poziktibity03Fußballer für die baskische Sprache

Pozik + Positivity + Activity. Bekannte Persönlichkeiten der baskischen Gesellschaft mischen mit bei POZIKTIBITY, einem Projekt der baskischen Regierung, das die Bevölkerung dazu animieren soll, die baskische Sprache im Alltag zu benutzen und sich über Ängste und Schamgefühle hinwegzusetzen. Das größte Problem bei der Benutzung des Euskara ist nicht, dass Personen keine Kenntnisse der Sprache hätten, das Gegenteil ist der Fall. Doch verhindern bestimmte Gewohnheiten, die älteste Sprache Europas zu benutzen. (1)

(2014-05-27) In ihrem 5.Lagebericht über die Entwicklung der baskischen Sprache – das Euskara – hat die baskische Regierung kürzlich festgestellt, dass die Sprache im Alltag nicht in größerem Maße benutzt wird als dies vor Jahren bereits der Fall war, obwohl mittlerweile weit mehr Personen Kenntnisse der Sprache haben, vor allem Jugendliche. Wo also liegt das Problem? Was führt dazu, dass die Menschen die Fähigkeit der Sprache nicht zur Anwendung bringen? Eine Initiative der Regierung beschäftigt sich mit dem Problem und versucht, neue Impulse zu geben. (2)

POZIKTIBITY könnte der Name eines jener neuen isotonischen Getränke sein, die dazu dienen, den Durst zu stillen, und Kohlenhydrate und Elektrolyte wiederzugewinnen, die bei Anstrengungen verloren gehen. Könnte sein, ist aber nicht. POZIKTIBITY ist die Summe der Begriffe pozik + positivem Denken + Aktivität, ein Projekt das dazu dienen soll, die Verwendung der baskischen Sprache durch eine positive Haltung gegenüber dem Euskara zu fördern (pozik ist Baskisch und bedeutet glücklich). Denn oft wird Baskisch nicht gesprochen, obwohl die Beteiligten die Sprache kennen. In Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Fernsehen publiziert die baskische Regierung im Internet nun eine Reihe von Videoclips, in denen bekannte Persönlichkeiten des Landes über ihre Erfahrungen mit dem Euskara berichten. Dabei sind die Fußballer Aritz Aduriz und Imanol Agirretxe von Athletic Bilbao und Real Sociedad San Sebastian, als Protagonisten des ersten Spots, der bereits bei www.poziktibity.com zu sehen ist.

Der Mittelstürmer der beiden baskischen Teams, die in der kommenden Saison auch in europäischen Wettbewerben aktiv sein werden, hatten sich wenige Stunden vor dem Länderspiel der baskischen Auswahl gegen Bolivien im Dezember 2013 beiläufig über das Thema unterhalten (3). Das Ergebnis diese Gesprächs, ist eine Reihe von interessanten Gedanken über den Gebrauch der baskischen Sprache im Spitzensport. Denn neben Portugiesisch, Französisch oder Spanisch wird im Fußball auch Baskisch gesprochen: in den Umkleideräumen, beim Training oder bei Anweisungen während eines Spiels von der Seitenlinie, und sei es nur, um die Gegner zu verwirren. Die Vorherrschaft der spanischen Sprache in den Medien verdeckt diese Realität häufig, nicht nur im Berich des Sports.
Am eigenen Leib erfahren hat Imanol Agirretxe die Folgen dieses Phänomens, dass Baskisch nur in euskaldunen (baskischen) Umgebungen gesprochen wird oder innerhalb der vier Wände des Seminarraums an der Uni. Er sagte, dass es weh tue zu sehen, wie baskisch-sprachige Kinder ins Trainingsgelände Zubieta zu Besuch kommen, um beim Training zuzusehen und bei Gelegenheit in holprigem Spanisch um ein Autogramm bitten. "Das hat einen einfachen Grund", sagte Agirretxe, "die Kinder bringen mich mit der spanischen Sprache in Verbindung, weil sie mich in den Medien spanisch sprechen gehört haben. Aber ich lebe in und mit der baskischen Sprache, wie viele andere Spitzensportler ebenfalls". Aritz Aduriz fügt hinzu, er sei glücklich, bei POZIKTIBITY mitmachen zu können, weil er denkt, dass die Kampagne "versuchen wird, etwas zu ändern an der sprachlichen Trägheit, die Imanol eben beschrieben hat".

Eine Sprache stirbt nicht, weil sie nicht von denen gelernt wird, die sie nicht kennen, sondern weil sie nicht von denen gesprochen wird, die sie kennen. (Joxean Artze)

In der Bizkaia Aula der baskischen Universität (UPV/EHU) in Bilbao fand die Vorstellung des Projekts statt. Gekommen waren die Bildungs-Senatorin Cristina Uriarte, der stellvertretende Senator für Sprachpolitik, Patxi Baztarrika, und die Direktorin des baskischen Fernsehenes EITB, Maite Iturbe. Das vorgestellte Video ist der erste einer ganzen Serie, in der aus verschiedenen Bereichen der baskischen Gesellschaft bekannte Persönlichkeiten auftreten, die nicht in erster Linie über ihre Beziehung mit dem Euskara berühmt sind. Sie sprechen über verschiedene Themen wie Euskara in der Familie, die Bedeutung des Baskisch-Lernens im Erwachsenenalter, die Achtung der sprachlichen Rechte in aller Welt, oder die Wichtigkeit der Kenntnis von mehr als einer Sprache. Die Clips sind in verschiedenen Formaten und Medien zu sehen: im Fernsehen, Radio, über soziale Netzwerke, etc. (4)

poziktibityUnter positiven Vorzeichen

Die Initiatoren der Kampagne unterstrichen, dass es bei den Video-Sequenzen nicht allein auf den Inhalt ankäme. Genauso wichtig seien die Vorzeichen und die Motivation, die in Hinsicht auf das Euskara vermittelt werden. Der Sprachverantwortliche Baztarrika sagt, POZIKTIBITY solle "positive Haltungen transportieren, Freude, Energie, Aktivität, eine baskische Lebensart". Das Baskisch müsse die Straße gewinnen, so wie es in der Vergangenheit Raum in den Klassenzimmern gewonnen hat.

In diesem Zusammenhang erinnerte die Senatorin Uriarte an den erst kürzlich vorgelegten 5.Bericht zur Situation der baskischen Sprache. Darin wurde festgestellt, dass 56% der baskischen Bevölkerung der baskischen Sprache mehr oder weniger mächtig sei, das sei eine Steigerung. Demgegenüber hätte sich jedoch der tägliche Gebrauch des Euskara nicht im gleichen Verhältnis erhöht". Über POZIKTIBITY sagte sie, "das Projekt zielt darauf ab, Menschen zu ermutigen, die baskische Sprache zu benutzen. Natürlich immer in einem positiven Umfeld". Für die Verantwortliche für Bildung, Kultur und Sprache ist es wesentlich, dass "wir uns alle beteiligen", unabhängig vom Sprachstandart der Einzelnen. "Es spielt keine Rolle, wer sehr gut oder nicht so gut sprechen kann. Alle sind gleich wichtig. Wir müssen unsere Komplexe und Ängste beiseite lassen und uns trauen, die baskische Sprache zu verwenden". Uriarte gestand sogar ein, dass es ihr manchmal schwer falle, bestimmte Sachverhalte auf Baskisch zu formulieren. Es dennoch zu tun sei eine Frage des Willens und der positiven Einstellung der baskischen Sprache gegenüber.

"Das schlechteste Baskisch ist jenes, das nicht gesprochen wird", erinnert Baztarrika, der vorschlägt, jede Person solle die Sprache in dem Maß sprechen, wie es ihren Fähigkeiten entspräche. "Egal, ob jemand gut oder nicht so gut spricht, flüssig oder weniger flüssig. Baskisch sprechen oder nicht, das ist der Schlüssel zu allem". Der für Sprachenpolitik Verantwortliche ließ keinen Zweifel daran, dass POZIKTIBITY "in einem mehrsprachigen Kontext" zu verstehen sei, in einem positiven und freundlichen Ambiente. Das Projekt sei "eine Einladung für alle, die Baskisch sprechen können, es auch zu benutzen, unabhängig vom Niveau der einzelnen. Außerdem ist es eine Einladung an jene, die die Sprache bisher nicht gelernt haben, sich mit ihr zu beschäftigen".

Die EITB-Fernseh-Direktorin Maite Iturbe erinnerte: "Die baskische Sprache ist einer der Hauptgründe dafür, dass das baskische öffentliche Fernsehen überhaupt gegründet wurde. Ich würde sogar sagen, es war der Hauptgrund. Wenn das Euskara eine lebendige Sprache ist und wenn wir wollen, dass dies auch so bleibt, dann ist wichtig, dass die bei EITB auf Baskisch angebotenen Inhalte weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Das gilt für Information, für Unterhaltung und für Öffentlichkeitsarbeit". Sie betonte, dass sich EITB mit der Ausrichtung und den Zielen der Initiative identifiziere, "deshalb haben wir keinen Moment gezögert, von Anfang an in dieses Projekt einzusteigen. Das ist gut für alle."

Quellen und Fotos:

(1) Titel-Foto: Txeng
(2) Der Text basiert auf einem Artikel der baskischen Tageszeitung DEIA mit dem Titel "pozik + positivity+ activity", erschienen am 27.Mai 2014: www.deia.com
(3) Im spanischen Staat ist es üblich, dass viele Regionen Fußball-Länderspiele absolvieren gegen international namhafte Gegner, in Andalusien, Katalonien, Asturien, Valencia, Navarra zum Beispiel. Diese Spiele finden in der Regel in der Weihnachtspause statt, mit dabei sind die besten Profis, auch solche, die sonst in anderen Länderauswahlen spielen. In der baskischen Euskal Selekzioa haben u.a. namhafte Spieler wie Xabi Alonso, Bixente Lizarazu, Javi Gonzalez, Fernando Llorente, Julen Guerrero, Joseba Etxeberria, Gaizka Mendieta gespielt. Der baskische Verband fordert die internationale Zulassung der Selekzioa nach dem Modell von Schottland oder Puerto Rico, die derzeit (noch) keine unabhängigen Staaten darstellen. Die baskische Auswahl hat u.a. gegen Uruguay (5:1) (2:1), Nigeria (5:1), Ghana (3:2), Kamerun (0:1), Jugoslawien (1:0), Rumänien (2:2) und Peru (6:0) gespielt und dabei sehr gut abgeschnitten. Die Tradition der Länderspiele geht auf die 30er-Jahre zurück. Nachdem der Krieg 1937 im Baskenland verloren war, spielte die baskische Auswahl unter dem Namen EUZKADI in Europa und lateinamerikanischen Ländern, um gegen den Faschismus zu demonstrieren und Geld zu sammeln für die Unterstützung der republikanischen Seite. Im Jahr 1979, vier Jahre nach dem Tod des Diktators, wurde diese Spieltradition wieder aufgenommen. Die Spieler werden für diese nicht-offiziellen Spiele von ihren Vereinen im In- und Ausland freigestellt, einige haben sich öffentlich dazu bekannt, im Falle einer internationalen Zulassung nicht mehr für Spanien oder Frankreich, sondern für Euskal Herria spielen zu wollen. Namhaftes Beispiel im Fall Kataloniens ist der kürzlich zurückgetretene Carles Pujol.
(4) Foto Deia, 27.5.2014. Vorstellung des Projekts POZIKTIBITY in der Universität des Baskenlandes in Bilbao, auf dem Foto zu sehen sind von links nach rechts:
* Imanol Agirretxe (*1987, Spieler von Real Sociedad San Sebastián)
* Oihan Vega (Moderator des baskischen Fernsehens EITB, Autor einer Euskara-Lernsendung)
* Aritz Aduriz (*1981, aktuell in seiner dritten Etappe bei Athletic Bilbao, nachdem er auch bei Burgos, Valladolid, Mallorca und Valencia spielte)
* Maite Iturbe (seit 2012 Direktorin des baskischen Fernsehens, Euskal Irrati Telebista)
* Patxi Baztarrika (Sprachwissenschaftler, seit 2012 in der baskischen Regierung für Sprachpolitik zuständig)
* Cristina Uriarte (seit 2012 Senatorin der baskischen Regierung, zuständig für Bildung, Sprache und Kultur)

Für den Betrieb unserer Webseite benutzen wir Cookies. Wenn Sie unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen, akzeptieren Sie unseren Einsatz von Cookies. Mehr Information