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Hintergründe der Hexenverfolgung

Im Mittelalter wurden Frauen verfolgt, nachdem sie beschuldigt wurden, böse Frauen oder Hexen zu sein. Angeklagt durch kirchliche und weltliche Institutionen, aber auch durch verschiedene Sektoren der Bevölkerung. In den baskischen Territorien dauerte diese Verfolgung lange an. Die vermeintlichen Hexen wurden als Vasallinnen des Teufels gebrandmarkt. Die Kirchenführung definierte, was für Glaube und Gesellschaft gefährlich sei, wer und wie zu bestrafen sei: Folter, Scheiterhaufen. Vor allem gegen Frauen.

Als Hexenverfolgung wird das Aufspüren, Foltern und Bestrafen von Personen bezeichnet, von denen geglaubt wird, sie praktizierten Zauberei bzw. stünden mit dem Teufel im Bunde. In Mittel- und Südeuropa fand sie vor allem während der Frühen Neuzeit statt. Die bekanntesten baskischen Beispiele stammen aus dem 16. Jahrhundert.

Im fernen 6. Jahrhundert war der Glaube verbreitet, dass Kräuterfrauen, Magier und Eulen von Natur aus böse seien. Das Weltbild derer, die daran glaubten, war voller Dämonen, die sich in das menschliche Leben einmischten und teuflische Wesen schufen. In einer solchen Welt wandten sich viele Menschen der Magie und Zauberei zu, um zu überleben. Dekaden später, im dreizehnten Jahrhundert, wurden Hexen und Zauberinnen, die von der angeblichen Existenz eines Satanskults besessen waren, nach und nach als treue Dienerinnen dieses Kults definiert. Die Voraussetzung für ihre Verfolgung war geschaffen. (1)

In einer Zeit, in der Wissenschaft und Magie eng miteinander verbunden waren und ineinander übergingen, wurde den Hexen die Rolle des Bösen zugeschrieben. Viele Menschen wollten gerne den Lauf der Dinge und die Zukunft beeinflussen oder einfach ihr Schicksal kennen, um es zu ändern. Dabei wurden Hexen und ihre magischen Künste ins Spiel gebracht. Alle Mittel waren recht, um die gewünschten Ziele zu erreichen. Eine unbekannte Anzahl von Männern und Frauen wandte sich in ihrem Leben zu bestimmten Zeiten an Hexen, um mit Beschwörungsformeln über ihre Zukunft zu erfahren, mit deren Hilfe Horoskope zu lesen, Amulette anzufertigen oder die Zukunft durch Totenbeschwörung, Vorzeichen oder Omen zu deuten.

hex002Hexensabbat, Teufelstanz

Die katholische Kirche zeigte ganz offenbar ihre Schwächen. Ihre Herrschaft über die Gewissen der Christen war nicht absolut. Um dieses Erbe zu korrigieren, schufen einige Kleriker eine ganze Vorstellungswelt von Hexen und anderen Figuren und verteidigten deren Authentizität mit allen Mitteln. Die Existenz von Verschwörungen, Hexensabbat oder Teufelstänzen, an denen hauptsächlich Frauen und Teufel teilnahmen, wurde schriftlich und mündlich verbreitet. Diese Versammlungen dienten angeblich dazu, vom Christentum abzufallen und sich nach bestimmten Riten dem Teufel zu unterwerfen, Zaubersprüche und Salben vorzubereiten, um Schlechtes zu tun. Das teuflische Festmahl endete mit einer Orgie von Hexen mit Hexen und Hexen mit Teufeln.

Malleus maleficarum“, "Hexenhammer", die Schrift des deutschen Dominikaners, Theologen und Inquisitors Heinrich Kramer ist ein spätmittelalterliches Werk, das die von Kirchenfürsten und Klerikern erdachte böse Hexenwelt zusammenfasst (2). Im Jahr 1486 wurde dieser Leitfaden für ihre Verfolgung veröffentlicht, besonders nützlich war er für Inquisitoren, Kleriker und Juristen. Frauen, die nicht exakt den offiziellen vorgeschriebenen Lebensweisen folgten, waren den Verfolgern nach dieser Schrift ausgeliefert. Diese ausführliche und aufwendige Denunziationsrede erfüllte schließlich den Zweck, für den sie gedacht war.

Ziel war, böse Zauberinnen, Heilerinnen, Hebammen, Zuhälterinnen oder Prostituierte zu entdecken und zu unterdrücken. Die Hexenjagd hatte mindestens schon im vierzehnten Jahrhundert begonnen. Glücklicherweise waren die Überzeugungen unter Klerikern und Laien nicht überall gleich. Einige wendeten die Repression gegen die Hexen mit Nachdruck an, andere griffen zu weniger drastischen Maßnahmen, weil sie nicht an die Existenz einer teuflischen Sekte glaubten. Zu letzteren gehören Martín de Andosilla aus Navarra und der in Durango geborene Juan de Zumárraga, Erzbischof von Mexiko.

Hexen oder Sorginak

Auch die baskische Bevölkerung, als Angehörige des mittelalterlichen Christentums, war ideologisch mit dem Problem konfrontiert, das auch andere Regionen Europas betraf. Anders als man annehmen könnte, setzten sich auch Laien für die Hexenverfolgung ein. In Gipuzkoa baten die Prokuratoren der Provinz 1466 den König von Kastilien um juristisch-administrative Hilfe bei der Verfolgung von "Hexen und Sorginak" (Anm: “sorgina“ ist das baskische Wort für Hexe), den Vasallinnen des Teufels und schuldig befunden für den durch Zaubereien verursachten Schaden, der Gipuzkoa heimgesucht hatte.

Diejenigen, die die Provinz regierten, Männer mit Macht, forderten königliche Unterstützung. Hatten Hexen also so viel Einfluss? Es besteht kein Zweifel, dass sie soziale Unterstützung hatten, denn der königliche Hof reagierte mit dem Befehl, sie mit allen zur Verfügung stehenden politischen, rechtlichen und administrativen Mitteln zu verfolgen. Unabhängig davon, wer ihre Freunde oder Familien waren, mit denen sie in Verbindung standen. 1479 beschlossen die Herrscher der Städte in Bizkaia, Zauberinnen, Wahrsagerinnen und "xorguinas", die Kräuter verteilten, zu verbrennen "bis sie starben oder zu Asche oder Staub wurden". Diese Aufgabe lag in der Verantwortung qualifizierter Ärzte.

hex003In Bizkaia und Araba

In beiden Territorien waren die verdächtigen Zauberinnen oft Heilerinnen und Hebammen, sie wurden zu den Hauptopfern. Die städtische Welt entschied sich für den an den Universitäten erlernten Arztberuf, auf der anderen Seite standen die traditionellen ungebildeten Heilerinnen ländlicher oder städtischer Herkunft. Der sich entwickelnde Kampf dauerte lange. In den Jahren 1507/1508 starteten die Machthaber der Herrschaft von Bizkaia und die Inquisition eine weitere Offensive gegen Lamias (baskisch: Vogel- und Fischfrauen), Eulen und Hexen aus den Provinzen Araba (Alava) und Bizkaia.

Insbesondere die "Durangas de Amboto" (nach einem Berg bei Durango) wurden beschuldigt, zu Hexenzirkeln zu fliegen, abtrünnig zu werden, den Teufel in Form eines Ziegenbocks zu verehren und mit Hilfe von Satan und Beelzebub böse Zaubersprüche zu bewirken. Die Vorwürfe, Felder und Tiere zu vergiften, Menschen zu töten, wie Totenbeschwörer die Herzen der Toten zu entnehmen, Beschwörungen, Hexereien, Weissagungen und Zaubersprüche zu bewirken, Salben zu verteilen und Dämonen zu beschwören, häuften sich. Die Aneinanderreihung von Vorwürfen erinnerte an den Text des Hexenhammers.

Durango 1508

Ein dramatisches Beispiel ereignete sich im Jahr 1508 in Durango. Die Inquisition verurteilte die Hebamme María San Juan de Garonda aus Mungia als "böse Ketzerin und abtrünnige Hexe" zum Tode. Zuvor wurde sie gequält. Sie wurde beschuldigt, Abtreibungen vorzunehmen, Frauen Getränke, Kräuter und Pulver zu geben, damit sie schwanger werden, und magisch-teuflische Künste zu praktizieren: Zaubersprüche, Wahrsagerei, Beschwörung von Dämonen und Unterwerfung gegenüber dem Beelzebub.

Ähnliche Anklagen wegen Zauberei wurden in Araba gegen die Heilerin Marina de Otaola (Okondo) erhoben, die für zwei Jahre aus der Gegend verbannt wurde; und gegen die Hebamme María Pérez de Yartúa aus Aramaio, die jedoch für unschuldig erklärt wurde. Der Konflikt wurde mit unterschiedlicher Intensität in späteren Chronologien in Nafarroa, Bizkaia, Gipuzkoa und Araba wiederbelebt. Im Jahr 1531 riet der Inquisitionsrat den Inquisitoren aus Calahorra (Region La Rioja), dass die Ermittler die baskische Sprache beherrschen sollten, weil vermutet und nahegelegt wurde, dass sich die Übeltäterinnen der schwer verständlichen baskischen Sprache bedienten. Die Verurteilung zum Scheiterhaufen war die Höchststrafe, die verhängt werden konnte.

hex004Frauen im Blickpunkt

Abergläubisch, lasziv, Wahrsagerin, Zauberin, Heilerin und Teufelin – was ihre Verleumder und Verfolger über Hexen dachten, stand im Widerspruch zu dem, wie die Frauen selbst ihre Aktivitäten sahen. Der Glaube an die Existenz von Hexenzirkeln unter dem Vorsitz des Teufels führte viele Frauen auf den Scheiterhaufen. Für dieses klerikale Konstrukt kamen die Interessen von Geistlichen, Akademikern, Ärzten, Apothekern, zentralen, regionalen und lokalen Mächten zusammen, sowie von Leuten, die persönliche, familiäre oder gruppenbezogene Streitigkeiten rächen und ihrem Hass freien Lauf lassen wollten. Egoistische Vergeltung traf sich mit politischen Interessen höchsten Ranges.

Hexerei-Ermittlungen wurden zu einem ideologischen und juristischen Instrument, um das gesellschaftliche Leben in vielen Orten zu kontrollieren, eingesetzt von Königen, der Kirche, dem Hof und dem königlichen Rat von Navarra, den Generalräten von Gipuzkoa und Bizkaia und den lokalen Behörden vieler baskisch-navarrischer Städte und Dörfer. Gleichzeitig war die Hexerei ein politischer Reibungspunkt zwischen der Inquisition und den Generalversammlungen von Bizkaia und Gipuzkoa sowie dem Rat von Nafarroa, die versuchten, die juristische Kompetenz an sich zu ziehen.

In allen Schichten vertreten

Um die Phänomene der Hexerei zu verstehen, muss bedacht werden, dass theologische, magische und abergläubische Aspekte in allen sozialen Schichten präsent waren. Aus diesem Grund schien es für viele Menschen nahezu natürlich und vollkommen naheliegend, “dämonische Hexen“ für den Tod von Kindern, für schlechte Ernten, Naturkatastrophen oder den Tod von Vieh verantwortlich zu machen. Das gehörte zur Vorstellungswelt von Menschen, die an die Einmischung des Teufels in das tägliche Leben glaubten.

Heilerinnen und Hebammen spielten in den negativen Stereotypen von Hexerei die Hauptrolle. Es handelt sich um ein komplexeres anthropologisches, soziales, gesundheitliches und psychologisches Thema, in dem auch der Glaube eine Rolle spielte. Teile des Hexerei-Paradigmas sind persönliche und Liebesbeziehungen, Glaubensvorstellungen, politische Ausrichtungen, Angst vor Repression, die Besessenheit mancher Juristen und Kleriker, die Existenz von Hexentänzen zu behaupten. Dazu kommt die Dialektik von Herrschaft und Widerstand zwischen "wissenschaftlich weiser Kultur" und folkloristischen kulturellen Traditionen. Hexenverfolgung ist ein multikausales Phänomen, abhängig von den Rollen der Beteiligten.

hex005Die Ketzer von Durango

Das Spektrum der Hexerei wird nicht auf "teuflische Hexen" reduziert. Im Jahr 1597 berichtet Jerónimo Mendieta aus Vitoria-Gasteiz, dass 1527 der Inquisitor Fray Juan de Zumárraga nach Durango geschickt wurde, um "die gefährlichen Umtriebe von Hexen in Bizkaia zu korrigieren und zu verbessern". In Durango ist es notwendig, die Ausweitung der Definition von Hexen auf weitere Gruppen zu untersuchen. Juan de Zumárraga, der vor unkontrollierten Festen warnte, bemerkte 1543 über die Ketzer und Hexen in Durango: "Es hieß, dass sie nachts von Stadt zu Stadt zogen und Feste und Tänze abhielten".

Alte, erwachsene Zauberinnen sind in so einer Trance schwer vorstellbar. Die “perversen Auswirkungen“ der Tänze sollen 1505 in Bilbao deutlich geworden sein: "Spielen und fluchen, von einem Fest zum nächsten ziehen, vagabundieren und unordentlich mit lasterhaften Frauen wandeln". Im Hexenhammer steht: "Die Dinge der Hexerei kommen aus der fleischlichen Leidenschaft, die in den Bösen unersättlich ist". Lüsternheit, Promiskuität und diejenigen, die sie begünstigen, sollten bekämpft werden. Kein Zufall ist die bekannte Verbindung zwischen Hexerei, den Spinnerinnen und ihren Arbeitsgeräten, der Haspel, dem Spinnrocken und der Spindel. Ein Tuchmacher und zwei Weberinnen der Bruderschaft der Tuchmacher in Durango wurden im Jahr 1500 verbrannt.

Kurzum, gesundheitliche, "amouröse", folkloristische und arbeitstechnische Gründe erklären die Unterstützung des "Hexenaufstandes" in Bizkaia durch junge Männer und Frauen, durch andere Leute und durch die Spinnerinnen. Ein besonderer Fall ist der von Juan Martínez de Yryta. Er benutzte 1493 in Bilbao sein Schwert, um "die Anwendung der Gerechtigkeit" in einem Fall von Hexerei zu verhindern. Gemäß den Stadtoberen hatte er einen mächtigen Freund, aber er war "ein Unruhestifter und öffentlicher Übeltäter, der allem widerspricht, was die Obrigkeit tut, er verteidigt Übeltäter, um eine gute Regierungsführung zu verhindern, wegen seiner Feindschaft mit dem Bürgermeister".

ANMERKUNGEN:

(1) “Las maléficas vascas: Lamias, brujas y aquelarres en el medievo” (Baskische Hexerei, Meerjungfrauen, Hexen und Hexentänze im Mittelalter) 2021-06-12, Deia (LINK)

(2) Malleus Maleficarum – Hexenhammer 1486 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Teufel präsidiert einen Sabbat, Chronik Johann Jakob Wick, Zürich XVI. Jh. (deia)

(2) Hexer, Hexen mit einem Ziegenbock, frz. National-Bibliothek, Mitte XV. Jh. (deia)

(3) Hexenhammer (iberlibro)

(4) Kräuterfrau im Mittelalter (medikamente)

(5) Hexenhammer (edition)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-06-14)

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