Massen-Tourismus ist ein relativ neues Phänomen im Baskenland, in den betroffenen Zentren führt dies zu Verteuerung und Vertreibung: Gentrifizierung. Aber nicht nur Tourismus ist verantwortlich, auch die neoliberale Urbanismus-Politik.
“Wie nie zuvor“
Obwohl sie bereits im März begannen, brachten die Osterferien Touristen wie nie zuvor ins Baskenland. Aus dem spanischen Staat wird gemeldet, man habe von Januar bis März 16 Millionen Touristen empfangen, ein neuer Rekord. Ob dieses fragwürdigen Rekords reiben sich die Tourismus-Betreiber die Hände. Gespalten sind die in diesem Bereich zu prekären Bedingungen Beschäftigten. Verzweifelt die Hände über dem Kopf schlugen jene zusammen, die in den besuchten Städten und Vierteln leben: Gentrifizierung!
Das Armenhaus Portugal
Portugal: Teuerste Wohnungen der Welt und niedrigste Löhne in Europa – Massive soziale Proteste weiten sich aus. Die Zeit des sozialen Friedens für die sozialistische Regierung ist vorbei. Da außergewöhnliche Situationen auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordern, ist Lehrer Luís Sottomaior im Norden des Landes in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Vor der Schule wurde ein Zelt errichtet und in einem Wohnmobil wird der Lehrer nun seinen Protest fortführen. Telepolis-Bericht von Ralf Streck.
Gründe für die Krise
Die Gründung von Airbnb, einem Vermittlungs-Portal für private Wohnungen an Reisende hat den Tourismus-Sektor revolutioniert und den Wohnungsmarkt in vielen Tourismus-Hochburgen stark beeinflusst. Aus dem Ideal von Nebeneinkünften für Einkommensschwache wurde ein mächtiges Instrument zur Vertreibung von alteingesessenen Mieter*innen. Ein Geschäftsführer von Airbnb hat allerdings eingeräumt, dass das Airbnb-Modell in die Krise gekommen ist und das Unternehmen gerade nicht seine besten Zeiten erlebt.
… kolonisieren Bilbao
Die jüngste Studie der Tourismus-Abteilung der baskischen Regierung ist schlüssig: Bei Nachforschungen hat sich herausgestellt, dass ein großer Teil der auf Internet-Plattformen angebotenen Tourismus-Unterkünfte nicht offiziell registriert ist und somit nicht den Vorschriften entspricht. Die Zahl der Wohnungen für touristische Zwecke in Bizkaia ist im Jahr 2022 um 48%, in Bilbo um 35,7% in die Höhe geschnellt. Die Statistik geht von 1.859 "legalen" Wohnungen aus, die Anzeigenzahl ist deutlich höher.
Donostia begehrt auf
Immer mehr Menschen aus der Bevölkerung von Donostia (San Sebastian) ärgern sich über die Folgen des Massen-Tourismus. Die Besucherlawine im Sommer 2023 hat erneut deutlich gemacht, dass die Massen von Reisenden nicht mit Lebensqualität in den heimgesuchten Stadtvierteln zu vereinbaren sind. Die Institutionen selbst, wie die Tourismus-Abteilung, haben Maßnahmen ergriffen, um diese Situation zu regulieren, sie setzen auf die Entzerrung des Tourismus auf das ganze Jahr und auf Internationalisierung.
Illegale Angebote in Navarra
In Navarra existieren mehr als 1.000 Tourismus-Wohnungen. Gegen illegale Vermietungs-Angebote will die Regierung strenger vorgehen. Von den Vermietungs-Plattformen Booking und Airbnb fordert sie Informationen über 70 Wohnungen, die ohne Eintragung im Tourismus-Register öffentlich angeboten werden. In den letzten 6 Jahren wurden 173 illegal funktionierende Tourismus-Objekte mit Geldstrafen belegt. Ohne sanktionierende Kontrolle geht nichts, doch Inspektionen sind schlecht besetzt und bleiben wirkungslos.
Portugal tritt auf die Bremse
Wie alle Orte mit Massentourismus erlebt auch Portugal, dass die zunehmende Zahl von privaten Tourismus-Wohnungen zu völlig inakzeptablen Zuständen auf dem Wohnungsmarkt führen. Die Regierung zieht deshalb mit einem Gesetz die Notbremse und bremst die Zahl der Tourismus-Wohnungen. Bekanntermaßen führen private Reise-Unterkünfte zu Verteuerung der Mieten und zu Verdrängung von Ärmeren: Gentrifizierung. Die Maßnahme kann verstanden werden als Aufruf an Länder wie Spanien, die das gleiche Problem haben.
Bilbo ertrinkt im Tourismus
Die Altstadt von Bilbao hat einen kritischen Punkt erreicht, durch den die Lebensqualität ernsthaft in Frage gestellt wird. Im Rahmen des derzeitigen Stadtmodells ist der Stadtteil zu einem kommerziellen und touristischen Zentrum geworden, das die Bedürfnisse der Nachbarinnen und Nachbarn völlig außer Acht lässt und ausschließlich auf die Interessen des privaten Kapitals ausgerichtet wird. Nach der Pandemie-Zwangspause hat erneut ein Massentourismus eingesetzt, der alle Rekorde zu brechen verspricht.