Diskriminierung überwinden
Verschiedene, teilweise internationale Foren waren in den vergangenen 17 Jahren daran beteiligt, im spanisch-baskischen Konflikt zu vermitteln. Mit dem Ende von ETA hat die Gruppe internationaler Vermittler um Brian Currin ihre Arbeit beendet und in die Hände des Sozialforums gelegt. Dessen Arbeit begann vor 10 Jahren mit zwölf Empfehlungen. Agus Hernan, Koordinator des Ständigen Sozialforums im Baskenland stellt zufrieden fest, dass 11 von davon erfüllt wurden oder reif für die Umsetzung sind.
Das “Ständige Sozialforum“ (Foro Social Permanente) ist eine Kommission verschiedene baskischer Organisationen (Gewerkschaften und Menschenrechts-Gruppen), die offene Fragen der gesellschaftlichen Normalisierung des Baskenlandes fördern soll.
Agus Hernan, Baskisches Sozialforum – Interview aus der Tageszeitung Gara-Naiz. (Erklärungen zum besseren Verständnis der im Interview gemachten Aussagen wurden von der Redaktion in Klammern eingefügt) (1) (2):
Beginnen wir mit dem aktuellsten Thema. Der offizielle Bericht über Folter in Navarra wird demnächst vorgelegt. Wie bewerten Sie diesen Schritt?
Der Bericht geht vor allem auf die Forderungen der Opfer der Folter staatlicher Institutionen (Polizei) ein, die sich darüber beklagen, dass sie unsichtbar gemacht werden. Aus meiner Sicht wurden sie wie Opfer der dritten Klasse behandelt. Es handelt sich um eine Momentaufnahme der Fälle in Navarra und hat einen institutionellen Aspekt, da der Bericht zu einem Teil des Plans zur gesellschaftlichen Koexistenz werden wird. Wir hoffen, dass er im Parlament von Navarra mehrheitlich positiv aufgenommen wird.
Diesmal wird der Bericht von einer PSOE-Regierung unterstützt. Kann das eine Bresche im bisher erlebten Negationismus darstellen? (Gemeint ist die Haltung der spanischen Behörden, es habe nie Folter gegeben, schon gar nicht systematisch).
Selbstverständlich. Dies ist ein wichtiger Schritt in Bezug auf die Verletzung der Menschenrechte und die Anerkennung dieser Verbrechen. Später wird es ein Gesetz geben, für das bereits eine Grundlage ausgearbeitet wurde. Es wäre wichtig, dass die Folteropfer sich an die Anlaufstelle wenden, die in Kürze geöffnet wird, damit neben der institutionellen Anerkennung auch eine Wiedergutmachung erreicht werden kann. In der Region Navarra bedeutet dies einen Schritt, der vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. (Weil seit 20 Jahren rechtsgerichtete spanisch-orientierte Regierungen im Amt waren).
Können dadurch weitere Türen geöffnet werden? Weil die entsprechende Arbeit in der Region Baskenland (Euskadi) weder in Madrid noch auf internationaler Ebene ein Echo gefunden hat ...
Möglicherweise. Die Verwaltung der Regierung von Navarra nimmt das Ganze als sogenannte "Schattenberichte" auf. Das sind Berichte aus der Zivilgesellschaft, von Nicht-Regierungs-Organisationen, die später an die UNO weitergeleitet werden. Wir müssen natürlich den weiteren politischen Willen abwarten, aber die Regierung von Navarra stellt das in Aussicht. Besonders möchte ich die Rolle der Menschen hervorheben, die Folter erlitten haben, sie haben den Anstoß zu all dem gegeben.
Apropos Opfer staatlicher Gewalt: Wir haben soeben die Aussagen von Barrionuevo gehört, der den sogenannten “schmutzigen Krieg“ gegen die baskische Bewegung rechtfertigt. Auch die Aussage eines anderen französischen Kriminellen, der mit der GAL in Verbindung stand ... Geht das die gleiche Richtung? (3) (4)
Wir haben uns diese Frage gestellt, sie ist schwer zu beantworten. Ich persönlich würde sagen, dass es sich um die Begleichung alter Rechnungen handelt. Wichtig ist nicht, warum sie es tun, sondern was sie tun, die Rechtfertigung, die Reviktimisierung. Wenn wir die institutionelle und politische Rückendeckung nach den Erklärungen des ehemaligen PSOE-Innenministers Barrionuevo (über Staatsterrorismus) betrachten und sie mit den Worten der Vox-Faschistin Macarena Olona vor einigen Monaten vergleichen (sie machte sich im April 2022 über Folteropfer lustig), müssen wir einen Wandel feststellen. Denn leider werden solche Äußerungen des Stolzes auf die Folterpraxis, diese arroganten Erklärungen, sich mit Sicherheit wiederholen. Wir werden sehen, ob die Reaktion weiterhin dieselbe sein wird.
An welchem Punkt stehen wir, was die Opfer staatlicher Gewalt anbelangt?
Nun, die Frage der “Ongi Etorris“ (der öffentlichen Begrüßungen für entlassene ETA-Gefangene), die diese Debatte erschwert hat, ist überwunden (5). Somit ist es Zeit für weitere entscheidende Schritte. Die Regierungen legen unterschiedliche Kriterien an (gegenüber Opfern von ETA und Opfern von staatlicher Gewalt). Es entsteht eine Asymmetrie, eine ungleiche Behandlung ohne Rechtfertigung. Über die Äußerungen von Barrionuevo hinaus sehen wir zum Beispiel bei der Zuteilung von Sozialhilfe-Leistungen (RGI), dass den ETA-Opfern bestimmte Rechte eingeräumt werden. Das geht in Ordnung, aber diese Rechte gelten nicht für die Opfer staatlicher Gewalt. Das Gleiche gilt für die Einschreibe-Gebühren an der baskischen Universität, bei der Zuteilung von öffentlichen Wohnungen und sogar bei der Vergabe von Arbeitsplätzen. Es ist an der Zeit, diese Diskriminierungen zu überwinden.
Nach der Auflösung der ETA wurde (im Baskenland) ein Konsens über das Recht aller Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung erzielt. Das wird jetzt langsam umgesetzt, das Tabu der Opfern staatlicher Gewalt wird nun in Frage gestellt. Vorher saßen wir auf einem Übungs-Fahrrad und traten in die Pedale, ohne voranzukommen. Im baskischen Parlament besteht ein ablehnender Konsens zum spanischen Gesetz über die Opfer des Terrorismus. Dieses Gesetz ist die Ursache der von mir erwähnten Diskriminierung, das wird hoffentlich noch in dieser Legislaturperiode korrigiert. Daneben gibt es einen Anfangs-Konsens zum Gesetz 12/2016 über Opfer staatlicher Gewalt. Hier muss die Frist für die Einreichung von Klagen durch die Opfer wieder eröffnet werden. Da gibt es noch viel zu tun. Warum wurden nur 700 Anträge eingereicht, wenn es Tausende von gefolterten Menschen gibt? Hintergrund ist ganz offensichtlich das Misstrauen. Mittlerweile gibt es ein günstigeres politisches Panorama, in dem es mehr Möglichkeiten gibt.
Sie erwähnten die "Ongi Etorri Empfänge" (Herzlich Willkommen) als Konfliktpunkt, der überwunden wurde …
Die öffentlichen Begrüßungen von ETA-Gefangenen, die ihre Strafe abgesessen hatten, waren ein sehr beunruhigendes Element, das ausgeräumt wurde, indem das Gefangenenkollektiv von diesen Empfängen abgeraten hat. Die Ongi Etorri Empfänge führten dazu, dass es nicht möglich war, sich auf andere wichtige Themen zu konzentrieren, wie zum Beispiel die Opfer von staatlicher Gewalt.
Organisationen von ETA-Opfern setzen sich beispielsweise weiterhin dafür ein, die Wiederaufnahme von Strafverfahren zu erzwingen (6). Welche Folgen kann das haben?
Es gibt zwei Bereiche: die sogenannten "ungelösten Fälle" (Attentate bisher ohne Täter und Verurteilungen) und die sogenannte "geistige Urheberschaft" von Personen aus der ETA-Führung. Bei der Konferenz der Buesa-Stiftung hat sich die frühere Koordinatorin des Amtes für Opferhilfe, María del Carmen Alba, kritisch zu den Möglichkeiten geäußert, mit Wiederaufnahmen weiterzukommen.
Es handelt sich um ein komplexes Thema, bei dem konträre Positionen aufeinanderprallen, die im Moment unvereinbar erscheinen. In dieser Frage müssen wir von einem internationalen Standard ausgehen: dem Recht der Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung. Und von einer grundlegenden Frage: Was wird gesucht? Wahrheit als heilendes Element oder Strafjustiz als Vergeltung? Weil wir keine Übergangsjustiz haben, setzt sich das Sozialforum nachdrücklich für einen Ansatz ein, der das Recht auf Wahrheit als Basis für die Heilung in den Mittelpunkt stellt, gleichzeitig grenzen wir dies ab von einem Straf-Ansatz, der juristische Wahrheit durch die Straf-Vergeltung sucht. Wir haben gesehen, dass Letzteres nicht zu einem demokratischen Zusammenleben beiträgt und Schritte zur Versöhnung erschwert. Wir stellen fest, dass sich immer mehr Opfer für diesen Weg entscheiden.
Es gibt Fortschritte in der Frage der Gefangenen (die Mehrheit wurde ins Baskenland verlegt) (7), aber auch Bremsen und sogar Rückschritte in der Frage des Freigänger-Status für Gefangene. Dazu kommen strukturelle Probleme wie das Gesetz 7/2003 oder der politisierte Nationale Gerichtshof (Audiencia Nacional) ...
Der Rahmen für die Lösung dieser Probleme wurde entwickelt und stützt sich auf drei wesentliche Säulen: das Kollektiv der Gefangenen, die Institutionen und die Zivilgesellschaft, die sich in unterschiedlichen Formen zum Ausdruck bringt. In dieser Entwicklung gibt es tatsächlich bedeutende Probleme, die es vorher nicht gab. Zum Beispiel die systematischen Widersprüche durch die Staatsanwaltschaft der Audiencia Nacional (die bei Hafterleichterungen das letzte Wort hat). Neben der Audiencia gibt es zwei weitere Engpässe. Das Gesetz 7/2003 zu Terrorismus-Delikten steht immer noch nicht zu seiner Revision auf der Tagesordnung. Und die Frage der Anhäufung von Strafen stand zwar auf der Liste der Gesetzesprojekte der spanischen Regierung für dieses Jahr, wurde aber nicht behandelt.
Das löst Ängste und Sorgen aus, völlig normal. Klar ist jedoch, dass der Rahmen für eine Lösung abgesteckt ist: erstens, die Gefangenen in den baskischen Gefängnissen als aktive Akteure im Wiedereingliederungs-Prozess; zweitens, die Anwendung einer geordneten Progression der Haftgrade; drittens, das Engagement der baskischen Regierung für eine wiederherstellende Gerechtigkeit. Wenn wir zurückblicken: vor drei Jahren hatten wir es mit Gefangenen zu tun, die tausend Kilometer entfernt inhaftiert waren, alle im Haftgrad mit höchster Sicherheitsstufe und alle in Einzelhaft. Der Prozess seither ist nicht linear verlaufen und nicht einfach, denn gegenüber haben wir mächtige Gegner und Lobbys (Audiencia Nacional, rechte Opferverbände, rechte Medien). Während einige Schwierigkeiten überwunden werden, kommen andere auf die Tagesordnung. Der Kreislauf der Sonderregelungen im Strafvollzug muss ein für alle Mal durchbrochen und die Blockade des Nationalen Gerichtshofs (AN) aufgehoben werden. Die Debatte über das Gesetz 7/2003 wird in Angriff genommen und die Frage der Kumulierung von Strafen gelöst.
Gehen wir einmal davon aus, dass die Rechte wieder die Regierung übernimmt – wie viele der genannten positiven Schritte könnte sie rückgängig machen? Unternimmt das Forum etwas dagegen?
Derzeit bleiben uns die Türen verschlossen, vielleicht wegen des laufenden Wahlkampfs. Die Bildung einer ähnlichen Regierung wie der jetzigen würde dabei helfen, weitere Fortschritte zu machen. Aber viele Akteure sind natürlich besorgt über die Möglichkeit eines Regierungswechsels. Besorgt darüber, auf wen sich ein solcher Regierungswechsel stützen könnte (vor allem mit Blick auf die faschistische Vox-Partei, die der PP zur Mehrheitsbeschaffung dienen könnte). Wir stehen am Beginn eines länger andauernden Wahlzyklus (baskische Regional- und Kommunal-Wahlen, Zentralregierung). Glücklicherweise haben wir die Zeit zwischen den Wahlen gut genutzt.
Zum Thema Erinnerung: Verliert die Besessenheit an Kraft, nur eine einzige Interpretation der Konfliktgeschichte zuzulassen? Es macht fast den Eindruck ...
Wir denken schon. Bei der Aiete-Konferenz (Donostia 2011) haben wir bereits festgestellt, dass wir vom Gedenken in Form von Konfrontation zum Gedenken in Form von Konstruktion übergehen müssen. Wir gehen davon aus, dass der Übergang bereits vollzogen ist. Wenn wir beispielsweise das "Begiradak"-Dokument (Blickwinkel) der baskischen Regierung analysieren, können wir feststellen, dass Probleme wie die Diskriminierung zwischen den Opfern unterschiedlicher Konfliktbeteiligter (ETA / Staat) angegangen werden, auch das Thema der Wahrheit. Auch ist klar, dass wir uns in anderen Fragen nicht einigen werden.
In unserem Konferenz-Zyklus “Unwahrscheinliche Dialoge“ haben wir gezeigt, dass ein Dialog möglich ist, am 17. Dezember werden wir daher öffentliche Empfehlungen abgeben. Wir haben zwei diskrete Dialog-Veranstaltungen durchgeführt, eine in der Region Baskenland mit elf Personen, die es vorgezogen haben, in diesem diskreten Raum zu bleiben, und eine weitere in Navarra mit neun Personen, die ebenfalls aus sehr unterschiedlichen Bereichen kamen. Fortschritte sind möglich, wir bauen auf ein facettenreiches und integratives Gedenken. Vergessen ist ein Problem, wir wechseln zu schnell die Tagesordnung. Einen Ausschluss von Konflikt-Interpretationen kann es nicht geben, sie müssen alle auf dem Tisch liegen.
In dem von Ihnen erwähnten Gogora-Dokument wird dafür plädiert, dass junge Menschen die Aufgabe der Erinnerung übernehmen sollten. Ist das realistisch? Ein großes Interesse ist nicht spürbar ...
Wir sind eine Generation des Vergessens, das gilt auf jeden Fall in Bezug auf den Bürgerkrieg. In meinem Elternhaus wurde nicht darüber gesprochen, und seit 40 Jahren sprechen wir nun immer noch über die Geschichte meiner Großmutter und meines Großvaters. Wir müssen uns anstrengen, dass dies mit der jüngsten Erinnerung nicht geschieht. Es ist schon richtig, Daten aus Umfragen zeigen, dass die Vermittlung schlecht läuft, das müssen wir akzeptieren. Im Forum wird dieses Thema ständig diskutiert, aber niemand hat ein Rezept, um bei jungen Menschen etwas zu bewirken.
Vor einigen Jahren stellte das Sozialforum in einem Dokument fest, dass "die Zeit gegen die Lösung läuft". Sehen Sie das immer noch so?
Jene Analyse haben wir im Zusammenhang mit politischen Blockaden (der Rechten) und schwer zu lösenden Knoten gemacht. Seitdem wurden entscheidende Schritte zur Lösung unternommen, die uns zu einem neuen Szenario führen. Dieser pessimistische Eindruck von damals ist jetzt nicht mehr so stark. Obwohl für die Menschen, die gelitten haben und weiterhin leiden, die neu geschaffenen Lösungen immer zu spät kommen. Auch darauf müssen wir achten.
Wir stehen schon im zweiten Post-Aiete-Jahrzehnt (die Friedens-Konferenz war 2011). Einige Themen haben auf der Tagesordnung an Gewicht verloren. Muss das negativ gesehen werden oder kann es auch seine positiven Seiten haben?
Das kann sein. Wir rudern gegen den Strom, weil die Geschichte dieses Konflikts immer uninteressanter wird und weil es neue starke mediale Themen gibt: Pandemien, Krieg, Klimawandel. Aber wir haben in jenem Dokument auch geschrieben, dass Fortschritte in einem Bereich auch Fortschritte in anderen Bereichen nach sich ziehen, und das ist der Fall. Die Abrüstung auf dem zivilen Weg (von ETA) schafft am nächsten Tag, neue Räume für die Arbeit in der Frage der Gefangenen die ETA-Auflösung lässt Übereinstimmungen über die Opfer zu ... Wenn du die Stufen hinaufsteigst, kommt es zu Vereinbarungen, die gleichzeitig eine Basis für weitere Fortschritte sind. Natürlich besteht die Gefahr, etwas zu vergessen und wichtige Fragen nicht beantworten zu können. Wir sind eine Gesellschaft im Umbruch, wir werden uns nicht über die Gründe einig sein, aber wir können entscheiden, wohin wir gehen.
Was bleibt für das Sozialforum zu tun?
Das Forum hat von Juni bis Oktober 2022 einen Diskussionsprozess entwickelt und in einer Versammlung in Agurain einstimmig eine positive Bewertung der Entwicklung der zwölf Empfehlungen des ersten Sozialforums (im Jahr 2013) beschlossen. Ausnahme ist der Aspekt der Anpassung des Umfangs staatlicher Sicherheitskräfte im Baskenland. Im Übrigen wurden wichtige Schritte gemacht oder die Voraussetzungen dafür geschaffen. Dies stellt uns vor ein neues Szenario, das Forum analysiert alle Möglichkeiten, und versuchen dabei auch zu bewerten, ob die von uns eingesetzten Strategien unwirksam werden.
ANMERKUNGEN:
(1) “Es el momento de superar las discriminaciones a víctimas del Estado” (Es ist an der Zeit, die Diskriminierung der Opfer des Staates zu überwinden), Tageszeitung Gara, Interview mit Agus Hernan, Koordinator des Ständigen Sozialforums, 2022-12-11 (LINK)
(2) “Das ständige Sozialforum“, Baskultur.info, 2022-05-16 (LINK)
(3) “GAL-Staatsterrorismus”, Baskultur.Info, 2022-11-12 (LINK)
(4) Juan Alberto Belloch (PSOE) war zwischen 1990 und 1993 spanischer Justizminister. Kürzlich bekannte er öffentlich, dass er von der Folterpraxis der spanischen National-Polizei und Guardia Civil wusste; über den später wegen Mord und Entführung verurteilten) GC-General Galindo sagte er, abgesehen von der Folter sei er ein guter Polizist gewesen. Keine Aussage des Bedauerns.
(5) “Ongi Etorri“ bedeutet auf Baskisch: Herzlich Willkommen. Dies war der Name von öffentlichen Empfängen für politische Gefangene, die ihre Strafen bis auf den letzten Tag abgesessen hatten, in ihren Dörfern oder Stadtteilen. Diese Praxis wurde zu Zeiten von ETA nie in Frage gestellt, erst nach deren Ende begann die Rechte, neue “Verbrechen“ zu erfinden und definierte die Empfänge als “Verherrlichung von Terrorismus“. Mit der Entscheidung des Gefangenenkollektivs, auf solche Empfänge zu verzichten, wurde der Konflikt beendet. Breite Kreise der (außerparlamentarischen und offiziellen) baskischen Linken teilt diese Entscheidung nicht.
(6) Der Versuch, alte Strafverfahren neu aufzunehmen richtet sich gegen sogenannte Führungspersonen von ETA, denen nun vorgeworfen wird, sie hätten aufgrund ihrer Positionen bestimmte Attentate verhindern können und hätten sich durch die Unterlassung solcher Interventionen schuldig gemacht, oder die Aktionen womöglich angeordnet. Die Audiencia Nacional steht dieser Strategie offen gegenüber und hat bereits einige ehemalige politische Gefangene zur Vernehmung vorgeladen.
(7) Die “Dispersion” der baskischen politischen Gefangenen bedeutete die Zerstreuung der Inhaftierten auf das gesamte spanische Staatsgebiet, vor allem in den vom Baskenland aus gesehen entferntesten Gegenden Andalusien, Murcia, Galicien. Bestraft wurden damit vor allem die Angehörigen und Freund*innen der Gefangenen, die für Besuche lange Anfahrten in Kauf nehmen mussten, was enorme Kosten verursachte und zu 16 Toten bei Autounfällen führte. Erst die Koalitionsregierung von PSOE und Podemos hat diese Praxis beendet und alle verbleibenden Gefangenen ins Baskenland gebracht bzw. in Knäste in umliegenden Orten. Gegen den lauten Protest der Postfranquisten und der ultrarechten Opferverbände.
ABBILDUNGEN:
(1) Folter (Collage, elcorreo)
(2) Folter (el país)
(3) Polizeigewalt (amnesty inter)
(4) Sozialforum (naiz)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-12-15)