erinnerung01Zwei Seiten einer Vergangenheit

Auch mehr als 77 Jahre nach den mörderischen Luftangriffen der nazi-deutschen Legion Condor sind im Baskenland sehr unterschiedliche Orte der Erinnerung zu finden. Auf der einen Seite faschistische Denkmäler, Straßennamen, Symbole – in Deutschland gänzlich undenkbar. Auf der anderen Seite Erinnerungsorte für die Opfer aus dem Krieg und der Franco-Diktatur. Nach dem Memoria-Gesetz von 2007 sind faschistische Symbole eigentlich verboten und müssten von den Behörden entfernt werden.

(22.10.2014) Eigentlich. Tatsache ist jedoch zum Beispiel ein riesiger Granitstein am Ortseingang von Urbina (Araba/Alava), auf dem in deutscher Sprache der Tod dreier Piloten der Legion Condor beklagt wird, die "für die Freiheit des nationalen Spanien" ihr Leben gelassen haben. Er stammt aus den Zeiten des Franquismus, ist wahrscheinlich 60 oder 70 Jahre alt. Tatsächlich haben diese deutschen "Kriegshelden" die baskische Zivilbevölkerung aus der Luft bombardiert, ganze Orte vernichtet, geplant, gezielt, als Übung für den folgenden großen Krieg. Niemand hat den Stein beseitigt.

erinnerung03Bisher jedenfalls nicht. Vielleicht, weil sowieso die allermeisten nicht verstehen, was darauf eingemeiselt ist. Oder weil es wichtigere Dinge zu tun gibt. Der Gedenkstein von Urbina, so wie andere in Elgeta oder Larrabetzu, verlängert die Spur der Vernichtung, die die Legion Condor unter dem Befehl ihres Kommandanten Wolfram von Richthofen im Baskenland hinterlassen hat bis in die Gegenwart. Nicht nur in Gernika, dem bekanntesten Ort der Zerstörung, der am 26.April 1937 von der Legion in Schutt und Asche gelegt worden war, ohne jeglichen militärischen Zweck. Für den Auftraggeber Franco ging es um den Sieg an der Nordfront, so wurde die Kampflinie vom Baskenland bis nach Asturien genannt. Für die Nazis ging es darum, ihr Waffen- und Flugmaterial auf Kriegstauglichkeit zu überprüfen. Deshalb schrieb der Condor-Oberst Jaenecke nach dem Angriff auf Gernika in zynischer Formulierung in einem Bericht, der Angriff sei "ein voller Erfolg" gewesen. Richthofen selbst analysierte: "Guernica buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. Angriff erfolgte mit 250kg und Brandbomben. Als die Jus kamen, war überall schon Qualm, keiner konnte mehr Straßen und Vorstadtziel erkennen und warf mitten hinein. Die 250er warfen eine Anzahl Häuser um und zerstörten die Wasserleitung. Die Brandbomben hatten nun Zeit, sich zu entfalten und zu wirken. Bombenlöcher auf Straßen noch zu sehen, einfall toll" (1). Diese Beobachtungen und Worte stehen in direktem Zusammenhang mit dem Granitstein von Urbina. Sie sind nichts anderes als schamlose Verherrlichung von Kriegsverbrechen, die bis heute die Straßen des Baskenlandes säumt.

Den Markttag hatten sich die Nazis ausgesucht, als besonders viele Leute in der Stadt waren, auch aus dem Umland. Nach dem Angriff wurde den Basken selbst die Vernichtung in die Schuhe geschoben, Zerstörung auf dem Rückzug sei es gewesen, die Roten, die jüdisch-bolschewistische Verschwörung, die baskischen Nationalisten. Insgesamt waren es über 30 Orte im Baskenland, die in acht Monaten Luftkrieg angegriffen wurden, Durango, Sestao, Barakaldo, Eibar, Bilbao, viele mehrfach. Den verheerenden Angriff auf Durango am 31.März 1937, noch vor dem auf Gernika, hatte die italienische Aviazione Italiana auf dem Gewissen, aber selbst da hatten die Deutschen ihre Hände im Spiel. Denn sie hatten sich von Franco, dem Führer der aufständischen Generäle, das Oberkommando über alle Luftstreitkräfte zusichern lassen, also auch über die italienischen und spanisch-nationalen Jäger und Bomber. Von spanischen oder italienischen Idioten wollten sie sich nichts sagen lassen, das hatten die Nazis klar (2). Aus Wut über die Hunderten von Toten durch den Angriff holten Bewohnerinnen Durangos 22 Gefangene aus dem Gefängnis, die sie für Faschisten hielten, und erschossen sie auf dem Friedhof. Das Gedenken in Durango hat folgendes Gesicht: in einer Art Kapelle auf dem Friedhof stehen auf einer Tafel die Namen der Toten vom Bombardement, die der Zweiundzwanzig Gelynchten und die des Batallions Otxandio, die bei der Verteidigung des Baskenlandes gefallen waren. Die Namen stehen ohne Zuordnung auf der Tafel, anonym, alle gleich. Opfer und Täter. Man stelle sich Ähnliches in Buchenwald im ehemaligen KZ vor.

erinnerung02Nie hat sich eine deutsche Nachkriegsregierung zu den Kriegsverbrechen bekannt, wohl aus Angst vor Reparatur-Forderungen. Zum 60.Jahrestag der Bombardierung Gernikas schickte der damalige Bundespräsident Roman Herzog ein persönliches Schreiben, in dem er vorsichtig von der Beteiligung deutscher Soldaten am Angriff sprach. Für die Basken hatte dieses Schreiben, so wenig es auch aussagte, durchaus große Bedeutung. Denn nie hatten sie von der spanischen Regierung auch nur entfernt Vergleichbares vernommen.

Allein Bilbao wurde zwei Dutzend Mal mit Bomben überzogen, bevor die spanischen Faschisten siegreich in die Stadt einzogen. Nicht ein einziger öffentlicher Hinweis zeugt von dieser Kollaborations-Geschichte; keine Erinnerung an die Bombe auf den Seitenflügel des Plaza Nueva, in dem mehrere Zeitungsredaktionen untergebracht waren; kein Gedenken an den tödlichen Angriff auf eine Schuhfabrik nahe der Altstadt am 4.Januar 1937, der einige Bürger Bilbaos derart in Rage brachte, dass sie faschistische Gefangene aus dem Gefängnis Larrinaga holten und lynchten. "Nach den Bombern kamen Jagdflugzeuge, in denen Maschinengewehre montiert waren. Die flogen so tief, dass man die Gesichter der Piloten erkennen konnte, als sie auf flüchtende Menschen schossen". Solche Horrorgeschichten erzählen die wenigen noch lebenden Zeitzeugen, die als Kinder die Angriffe erlebten. Militärische Ziele gab es keine, es ging um Terror und Angstmache, um Einschüchterung, um den Mord an Zivilpersonen.

In Gernika erinnert neben dem Friedens-Museum die Nachbildung des Gemäldes "Guernica" von Pablo Picasso an das Kriegsverbrechen, in Originalgröße auf Kacheln an einer Wand angebracht und Ziel der wenigen Touristinnen, die den Weg in die legendäre baskische Stadt finden. Im niedersächsischen Wunstorf, wo mehr als 70% der Condor-Piloten ausgebildet worden waren, erinnert nichts an den Einsatz in Spanien und dem Baskenland. Im dortigen Museum steht ein Exemplar der Junkers 52, eines jener bomben- und todbringenden Flugzeuge, die für den Terror von Gernika verantwortlich waren. Keine Erinnerung, keine Referenz, so als handle es sich um ein Objekt aus einem Erlebnispark.

Ortswechsel. Berlin, 1939 bis 2014.

Erinnerungsorte in Berlin

Juli 1936, als "Reisegesellschaft Union" getarnte Soldaten der Legion Condor brechen vom Lehrter Bahnhof nach Spanien auf. Heimlich sollen sie Francos Aufstand gegen die Republik unterstützen. Andere Berliner, geflüchtet vor den Nazis in die Emigration, bekämpfen in Spanien den Faschismus mit Wort, Musik, Kamera und auch der Waffe. Vor über siebzig Jahren begann der Spanische Bürgerkrieg. Ein lokaler Konflikt, der zu internationaler Bedeutung auswuchs und Vorbote wurde für die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges. (3)

In Spanien trafen die unterschiedlichen Ideologien und politischen Gesellschaftsentwürfe aufeinander, die Europa entzweiten. Rechte und Faschisten stilisierten den Putsch der Nationalen zu einem Kreuzzug gegen Atheismus und Kommunismus. Linke und Anarchisten, angefeuert von der revolutionären Stimmung der ersten Wochen, versuchten ihre politischen Utopien umgehend in Spanien zu verwirklichen. Die sowjetisch geführten Kommunisten wiederum wollten zur Eindämmung des expandierenden Faschismus eine so genannte "Volksfront" bürgerlicher und linker Kräfte bilden. Der gemeinsame Nenner war der Abwehrkampf gegen die Faschisten. Konkrete politische Ziele verschwanden hinter propagandistischen Bildern von einer besseren und gerechteren Welt.

Viele Künstler und Schriftsteller reisten nach Spanien. Hier konnten sie Stellung beziehen und ihre Ideen im Propagandakampf kreativ umsetzen. Nach der Niederlage der Republik 1939 setzte sich diese Auseinandersetzung in Lebenserinnerungen, Liedern, Gedichten und Bildern fort. So wurden Mythen geschaffen, die im Kalten Krieg politisch instrumentalisiert wurden, um die eine oder andere Seite zu diskreditieren. Besonders die deutsche Geschichte ist eng verknüpft mit dem spanischen Konflikt. Einerseits war der Sieg Francos über die Republik am 1.April 1939 auch ein Sieg Hitlers, der mit der Legion Condor in Spanien seine aggressiven außenpolitischen Strategien erproben konnte. Andererseits kämpften in den internationalen Brigaden zahlreiche emigrierte Deutsche, die auf spanischem Boden den Faschismus zurückdrängen wollten.

erinnerung05Spanien erinnern in der Bundesrepublik und der DDR

Während des Kalten Krieges war die Erinnerung an den spanischen Bürgerkrieg ein zentraler Streitpunkt der Selbstwahrnehmung der beiden deutschen Staaten. Die DDR inszenierte den Einsatz der "Antifaschistischen Widerstandskämpfer" in den internationalen Brigaden als ersten Schritt zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus - hin zur Gründung eines sozialistischen Staates auf deutschem Boden. Offizielle Gedenkveranstaltungen, ein Personenkult um in Spanien gefallene Brigadisten und die Herausgabe einer umfangreichen Erinnerungsliteratur sollten diesen Gründungsmythos verfestigen.

In der frühen Bundesrepublik fanden die ehemaligen Brigadisten nur wenig Beachtung. Sie standen unter dem Generalverdacht, Abenteurer bzw. von Moskau gesteuerte Kommunisten zu sein. Ihnen wurden selbst Rentenansprüche, die man Mitgliedern der Legion Condor für Ihren Einsatz in Spanien gewährte, bis in die siebziger Jahre hinein nicht zugestanden. Die DDR kritisierte, dass ehemalige Offiziere der Legion Condor an führender Stelle in die Bundeswehr übernommen wurden. Bis vor kurzen war in Bundeskasernen sogar ein ehrendes Gedenken für Piloten der Legion offiziell gestattet.

Im wiedervereinigten Deutschland gibt es noch immer große Unterschiede im Erinnern des Bürgerkrieges. Dies gilt im Übrigen auch für das vereinte Europa und besonders für Spanien. Lange Zeit galt in Spanien die Auffassung, die Erinnerung ruhen zu lassen, um die alten Wunden nicht wieder aufzureißen. Der Bürgerkrieg ist als Ereignis und Erinnerung gemeinsames Erbe der Europäer. Es muss Aufgabe eines sich weiter entwickelnden historischen Gedächtnisses des "Projektes Europa" sein, Unterschiede im Gedenken aufzuzeigen, Mythen zu brechen und Elemente eines gemeinsamen Erinnerns anzubieten.

Spurensuche in Berlin

Am Beispiel Berlins lassen sich die wichtigen Entwicklungen nachzeichnen, die den spanischen Konflikt und seine Erinnerung ausmachen. In der kulturellen Metropole der 20er und frühen 30er Jahre wirkten zahlreiche Künstler und Schriftsteller, die den Bürgerkrieg in Ihren Werken bearbeiteten. Berlin war die Hauptstadt des Nationalsozialistischen Deutschlands, von wo die Intervention der Legion Condor gesteuert wurde. Und quer durch Berlin zog sich während des kalten Krieges die Mauer, die Deutschland teilte.

erinnerung06Diesen Text schrieb der Fotograf Dietrich Hackenberg auf seiner Webseite (3), auf der Fotografien von Orten der Erinnerung in Berlin zu sehen sind. Berlin kam nach 1945 nicht umhin, sich eine – wenn auch nicht immer freiwillige – Erinnerungs-Landschaft ins Straßenverzeichnis zu schreiben. In Anbetracht des Holocaust spielen die Legion Condor und ihre Verbrechen dabei eine untergeordnete Rolle. Den Militärangehörigen der Legion war es strengstens verboten, irgend etwas von ihrem Auftrag und Standort zu erzählen, denn offiziell gab es den Einsatz gar nicht. Abgestürzte oder abgeschossene Piloten wurden ohne nähere Angaben begraben, die Familien durften nicht informiert werden, die Presse durfte nicht schreiben. Doch als der Spanische Krieg Anfang 1939 zu Ende war, gönnte man sich in Nazi-Deutschland einen triumpfalen Einzug der rückkehrenden Legion Condor in die Hauptstadt, die Zurückhaltung war vorbei, der Countdown für den nächsten Krieg lief bereits. Die Wannsee-Straße wurde umbenannt in Spanische Allee, der Name steht bis heute symbolisch für den völkerrechts-widrigen Einsatz der Nazis in Spanien, in Katalonien, im Baskenland und an anderen Orten, die sich gegen den Faschismus gestemmt hatten, auch wenn dies heute nur noch wenige wissen. Nach Protesten in den 80er Jahren wurde von der Berliner Stadtverwaltung ein kleiner "Ausgleich" vorgenommen, indem an einer Stelle der Allee ein Platz mit dem Namen Gernika benannt wurde. Ein Feigenblatt, weit außerhalb des Regierungsviertels.

Internationale Brigadisten gab es keine im Baskenland, dafür reichte die Zeit nicht, denn als sich in vielen Ländern Antifaschistinnen aufmachten, die spanische Republik zu verteidigen, war das Baskenland bereits in die Hände der aufständischen Faschisten gefallen und erlebte eine "ideologische Säuberung", der Tausende zum Opfer fielen. Sozialisten wie der Berliner Fritz Teppich (4) waren die Ausnahme, denn sie kamen nicht im Auftrag von interessierten Regierungen oder Parteien, sondern aus eigenem politischem Antrieb.

Dass es in Deutschland keine Bereitschaft gab zu Gesten, und seien sie nur symbolischer Natur, erlebte die Grünen-Politikerin Petra Kelly Ende der 80er Jahre, als die Vernichtung Gernikas gerade 50 Jahre zurück lag. Sie scheiterte mit ihren Versuchen, zwischen der Bundesregierung und der baskischen Stadt zu vermitteln und die Finanzierung einer Berufsschule oder eines Friedens-Forschungs-Zentrums zu erreichen. Derb zurückgewiesen wurde der Vorschlag einer Städtepartnerschaft zwischen Gernika und der Condorstadt Wunstorf, als Zeichen eines Versöhnungsansatzes. Als "Ersatz" wurde von den Deutschen schließlich Pforzheim angeboten, als "Stadt, die ein ähnliches Schicksal wie Gernika erlebt hat". Pforzheim wurde kurz vor Kriegsende bei einem britischen Luftangriff fast völlig zerstört, in einer militärischen Aktion der Alliierten, die eher als Bestrafung und Demoralisierung denn als militärisch motiviert anzusehen war. Im Gegensatz zu Gernika war Pforzheim jedoch Teil der Kriegsmaschinerie der Nazis, die halb Europa überfallen und in Warschau, Coventry, im tschechischen Lidice, dem französischen Oradour, dem italienischen Marzabotto oder dem griechischen Distomo Massaker begangen hatten. Eine Gleichsetzung von Pforzheim und Gernika ist in diesem Sinne historisch gesehen mehr als problematisch.

erinnerung04In einem Waldstück der baskischen Provinz Araba, wo der Kriegsfreiwillige Fritz Teppich Monate in Verteidigungsstellungen verbracht hatte, gibt es eine Erinnerungstafel, die auf seine vorübergehende Anwesenheit hinweist. Gleichzeitig hat der deutsch-baskische Kulturverein Baskale aus Bilbao eine Ausstellung über die Geschichte der Legion Condor auf den Weg durch das Baskenland gebracht (5). Diese Ausstellung ist Ergebnis der langjährigen Forschungsarbeit des Arbeitskreises Regionalgeschichte aus Neustadt in Niedersachsen, der die Verwicklung des Luftwaffen-Stützpunkts Wunstorf in den Spanischen Krieg erforschte und belegte (1).

Ansätze von Erinnerung

Es ist nicht die Absicht dieses Artikels, Berlin als Beispiel für Aufarbeitung von Vergangenheit darzustellen. Dennoch stellen Hackenbergs Fotos einen Grad von Aufarbeitung dar, der im Baskenland noch nicht erreicht ist. Als positives Beispiel gilt der gipuzkoanische Ort Elgeta, dort wird mit einem Museum, wiederhergestellten Schützengräben und Bunkern, sowie mit historischen Führungen an die Verteidigung des Baskenlandes und der Republik erinnert. Eine Praxis, die im Baskenland langsam Schule macht. In Araba steht auf dem Berg Alberti schon lange eine Tafel, die an die Verteidigungs-Schlachten erinnert, die die anarchistische CNT und die abertzale ANV viele Tote kosteten. Auf dem Höhenzug Artxanda bei Bilbao sind alle baskischen Milizen und Bataillone mit einem symbolischen Fingerabdruck verewigt. In Bakio sind neben dem Kulturzentrum Erinnerungstafeln zu sehen, die an die Geschichte des Krieges, des Widerstands und der Legion Condor erinnern. In Urduña (span: Orduña) steht auf dem Dorfplatz eine Tafel, die an das dortige Konzentrationslager erinnert, auf dem örtlichen Friedhof wurden erst kürzlich die ersten KZ-Opfer exhumiert, um identifiziert oder ordentlich begraben zu werden. In Navarra erinnern mehrere Orte an die Opfer des Faschismus: der Memoria-Park in Sartaguda, der Stadt der Witwen; ein Grab auf dem Friedhof in Larraga; eine Inschrift am Eingang der Festung Ezkaba vor Iruñea (Pamplona); ein Monument in Etxauri; ein weiteres Monument bei Bidankoze in den Pyrenäen-Ausläufern, wo Arbeitskolonnen in Zwangsarbeit Straßen bauen mussten. In Gipuzkoa sind u.a. zu finden: ein Erinnerungs-Kunstwerk neben dem Rathaus von Donostia (spn: San Sebastián); eine Grabnische für die Opfer in Hernani. Das stimmungsvollste Monument steht in Bizkaia an der Küste, oberhalb der Insel Gaztelugatxe. Der baskische Bildhauer Nestor Basterretxea hat dort ein abstraktes Werk geschaffen, das an die Seeschlacht von Matxitxako erinnert, bei der sich umgebaute Fischkutter chancenlos einem modernen Kriegsschiff entgegenstellten (Foto im Titel des Artikels).

Abgründe der Aufarbeitung

Wie problematisch die Aufarbeitung ist, zeigt das in Bilbao im Doña Casilda Park aufgestellte Denkmal für die Opfer der franquistischen Diktatur. Denn keine zwanzig Meter hinter dem Monument trägt ein Straßenschild den Namen eines der Gründer der spanischen Falange (6). Die Falange (dt: Fingerglied) war die tragende Organisation der franquistischen Diktatur und besteht als politische Partei bis heute. Ihr Zeichen wurde auch an allen Häusern angebracht, die das Regime in den 50er und 60er Jahren bauen ließ, verantwortlich zeichnete das falangistische Wohnungsbau-Ministerium, bis heute, hundertfach, in vielen Orten. Zum Beispiel in Gernika. Sogar Gernika. In der neuen Kathedrale der baskischen Hauptstadt Gasteiz (spn: Vitoria) hängt über dem Eingang ein großes faschistisches Symbol. Das spanische Finanzministerium an Bilbaos zentralem Moyua-Platz wird ebenso von einem franquistischen Adler-Symbol geziert wie das Hauptpostamt. In der Eingangshalle der Stierkampfarena hängt eine riesige Tafel, die Franco für seinen Besuch im Jahr 1962 dankt. In der Sociedad Bilbaina, einem elitären Herrenclub, verherrlicht in der Eingangshalle ein Gedenkstein die Verdienste Francos. An der Privat-Universität von Deustu, die vorübergehend zum Konzentrationslager umfunktioniert wurde, erinnert nichts an die Opfer. Auch gibt es keinen Hinweis auf das abgerissene Larrinaga-Gefängnis, in dem Erschießungen praktiziert wurden. An seiner Stelle steht ein riesiger hässlicher Wohnblock, der keine Erinnerung zulässt. Auf dem Friedhof Bilbaos steht gleich am Eingang ein riesiges Monument für die franquistischen Gefallenen Spaniens mit der Aufschrift "Für die im Namen Gottes und Spaniens an den Fronten Gefallenen", das von vier übergroßen Stein-Soldaten bewacht wird (ein ähnliches Denkmal steht auf dem Friedhof von Donostia). Dagegen weist nur eine kleine, fast unauffindbare Plakette auf die Opfer hin, die an der Friedhofsmauer von Franquisten erschossen wurden. Bis vor Kurzem (2014) hingen in der Ahnengalerie des Rathauses Bilbo die gemalten Portraits der Bürgermeister der Franco-Zeit, die allesamt von der faschistischen Machtstruktur per Fingerzeig ernannt worden waren. Und bis vor wenigen Jahren besaß der "Generalissimo" den Titel "Ehrenbürger". Die Liste ließe sich fortsetzen, Erinnerung ist nur in seltenen Fällen gefragt.

erinnerung07Die an einer Aufarbeitung des spanischen Faschismus interessierten Gruppen haben somit viel Arbeit vor sich und schauen gerne nach Deutschland, wo zumindest faschistische Symbolik verboten ist. "In Deutschland gab es wenigstens die Nürnberger Prozesse", ist das Argument, das immer wieder genannt wird, wenn es um Vergleiche und Unterschiede geht. Die Nazis wurden von einer internationalen Koalition von Staaten bekämpft und geschlagen, Franco starb im Bett und hatte den auf ihn folgenden Übergang gut vorbereitet. Statt eines spanischen "Nürnberg" gab es 1977 das Amnestiegesetz, das die Kriegsverbrecher und die Verbrechen der Diktatur bis heute vor Strafverfolgung schützt, auch wenn die UNO dies legal für ein Ding der Unmöglichkeit hält und im Sinne der Menschenrechts-Konvention schnellstens eine Änderung fordert. (Uwe Bein für Baskultur.Info).

Quellen:

(1) Ausstellung "... ein voller Erfolg der Luftwaffe. Die Vernichtung von Gernika/Guerncia am 26.April 1937. Geschichte und Ggenwart eines deutschen Kriegsverbrechens". Erarbeitet und herausgegeben vom Arbeitskreis Regionalgeschichte, Neustadt, Niedersachsen. Die Ausstellung wurde mittlerweile ins Baskische und Spanische übersetzt und ist im Baskenland auf Wanderschaft.

(2) In einer historischen Studie setzt sich Stefanie Müller-Springorum in "Krieg und Fliegen. Die Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg" (Verlag Ferdinand Schöningh, 2010) mit der Mentalität der nazi-deutschen Soldaten der Legion Condor auseinander und analysiert ihre Motivation im Spanien-Einsatz, sowie ihre Haltung zu den italiensischen, marokkanischen und spanischen "Kriegskameraden".

(3) Webseite des Fotografen Dietrich Hackenberg: www.lichtbild.org

(4) In seiner Autobiografie "Der rote Pfadfinder" beschreibt Fritz Teppich seine Wege als Kriegsfreiwilliger durch das Baskenland, später durch Katalonien und andere Schützengräben des Spanischen Krieges, sowie die Nachkriegszeit in Konzentrationslagern und in der portugiesischen Verbannung. Elefantenpress Berlin, 1996.

(5) Information des Kulturvereins Baskale

(6) Am 21.10.2014 meldeten baskische Zeitungen, dass ein Gericht der gegen die Straßenbenennung angestrengte Klage stattgegeben hat und der Name geändert oder entfernt werden muss. Die Stadtverwaltung Bilbao hatte geltend gemacht, der namensgebende Falangist sei in der Stadt vielmehr wegen seines literarischen und kulturellen Wirkens bekannt. Diesem Argument war das Gericht nicht gefolgt, vielmehr sei der Falangist Sanchez Masas als Falange-Gründer und als Autor der Falange-Hymne "Cara al Sol" bekannt.

Fotos:

(*) Txeng – Flickr / Spanische Alle Berlin, Sartaguda Navarra, Postamt Bilbao, Baranbio Schützengräben, Fritz Teppich Buchtitel, Urbina Araba

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