lanestosa07Höhlentour im baskischen Westen

Die 300-Seelen-Gemeinde Lanestosa gehört zur Provinz Bizkaia und liegt im äußersten Westen der Autonomen Gemeinschaft Baskenland, im Gebiet der Encartaciones (bsk: Enkarterri). Im Westen grenzt der zur baskischen Provinz Bizkaia gehörende Landkreis an die Region Kantabrien, im Süden liegt die Provinz Burgos. Lanestosa ist die westlichste Gemeinde des Baskenlandes, Enkarterri ist eine bergig karstige und von Landwirtschaft geprägte Gegend, die eine Reihe von interessanten Höhlen bietet.

Vier dieser Höhlen ragen aus der langen Liste heraus: Pozalagua mit den Kringel-Stalaktiten und einer unglaublichen Zerstörungs-Geschichte nahe Ranero; die Museumshöhle KobenKoba oberhalb von Lanestosa; Covalana, deren Höhlenmalereien nur noch in kleinen Besuchsgruppen zu besichtigen sind; und Cullalvera mit den auffällig großen Tropfsteinhallen bei Ramales, schon knapp außerhalb der baskischen Grenze. (10.09.2014)

Die gesprengte Höhle

Auf der Fahrt nach Lanestosa beginnen wir mit einem Besuch der Pozalagua Höhle. Der Weg führt uns über Sudupe, Balmaseda, durch das Karrantza-Tal, bis ins Dorf Ranero. Vom Barrio Rioseco aus geht es steil in die Berge, bis unter den Gipfel des Berges Torca del Carlista (354m). Pozalagua ist eine Tropfsteinhöhle, deren kleine Stalaktiten nicht nach unten zeigen wie es die Schwerkraft vermuten lässt. Stattdessen sind sie gekringelt wie Schweineschwänzchen. Eine Theorie besagt, diese Form sei eine Folge von Windböen, die durch die Höhle fegen. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass der Berg nicht nur eine Höhle von großem historischen Wert beherbergt, sondern dazu einen Steinbruch, an dem bis vor wenigen Jahren gesprengt wurde, zu sehen direkt neben dem Höhleneingang. Die letzte dieser Sprengungen führte zum Einbruch einer der großen Säle der Höhle – ein unschätzbarer Verlust. Erst nach diesem kulturhistorischen Super-GAU wurden weitere Dynamiteinsätze verboten. Leider sind solcherart Interessenkonflikte zwischen Industrie und Kulturerbe im Baskenland keine Seltenheit, die Praileaitz-Höhle in Gipuzkoa (mit Höhlen-Malereien) erleidet ein ähnliches Schicksal. Entdeckt wurde Pozalagua ebenfalls bei einer Sprengung, die 1957 zufällig eine der Hallen freilegte, im Jahr 1958 wurde sie zum ersten Mal erforscht. Pozalagua ist bekannt für ihre Dimensionen, die Haupthalle ist die größte Europas und die drittgrößte der Erde. Sie ist 500m lang, 230m breit und hat eine Höhe von 125m – das gesamte Guggenheim-Museum würde dort reinpassen!lanestosa04

Ca. 100 Meter vor dem Höhleneingang führt ein steiniger Weg zum Gipfel des Berges Torca del Carlista. Im Jahr 2013 wurde die Höhle vom spanienweit bekannten Repsol-Reiseführer per Volksabstimmung zur "Besten Ecke" (Mejor Rincón) gewählt, unter vielen anderen sehenwerten Naturschauplätzen. Die Kreisverwaltung Karrantza hat diesen Erfolg umgemünzt in einen touristischen Erfolg. Die Besuchszahlen 2014 stiegen deutlich an, auch andere Sehenswürdigkeiten wurden attraktiver gestaltet. Erwähnenswert der Tierpark Karpin, mit freilaufenden Tieren und Modellen ausgestorbener Spezies wie Saurier und Mammuts. Der Park hat didaktische Hintergründe, die ausgestellten Tiere waren Opfer von illegaler Jagd und Handel, alle sind in Gefangenschaft geboren und sind somit nicht in der Lage, in der Wildnis zu leben.

Lanestosa

Bis Lanestosa sind es nun noch 11km, der Ort liegt in einem langgezogenen Tal, an dessen beiden Seiten es steil aufwärts geht. Auf der Ostseite, wenige Meter über dem Dorf liegt eine weitere Höhle, die KobenKoba, eine Art Höhlenmuseum, das in der Judios-Höhle eingerichtet wurde und als das älteste Höhlenmuseum in Europa gilt. In ihr sind keine Höhlenmalereien zu finden, dafür sind die verschiedenen Hallen thematisch gestaltet und stellen die ersten künstlerischen Schritte der Menscheit vor zehn- bis dreißigtausend Jahren dar. Im Nordsaal wird das urzeitliche Leben geschildert und die Technik, mit der die Urzeitgenossen die Höhlenwände bemalten. Der Südsaal ist eine Art Pinakothek, in der die bekanntesten Höhlenmalereien Europas nachgestellt sind: Altamira, Ekain, Lascaux, Pech-Merle, etc. Das Ganze untermalt mit Musik und geheimnisvoller Atmosphäre, für Kinder sicher eindrucksvoll.

Lanestosa hat eine nette kommunale Pension, in der lediglich in den Sommerferien laute Jugendgruppen stören könnten. Interessant ist die mittelalterliche Altstadt, daneben die ehemals prachtvollen Indiano-Villen, die von zurückgekehrten Amerika-Auswanderern gebaut wurden und heute leider vielfach leer stehen und verfallen. Als Zeichen ihres Reichtums pflanzten die Heimkehrenden neben ihre stattlichen Häuser Palmen, die in der ganzen Enkarterri-Gegend (spn: Encartaciones) bis heute noch vielfach zu bewundern sind. Indianos werden sie genannt, die Rückkehrer, nach dem Kontinent, in dem sie ihren Reichtum gemacht haben. Denn bekanntlich suchte Kloumbus Indien als er sich auf den Weg in den Westen machte und Südamerika fand. Von den tausenden von Indianos sind nur wenige zurückgekommen, denn die meisten hatten keinen Erfolg, starben arm und hatten weder Geld noch Grund, heimzukehren. (Ein sehenswertes Museum zur Geschichte der Indianos steht übrigens im asturischen Ort Colondres, gleich hinter der kantabrischen Grenze.)lanestosa06

Links und rechts von Lanestosa geht es aus dem engen Tal hinauf in die Berge, die nach einiger Steigemühe schöne Ausblicke liefern. Unmöglich, an einem einzigen Tag alle natürlichen Sehenswürdigkeiten zu genießen, wir schlagen deshalb für diese Höhlen-Fahrt eine Übernachtung vor.

Auffällig ist der Unterschied vom beschaulichen Baskendorf Lanestosa zum wenige Kilometer entfernten und in Kantabrien gelegenen Ramales de la Victoria. Der vollständige Ortsname (Ramales des Sieges) erinnert an Zeiten der Karlistenkriege, die Straßennamen zeugen vom tiefsten Franquismus : Calle Franco heißt die Hauptstraße, als ob der Führer nie gestorben wäre, dazu die Ahnentafel franquistischer Generäle – alles ziemlich unheimlich. Ramales liegt nur wenige Kilometer hinter der baskischen Grenze, die historische Aufarbeitung der Diktatur hat hier in keinster Weise Tritt gefasst. Das räumt auch der freundliche Mitarbeiter im Tourismus-Büro ein, der den historischen Stillstand verlegen erklärt. Ein erfreuliches Erlebnis ist dagegen die gleich neben dem Stadtkern liegende Cullalvera-Höhle. Bewohnt war sie bereits im Spät-Paläolithikum, die Höhlenmalereien sind ca. 13.500 Jahre alt. Zu besichtigen sind die frühen Kunstwerke nicht, weil sie in großer Tiefe liegen und Wasserwege den Weg versperren. Ersatz bietet eine begehbare Galerie und ein multimediales Licht-, Wasser- und Musikspektakel, bei dem die Geschichte der prähistorischen Höhlen der Gegend erzählt wird.

Weit weniger spektakulär ist die Covalana-Höhle, die wir auf dem Rückweg nach Lanestosa besichtigen. Wegen der reduzierten Besuchs-Kontingente mussten wir uns bereits einige Tage vorher anmelden. Ein schmaler Pfad führt vom Parkplatz an der Landstraße zum Eingang, ebenso eng ist der Weg durch die Höhle selbst. Sie ist eine der wenigen, in der vorhandenen Malereien noch zu besuchen sind, aber nur von Gruppen bis zu sieben Personen, in drei Gruppen pro Tag. Von darüber gespannten Drahtnetzen werden die Wandmalereien geschützt, für die unbedarfte Betrachterin ist es nicht leicht, die Konturen der gemalten Tiere zu erkennen.lanestosa05

Mit Covalanas beenden wir die Höhlen-Tour und nehmen uns nun den westlichen Aufstieg von Lanestosa vor. Eine schlichte Beton-Straße führt steil auf den Bergrücken, vorbei an Bauernhöfen und Weiden. Auf der kleinen Hochebene sind es noch einmal zwei flache Kilometer bis zum Gipfel, der über dem Lanestosa-Tal thront: unter uns liegt die Ramales-Straße, vor uns der Blick in die kantabrischen Gebiete. Auf der linken Seite geht es etwas flacher hinab ins landschaftlich ebenso schöne Soba-Tal, das ebenfalls zu Kantabrien gehört.

Fotos:

> Txeng - Flickr

Fotoserien:

> Karrantza Landkreis

> Lanestosa Dorf

> Lanestosa Bergwanderung

> Lanestosa Höhlenwanderung

> Ramales de la Victoria (Kantabrien)

(Orte: Karrantza, Dorf Ranero, Pozalagua Höhle, Dorf Lanestosa, Lanestosa Höhle Koben-Koba, Kleinstadt Ramales, Covalana Höhlenmalerei, Soba-Tal, Bergwanderung San Juan, Ramales Höhle Cullalvera)

Begleitete Exkursion: Innerhalb seiner kulturellen Aktivitäten bietet der Kulturverein Baskale begleitete Exkursionen an, unter anderem zum Kloster Arantzazu in Gipuzkoa. Technische Daten: Ausgangspunkt ist Bilbao, maximal sieben Teilnehmerinnen, genaues Tagesprogramm gemäß konkreter Absprache.
Ausgehend von einer Exkursion über zwei Tage von je 10 Stunden (Abfahrt 9h, Rückkehr 20h) betragen die Grundkosten für den Ausflug 650€ (300€ Begleitung + 50€ Fahrtkosten). Dazu kommen Kosten für die Übernachtung in der örtlichen Herberge (18€ pP, Zweibettzimmer oder Stockbetten), die Eintritte in die verschiedenen Höhlen, sowie die Kosten für Restaurants.
Für einen eintägigen Ausflug gelten folgende Daten: 11h Dauer (9h bis 20h). Grundkosten: 380€ (330€ Begleitung, 50€ Fahrt), plus individuelle Zusatzkosten. Kontakt: baskale.elkarte (at) gmail.com oder baskultur.info (at) gmail.com.

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