mwhg1Wer soll das bezahlen?

Die Mietpreise in den vier baskischen Hauptstädten sind in den letzten 18 Monaten in die Höhe geschnellt. Dies geht aus einer Studie hervor, die ein Immobilien-Unternehmen auf der Grundlage der auf seiner Webseite veröffentlichten Angebote errechnet hat. Wohnungen mit einer Miete von weniger als 750 Euro werden als "erschwinglich" oder bezahlbar angesehen – nur leider gibt es sie fast nicht mehr. Der Grenzwert 750 Euro macht deutlich, wie stark die Mieten in den Hauptstädten steigen.

Donostia (San Sebastian) schreibt Rekordzahlen: Wer eine Wohnung sucht und nicht mehr als 750 Euro bezahlen will, sollte sich eine andere Stadt aussuchen. Preise auf Höchstniveau.

Mieten für weniger als 750 Euro – davon können in den vier Metropolen des Baskenlandes (Iruñea, Donostia, Gasteiz, Bilbo) immer mehr Personen nur noch träumen. Denn eine Mietwohnung für weniger als 750 Euro pro Monat zu finden, wird langsam zur bekannten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Das betrifft alle Hauptstädte in Hego Euskal Herria (Süd-Baskenland). Einem Bericht des Immobilien-Portals IIC (Name bekannt, wird an dieser Stelle nicht genannt) zufolge hat sich die Situation auf den Wohnungsmärkten in den letzten anderthalb Jahren erheblich verschlechtert.

Bei seiner Studie geht IIC zweispurig vor. Ein Miet-Grenzwert sind die genannten 750 Euro, ein zweiter sind 1.000 Euro Monatsmiete, um die Dynamik der Preisentwicklung besser darzustellen. IIC vergleicht die im August 2022 erhobenen Daten mit denen der vorherigen Analyse, die im März 2021 veröffentlicht wurde (18 Monate). Dabei rufen vor allem die Zahlen in Donostia (San Sebastian) große Besorgnis hervor. Hier ist der Anteil der Mieten unter 750 Euro im besagten Zeitraum von 9% auf die symbolische Ziffer von 1% gesunken. De facto existieren solche Angebote also gar nicht mehr. Im spanischen Staat liegen nur Palma de Mallorca und Barcelona auf dem gleichen Hoch-Niveau. Auf der unteren Seite der Statistik stehen Palencia (99%), Ciudad Real (97%) und Zamora (95%).

Wenn ein zweiter Grenzwert von 1.000 Euro zu Grunde gelegt wird, erscheint ein ähnlich düsteres Bild. Wurden vor anderthalb Jahren noch fast die Hälfte der Mietwohnungen in Donostia, nämlich 47%, für weniger als 1.000 Euro angeboten, so sind es jetzt nur noch 12%, also weniger als jede zehnte Wohnung, ein Rückgang um 35%. In keiner anderen spanischen Hauptstadt liegen so wenige Angebote unter der Tausendergrenze. Die nächsten auf dieser unrühmlichen Liste sind Barcelona (13%) und Palma de Mallorca (16%). Zwischen diesen drei Städten an der Spitze und dem großen Rest klafft eine weite Lücke, denn an vierter Stelle steht etwas “abgeschlagen“ Madrid mit 27%.

Erdgeschoss für 625 Euro

mwhg2Ein kurzer Blick auf die IIC-Website genügt, um sich ein Bild zu machen, in welche Richtung sich die Situation in der Hauptstadt von Gipuzkoa entwickelt. Nur fünf Angebote liegen unter 750 Euro. Das günstigste ist eine 75 Quadratmeter große, nach innen orientierte Erdgeschoss-Wohnung ohne Aufzug im Stadtteil Intxaurrondo, das heißt, zur Straße gibt es keine Fenster. Für diesen “Keller“ sollen monatlich 625 Euro abgedrückt werden. Für die Hälfte, nämlich 325 Euro, kann das billigste Zimmer an der Grenze zwischen Donostia und Pasai Antxo gemietet werden.

Am anderen Ende der Skala gibt es Monatsmieten von bis zu 5.000 Euro, wobei die meisten dieser höheren Preise auf Touristen abzielen, solche Objekte werden auf Monatsbasis vermietet. Der Boom bei den Tourismus-Wohnungen hat das Angebot für einheimische Wohnungssuchende erheblich eingeschränkt.

Bilbo, Gasteiz, Iruñea

Auch in den anderen baskischen Hauptstädten sind die Zahlen für Unter-750-Euro-Angebote nicht gerade berauschend. Für diesen Preis werden in Bilbo und Iruñea (Pamplona) nur 4% der inserierten Miet-Wohnungen angeboten, in Vitoria-Gasteiz sind es gerade noch 5%. Im März 2021 (vor 18 Monaten) waren es in Bilbo noch 21% (minus 17), in Iruñea 32% (minus 28) und in Gasteiz 47% (minus 42). Eine ernüchternde Bilanz.

In der Spanne unterhalb von 1.000 Euro stellt sich die Situation etwas besser dar, aber auch hier ist der Preisanstieg deutlich spürbar, mit einem prozentualen Rückgang von etwa 20 Punkten in siebzehn Monaten. Die Zahl der für unter 1.000 Euro angebotenen Mietwohnungen ist in Bilbo von 65% auf 40% gesunken (-25), Iruñea von 74% auf 51% (-23) und Gasteiz von 84% auf 64% (-20). Der Durchschnitt in den Hauptstädten des Staates insgesamt sank von 69% auf 52% (minus 17) – die baskischen Metropolen sind der Konkurrenz somit weit voraus.

Diese Daten sind nicht geeignet, mit Optimismus in die Zukunft zu schauen. Verschärft wird dieser Pessimismus beim Blick auf die derzeitige Inflationsrate: im Baskenland (wie im Staat) sind die Preise in einem Jahr um mehr als 10% gestiegen. Wenn gleichzeitig Einkommens-Verbesserungen in gleicher Höhe ausbleiben, heißt das, dass alle Betroffenen ein Zehntel ihrer Kaufkraft verlieren. Je geringer die Familien-Einnahmen, desto stärker wirken Inflation und Preissteigerung im Immobilienbereich. Bis zur Unbezahlbarkeit.

Daten der Provinzen

mwhg3IIC stellt auch Daten für die Provinzen zur Verfügung. Diese Zahlen sind nicht ganz so negativ wie in den Hauptstädten. Aber auch sie zeigen, wie schwierig es ist, eine Wohnung unter 750 Euro zu finden. Auch außerhalb der Gebiete, in denen es als "normal" gilt, aufgrund der touristischen Nachfrage oder der angebotenen Dienstleistungen hohe Preise zu bezahlen.

In Araba, Bizkaia und Gipuzkoa ist der Prozentsatz an "erschwinglichen" Unterkünften unter den bei IIC inserierten Wohnungen mit 8% jeweils gleich hoch. In Bizkaia sind es 109 von 1.422, in Araba 9 von 108 und in Gipuzkoa 30 von 375, während der Anteil in Nafarroa doppelt so hoch ist (16%). Fraglich ist, ob der Unterschied zwischen Stadt und Land, der sich aus diesen Vergleichszahlen ergibt, positiv zu werten ist. Denn es handelt sich um einen altbekannten Umstand. In der Stadt sind die Immobilien teurer, aber der Arbeitsplatz ist näher. Auf dem Land gilt das Gegenteil, ohne Fahrzeug kommt hier niemand aus, was die niedrigeren Mieten letztendlich wieder ausgleicht.

Beim Grenzwert von 1.000 Euro gilt auf Provinzebene: 65% der Angebote in Araba liegen unter diesem Preis, in Nafarroa sind es 60%, in Bizkaia 52%. Gipuzkoa liefert auch in dieser Skala den Negativ-Rekord: nur 29% des Gesamtangebots an Mietwohnungen liegt unter dem Preis von 1.000 Euro.

Ursachen?

Nach den Hintergründen dieser Negativ-Entwicklung auf dem Mietwohnungs-Markt wird in der Immobilien-Studie nicht gefragt. Denn das wäre Politik und die ist nicht gefragt, wenn es um Kommissionen und Marktanteile geht. Wer die Wirtschaftsentwicklung der letzten 20 Jahre halbwegs wach verfolgt hat, weiß dennoch, wo die Probleme liegen. Überall wird auf Tourismus gesetzt, immer mehr Mietwohnungen werden in diesen rentableren Bereich verlagert, der “normale“ Markt stagniert oder wird reduziert, die Preise steigen.

Daneben hat Tourismus eine zweite Dynamik, jene der Investition. Klein- und Groß-Investoren sehen im Baskenland immer stärker eine Region, in der es sich lohnt, in Form von Immobilien Geld anzulegen. Was dem Markt zusätzlich Objekte entzieht. Ein öffentlicher und sozialer Wohnungsbau, der dieser Entwicklung Argumente entgegensetzen könnte, glänzt jedoch durch Abwesenheit.

ANMERKUNGEN:

(1) “Alquiler por menos de 750 euros, una especie en vías de extinción en las capitales vascas” (Mieten für weniger als 750 Euro, in baskischen Hauptstädten eine vom Aussterben gefährdete Spezies), Gara, 2022-09-20 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(*) Steigende Mietpreise

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-09-23)

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