aht001Mit dem BC3 gegen Klimawandel

Seit im vormals hochindustrialisierten Baskenland in den 80er Jahren auf europäischen Beschluss große Teile der Schwerindustrie stillgelegt wurden, geht die wirtschaftliche Tendenz in Richtung Dienstleistung. Tourismus ist das allgemeine Zugpferd, auf das so gut wie alle Institutionen setzen. Daneben gibt es die von der Baskischen Regierung geförderte Hochtechnologie, die innerhalb des spanischen Staates eine Spitzenposition erreicht hat. Als Beispiel das Forschungszentrum BC3.

Das Baskische Zentrum für Klimawechsel (BC3 – Basque Centre of Climate Change) widmet sich der Erforschung der Ursachen und Folgen des Klimawandels und ist international anerkannt als der zweitbedeutendste Think Tank der Welt auf dem Gebiet der Ökonomie und Klimapolitik. Dies wurde vom Direktor des BC3, Anil Markandya, während einer Pressekonferenz festgestellt, bei der er zusammen mit der stellvertretenden Senatorin für Hochschulen und Forschung, Itziar Alkorta und der Geschäftsführerin des renommierten Instituts, Nerea Ortiz, vor den Medien erschien.

Jedes Jahr wird ein Ranking publiziert über die Reputation der Forschungszentren weltweit. Die globale Tabelle ist das Ergebnis einer vergleichenden Studie über die Leistung der Zentren bei dem Versuch, wissenschaftliche Erkenntnisse mit politischen Leitlinien und Rahmenbedingungen im Bereich Klimawandel zu verbinden. Das BC3 wurde im Jahr 2012 als baskischer Ableger des International Centre for Climate Change Governance (ICCG) gegründet. Die aktuelle Rangliste räumt dem baskischen Zentrum unter insgesamt 295 Forschungszentren die zweite Position in der Welt ein, hinter dem Woods Hole Research Center in Massachusetts / USA.

Der Direktor des Zentrums, Anil Markandya, der im Jahr 2007 als Teil des IPCC-Teams den Friedensnobelpreis gewann, erinnerte daran, dass das BC3 es bereits im vergangenen Jahr 2013 geschafft hatte, auf europäischer Ebene den ersten Ranglistenplatz zu erreichen. Die vom IPCC vorgenommene Bewertung stärkt einerseits die europäische Führungsrolle auf diesem Gebiet, andererseits unterstreicht sie die Leistungsfähigkeit des baskischen Zentrums. "Die Möglichkeit der Einflussnahme auf politische Entscheidungen ist häufig von subjektiven Kriterien bestimmt. Eine weltweit objektive Anerkennung ist deshalb für die Arbeits des Zentrums von großem Nutzen", so Markandya. Die Vize-Senatorin für Hochschulen und Forschung betonte zugleich das Engagement der beteiligten Wissenschaftlerinnen sowie den klaren Kompromiss der verschiedenen baskischen Regierungen beim Thema Klimawandel. Nur über diesen Kompromiss sei es möglich gewesen, renommierte Wissenschaftlerinnen für das BC3 zu gewinnen.

Die Arbeit des BC3

Das multidisziplinäre Forschungszentrum umfasst mehr als fünfunddreißig Expertinnen aus insgesamt 12 Ländern. Die Forschungsarbeit ist unterteilt in vier Bereiche: Verzicht auf Kohlenstoff zur Verminderung des Treibhauseffekts; Klima und Umwelt; Klima und Gesundheit; sowie Klimapolitik. Darüber hinaus wird Beratung angeboten bei der Bewertung der öffentlichen Politik in Bezug auf Klimawandel. In diesem Sinne ist das BC3 ein Zentrum zur direkten Umsetzung von Forschungsergebnissen. Es hat sich zum Ziel gesetzt, eine Politik zum nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen des Planeten zu entwickeln. Markandya lobte gleichzeitig die Politik der Autonomen Gemeinschaft Baskenland (CAV) in Hinblick auf eine Reduzierung von Kohlenstoff zur Korrektur des Klimawandels. "Bilbao ist ein gutes Beispiel, um neue Strategien gegen den Klimawandel zu entwickeln und kohlenstoffarm zu wirtschaften", sagte Direktor des Zentrums. Im Rahmen seiner Beratungstätigkeit sucht das BC3 Lösungen für Umweltprobleme sowohl auf europäischer wie auf lokaler Ebene.aht002

Der Experte Anil Markandya

Der britische Wissenschaftler ist Teil des IPCC-Teams und Chef des baskischen BC3, gleichzeitig ist er Professor in der englischen Universität Bath. Im Jahr 2008 nahm er teil an einer vom baskischen Wissenschafts-Forum Ikerbasque organisierten Konferenz in Gasteiz (Vitoria), bei der er seine Analyse von der Gefahren und möglichen Folgen des Klimawandels präsentierte. Entgegen alarmistischer Warnungen zeigte sich Markandya vorsichtig. "Es ist alle andere als klar, was in der Zukunft passieren wird". Neue Studien sprechen vom Abschmelzen der Gletscher, vom Verschwinden der Eiskappen und der allgemeinen Erwärmung der Meere, die zu einem Anstieg des Wasserspiegels um 1,5 Meter bis zur nächsten Jahrhundertwende führen kann und die dazu, dass Millionen Menschen ihre Lebensorte verlassen müssen. Zwar hat Markandya keinen Zweifel daran, dass das 21. das Jahrhundert des Klimawechsels sein wird und dass die Menschheit für diesen Wechsel verantwortlich ist. Doch wisse er nicht, wie diese Änderung genau aussehen werde. Auch ist er der Meinung, dass nicht alle Erscheinungen auf die Erderwärmung zurückzuführen seien. "Es gibt eine allgemeine Tendenz, den Wärmeanstieg für alles verantwortlich zu machen, das ist nicht korrekt".

Kein Alarm

Der Brite will keine Alarmglocken läuten. "Bei der Erderwärmung handelt es sich um ein neues wissenschaftliches Phänomen, das es in der Vergangenheit nicht gab. Wir haben also keine Erfahrungen, wie der Treibhauseffekt genau funktioniert, deshalb können wir auch keine genauen Voraussagen treffen, wie es in dreißig Jahren aussieht". Solche vorsichtigen Feststellungen widersprechen den vielen Studien und Untersuchungen, die den Anstieg des Meeresspiegels mit konkreten Zahlen unterlegen, oder vorhersagen, bis wann die Eispole und Eisbären verschwunden sein werden. Stattdessen spricht Markandya von "akzeptablen und von extremen Risiken". Letztere seien "nicht wünschenswert". Die "akzeptablen Risiken" seien Arbeitsgegenstand von Organismen wie dem IPCC. "Wir müssen darüber nachdenken, was ein kalkulierbares Risiko sein kann und müssen über die wirtschaftlichen Kosten sprechen. Dabei schätzen wir, dass in den nächsten 30 bis 50 Jahren jene Gase, die zum Treibhauseffekt führen, um 70 oder 80% reduziert werden müssen, eine große Ziffer. Doch haben wir gesehen, dass die gesellschaftlichen Kosten akzeptabel sind". Möglicherweise gehört es für führende Forscher zum politischen Understatement, sich nicht auf radikalere Schlußfolgerungen festzulegen, um für die Politik ansprechbar zu bleiben. Das Konzept der Nachhaltigkeit stellt bekanntermaßen nicht die heutige Form wirtschaftlicher Produktion in Frage, sondern versucht lediglich, die schlimmsten Auswirkungen erträglich zu gestalten.

Der Experte Markandya spricht sich dafür aus, das Problem des Klimawechsels mit einer dreifachen Perspektive anzugehen, die auf Forschung, internationalen Konsens und einen Aktionsplan setzt, der mit flexiblen Maßnahmen den jeweiligen Umständen angepasst werden soll. Seine Berufung zum Leiter des baskischen Forschungszentrums war jedenfalls für andere Wissenschaftlerinnen Attraktion genug, sich ebenfalls dem BC3 anzuschließen. So gesehen funktioniert Wissenschaft wie Fußball: alle wollen zum FC Bayern oder zu Real Madrid, um in der Tabelle oben zu stehen. Im Baskenland, in Europa und weltweit.

Quellen:

Baskische Tageszeitung Deia 10.07.2014
http://www.deia.com/2014/07/10/sociedad/euskadi/euskadi-es-referente-en-la-lucha-mundial-contra-el-cambio-climatico

Baskische Tageszeitung Gara 18.04.2008
http://gara.naiz.eus/paperezkoa/20080418/73419/es/Anil/Markandya:/No/hay/que/ser/alarmistas/con/el/cambio/climatico%C2%BB/

Fotos:

Txeng: 1. Aufnahme der Bauarbeiten für den Hochgeschwindigkeitszug im Baskenland, ein wenig nachhaltiges Projekt, 2. Mobilisierung gegen das Projekt

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