weniger. Sie erzählen von den Besonderheiten des Ortes und schildern ihn in übertriebenen, teilweise surrealen Begriffen. Die beglückten Tourist/innen werden mit einer Flut von Jahrestagen, Daten, Namen von Architekten und Künstler/innen überfordert. Geflissentlich übersehen werden die Makel und Mängel, häufig auch die Geschichte.
Die Geschichte der armen Leute und der arbeitenden Bevölkerung wird bei touristischen Besuchen häufig ausgeblendet, die Orte werden reduziert auf Attraktionen. Viel zu oft ist Tourismus ein Wettlauf um Besuchs- und Übernachtungszahlen, immer auf dem Sprung zu einem neuen Einnahmerekord. Verschwiegen wird, dass die im Sektor arbeitenden Menschen mit die schlechtesten Arbeitsbedingungen haben und von Saison zu Saison prekär leben.
Die Herangehensweise von BASKALE ist umgekehrt. Bei unseren alternativen Stadtrundgängen nehmen wir die jüngste Geschichte als Ausgangspunkt und versuchen, aus ihr die Gegenwart zu erklären, die sich den Reisenden heute darstellt. Wir erzählen vom Krieg und seinen Spuren, von Konflikten, von Nationalismus und von den Stadtteilen, in denen die Armen lebten und leben. Wir sind davon überzeugt, dass ohne dieses Wissen die Wirklichkeit des Baskenlandes und seiner Orte kaum verstanden werden kann. Dabei vernachlässigen wir möglicherweise die Geschichte der Kirchen, Brücken und Architekten ein wenig. Unsere Rundgänge vermitteln Nähe und persönliche Ansprechbarkeit. Auch für unübliche Fragen.
Wir beginnen mit unserem Rundgang in der Altstadt von Bilbao. Zweite Station ist der Arbeiter-Stadtteil San Francisco. Auch Besuche in die vom Tourismus ignorierten "verlorenen" Stadtteile sind denkbar: Altamira, Kobeta, Karamelo. Vergleichbare Rundgänge bietet BASKALE auch in Gernika und Donostia (San Sebastian) an.
Den Veranstalter*innen ist bewusst, dass beim Lesen der Texte oder bei der Teilnahme an den alternativen Rundgängen der Eindruck entstehen kann, als solle ein negativer Eindruck der Stadt vermittelt werden. Dem ist nicht so, im Gegenteil. Die von uns abgebotenen Besuche vermitteln eine andere Sicht auf die Stadtgeschichte, abseits von touristischen Halbwahrheiten und historischen Blackouts. Wer meint, Bilbao nach einem Besuch des allgegenwärtigen G-Museums zu kennen, der irrt. Für einen halbwegs realistischen Eindruck von dieser Stadt ist das Grundwissen über die Industrialisierung, die große Einwanderung und die Diktatur eine vorzügliche Zutat. Dass zum Beispiel die baskische Sprache in Bilbao einen so schlechten Stellenwert hat, steht mit diesen drei Fakten in Zusammenhang. Die Geschichte von 1937 ist bis heute nicht aufgearbeitet, die Opfer des Faschismus haben in viel zu geringem Umfang Anerkennung und Wiedergutmachung erlebt. Ihnen ist unsere Arbeit gewidmet.
Broschüre:
Eine ausführliche Beschreibung des Rundgangs durch die Altstadt von Bilbao und den Stadtteil San Francisco, mit der Schilderung der Spuren des Spanischen Krieges von 1936 bis 1939 liegt in PDF-Format vor (50 Seiten) und kann in Papierform bestellt werden bei: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Die Broschüre mit dem Titel "Historische Blicke auf Bilbao" geht thematisch über die Orte der Rundgänge hinaus, sie bezieht sich auf die gesamte Stadt und darüber hinaus. Ihre Besonderheit sind nicht die Fakten selbst, sondern ihre Zusammenstellung. Zwar gibt es viele Untersuchungen und Forschungen, Bücher, Archive und Befragungen von Zeitzeugen hinsichtlich der Zeit des Krieges und der Diktatur, jedoch sind diese nirgendwo zusammengefasst. Im Brennpunkt steht mehr als einmal der fragwürdige Umgang der Stadtverwaltung Bilbao mit den vom Gesetz verbotenen faschistischen Symbolen, die in Bilbao an vielen Stellen öffentlich zu sehen sind.
Die in der Broschüre enthaltene Zusammenstellung macht die Information über die Auswirkungen der Franco-Diktatur in Bilbao zum ersten Mal einem interessierten deutsch-sprachigen Publikum zugänglich und bietet die Chance, sich über diese Kapitel der bilbainischen und baskischen Geschichte auf eine ganz andere Art zu informieren.