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Außergewöhnliche Tier- und Schamdarstellungen

Im Höhlenkomplex Aitzbitarte in der Nähe der Stadt Rentería in Gipuzkoa wurden erneut prähistorische Kunstwerke gefunden. Dabei handelt es sich um Darstellungen von Bisons, Pferden, hirschähnlichen Tieren sowie weibliche Geschlechtsdarstellungen. Die Gravuren sind circa 14.000 Jahre alt, sie befinden sich laut Aussagen der Wissenschaftler in einem „ausgezeichneten Zustand“, weil sich in diesem Teil der Höhle die Umweltbedingungen seit Entstehen der Darstellungen nicht oder nur wenig verändert haben.

Die in Gipuzkoa in der Aitzbitarte-Höhle gefundenen Gravuren sind nicht die ersten prähistorischen Kunstwerke. Bereits 2015 wurde eine Reihe von Gravuren entdeckt, die auf ein Alter von bis zu 25.000 Jahre datiert wurden.

Eine Gruppe von Höhlenforschern hat im gipuzkoanischen Höhlenkomplex Aitzbitarte vorgeschichtliche Bilder gefunden, die von Expert*innen als „außergewöhnlich“ betrachtet werden. Bereits im April 2017 wurde diese Entdeckung gemacht. Bei den fünfzehn entdeckten Bildern handelt es sich um Darstellungen von Bisons, Pferden und Hirschtieren, sowie zwei weibliche Schamdarstellungen, letztere sind bisher einzigartig in der Region Baskenland. Die Funde stammen aus der Magdalenien-Epoche und werden auf ein Alter von 14.000 Jahre geschätzt. Einige der Figuren wurden auf Lehm modelliert, was sie zu einzigartigen Fundstücken auf der Iberischen Halbinsel macht. (1)

Die Entdeckung wurde Anfang Juli 2017 bei einer Pressekonferenz bekanntgegeben, an der die Höhlenforscher*innen teilnahmen, die die Bilder entdeckt hatten. Anwesend waren auch die Archäolog*innen, die die Echtheit der Fundaitzbitarte02e bestätigten, sowie die Kulturbeauftragten der Provinz Gipuzkoa und der Stadt Rentería. Alle waren sich in der Bewertung des Fundes einig. Der könnte sogar eine weitere Fortsetzung finden, denn es gibt eine zusätzliche Galerie mit „völlig intaktem“ Lehmboden. Sie wurde bisher nicht betreten, um die Luftbedingungen nicht zu stören. Derzeit ist die besagte Galerie nicht zugänglich. (2)

Der Kulturbeauftragte von Gipuzkoa betonte die Bedeutung neuer Technologien bei den Inspektionsarbeiten, die in den vergangenen Jahren mehrfach zur Entdeckung neuer Gravuren und Höhlenmalereien geführt hatten. Diese Funde vermitteln wichtige Aufschlüsse über die Bewohner*innen und ihr Leben in der Altsteinzeit, weit über Gipuzkoa hinaus. Die baskische Provinz ist eines der Gebiete mit einer relativ großen Ansammlung von Resten und Hinweisen auf den Symbolismus und die künstlerische Kreativität jener Spezies.

Der genaue Fundort der Gravuren befindet sich zwischen den Höhlen IV und V des Aitzbitarte-Komplexes, in der Gegend von Landarbaso. Die Höhlenforscher*innen Javier Busselo, Sergio Laburu und Ainara Rodriguez von der Felix-Ugarte-Gruppe stiegen ins Innere der Höhle, um eine Reihe von sogenannten vertikalen Kaminen des Komplexzentrums zu besichtigen. Seit 2014 arbeiten sie zusammen mit dem Archäologen Diego Garate, der für das Archäologie-Museum in Bizkaia als Forscher für Vorgeschichte aktiv ist. „Die anderen sagen uns, was und wie wir suchen sollen“, sagte einer der Höhlenforscher, Javier Bussolo. Bereits im Jahr 2015 fanden sie in den Höhlen III, IV und V 14.000 Jahre alte Gravuren. Diese Nachforschungen hatte die Gruppe in den letzten Monaten intensiviert.

Schwieriger Zugang

Am 6. April 2017 ging die Gruppe in die Aitzbitarte-IV-Höhle. „Sie sagten uns, dass auf dem Grund eines Schachtes von acht Meter Tiefe etwas gefunden worden sei. Deshalb suchten wir nicht nur in den horizontalen Galerien, sondern auch in den vertikalen“, sagte der Höhlenforscher. An jenem Tag stiegen sie in die Grotte auf der Suche nach einer „Galerie-Verbindung“, die bereits 1997 topografisch registriert worden war. Nachdem sie 10 Meter hinabgestiegen und durch acht Meter halbvertikale Röhren weitergekrochen waren, kamen sie zu einem Y-förmigen Raum, in dessen Seitengängen sie Gravuren erkennen konnten.

aitzbitarte03Busselo erzählte, dass sie keine Hoffnung hatten, irgend etwas zu finden, als sie zum ersten Mal durch die schmalen Öffnungen von 40 mal 40 Zentimeter schlüpften. Denn die Wände waren aus Lehm und „die Archäologen hatten gesagt, dass die Gravuren in der Steinzeit auf nacktem Fels gemacht wurden“. Als sie jedoch ans Ende der Gänge kamen, sahen sie einige Zeichnungen. Daneben fanden sie eine weitere Galerie, „völlig unberührt, mit einem weichen und feinen Lehmboden“. Sie verzichteten darauf, diesen Gang zu durchqueren, um seinen ursprünglichen Zustand nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Dennoch konnten sie aus der Distanz verschiedene Bisons und Figuren erkennen.

Wenige Tage später kamen sie in Begleitung des Archäologen Diego Garate in die Höhle zurück. „Ich war sprachlos, als ich die Zeichnungen sah“, erinnert sich Garate. In der ersten Inspektion wurden 15 Tier-Gravuren ausgemacht, sowie zwei Vulvas, weibliche Schamdarstellungen. Somit wurden in Euskadi (der autonomen Region Baskenland) zum ersten Mal Darstellungen von weiblichen Geschlechtsorganen aus prähistorischer Zeit gefunden – ein archäologischer Hit.

Eine weitere intakte Galerie

Laut Garate wurden einige der Figuren auf dem Tongrund mit einer bislang unbekannten Technik angefertigt, im Vergleich zu anderen Höhlen auf der iberischen Halbinsel. Dennoch stehen die Funde in Verbindung mit Entdeckungen in den Zentral-Pyrenäen, im französischen Gebiet Ariège, südlich von Toulouse. Es handelt sich um einen Bison und ein weiteres bisher unbekanntes Tier, die auf Lehm dargestellt wurden mit einem Silex-Feuerstein. „Mit den Händen schufen sie Volumen, ebene Flächen von unterschiedlicher Tiefe, dadurch erscheinen die Tierfüße in einer Perspektive. Die Darstellung des Bisons ist ein äußerst seltenes Meisterwerk“. Gemeint ist die faktisch dreidimensionale Gestaltung.

Der Archäologe erklärte bei der Pressekonferenz, dass es bei den Bildern verschiedene Darstellungs-Gruppen gäbe. Im linken Bereich, bis zu vier Meter aufsteigend in einer engen Galerie sind die Figuren zu sehen, die direkt auf Ton produziert wurden. Auf einer Fläche daneben ist eine große Vulva zu sehen von einem Meter Höhe, etwas weiter eine etwas kleinere weibliche Schamdarstellung. Auf der gegenüber liegenden Wand ist ein großes Pferd dargestellt, daneben andere Linien, die noch auf ihre Deutung warten, und Tonabschabungen. Die Forscher*innen haben auf einer der Wände sogar den Abdruck einer menschlichen Hand gefunden.

In ursprünglichem Zustand

Im rechten Bereich, auf einer Konsole von intaktem Ton, setzt sich eine Galerie fort, die bislang noch nicht untersucht wurde. Auf den ersten Metern ist am Ende eine Bison-Figur erkennbar, am Dach eine zweite Figur und dazwischen ein Bison mit zurückgezogenen Beinen, ebenfalls in Ton gearbeitet. Garate kündigte an, dass ein Weg gesucht werden müsse, um in diese Galerie einzudringen ohne den Boden und die Wände zu berühren. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass hierfür eine Art von Kleiderbügel mit einer Luftkammer benutzt werden, eventuell auch ein Dron, um zu erforschen, was sich im Innneren der Galerie abspielt und um die Länge des Ganges in Erfahrung zu bringen. Der Wissenschaftler schließt nicht aus, dass die Galerie am anderen Ende einen Ausgang aufweisen könnte.

aitzbitarte04Die Tier- und Vulva-Darstellungen sind in einem „ausgezeichneten Zustand“. Dies ist zurückzuführen auf die Tatsache, dass Temperatur und Feuchtigkeit in der Höhle über sehr lange Zeit gleichmäßig geblieben sind. Dadurch wurden die Abbildungen in einer Art „Kühlschrank“ gehalten, in dem sich in den vergangenen 14.000 Jahren kaum etwas verändert hat, so Garate.

Die Provinzregierung Gipuzkoa hat die Schließung der Höhle veranlasst und die Entdeckung offiziell der baskischen Regierung mitgeteilt. Aufgrund der gefundenen prähistorischen Kunst wird Aitzbitarte zu einer Höhle von maximalem Schutz. Die Kulturreferentin von Rentería kündigte an, im August werde es begleitete Führungen geben, um das historische Kulturerbe vorzustellen, das sich in den Höhlen von Aitzbitarte verbirgt.

Aitzbitarte – erstklassig in Gipuzkoa

Der Fundort Aitzbitarte liegt in einem Gebiet, das im Volksmund Landarbaso genannt wird (baskisch: Pflanzenwald). Er liegt auf einer Hügelkette, die von karstigen Vertiefungen übersät ist. Der Archäologe Diego Garate war an den letzten Entdeckungen beteiligt, seiner Ansicht nach zeichnet sich das Höhlensystem Aitzbitarte durch seine enorme archäologische Bedeutung aus.

„Aitzbitarte IV ist die Pionier-Höhle der Archäologie in Gipuzkoa“. Die ersten Erforschungen der Höhle gehen zurück auf das Ende des 19. Jahrhunderts. 1892 wurde die Grotte von Modesto del Valle Izaga untersucht. In den 1960er Jahren war der bekannte Archäologe und Ethnologe José Miguel Barandiarán an der Reihe, die Gegend war einer seiner Arbeitsschwerpunkte. Ende des 20. Jahrhunderts forschte Jesús Altuna einige Sommer lang in Aitzbitarte. Eindeutig erwiesen ist, dass die Höhle von Jägern und Sammlern bewohnt war in einer Zeitspanne, die 30.000 Jahre zurückgeht, in der lange zurückliegenden Jungsteinzeit.

Das Team von Diego Garate kam im Jahr 2012 zum ersten Mal in die Aitzbitarte-Höhlen. Damals wurden die Grotten erneut einer Untersuchung unterzogen. Gefunden wurden „rote Flecken“, die weitere Untersuchungen nach sich zogen. Zur Überraschung aller wurde 2015 der Fund verschiedener Gravuren bestätigt, einige aus der frühen Jungsteinzeit (Gravettien), zwischen 28.000 und 20.000 Jahre alt, andere aus der späteren Jungsteinzeit (Magdalenien) mit einem Alter zwischen 14.500 und 12.500 Jahren.

ANMERKUNGEN:

(1) Information aus „Hallan en una cueva de Rentería grabados prehistóricos en arcilla, únicos en la Peninsula”, Tageszeitung El Correo, 11.7.2017 (Prähistorische Gravuren auf Ton in Rentería gefunden, einzigartig auf der Halbinsel)

(2) Video baskisches Fernsehen EITB zum Gravuren-Fund in Aitzbitarte, Gipuzkoa (Link)

ABBILDUNGEN:

(1) Höhlengravuren Aitzbitarte (20minutos)

(2) Aitzbitarte-Höhle (evaristo.blog)

(3) Aitzbitarte-Höhle (gipuzkoa.gaur)

(4) Aitzbitarte-Höhle (noticias-de-gipuzkoa)

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