URS01
Vier Schweizer gegen Franco

1937, Spanienkrieg. Vier Schweizer brechen auf, um als Kriegsfreiwillige der spanischen Republik im Kampf gegen die faschistischen Putschisten beizustehen. Getrieben werden sie von Idealismus und Abenteuerlust, sowie von dem Wunsch, einem langweiligen Leben zu entfliehen. In den Wirren des Krieges schlägt Euphorie in Verzweiflung um. Krank und traumatisiert kehren zwei der vier Kämpfer im Dezember 1937 nach Zürich zurück. Eine Geschichte über Utopie und Illusionen in einer politisch brisanten Zeit.

Ein neuer Roman des Schweizer Schriftstellers Urs Hardegger handelt von vier Männern, die sich dem republikanischen Kampf gegen den Militärputsch der faschistischen Generäle anschließen. “Spanische Erde“ ist der Titel des Werkes, das die Enttäuschungen der Freiwilligen und Etappen des Krieges schildert.

URS02Ausgerechnet im Mercedes lässt Urs Hardegger in seinem neuen Roman “Spanische Erde“ vier junge Schweizer an die Front nach Spanien reisen, um gegen Franco zu kämpfen: Edi Gmür, Jakob Aeppli, Richard Muggli und Miggel Kummer. “Wir wollten das Leben spüren, wollten Teil der großen Geschichte werden, wollten uns dem Bösen in dieser Welt entgegensetzen.“ Das lässt Hardegger den damals 26-jährigen “Jak“ Jakob Aeppli im Juli 1937 am Strand von Barcelona sagen. (1) (2)

Bei ihm sind der 30-jährige Gemüsehändler Edi Gmür und die 20-jährige Zita Gmür-Schulz. Edi und Zita haben im Juni 1937 in Spanien zivilrechtlich geheiratet. Gmür hat zwar in Zürich eine Frau und einen Sohn, aber die Beziehung zu Zita dauert schon länger. Hinsichtlich des Krieges sind sie alle desillusioniert, er dauert schon ein Jahr und es deutet sich an, wer ihn gewinnen könnte. (2) Die Truppen der aufständischen Generäle hatten große Probleme, sich als kriegsfähig zu zeigen. Ein Großteil ihrer Soldaten und Legionäre waren in der spanischen Kolonie Marokko stationiert. Erst die damals größte Luftbrücke in der Militärgeschichte, organisiert von den befreundeten Hitler-Nazis, brachte sie auf die Halbinsel und machte den Krieg überhaupt erst möglich.

Die republikanischen Kräfte waren eindeutig besser motiviert, sie wussten genau, was sie verteidigen: ihre Gebiete, ihre Ideen und ihre Heimat. Für schlechte Stimmung sorgte hingegen die Uneinigkeit. Auf der Seite der demokratisch gewählten republikanischen Regierung standen gemäßigte Republikaner, Sozialdemokraten und Sozialisten, Anarchisten, Kommunisten, sowie baskische und katalanische Nationalisten. Sie alle verteidigten die Republik gegen den gesellschaftlichen Rückschritt, hatten jedoch darüber hinaus nicht viel gemeinsam. Ihre antifaschistische Haltung war immerhin stark genug, um den Krieg bis 1939 zu verlängern. Mit unglaublichen Gräueltaten auf beiden Seiten, die auch Hemingway in seinem Klassiker “Wem die Stunde schlägt“ nicht auslässt. (3)

URS03Kämpfer gegen den Faschismus

Während der Streitereien im republikanischen Lager kamen 1937 die sogenannten “Spanienkämpfer“. Das waren meist junge Linke verschiedener Ideologien aus europäischen Ländern und Amerika. Schätzungsweise 30.000 Männer und Frauen waren nach Spanien gekommen, um die Republik gegen den Faschismus zu retten. In Deutschland, Portugal und Italien waren bereits faschistische Führer an der Macht. Vielen Freiwilligen war deshalb klar, dass dem Ausgang des Spanienkrieges eine große weltpolitische Bedeutung zukommen würde. Deshalb hatte die Kommunistische Internationale ihre Mitgliedsverbände dazu aufgerufen, “Internationale Brigaden“ zur Verteidigung der spanischen Republik zusammenzustellen.

“Immerhin hatte die Komintern die Strategie gewechselt und aufgehört, alle linken Gruppierungen außer den Kommunisten ‘Sozialfaschisten‘ zu nennen. Stalin konnte Franco nicht verhindern, aber er gewann auch die Überzeugung, dass die westlichen Demokratien in einem Konflikt gegen Hitler keine Verbündeten sein würden.“ (2)

Die Kämpferinnen und Kämpfer der internationalen Brigaden waren relativ schlecht ausgebildet und ausgerüstet, auch ihre Führung ließ zu wünschen übrig. Dazu kam das Problem der vielen Sprachen. Aus diesen Gründen “war ihr militärischer Beitrag wahrscheinlich weniger groß, als die Propaganda es darstellte. Humanitäre Ideale und Klassenkampf gegen italienische Caproni- und deutsche Junkers-Kampfflugzeuge reichten nicht weit.“ (2)

Das faschistische Italien war im Krieg von Beginn an mit Bodentruppen und einer Luftwaffe vertreten, um die Aufständler zu unterstützen. Hitler-Deutschland schickte nach der entscheidenden Marokko-Luftbrücke ebenfalls eine Luftwaffe, die im Spanienkrieg den Namen Legion Condor erhielt. Diese Legion mit insgesamt 20.000 Mann Personal bombardierte nicht nur Gernika, sondern Tausende von anderen Städten und Dörfern. Allein im Baskenland kam es zu mehr als 1.200 Bombenangriffen. Dieser neuen Form der Kriegsführung hatten die Republikaner wenig entgegenzusetzen, der zahlenmäßigen und technischen Überlegenheit waren sie hoffnungslos unterlegen. Die Legion Condor hatte nicht nur die Aufgabe, auf der Seite der Franquisten in den Krieg einzugreifen, sie nutzte die Bombardierungen auch, um einen modernen Luftkrieg zu proben. Denn die Pläne für den Überfall auf den Osten lagen bereits in den Schubladen der Nazis.

URS04Politische und persönliche Motive

Hardeggers Roman basiert auf einer realen Geschichte und auf den Niederschriften eines der Protagonisten über das Abenteuer im Spanienkrieg. “In diesen Hexenkessel lässt Hardegger in seinem Roman den gescheiterten Gemüsehändler Edi Gmür fallen. Er ist eine – mindestens – schillernde Figur, dem man den überzeugten Republikaner und Antifaschisten nicht immer abnimmt. In seinem Tagebuch, das erhalten geblieben ist, schlägt er die Freiheitstöne an, aber es sind mindestens gleich starke private Motive, die ihn nach Spanien treiben.“ (2)

Wie der Gemüsehändler und drei Kollegen Richtung Süden aufbrechen, ist einigermaßen spektakulär. Sie mieten bei einem Zürcher Taxi-Unternehmen ein luxuriöses Mercedes-Kabrio für eine Spritzfahrt mit Imponiergehabe – in diesem Fall an die Front. Gmür und seine Kollegen erleben einiges, vieles auch, was sie lieber nicht erlebt hätten.

“Ich hatte ehrenwerte Gründe, nach Spanien zu fahren“, sagt Gmür im Prozess nach seiner Rückkehr in die Schweiz. Denn die Spanienkämpfer erhielten Gefängnisstrafen von mehreren Monaten wegen “unerlaubtem Eintritt in fremden Militärdienst“. Vor Gericht ist es schwierig, “die Motivlage so darzustellen, dass die Strafe nicht zu hoch ausfällt. Abenteuerlust kann es nicht gewesen sein, kommunistische Überzeugungen sind auch nicht geeignet. Und wenn man private Gründe angibt, läuft man Gefahr, der Lächerlichkeit preisgegeben oder gar wegen ‘liederlichen Lebenswandels‘ noch schärfer bestraft zu werden.“ (2)

Gmür ist immerhin 30 Jahre alt und schon sieben Jahre verheiratet, die Kollegen sind jünger. Zwei kommen um im Spanienkrieg, zwei kommen zurück. Gmür und Kummer werden – so wird im Roman angedeutet – “den Weg zurück in ein normales bürgerliches Leben“ nicht mehr finden.

(Publikation Baskultur.info 2019-06-15)

ANMERKUNGEN:

(1) Urs Hardegger: “Spanische Erde“, 288 Seiten, Th. Gut Verlag, Preis: 36 Schweizer Franken (LINK)

(2) “Neuer Roman von Urs Hardegger: Spritzfahrt im Mercedes an die Front“, Christoph Bopp, Aargauerzeitung 2019-06-09 (LINK)

(3) “Wem die Stunde schlägt“ (englisch: For Whom the Bell Tolls) ist ein Roman von Ernest Hemingway aus dem Jahr 1940. Die Erstausgabe erschien im Scribner Verlag in New York. Der Roman wurde bereits kurz nach seinem Erscheinen zu einem großen Verkaufserfolg; bis Ende 1940 wurden in knapp neun Wochen 189.000 Exemplare des Werkes abgesetzt. Innerhalb kurzer Zeit wurde “For Whom the Bell Tolls“ zum meistverkauften Buch Hemingways im englischsprachigen Raum. Der Roman erzählt eine dreitägige Episode aus dem Leben des amerikanischen Guerillakämpfers Robert Jordan im Spanischen Bürgerkrieg. Die geschilderte Handlung umfasst einen Zeitraum von 70 Stunden in der letzten Maiwoche 1937. Rahmenhandlung ist der Auftrag für den Sprengstoffexperten Jordan, eine Brücke zeitgleich zum bevorstehenden Angriff der Republikaner zu sprengen. Hinter den Linien der Feinde sucht Jordan die Zusammenarbeit mit der Guerillagruppe um Pablo. Pablos Widerstand gegen die gefährliche Operation steht Jordans Pflichtgefühl entgegen. (WIKIPEDIA)

ABBILDUNGEN:

(1) Für die Republik 1937 Schweiz
(Schweizer Sozialarchiv)

(2) Kriegsfreiwillige 1937
(Links: Edi Gmür in der Uniform der Milizsoldaten, rechts hinten: Gmürs Freund Miggel Kummer. Screenshot – der Aargauerzeitung zur Verfügung gestellt)

(3) Kriegsschauplatz Huesca
(Im Bürgerkrieg hart umkämpft: Die Kapelle Santa Quiteria bei Tardienta, Provinz Huesca in der Region Aragon. Hier starb im April 1937 Richard Muggli, der mit Gmür reiste. Screenshot – der Aargauerzeitung zur Verfügung gestellt.)

(4) “Spanische Erde“ (Romaneinband)

(5) Urs Hardegger

Für den Betrieb unserer Webseite benutzen wir Cookies. Wenn Sie unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen, akzeptieren Sie unseren Einsatz von Cookies. Mehr Information