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Im Zeichen der Frauen

Ein Jahr nach dem Pandemie-Lockdown haben Frauen so viele Gründe wie nie zuvor, an ihrem internationalen Kampftag auf die Straße zu gehen und das Ende patriarchaler Verhältnisse zu fordern. Neben den Armen sind Frauen die großen Leidtragenden der Pandemie, die Pflegenotstände wie in Kriegszeiten deutlich gemacht hat. März ist der Monat, in dem die Solidaritätsläufe für die baskische Sprache, Korrika, gestartet werden. März ist der Monat der Pariser Kommune und des Unfalls im US-AKW Three Mile Island.

Der 8. März ist der Internationale Kampftag der arbeitenden Frauen, die mehr Gründe als je zuvor haben, auf der Straße zu protestieren. Der Impfpass droht mit gesellschaftlichem Ausschluss der Impf-Verweigerer. In Memoriam: Salvador Puig Antich, Rafael Cancel Miranda, Harriet Tubman, Angel Berrueta, Xabier Galdeano.

INHALT: 

* (31-03) Bomben auf Durango 1937 * (30-03) Eurocopa NO * (29-03) Privatisierung, Neoliberalismus * (28-03) Das Finale * (27-03) Kampf um Wohnraum * (26-03) Das baskische DNA ist einzigartig * (25-03) Die Tour beginnt in Bilbao *(24-03) Anerkennung von Folteropfern * (23-03) Covid macht Reiche reicher *  (22-03) Fleischproduktion, Wasserverschmutzung * (21-03) Internationaler Tag gegen Rassismus * (20-03) Drohne gegen Fußball-Eurocopa * (19-03) Kein Schnellzug bis 2027 * (18-03) Chaos-Nachrichten Baskenland * (17-03) Kolumbus aufgeknüpft * (16-03) Spanischer Neo-Faschismus * (15-03) Arme Rentnerinnen * (14-03) Holländischer Gefangenen-Besuch * (13-03) Baskische Kriegsindustrie *(12-03) Der Skyscraper-Baske von New York * (11-03) Müllkatastrophe mit Voransage * (10-03) Pepe Rei und Harriet Tubman * (09-03) Ein Vergewaltiger auf deinem Weg * (08-03) Korruption, spanische Verhältnisse * (07-03) Folter, Folter * (06-03) Gewalt? Welche GEWALT? * (05-03) Unzureichende Waffenzerstörung * (04-03) Alleinerziehende Mütter existenzbedroht * (03-03) Aufruf zum Frauentag * (02-03) Rentnerinnen und Feministinnen gemeinsam * (01-03-2021) Nicht anerkannte Folter *

(2021-03-31)

marz71x31DREI MAL BOMBARDIERT – DURANGO

Vor genau 84 Jahren, am 31. März 1937, erlitt Durango eine dreifache Bombardierung durch den Faschismus. Mehr als 300 Personen wurden ermordet, die Franquisten leugneten ihre Tat. Am 84. Jahrestag dieses Angriffs auf die Zivilbevölkerung erinnert ein Video an die dreifache Bombardierung von 1937. Der Film erinnert an die Serie von Bombardierungen, denen die Stadt am 31. März 1937 durch die italienische und nazi-deutsche Luftwaffe im Dienste Francos ausgesetzt war und die mehr als 300 Menschenleben forderten. Der erste Angriff erfolgte mit Bomben. Der zweite Angriff war von Lügen geprägt, da die Verantwortlichen für das Massaker und die Zerstörung keine Verantwortung übernahmen und (wie im Fall von Gernika) ausgerechnet republikanische Kräfte für das Geschehen verantwortlich machten. Das dritte Bombardement war der Mantel des Schweigens, der 40 Jahre lang über das Geschehene gelegt wurde.

ERINNERUNGSTAG

Die Gedenk-Veranstaltungen begannen heute um 8.30 Uhr mit einem Akt an am Glockenturm der Santa Maria Kirch, die erstes Ziel der Bomben war. Um 10 Uhr wurde ein Feuer zum Gedenken an die Opfer im Portikus von Santa Maria entzündet, eine Flamme, die bis 19 Uhr leuchten wird. Zwischen 12 und 19 Uhr wurden im Portikus von Santa Maria verschiedene Videos gezeigt. Einer davon ist "Zeugnisse der Zeugen", mit Interviews, die von der Memoria-Gruppe Durango 1936 Kultur Elkartea gemacht wurden. Eine zweiter beinhaltet die "Erklärung zugunsten der Menschenrechte", die von Studenten aus Durango verfasst wurde, und schließlich dem bereits erwähnten und an dieser Stelle dokumentierten Video. Um 17.45 Uhr ertönt der Alarm des zweiten Luftangriffs, um 19.30 Uhr folgt ein Akt zum Gedenken an die Opfer mit einer Blumenspende. (VIDEO) – (HINTERGRUND-ARTIKEL)

RÜCKBLICKE: (1937) Am Azazeta-Pass südlich von Vitoria-Gasteiz werden 16 politische Gefangene erschossen, nachdem sie aus einem Gefängnis geholt und mit einem LKW weggeschafft wurden. Auf dem Berg werden sie in ein Massengrab geworfen. (1980) In Gernika konstituiert sich in im historischen Parlamentsgebäude “Casa de Juntas“ die erste baskische Regierung nach dem Franquismus, mit Jesús María de Leizaola als Alterspräsident. (1985) Xabier Galdeano, Redakteur der linken baskischen Zeitung EGIN wird in Iparralde von einem Kommando der GAL-Todesschwadron ermordet, im Auftrag der nie dafür zur Verantwortung gezogenen Regierung Felipe Gonzalez. (1997) Wegen überhöhter Geschwindigkeit entgleist bei Uharte Arakil in Navarra ein Zug, 18 Personen sterben, 115 werden verletzt.

(2021-03-30)

KEINE EUROPAMEISTERSCHAFT IN BILBAO

Überall laufen die Motoren warm angesichts der bevorstehenden Fußball-Europa-Meisterschaft. Dabei ist nur drei Monate vor dem vorgesehenen Beginn noch einiges unklar. Zum Beispiel das Wichtigste: wo gespielt werden wird. Das Coronavirus ist schuld. Die UEFA entscheidet dieser Tage, ob sie die 12 Austragungsorte beibehält oder auf einen einzigen Spielort zurückgreift. Die Stadt Bilbao will dabei bleiben. Aber viele in Bilbao wollen das nicht. Eine organisierte Bewegung unter dem Motto “Diese Eurocopa nicht“ mobilisiert gegen das Fußball-Spektakel, darunter nicht wenige Fußballfans. Seltsam, oder nicht? Aber alles hat eine logische Erklärung.

marz71x30Drei Argumente führt die Anti-Bewegung für ihre Ablehnung dieses Weltspektakels an. Die erste ist, dass es sich um einen Massen-Event handelt, der Bilbao zunehmend in eine unerträgliche Tourismus-Stadt verwandelt. Dieses Argument hat angesichts der Corona-Entwicklung an Gewicht verloren, weil nicht mit Hunderttausenden Besucher*innen zu rechnen ist. Zweites Argument: In Anbetracht der Corona-Krise wäre es zynisch und gefährlich, ausländische Besucher*innen zu empfangen, wenn zum einen die Covid-Krise nicht bewältigt ist, und zum anderen Bewohner*innen des Baskenlandes ihre Region oder gar Provinz aus Sicherheitsgründen nicht verlassen dürfen. Was eine krasse Ungleichbehandlung darstellt und die öffentliche Gesundheit gefährdet.

Drittes Argument: “Wir wollen DIESE Eurocopa nicht.“ Dahinter steckt die Tatsache, dass baskische Teams nicht an internationalen Wettbewerben teilnehmen dürfen, wie Wales oder Schottland dies tun, ohne unabhängige Staaten zu sein. Dazu kommt, dass in Bilbo ausgerechnet die spanische Auswahl drei Spiele austragen soll, die hierzulande alles andere als beliebt ist. Sollte es Reise-Möglichkeiten geben, wären spanische Ultras zu erwarten, um die Gelegenheit nutzen, ihre antibaskischen Hassgefühle auf die Straß zu tragen. Dass ausgerechnet Bilbao als spanischer Austragungsort ausgewählt wurde, ist insofern äußerst problematisch. Aber die Stadt will Kasse machen. Selbst wenn Fans ausgeschlossen bleiben.

Das dritte Argument ist relativ und folgendermaßen zu interpretieren: “Wir sind gegen eine Eurocopa ohne baskisches Team, über einen Cup mit baskischer Beteiligung könnten wir sprechen.“ Die UEFA fordert die Zulassung von Zuschauer*innen bei den Spielen. Einige Städte sind trotz Covid bereits demütig dieser Forderung nachgekommen, die baskische Regierung nicht. Das stellt einen Hoffnungsschimmer dar für die NEIN-Plattform.

RÜCKBLICKE: (1964) Zum ersten Mal nach 1937 wird in Gernika nach geheimer Mobilisierung der baskische Nationalfeiertag begangen, Aberri Eguna, Tag des Vaterlandes. Die franquistischen Behörden sind überrascht von dieser Aktion der PNV, an der auch ETA beteiligt ist. (2017) Die zwanzigste Korrika startet in Otxandio, Bizkaia und endet elf Tage später in Pamplona.

(2021-03-29)

PRIVATISIERUNG ÖFFENTLICHER UNTERNEHMEN

Als das über die Tour de France bekannte Telekommunikations-Unternehmen Euskaltel 1995 von baskischen Institutionen als öffentliche Einrichtung gegründet wurde, gab es ein großes Ziel: das Baskenland mit einem leistungsfähigen Netz auszustatten, das auf Glasfaser basiert. Teilhaber waren neben der Regierung die öffentlichen Sparkassen. Das sollte sich ändern.

marz71x29Während der “Wirtschaftskrise“ von 2008 verkaufte die Regierung ihre Anteile an Investment-Fonds. Die Umwandlung der Sparkassen in eine aktiengestützte Bank war der nächste Schritt in einem Prozess, bei dem öffentliches Eigentum, von Steuergeldern finanziert, in private Hände überging.

Investments-Fonds sind keine karitativen Einrichtungen, sie kaufen Firmen, um ihren Aktionären Gewinne auszuschütten und das Vorstandspersonal mit Millionenverträgen auszustatten. Bevorzugt werden öffentliche Betriebe, die gut laufen, das heißt, Gewinn abwerfen. Wie bei Euskaltel der Fall. Die neoliberale Regierungspartei PNV hat die Privatisierung mit Löffeln gefressen, egal, ob es um Gesundheit, Altersheime oder öffentlichen Transport geht.

Letztes Kapitel der Vernichtung eines öffentlichen Unternehmens ist nun die komplette Übernahme von Euskaltel von einem anderen Unternehmen MásMobil, hinter dem sich mehrere Geierfonds verstecken. Die PNV ist glücklich, Wirtschafts-Freunde gut bedient zu haben, die baskische Opposition protestiert. Mit vielen Millionen hat Euskaltel (öffentlich) ein eigenes Breitbandkabel in baskische Straßen legen lassen. Nachdem die Drecksarbeit vorbei ist, kommen die Profiteure und sahnen ab, was einst aus Steuermitteln finanziert wurde. Neoliberalismus in Reinform.

RÜCKBLICKE: (1973) Die letzten US-Truppen verlassen Süd-Vietnam. (2001) Die zwölfte Korrika, Solidaritätslauf für die baskische Sprache Euskara, startet in Gasteiz und endet zehn Tage später in Baiona (Bayonne). Zum ersten Mal nimmt der baskische Ministerpräsident am Lauf teil. (2006) Die Islamistenpartei Hamas gewinnt die Wahlen in Palästina.

(2021-03-28)

DAS FINALE

Fünf Tage, neun Stunden, vierzehn Minuten und zwanzig Sekunden – das ist die Zeit bis zum Pokalfinale zwischen Athletic und La Real. Das einzig spanische an diesem Endspiel, bei dem es um den Titel für das vergangene Jahr geht, ist der Austragungsort Sevilla. Dieser Cup wird in Spanien “Copa del Rey“ genannt, der Königs-Pokal. Diese Tatsache führt regelmäßig zu Pfeifkonzerten, während vor dem Spiel die spanische Hymne gespielt wird: wenn katalanische oder baskische Teams im Pokal beteiligt sind.

marz71x28Die Pandemie verhindert in diesem Jahr solche anti-monarchischen Spektakel, denn Zuschauer*innen werden nicht dabei sein. Alle werden vom Fernsehen abhängig sein. Und zwar zu Hause. Denn die zweite Halbzeit beginnt bereits zur Corona-Sperrstunde. Was danach entweder in Donostia oder in Bilbao passieren wird steht in den Sternen und bereitet der Polizei bereits Kopfzerbrechen.

In der siegreichen Stadt wird mit Sicherheit alles versucht, auf irgendeine Art zu feiern. Was verboten bleibt, wenn nicht vom Balkon aus. Derzeit wird in Bilbo Rotweiß geflaggt, in Donosti blauweiß. Ehemalige Spieler aus allen Generationen verbreiten ihr Blabla, die baskischen Medien erbrechen sich in allen denkbaren historischen Details. Sollte Athletic das Finale verlieren, hat das Team zwei Wochen später eine zweite Chance: gegen Barca geht es um den 2021er-Pokal. Sollte Athletic gegen die Donostiarras gewinnen, wäre ein Weltrekord möglich: zwei Pokalsiege in zwei Wochen. Aber die Bilbainos sind bekanntlich die besten Verlierer der Welt. Weil sie auch ohne Siege geliebt werden wie keine anderen.

RÜCKBLICKE: (1960) Jesús María Leizaola (PNV) wird in Paris zum Nachfolger des baskischen Exil-Präsidenten Jose Antonio Agirre gewählt, in diesem Amt bleibt er bis 1978, dem Jahr seiner Rückkehr ins Baskenland nach Francos Tod. (1979) Beim Reaktorunfall im AKW Three Mile Island in Pennsylvania/USA kommt es im Reaktorblock 2 zu einer partiellen Kernschmelze.

(2021-03-27)

KAMPF UM WOHNRAUM

Durch die Verarmung während der Pandemie-Krise haben viele Personen ihre Wohnungen verloren oder sind in Gefahr sie wegen Zahlugns-unfähiglk´kweit zu verlieren. Doch auch ohne solche Extrem wird der Markt zunehmend von Miethaien und rücksichtlosen Hausbesitzern dominiert. Eine problemfreie Mietwohnung gilt demnächst las Luxusgut, mit dem die allerwenigsten rechnen können.

marz71x27Die baskischen sozialen Bewegungen haben auf diese Situation reagiert. Aus den nachbarschaftlichen Netzwerken zur gegenseitigen Unterstützung während des Lockdown sind neue Bewegungen entstanden, die sich als freischwebende Gewerkschaften bei Arbeitskonflikten betätigen und andere, die Menschen mit Mietproblemen organisieren. Derartige partei- und gewerkschafts-unabhängige Gruppen gibt es in allen größeren Städten, sie verorten sich in einer neuen außerparlamentarischen Linken.

Wie es in rassistisch-kapitalistischen Gesellschaften anders nicht sein kann, haben vor allem Migrantinnen große Probleme mit Mietwohnungen. Sie werden als Mieter abgelehnt, zahlen überteuerte Mieten, für teilweise elendige Löcher, in Fällen wird ihnen das Recht verweigert, sich bei der Meldebehörde zu registrieren, oder sie zahlen extra dafür. In Bilbo organisiert die Gruppe AZET dagegen Widerstand, unter dem schlichten Namen Wohnungs-Gruppe Altstadt. Die Arbeit besteht aus mühseligen Kontakten mit den Behörden, in der Organisierung von anwaltlichem Beistand. Wenn das nicht hilft, hilft die Straße. Die lokalen Mobilisierungen werden immer größer und schlagkräftiger. Eine Wohnungs-Räumung wurde trotz massivem Polizeieinsatz verhindert, in einem weiteren Fall konnte zumindest erreicht werden, dass die Betroffenen nicht direkt auf der Straße landeten.

Das Bild der letzten Mobilisierung in einem Stadtteil Bilbaos war eindrucksvoll: eine Ansammlung von etwa 1.000 Migrantinnen und Barrio-Nachbarinnen begleiteten die von Rausschmiss bedrohte Familie (mit Kleinkindern) durch die Straßen. Themen, die früher im besten Fall NGOs oder kirchliche Gruppen (ohne Demonstration) angefasst hätten, erscheinen plötzlich in den Medien. Offizielle Linke und Gewerkschaften bleiben weitestgehend unsichtbar, dafür sind viele Personen aus der Hausbesetzungs-Bewegung und dem Besetzungs-Büro zu sehen. Hervorzuheben: die Verbindung zwischen Migrantinnen und sozialen Bewegungen funktioniert immer besser. Klassenkampf von ganz weit unten.

RÜCKBLICKE: (1944) Die US-Luftstreitkräfte bombardieren in einer “Ablenkungsaktion“, die von den Nazis besetzten baskischen Städte Biarritz (Miarritze) und Anglet (Angelu). 40 Flugzeuge werfen 125 Tonnen Bomben ab, 115 baskische Zivilistinnen werden getötet, mehr als 250 verletzt. (1976) Nur 4 Monate nach dem Tod Francos wird im Velodrom von Donostia / San Sebastian von Volksradios eine 24-stündige Radiosendung mit Musikauftritten und Publikum zugunsten der baskischen Sprache Euskara organisiert, die im Franquismus verboten war. Der Erlös geht an Euskaltzaindia, die bislang ebenfalls verbotene Akademie der baskischen Sprache. (2003) Das Oberste spanische Gericht (Supremo) bestätigt die Illegalisierung der baskischen Linken und ihrer Organisationen und Parteien aufgrund des neuen Parteiengesetzes, mit der Begründung, sie gehören alle zur Untergrund-Organisation ETA.

(2021-03-26)

BASKENLAND – GENETISCH EINZIGARTIG

Die genetische Einzigartigkeit, durch die sich die baskische Bevölkerung auszeichnet, ist auf eine "sprachliche Barriere" seit der Eisenzeit zurückzuführen. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Universitat Pompeu Fabra in Barcelona kommt zu dem Schluss, dass die Einzigartigkeit der baskischen Bevölkerung das Ergebnis ihrer genetischen Kontinuität seit der Eisenzeit ist, die durch Isolation und wenig Vermischung gekennzeichnet war. Der Hauptfaktor für diese Entwicklung: "die Sprachbarriere".

marz71x26(Darstellung der genetischen Struktur in Euskal Herria: Grün symbolisiert die Basken; blau und rot die Vermischung mit umliegenden Populationen. André Flores-Bello). Die neue Studie der Universitat Pompeu Fabra zeigt, dass die genetische Einzigartigkeit der baskischen Bevölkerung nicht auf ihre Abgeschlossenheit in Hinblick zu anderen Populationen der iberischen Halbinsel zurückzuführen ist, sondern auf die Verminderung der Kontakte mit anderen Gruppen seit der Eisenzeit, einer Periode, die in Westeuropa üblicherweise zwischen dem achten und ersten Jahrhundert v. Chr. angesiedelt wird. Die genomische Analyse, die von einem Team der UPF durchgeführt wurde, weist auf die Sprachbarriere als mögliches Bollwerk hin, das zur Isolierung der Bevölkerung in der Region führte, die wir heute als Euskal Herria kennen, das historische Baskenland, nördlich und südliche der Pyrenäen.

AKTUELLE UND ALTE DNA-PROBEN

Die Studie wurde mit DNA-Proben von 1.970 aktuellen und alten Individuen durchgeführt, es handelt sich um "die bisher umfassendste geografische Stichprobe der baskischen Bevölkerung, mit mehr als 600.000 genetischen Markern entlang des gesamten Genoms für jedes Individuum". Auf diese Weise wird die baskische Einzigartigkeit durch die langen "Isolationszeiten" und den "fehlenden Genfluss" erklärt, das heißt, die geringe Vermischung mit anderen Populationen.

In der Erklärung des UPF-Teams wird festgestellt, dass die Ergebnisse der Forschungen darauf hindeuten, dass die kulturelle Barriere der Sprache die Isolation der baskischen Bevölkerung gegenüber späteren Bevölkerungs-Kontakten begünstigt habe. Dies gilt sowohl für die Invasion des Römischen Reiches wie auch auf die islamische Besetzung der Halbinsel ab dem 8. Jahrhundert. In einigen Fällen wirkten sogar die in den unterschiedlichen Zonen des Baskenlandes benutzten Sprach-Dialekte als interne Barriere". Damit wäre untermauert, dass die "differenzierten Merkmale" auf genetischer Ebene nicht das Ergebnis einer "externen Herkunft in Bezug auf andere iberische Populationen" sei, das heißt, die baskischen Stämme sind nicht von anderswo eingewandert.

VERGLEICH MIT ANDEREN EUROPÄISCHEN POPULATIONEN

Die Forschungsarbeit hat die Bevölkerung von Euskal Herria mit anderen aktuellen europäischen Populationen verglichen und kommt zu dem Schluss, dass "die Basken eine ähnliche genetische Zusammensetzung wie der Rest der Populationen Westeuropas haben, mit einigen leichten Unterschieden".

Die Professoren David Comas und Jaume Bertran-Petit beschäftigen sich seit mindestens 2008 mit diesen Fragen, als eine eigene Studie an der UPF diese genetischen Unterschieden in Bezug auf die gesamte Bevölkerung Europas bereits in Aussicht stellte. Europa als Kontinent ist der genetisch gesehen "sehr homogen". Diese Studie, an der Linguisten und Genetiker mitgewirkt haben, wurde in der Zeitschrift "Current Biology" veröffentlicht.

VERWANDTSCHAFT MIT BASKISCHEN DIALEKTEN

André Flores-Bello, der Erstautor des Artikels erklärte, dass "die Proben auch Mikroregionen innerhalb des Baskenlandes sowie umliegende Gebiete berücksichtigte". – "Auf diese Weise erhielten wir Proben aus einer geografischen Region, in der schon immer Baskisch gesprochen wurde, und aus anderen, in denen es historisch gesprochen wurde, aber verloren gegangen ist, und aus Regionen, in denen es nie gesprochen wurde". Comas betonte, dass kein "Einfluss aus Nordafrika gefunden wurde, der in den meisten Populationen der Iberischen Halbinsel zu sehen ist. Ebenso wenig gibt es irgendeine Spur von anderen Migrationen wie bei der Romanisierung". Die Studie erlaubt auch die Annahme, dass die Dialekte der baskischen Sprache "möglicherweise lange vor der Eisenzeit entstanden sind und deshalb mit der genetischen Struktur in Verbindung stehen".

RÜCKBLICKE: (1993) Die achte Euskara-Korrika startet in Pamplona und endet zehn Tage später in Bilbao. (2009) Die sechzehnte Korrika startet in Tudela, Navarra und endet zehn Tage später in Gasteiz. (2009) Bei den Wahlen zum baskischen Regional-Parlament erreicht die PNV 38% der Stimmen, die PSE 30%, die PP 14%, Aralar (Abspaltung baskische Linke) 6%, EA (sozialdemokratisch-baskisch) 3%, EBB (links-grün) 3,5%, UPYD (spanisch-rechts) 2%. Die Wahlplattform der baskischen Linken wurde für illegal erklärt. Dieses Verbot macht den sozialdemokratischen Kandidaten Lopez zum Ministerpräsidenten.

(2021-03-25)

DIE TOUR BEGINNT IN BILBO

Schlechte Nachricht, aber keine Überraschung. Der Bilbao-Bürgermeister hatte mehrfach öffentlich darüber nachgedacht – nun die offizielle Bestätigung: Die Tour de France wird 2023 in Euskadi starten, konkret in Bilbao. Der baskische Ministerpräsident lässt sich die Gelegenheit, mit einem Großevent von Weltniveau mal wieder in die ganz großen Medien zu kommen, nicht nehmen. Zusammen mit dem Technischen Direktor der Tour präsentiert er den Vertragsabschluss bei einer Pressekonferenz, ganz angemessen im Guggenheim Museum.

marz71x25Seit Jahren war es weit mehr als ein Gerücht, das sich nun endlich bestätigt. Nach London, Athen, Brüssel und Berlin setzt sich Bilbao auf die Promi-Liste der außer-französischen Tour-Etappen. Da steht schon ein weiterer baskischer Name. Donostia, San Sebastian, war 1992 Ausgangspunkt der damaligen Ausgabe und durfte den legendären Indurain beim Zeitfahren siegen sehen. Das berühmte Radrennen, das seltsamerweise weiter den Beinamen “de France“ trägt ist einer der medien-wirksamsten und meistgesehenen Sport-Events der Welt, gleich nach den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft. Um überall auf dem Globus mit Namen genannt zu werden, zahlt Bilbao den Preis, den alle zahlen. Denn das Ganze ist nicht nur Sport, sondern vor allem ein riesiges Geschäft. Mit und ohne Doping.

DER PREIS

Das Rennen startet in diesem Pandemie-Jahr – völlig unspektakulär – in der bretonischen Stadt Brest, im Jahr 2022 hingegen schon wieder standesgemäß in Kopenhagen. Das geht das Staffelholz nach Bizkaia. Die Ankunft einer Tour-Etappe kostet die französischen Gemeinden rund 600.000 Euro. Ausgangspunkt einer Etappe zu sein, kostet dagegen nur 100.000 Euro. Die Organisatoren des Rennens verschweigen diese Zahlen gerne. Insbesondere den Preis für die erste Etappe, die wegen ihrer weltweiten Projektion die teuerste des ganzen Rennens ist. Von Zeit zu Zeit sickern dennoch Daten durch. Edinburgh hatte sich einst für den Start 2014 beworben (der schließlich nach Yorkshire / England ging) und damals 11 Millionen Investition veranschlagt. Etwas in dieser Größenordnung wird Bilbao für den Startschuss 2023 berappen müssen. Im Jahr 2012 zahlte Iruñea 1,2 Millionen Euro, um den Start der spanischen Rad-Rundfahrt Vuelta zu inszenieren. Eine Investition, die sich für die Stadt in Form von Tourismus und Namenswerbung bezahlt gemacht hat. So wird auch in Bilbao gedacht.

RÜCKBLICKE: (1983) ETA entführt einen spanischen Unternehmer. (2018) Der flüchtige katalanische Exil-Präsident Carles Puigdemont wird auf einer deutschen Autobahn festgenommen.

(2021-03-24)

DIE VIERZEHN TODESOPFER DER FOLTER

Die Stiftung Egiari Zor (In Schuld mit der Wahrheit) benennt in einem Videofilm die vierzehn Todesopfer von Folter und fordert ihre staatliche Anerkennung. Vierzehn abgeschnittene Leben, mit Vor- und Nachnamen; acht davon zu Lebzeiten Francos und sechs danach, in dem, was sich Demokratie nennt. Egiari Zor hat ein 21-minütiges Video veröffentlicht, das diese vierzehn Fälle in Erinnerung ruft. In Donostia wurde ein Akt der Erinnerung organisiert.

marz71x24Die Namen von Joxe Arregi oder Gurutze Iantzi sind im kollektiven Bewusstsein der Baskinnen und Basken für immer mit Folter verbunden. Andere wie Javier Escalada oder Manuel Thomas Gomes werden der Mehrheit wahrscheinlich unbekannt sein. Die Liste wird vervollständigt mit zehn weiteren Namen der insgesamt vierzehn tödlichen Folteropfer in Euskal Herria, denen in den letzten sechs Jahrzehnten das Leben genommen wurde.

Die Arbeit wurde anlässlich des Internationalen Tages auf das Recht auf Wahrheit am Mittwoch, 24. März vorgestellt. In Donostia-Antiguo war eine Veranstaltung geplant, bei der die offizielle staatliche Anerkennung als Opfer einfordert wurde. Davor wirft ein Video ein Schlaglicht auf diese Realität, die in 5.657 Fällen bereits wissenschaftlich bestätigt wurde, mittels verschiedener Untersuchungen, die noch in Gang sind.

Nur wenige dieser Foltermorde genießen eine offizielle Anerkennung. Der Mord an Mikel Zabalza (1985) ist derjenige, der in den vergangenen Wochen in den Medien war. Vor ihm verlor die Venezolanerin Mercedes Antxeta, die im Urlaub 1961 in Donostia in die Hände des berüchtigten Folterers Melitón Manzanas fiel, nach schrecklichen Folterungen ihr Leben. Auch Vicente Lertxundi, ein anarchistischer Aktivist aus San Sebastian, Manuel Thomas Gomes, von portugiesischer Herkunft, José María Quesada, der geschlagen wurde und starb, ohne überhaupt zu wissen, wie lange er inhaftiert war. Oder Javier Escalada, der in Iruñea von der Politischen-Polizei Francos festgehalten wurde.

Weil sich sein Tod kürzlich zum 50. Mal jährte, fiel auch der Name Antonio Goñi mehrfach. Er starb im Zusammenhang mit dem Burgos-Prozess, die Folter brachte ihn an den psychischen Abgrund, er beging Selbstmord, verzweifelt über die erlittenen Qualen. Noch während des Franco-Regimes verloren Alfredo Valcárcel und Juanjo Munduate ihr Leben, beide waren in Bilbao-Indautxu gefoltert worden. Die Folter war das "perverse Erbe des Franco-Regimes", erinnert Egiari Zor, doch blieb "das System" auch danach in Kraft, die Verschleierung dieser Geißel wurde mit allen denkbaren Anstrengungen verschleiert. Ein Jahr nach Joxe Arregi war Esteban Muruetagoiena an der Reihe, ein Arzt aus Oiartzun (1982). Dann kam die Todesnachricht von Juan Calvo, der von der Ertzaintza verhaftet worden war, es folgten Gurutze Iantzi und Xabier Kalparsoro, fast am gleichen Tag im Jahr 1993.

Die Fälle von Foltertod werden in diesem schockierenden Video-Dokument von ebenfalls gefolterten Personen geschildert, zur Sprache kommen somit insgesamt achtundzwanzig Folterfälle. Der Dokumentarfilm endet mit der Erinnerung von Egiari Zor, dass es bisher in keinem Fall eine offizielle Anerkennung gab.

RÜCKBLICKE: (1869) Ende eines Maori-Aufstands gegen die Kolonisatoren in Neuseeland. (2006) ETA verkündet einen unbefristeten Waffenstillstand und macht den Weg frei für Verhandlungen mit der Zapatero-Regierung. (2018) Exhumierung eines asturischen Soldaten, der auf Seiten der baskischen Armee gekämpft hatte, in Lemoa, Bizkaia.

(2021-03-23)

REICHTUM BEDROHT DEMOKRATIE

Ein Jahr nach Beginn der Pandemie-Einschränkungen hat sich wenig geändert. Der wirtschaftliche Absturz war brutal, doch die Anhäufung von Reichtum schießt weiter in die Höhe, beschleunigt sich sogar. Während die Mehrheit der Bevölkerung mit dem puren Überleben beschäftigt ist, sind die US-Milliardäre in einem einzigen Jahr durchschnittlich 45% reicher geworden. Allen voran der Eigentümer von Amazon, dem auch aus dem Baskenland Millionen zugeschustert wurden.

marz71x23In einigen Fällen hat sich das Vermögen dieser Reichen – und der Reichen auf der ganzen Welt – um ein Vielfaches vervielfacht. Dieser Vermögenszuwachs ist darauf zurückzuführen, dass es sich bei den Unternehmen, die an Wert gewonnen haben, in vielen Fällen um Monopole handelt, die nicht nur den Markt, sondern zunehmend auch grundlegende Aspekte der Infrastruktur unserer Gesellschaft beherrschen: Handel, Logistik, Information und Kommunikation.

Monopole, die auch von der enormen Geldflut der Zentralbanken profitiert haben. Nur ein winziger Teil dieser Ausgaben kam direkt den Arbeitnehmern in Kurzarbeit oder den Selbstständigen zugute. Der größte Teil davon ist an der Börse gelandet, was die Aktienkurse dieser Monopole in die Höhe treibt und die Milliardäre noch reicher und mächtiger macht. Aus diesem Grund ist diese wachsende Ungleichheit bei der Verteilung des Reichtums nicht nur obszön und inakzeptabel, sondern untergräbt auch die Grundlagen der Demokratie.

Es ist pervers, von Demokratie zu sprechen, wenn die Mehrheit der Menschen ihre Miete oder Heizkosten nicht bezahlen kann, und gleichzeitig einige wenige Menschen ganze Länder aufkaufen können und genug Macht anhäufen, um grundlegende Entscheidungen in lebenswichtigen Bereichen zu treffen.

In diesem Zusammenhang ist eine Besteuerung, die den Reichtum umverteilt, dringend notwendig. Die großen Monopol-Unternehmen sollten nicht nur für ihre Profite, sondern auch für ihre Marktdominanz bezahlen müssen, und die Milliardäre für die übermäßige Macht, die sie anhäufen. Andernfalls wird die entstehende Plutokratie die Demokratie verschlingen.

RÜCKBLICKE: (1997) Bei einer Demonstration in Donostia (San Sebastian) wird die Freilassung zweier von ETA Entführter gefordert: der Gefängnisbeamte José Antonio Ortega Lara (seit 431 Tagen) und der Unternehmer Cosme Delclaux (132 Tage). (2005) Die Verwaltung der kastilischen Stadt Guadalajara lässt die Ehrenstatuen der Diktatoren Franco und Primo de Rivera entfernen. (2011) Das Oberste Spanische Gericht (Tribunal Supremo, TS) verweigert die Einschreibung der neuen abertzalen Partei Sortu ins Parteienregister, weil sie als Nachfolge der illegalisierten Partei Batasuna betrachtet wird.

(2021-03-22)

TONNEN VON GÜLLE DURCH FLEISCHPRODUKTION

Anlässlich des Internationalen Welt-Wasser-Tages haben Greenpeace-Aktivisten "tausend Liter mit Nitraten verseuchtem Wasser an die Makro-Rinderfarm im navarrischen Caparroso “zurückgeliefert“. Die riesige Farm gehört zum Unternehmen Valle de Odieta SCL, mit der Aktion sollen die ökologischen Auswirkungen dieser Art von Anlage angeprangert werden.

marz71x22Mit diesem gewaltfreien Protest wies Greenpeace "auf die schlechten Praktiken" des Unternehmens hin und forderte "eine neuartige Gesetzgebung zum Umgang mit Nitraten, um das gravierende Problem der Wasser-Verschmutzung zu beenden", das im spanischen Staat existiert. Neue Gesetze sollen nach Ansicht von Greenpeace "die industrielle Viehzucht als eine der Hauptursachen des Problems gesetzlich stoppen".

Greenpeace erklärte die Protestaktion, nachdem die Organisation "im vergangenen Februar beobachtete, dass aus der Makrofarm von Caparroso wiederholt und auf massive Weise illegal Gülle verklappt wurde. Diese Abflüsse gelangten unter anderem in Grundwasser-Speicher und Flüsse.“ Deshalb hat eine Aktivisten-Gruppe aus einem Teich Wasser entnommen, der sich in einem besonderen Schutzgebiet des Aragon-Flusses befindet (einem Schutzgebiet des Natura-2000-Netzwerks). Dieses verunreinigte Wasser wurde in den abgedichteten Abwasser-Teich der Makrofarm zurückgebracht.

Gleichzeitig hat eine andere Greenpeace-Gruppe "neben den winzigen Käfigen dieser industriellen Produktions-Fabrik protestiert, in denen Hunderte von Kälbern eingesperrt sind, die von ihren Muttertieren getrennt wurden. Die Jungtiere können sich kaum bewegen". In einer Presseerklärung wurde betont, dass seit 2014, als die Anlage von Caparroso in Betrieb genommen wurde, das Unternehmen von nicht weniger als 19 verschiedenen Behörden der Nafarroa-Regierung angezeigt wurde. "Elf davon sind bereits in Sanktions-Verfahren wegen verschiedener Verstöße gegen Umwelt-Vorschriften übergegangen".

Greenpeace beklagt, dass nach einem für das Unternehmen günstigen Urteil des Obersten Gerichtshofs Nafarroa die Regionalregierung "am vergangenen 12. März genehmigt hat, dass das Unternehmen die Kapazität seiner Fleisch-Produktion von 3.450 Kühen auf 7.200 verdoppeln kann, obwohl sie in Wirklichkeit bereits mehr als 5.000 Kühe haben, was gegen die Genehmigung verstößt“. - "Mit dieser Erweiterungs-Genehmigung würden jährlich 148.858 Tonnen Gülle anfallen", sagt Greenpeace und rechnet nach, dass dies "dem Fäkalien-Anfall von fast 1,8 Millionen Menschen" entspricht, also der dreifachen Einwohnerzahl von Nafarroa.

RÜCKBLICKE: (1960) Tod des ersten baskischen Ministerpräsidenten Jose Antonio Aguirre im Exil in Paris. 1936 gewählt musste er im Juni 1937 nach dem Einmarsch der Faschisten in Bilbao ins Exil gehen. (1984) Vier linke Aktivisten werden im Hafen von Pasaia in einen Hinterhalt gelockt und erschossen, der Fall ist auch 37 Jahre später ungeklärt. (2007) Die fünfzehnte Euskara-Solidaritätslauf Korrika startet in Karrantza, Bizkaia und endet zehn Tage später in Pamplona.

(2021-03-20)

GEGEN DISKRIMINIERUNG UND RASSISMUS

21. März, Internationaler Tag gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. In Bilbao und anderen baskische Städten wurden Demonstrationen organisiert, um Zugang zu Wohnraum ohne Diskriminierung und Rassismus zu fordern. Die soziale Bewegung SOS Racismo (SOS Arrazakeria) mobilisierte mehr als tausend Menschen und soziale Gruppen gegen Ausbeutung und für den Zugang zu angemessenem Wohnraum.

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind derzeit eine der Hauptformen von Menschenrechts-Verletzungen in allen Lebensbereichen. Diese Form des Hasses und der Aufrechterhaltung des Kolonialismus, in der Vergangenheit wie in der Gegenwart, hat sich im Laufe der Geschichte entwickelt. Sie findet täglich statt, legitimiert durch Institutionen, durch den fehlenden Schutz für ausländische Minderjährige, die fehlenden Rechte ausgegrenzter Frauen im Bereich der Pflege, das fehlende Wahlrecht und durch rassistische Gesetze, wie das Ausländergesetz und die Nichteinhaltung des durch internationale Verträge festgelegten Rechts auf Asyl.

marz71x21Neben diesen rassistischen Strukturen gibt es jeden Tag von Rassismus betroffene Menschen, Immigrantinnen und Roma, die Opfer von Fremdenfeindlichkeit werden. Ihnen wird auch der Zugang zu grundlegenden Rechten wie Arbeit, Gesundheit, Bildung oder Wohnen verwehrt. Auf diesen Punkt konzentrierte sich die diesjährige Mobilisierung: auf die Verletzung des Rechts auf angemessenes Wohnen und auf die Tatsache, dass viele Migrant*innen in miserablen Wohnungen leben müssen.

Diskriminierung aufgrund der Herkunft ist Rassismus, zusammen mit der wirtschaftlichen Unsicherheit und dem Fehlen vieler anderer Grundrechte. Ein großes Problem ist der Zugang zu Wohnraum als grundlegendem Pfeiler zum Schutz der Menschenwürde. Darüber hinaus darf die zusätzliche Unterdrückung von Migrantinnen nicht vergessen werden, die nicht nur unter Rassismus leiden, sondern auch unter der Last des Patriarchats, das sie häufig unsichtbar macht. An den Pranger gestellt wurden deshalb:

* Immobilienagenturen und Eigentümer, die ihre Wohnungen vermieten und Migrant*innen beim Zugang zu Wohnraum oder bei der Anmietung diskriminieren. * Die Schwierigkeit, sich bei der Meldebehörde einzuschreiben, infolge der mangelnden Verantwortung der Stadtverwaltungen, die sich nicht um dieses Grundrecht für alle kümmern. * Meldebescheinigungen sind zu einem Geschäft geworden. Es gab Fälle, in denen solche Bescheinigungen gegen Bezahlung ausgestellt wurden, ohne eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Das Register ist der notwendige Zugang zu jedem Grundrecht, wie Bildung, Sozialleistungen oder Gesundheitsversorgung, wer nicht registriert ist, wird zusätzlich ausgegrenzt.

* Rassistisches Verhalten in der Nachbarschaft, Migrant*innen sind von Belästigung, Mobbing und rassistischer Aggression betroffen, und erleiden irreparablen moralischen Schaden. * Immobilienspekulation betrifft alle Menschen, aber in größerem Maße Migranten mit der Absicht, sie aufgrund von Gentrifizierungs-Prozessen aus den Barrios zu verdrängen.

* Hohe Mietpreise führen dazu, dass viele, die nicht das Recht auf einen Arbeitsplatz oder ein stabiles Einkommen haben, sich Zimmer teilen müssen. Zu der rassistischen Diskriminierung aufgrund der Herkunft oder der ethnischen Zugehörigkeit kommt wirtschaftliche Unsicherheit und der Mangel an anderen Grundrechten. * Vertreibung von Menschen auf der Straße durch die Polizei ist rassistisch, Menschen, die von Rechten ausgeschlossen sind, werden zusätzlich diskriminiert, weil sie keinen Platz zum Wohnen haben. Motto des 21. März 2021: “Heute marschieren wir gegen den Missbrauch und die Ausbeutung von Leben. Für den Zugang zu Wohnraum ohne Diskriminierung und Rassismus.“

RÜCKBLICKE: (1933) Heinrich Himmler gibt die Fertigstellung des KZ Dachau bekannt. Die ersten 150 Häftlinge treffen ein. (1937) Bei Ponce auf Puerto Rico erschießen US- Polizisten 21 Menschen, die friedlich für die Freilassung des eingesperrten Unabhängigkeits-Kämpfers Pedro Albizu Campos demonstrieren. (1981) In Pamplona wird der Militär Luis Prieto von ETA erschossen. (2001) ETA tötet in Lasarte, Gipuzkoa, den Stadtrat Froilan Elespe (PSE-PSOE).

(2021-03-20)

DIE UNGELIEBTE EUROPA-MEISTERSCHAFT

Das Ligaspiel und baskische Derby zwischen Athletic Bilbao und SC Eibar war in vollem Gang, als es auf dem Spielfeld im Stadion San Mames zu einer Notlandung kam. Vielleicht ist Notlandung nicht ganz der richtige Ausdruck, denn das Flugobjekt war wohlgesteuert als es zwischen den Spielern auf dem Rasen landete. Es handelte sich um eine kleine Plastik-Drohne, bei der Landung kam niemand zu Schaden.

marz71x20Die meisten TV-Zuschauer*innen dachten sich wohl, dass es sich um eine jener Drohnen handele, die auf dünnen Seilen über dem Spielfeld hin und her bewegt werden, um Fotos aus spektakulären Perspektiven zu schießen. Doch weit gefehlt! Denn das “unbemannte Luftschiff“ – so die meistgelesene Tageszeitung – trug eine Botschaft an Bord: eine kleine Fahne mit der Aufschrift “Bilbao 2020 Eurocopa honi ez“ – “Bilbao 2020, diese Eurocopa nicht“. So der Slogan der baskischen Bewegung gegen die Eurocopa ohne baskische Beteiligung. Denn Bilbao ist einer der 12 Spielorte der verschobenen Fußball-Euro und soll noch in diesem Jahr drei Spiele der verhassten spanischen Auswahl beherbergen.

Der Schiedsrichter übergab die Drohne dem Liga-Delegierten und nahm den Vorfall in seinen Spielbericht auf. Damit nimmt der Vorgang seinen behördlichen Lauf. Erste Station wird die Polizei sein, deren Aufgabe es ist, den Ursprung des unbekannten Flugobjekts herauszufinden. Zweite Adresse ist das zuständige Provinzgericht, das Ermittlungen einleiten wird wegen unerlaubter Benutzung von Flugobjekten. Denn “nach der aktuellen Gesetzgebung ist es verboten, Drohnen innerhalb der Kontrollzone des Flughafens Bilbao-Loiu zu fliegen, die sich von Gorliz bis Durango und zur Nervion-Mündung am Meer erstreckt. Es ist auch verboten, diesen Flugzeugtyp über Menschen-Ansammlungen zu fliegen“.

Damit wird klar, dass es besser ist, wenn nie ans Tageslicht kommt, wer Pilot oder Pilotin des besagten UFOs war. Lassen wir es dabei, dass nichts passiert ist, dass die Aktion durch alle spanischen Medien ging (das Spiel wurde live übertragen) und dass nun alle wissen, dass in Bilbo angesichts der Eurocopa nicht alle in Begeisterung ausbrechen. Zu hoffen ist, dass die Nachricht auch ins Hauptquartier der UEFA dringt, um den Verantwortlichen bei der Entscheidung zu helfen, Bilbao den Status als Spielort zu entziehen. Denn diese Sportveranstaltung in Bilbao wurde als touristisches Highlight mit Millionen-Umsätzen geplant. Aus den Kicker-Touristen wird wegen der Pandemie bekanntermaßen nichts. Dennoch hält die Stadtverwaltung am Event fest, weil er trotz allem das Image aufpolieren kann, ein Puzzle-Stück mehr im Wettlauf um eine der touristischen Welt-Metropolen.

Bilbao kann gut verzichten auf spanische und polnische Hooligans, und generell auf Massentourismus, der die armen Bevölkerungsschichten ärmer macht, für prekäre Arbeitsverhältnisse sorgt und die Bewohnerinnen aus aufsteigenden Barrios treibt. Gentrifizierung hat längst in der Bizkaia-Hauptstadt Fuß gefasst. Darin liegt der Widerspruch der Anti-Eurocopa-Bewegung. Sie will “diese“ Eurocopa nicht. Doch wenn eine baskische Auswahl dabei wäre, gäbe es kein Problem. Doch auch mit baskischer Beteiligung wäre Tourismus ein zerstörendes Element. Unser Vorschlag für die Bewegung wäre somit “Eurocopa No“ – mit oder ohne Drohne.

RÜCKBLICKE: (1919) In Katalonien endet ein 44 Tage langer und von der anarcho-syndikalistischen CNT organisierten Generalstreik, der sich 1919 aus einem Streik in einem Energieunternehmen in Barcelona entwickelte. Der Arbeitskampf begann am 5. Februar und paralysierte 70 % der katalanischen Industrie. Die Resultate stellen einen der größten Erfolge in der Geschichte der CNT sowie der spanischen Arbeiterbewegung dar. Durchgesetzt werden Lohnerhöhungen, die Wiedereinstellung von entlassenen Arbeitern, die Freilassung von Tausenden während des Arbeitskampfes inhaftierten Arbeitern und vor allem die Einführung des Achtstundentages in ganz Spanien. (2003) Zweieinhalb Jahre nach dem Anschlag auf das World Trade Center in New York starten die USA unter George W. Bush (unterstützt von Tony Blair und José María Aznar) einen “präventiven Verteidigungskrieg“ und bombardieren den Irak, wo Saddam Hussein angeblich über Massen-Vernichtungsmittel verfügt. Diese Waffen werden nie gefunden.

(2021-03-19)

DER LANGSAMSTE SCHNELLZUG DER WELT

Die Anbindung von Bilbao und Vitoria in das baskische Schnellzug-Konzept wird das Ende der Bauarbeiten über das Jahr 2027 hinaus verzögern. Die wichtigsten Bauarbeiten der Trasse in Y-Form zwischen den drei baskischen Provinzen sollen bis Ende 2026 abgeschlossen sein. Was fehlt sind die Zugänge in die drei Hauptstädte, in allen Städten müssen neue Bahnhöfe gebaut werden. Donostia ist nicht das Problem, die Pläne liegen in der Schublade. Für Bilbao und Vitoria-Gasteiz hingegen müssen die neuen Endhaltestellen unter die Erde gebaut werden: bisher ungeklärte Probleme der Zement-Fraktion unter den Bauunternehmen. Das bedeutet, dass das Y vorerst ohne zwei seiner Scheitelpunkte bleibt.

marz71x19Seit zehn Jahren wird an diesem umstrittenen Projekt Hochgeschwindigkeit im Baskenland gebaut. Umstritten, weil der schnelle Zug die baskischen Transport-Probleme nicht im entferntesten löst. Denn der Zug ist nichts als ein Überflieger zwischen Paris und Madrid, der in Euskadi zerstörende Spuren hinterlässt. Denn die Landschaft zwischen Irun und Bilbao ist von Bergen und Tälern geprägt, was für die Bauarbeiten bedeutet: die Linie besteht insbesondere aus Brücken und Tunnels. Was die Sache nicht gerade billig macht und einen erheblichen Eingriff in das baskische Ökosystem bedeutet. Die zu Beginn veranschlagten Baukosten wurden bereits um ein Vielfaches überschritten. Das nötige Geld kommt aus Madrid, Brüssel und dem Baskenland.

Die Bewegung gegen AHT-TAV läuft auf Sparflamme, nachdem sie vor Jahren an ideologischen Differenzen und Sektierertum zerbrochen ist. Derweil werden Millionen (Milliarden) ausgegeben, die an anderer Stelle besser investiert wären. Sie fließen in die Kassen der baskischen Oligarchie, die wiederum die PNV finanziert. Ein natürlicher Kreislauf. Von tödlichen Arbeitsunfällen und ökologischen Folgen will niemand etwas wissen.

RÜCKBLICKE: (1978) Nach jahrelanger Misswirtschaft bei US-Konzern Babcock-Wilcox in Sestao (Bizkaia) und nachdem die Löhne nicht mehr ausgezahlt werden, versammeln sich auf dem zentralen Platz 15.000 Personen und besetzen anschließend die Fabrik. Forderungen: Löhne und Nichtschließung des Werks. Dort arbeiten 5.000 Personen, die Arbeit von weiteren 20.000 ist indirekt abhängig. (1999) Die elfte Korrika startet in Pamplona und endet zehn Tage später in Donostia. Zum ersten Mal nimmt ein Vertreter der baskischen Regierung teil. (2011) In Bilbao wird der größte Fronton des Baskenlandes eingeweiht. (2015) Die neunzehnte Korrika startet in Urepele, in Iparralde und endet elf Tage später in Bilbao.

(2021-03-18)

marz71x18CHAOS-NACHRICHTEN

Der baskische Ministerpräsident bereitet nach nur 10 Tagen Lockerung die Ausreden für den nächsten lokalen Einschluss vor, nachdem die Zahlen wieder steigen. * Die eben aus der Provinzregierung entlassene PNV-Senatorin findet Aufnahme im öffentlichen Fernsehen. Die linke Opposition spricht von Skandal und Drehtür-Politik. * Polemik um einen Polizisten, der bei einem Spiel-Programm des baskischen Fernsehens mit einem gegen “Black Lives Matter“ gerichteten ultrarechten T-Shirt auflief. * Der baskische Hochgeschwindigkeits-Zug AHT-TAV soll erst 2027 auf Reisen gehen, zehn Jahre nach Plan und nach einer Verteuerung um das Zehnfache. * Die Belegschaft von Tubatex in Araba kämpft für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. * Geschacher um die Reste der letzten Großwerft in Sestao (Bilbao). * Die spanische Fußball-Verband weckt falsche Hoffnungen, dass das Cup-Finale zwischen Real Sociedad und Athletic mit Zuschauer*innen stattfinden könnte. Die beiden Clubs sprechen von Unverantwortlichkeit. * Staus an der kantabrischen Grenze wegen des verlängerten Wochenendes und der Polizeikontrollen. * Weitere fünf ETA-Gefangene werden in die Nähe des Baskenlandes zurückverlegt.

RÜCKBLICKE: (1871) Während des Deutsch-Französischen Krieges wird in Paris ein revolutionärer Stadtrat gebildet (18. März bis 28. Mai 1871), der gegen den Willen der Zentralregierung versucht, Paris nach sozialistischen Vorstellungen zu verwalten. Die Armee beendet das Projekt, es sterben 30.000 Menschen. (1921) Die Rote Armee schlägt den Aufstand der Matrosen-Räte in Kronstadt nieder.

(2021-03-17)

KOLUMBUS AUFGEKNÜPFT

Der spanische Nationale Gerichtshof hat beschlossen, das Verfahren gegen zwölf Personen einzustellen, die wegen der am 12. Oktober in Iruñea durchgeführten Performance angeklagt waren. Dabei waren zwei große Statuen, die den spanischen König und Christoph Kolumbus darstellten, mit Seilen vom Sockel gezogen worden. Beim Sturz lösten sich die Köpfe, was insbesondere im Fall des Monarchen in ultrarechten Kreisen als schwerwiegende Beleidigung aufgefasst worden war. Es folgte eine Anzeige.

marz71x17Der 12. Oktober ist der umstrittenste Feiertag des Staats. In früheren Zeiten wurde er “Tag der Rasse“ genannt, an dem der Kolonialismus gefeiert wurde, indirekt also auch der Genozid an Millionen Indigenas auf dem Subkontinent. Der fatale Name wurde später geändert in “Tag der Hispanität“, nicht viel besser, aber weniger angreifbar. Insbesondere Migrations-Gruppen finden es gar nicht lustig, den Kolonialismus und Völkermord feierlich zu begehen, so kam es zu der Performance im Oktober, bei der Kolumbus und die kastilische Krone als Symbole der Geschichte und Verantwortliche angegriffen wurden. Die Beilegung des Falls durch das Polit-Gericht Audiencia Nacional (Terrorismus und Mafia) kommt überraschend, gerade in Zeiten, wo Rapper wie Pablo Hasel für Meinungsäußerungen verurteilt werden. Durch die Statuen-Stürze, aus denen einige Medien "Enthauptungen“ machten, kam die Aktion erst richtig an die breite Öffentlichkeit. Ausgelöst wurde Beifall von links und Raserei von rechts.

Die Organisatorinnen beharrten auf ihrer Aktion: "Die Botschaft war klar: Die Monarchie ist eine der Hauptachsen des Regimes, wir treten für ihr Verschwinden ein. Es scheint, dass die altbekannten Verteidiger des Regimes, Guardia Civil und spanische Polizei, die Aktion nicht besonders toll fanden". Sie erinnerten daran, dass beide Polizei-Einheiten diejenigen waren, die Ermittlungen wegen “Delikten gegen die Krone“ einzuleiten. Die Beklagten betonten, dass das Regime von 78 "in einer Krise steckt, dass die demokratische Qualität Spaniens in Frage steht und seine unantastbare Einheit in Frage gestellt ist". Deshalb gehen sie davon aus, dass "der Weg der Emanzipation und der sozialen Mobilisierung notwendig ist, um alle sozialen Rechte und die Demokratie zu garantieren".

RÜCKBLICKE: (1995) Die neunte Korrika, Solidaritätslauf für die baskische Sprache Euskara, startet in Saint-Jean-Pie-de-Port (Donobane Garazi) und endet zehn Tage später in Gasteiz. (2020) Angesichts der Coronavirus-Pandemie beschließt die UEFA die Verlegung der Fußball-Europa-Meisterschaft. Bilbao bleiben vier Auftritte des verhassten spanischen Nationalteams erspart.

(2021-03-16)

SPANISCHER NEOFASCHISMUS

Nach den politischen Verwerfungen zwischen der postfranquistischen Volkspartei und der neoliberalen Ciudadanos, die in der Region Madrid zu Neuwahlen genutzt werden, greift Polemik und Schlammschlacht um sich. Die Madrider Amtsinhaberin Isabel Ayuso profiliert sich mit einem Diskurs, der jedem Faschisten gut zu Gesicht stehen würde. “Wenn du Faschist genannt wirst, hast du etwas gut gemacht, dann bist du auf der richtigen Seite der Geschichte“. Selbst für PP-Verhältnisse eine gewagte Aussage. Ohne viel Interpretation stellen die Worte eine Verherrlichung des Franquismus, des spanischen Faschismus dar.

marz71x16Weiter sagte sie, die neofaschistische Partei Vox sei für sie kein Grund zur Sorge, besorgt sei sie über den Vormarsch des “Sozialismus“, der im Staat die Macht übernommen hätte und alles kaputt mache, was in Jahrzehnten aufgebaut wurde. Welche Jahrzehnte sie meinte, sagte sie nicht. Über ihren Gegenkandidaten in Madrid, den eben zurückgetretenen Vizepräsidenten Pablo Iglesias von Podemos, sagte sie, er sei Kommunist mit besten Kontakten zu Separatisten und zu ETA. Deshalb wolle sie ihren Wahlslogan “Sozialismus oder Freiheit“ umbenennen in “Kommunismus oder Freiheit“. Unklar, was sie mit Kommunismus meint, sicher Ähnliches, was die Putschisten von 1936 über die demokratisch gewählte republikanische Reformregierung. Ein weiterer historischer Parallel-Hinweis also. Spanische Verhältnisse, die sich seit hundert Jahren wiederholen.

RÜCKBLICKE: (1939) Während der Spanienkrieg in den letzten Zügen liegt, erlässt das franquistische Propaganda-Ministerium ein Verbot, in baskischer Sprache (und in anderen regionalen Sprachen) zu schreiben. Baskisch-sprachige Blätter werden verboten. Etwas später folgt das Verbot, Baskisch zu sprechen. (1972) Der baskische Aktivist Jon Ugutz Goikoetxea “Txapela” wird von der Guardia Civil in Elizondo erschossen. (1989) Todestag des PNV-Politikers Jesus Maria Leizaola (geb.1896). Nach dem Tod des Ministerpräsidenten José Antonio Aguirre war Leizaola von 1960 bis 1978 baskischer Ministerpräsident im Exil.

(2021-03-15)

ARME RENTNERINNEN

Die baskischen Rentnerinnen und Rentner sind seit drei Jahren jede Woche auf der Straße, um für würdige Renten zu demonstrieren. Im spanischen Staat haben sie seit 2010 ca. 420 Euro an Kaufkraft verloren. Die neue Berechnungs-Formel des Arbeitsministeriums basiert auf der durchschnittlichen Inflation.

marz71x15Die Regierung beabsichtigt, in den kommenden Wochen eine neue Renten- Berechnungs-Formel zu beschließen, die verhindern soll, dass die Rentner Kaufkraft verlieren, wie es im letzten Jahrzehnt geschehen ist. Die neue Formel schafft die bisherige Steigerungsrate von 0,25 % ab, die bisher galt und die wegen stärker steigender Preise für den Verlust verantwortlich war.

Das Problem ist nicht allein die fehlende Aufwertung der Zahlungen. Zentral ist das Problem, dass Frauen auf allen Ebenen weniger kassieren, weil sie aufgrund von Hausarbeit und Reproduktions-Tätigkeit weniger Anspruchszeiten haben. Deshalb fordern die baskischen Rebellen pauschal 1.080 Euro für alle, und 1.200 Euro, wenn Pflegesituationen vorliegen.

RÜCKBLICKE: (1939) An der Grenze des französischen Baskenlandes, in der Region Bearn, wird von der französischen Regierung das Aufnahmelager Gurs eingerichtet für republikanische Flüchtlinge aus dem Spanienkrieg, darunter viele Basken. Später wird Gurs zum Konzentrationslager der Nazis, in das Juden neben republikanischen Flüchtlingen auch Juden und Jüdinnen aus Süddeutschland deportiert werden. (2020) Im gesamten spanischen Staat beginnt ein Alarmzustand mit häuslichem Einschluss, der zuerst zwei Wochen dauern sollte, jedoch mehrfach verlängert wurde.

(2021-03-14)

HOLLÄNDISCHER UNFALL BEIM GEFANGENEN-BESUCH

Niederländische Journalisten drehen einen Dokumentarfilm über die Dispersion, die entfernte Inhaftierung von baskischen Gefangenen, die vom spanischen Staat seit mehr als 30 Jahren praktiziert, entgegen eigener Gesetze. Dazu haben die Journalisten Familienangehörige von Gefangenen bei Besuchen begleitet. Und einen Unfall erlitten. Wie hunderte der Angehörigen in diesen 30 Jahren. Der Unfall war sicher keine Absicht, aber der beste Beweis für die Unmenschlichkeit dieser Politik.

marz71x14Fünfzehn Angehörige haben auf dem Weg zu Gefängnis-Besuchen tödliche Unfälle erlitten. Ganz so schlimm erging es den drei Holländern nicht. Die Mitglieder eines Teams des niederländischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders VPRO arbeiteten an einer Reportage über die Freilassung baskischer politischer Gefangener und die Folgen für deren Familien und Angehörige. In der Nähe des Gefängnisses Puerto-1 im andalusischen Cadiz waren sie gestern in einen Verkehrsunfall verwickelt.

Das Journalistenteam hatte sich von Utrera auf den Weg gemacht, um sich Familien-Mitglieder zu treffen, die zu Gefängnissen in Cadiz unterwegs waren. Der Unfall ereignete sich, als das Fahrzeug bei einem Überholmanöver von einem anderen Fahrzeug "mit erheblicher Geschwindigkeit“ gerammt wurde. "Trotz der Heftigkeit des Unfalls gab es keine ernsthaften körperlichen Verletzungen", erklärte die Organisation der Angehörigen von baskischen Gefangenen, Etxerat: "Sie haben die Folgen der Gefangenen-Verlegung am eigenen Leib erfahren". Die Dokumentation für das niederländische Fernsehen wurde seit Februar gedreht, das Treffen im Gefängnis war der letzte Teil, der noch gefilmt werden musste.

RÜCKBLICKE: (1883) Todestag von Karl Marx. (1970) Javier Escalada stirbt an den Folgen der Folter, die er in einem Polizei-Kommissariat erlitt. (1997) Die zehnte Korrika (Solidaritätslauf für die baskische Sprache Euskara) startet beim Kloster Arantzazu bei Oñati und endet zehn Tage später in Bilbao. (2008) In Asturien wird die Leiche des baskischen Kommandanten Kandido Saraseta exhumiert, er war 1937 nach dem Fall von Bizkaia mit seinen Milizionären nach Westen gezogen, um weiter gegen die Franquisten zu kämpfen.

(2021-03-13)

marz71x13BASKISCHE KRIEGSINDUSTRIE

Die Bewegung zur Verweigerung aus Gewissensgründen (KEM-MOC) hat in Bilbo einen Eingang der BBVA-Bank symbolisch zugemauert, um die Kriegsindustrie und ihre Geldgeber anzuprangern. Die antimilitaristische Gruppe hat sich die BBVA-Bank vorgenommen, weil sie "die größte Bank des Staates ist, die die Kriegsindustrie finanziert".

In gelbe Overalls gekleidet haben zwei Personen der Gruppe eine vorbereitete Mauer vor den Eingang gestellt, während andere Personen ein Transparent hielten mit der Botschaft: "Ihre Gewinne, voll mit Blut. Nein zu bewaffneten Banken. Bank wegen Waffenverkauf gesperrt", hieß es. Die Aktivistinnen betonten, dass diese Kriege gegen die Menschenrechte verstoßen und die Vertreibung der Bevölkerung verursachen. " Sozialausgaben statt Militärausgaben", forderten sie.

RÜCKBLICKE: (1794) Manech Etcheverra und Taulo Garat werden im Nordbaskenland zum Tode verurteilt und mit der Guillotine hingerichtet. Sie hatten Jugendlichen geholfen, über die Grenze nach Spanien zu flüchten, um sich dem Militärdienst zu entziehen. Denn das revolutionäre Frankreich hatte der spanischen Monarchie den Krieg erklärt und das ganze Baskenland besetzt. Viele Bask*innen aus Lapurdi, Niedernavarra und Zuberoa wurden verbannt, weil sie sich der Rekrutierung entzogen. (2004) Zwei Tage nach dem verheerenden Anschlag auf die Züge in Madrid-Atocha wird in Pamplona der Bäcker Ángel Berrueta von einem Rechtsradikalen erschossen, weil er sich weigert, Plakate gegen ETA aufzuhängen, die von der Aznar-Regierung der Urheberschaft der Anschläge beschuldigt wird.

(2021-03-12)

DER BASKE ÜBER DEN DÄCHERN VON NEW YORK

Was den Bekanntheitsgrad anbelangt, kann es dieses Foto mit dem Guernica von Picasso aufnehmen oder mit der Mona Lisa von Da Vinci. X Mal ist es kopiert und thematisch verändert worden. Nicht wenige haben seine Authentizität in Frage gestellt: Saßen die elf Arbeiter tatsächlich bodenlos auf einem Metallträger, um zu essen? Allein der Anblick provoziert Schwindelgefühle …

marz71x12Mitglieder des Vereins Harresi (Mauer) aus Balmaseda haben nun entdeckt, dass einer der Arbeiter auf dem mythischen Foto des Rockefeller Centers in diesem Ort in Süd-Bizkaia geboren wurde. Wie jeder gute Schnappschuss birgt auch das Bild von der Arbeitspause beim Bau des Rockefeller Centers seine Geheimnisse, Mysterien und Legenden, mit Sicherheit gehört es zu den ikonischen Bildern der Metropole.

Aber wer waren diese mutigen Arbeiter, die ihr Mahl Hunderte von Metern hoch und ohne Sicherheit-Vorkehrungen genossen? Das ist die Frage, die sich viele Menschen stellen. Harresi kommt nun zu einer überraschenden Feststellung. Einer der Arbeiter des berühmten "Mittagessens auf dem Wolkenkratzer" ist der Natxo Ibargüen Mendata aus Balmaseda, Bizkaia.

Bego Eguskitza, die Lebensgefährtin des Neffen von Natxo Ibargüen, der auch als "Volunteer" bekannt war, ist sich sicher: "Kein Zweifel, er ist es", sagte sie in einem Interview mit dem Radio Euskadi Irratia. "Ich kannte ihn nicht, aber er hat die Pose und den Stil eines Ibargüen", bemerkte sie stolz.

Eguskitza räumt ein, dass die Entdeckung wie so oft eher zufällig zustande kam. Natxos Sohn, Dani, erzählte auf einer seiner Reisen nach Euskadi, dass sein Vater auf einem Foto bei der Arbeit in luftiger Höhe zu sehen sei. "Einer meiner Söhne hatte das mythische Foto des New Yorker Wolkenkratzers zufällig an der Wand seines Zimmers und Dani hat ihn gleich darauf hingewiesen. 'Das ist mein Vater', sagte er". – "Er fand es spannend, dass dieses Foto auch hier im Baskenland verbreitet war.

REISE NACH ARGENTINIEN

Natxo Ibargüen wurde am 4. November 1899 in Balmaseda geboren. Mit kaum zwanzig Jahren ging er nach Argentinien. Er sollte seinen Militärdienst ableisten und wäre wohl als Soldat im Rif-Krieg in Marokko gelandet. Weil er dazu keine Lust hatte, beschloss er, dem Weg zu folgen, den seine älteren Brüder eingeschlagen hatten (er war der sechste von zehn) den Ozean zu überqueren. Von Argentinien kehrte er nach England zurück, wo er in verschiedenen Häfen arbeitete und zog dann nach Russland.

Doch in den 1920er Jahren, wahrscheinlich angetrieben durch die Boomzeit in den USA, wollte er sich in den Vereinigten Staaten niederlassen. Dort heiratete er Esperanza Ojinaga, eine Angestellte der mexikanischen Botschaft, mit der er vier Kinder hatte. Nach dem Börsenkrach von 1929 fand Natxo Ibargüen Arbeit auf dem Bau. So wurde er unfreiwillig Teil der New Yorker Skyline.

RÜCKBLICKE: (1894) Pandemie in Mississippi: die ersten Coca-Cola-Flaschen werden zum Verkauf angeboten. (1956) In New York wird der baskische Exilpolitiker der PNV, Jesus Galindez, der seine Doktorarbeit über den dominikanischen Diktator Trujillo schreibt, vom Trujillo-Geheimdienst entführt und ermordet. Seine Leiche wird nie gefunden. 1963 wird er für tot erklärt.

(2021-03-11)

MÜLLKATASTROPHE MIT ANKÜNDIGUNG

Wie kann es sein, dass ein riesiger Müllberg plötzlich komplett ins Tal stürzt? Die Betreiberfirma Verter wusste von der "drohenden Abrutschgefahr" in Zaldibar und hat keine Maßnahmen ergriffen. Die Arbeitsinspektion von Bizkaia hat dem Gericht Durango einen Bericht vorgelegt, der zu dem Schluss kommt, dass die Betreiberfirma der Mülldeponie in Zaldibar Verter Recycling von der "drohenden Abrutschgefahr" des Geländes wusste, jedoch keine Schutz-Maßnahmen ergriff. Diese Fahrlässigkeit hat zwei Arbeiter das Leben gekostet.

marz71x11Der Bericht der Arbeitsinspektion Bizkaia aus der letzten Woche beinhaltet die Untersuchung des tödlichen Arbeitsunfalls vom 6. Februar 2020 in Zaldibar, bei dem Alberto Sololuze, dessen Leiche letzten August gefunden wurde, und Joaquín Beltrán, dessen Überreste immer noch unter den Trümmern gesucht werden, ums Leben kamen.

Im Bericht wird festgestellt, dass es einen unmittelbaren "kausalen Zusammenhang" zwischen diesen Todesfällen und der "Nichteinhaltung" der Bestimmungen zum Arbeits- und Gesundheits-Schutz gibt. Die Verantwortlichen im Unternehmen wussten seit dem 3. Februar "vom Auftretens mehrerer Risse in der Deponie", so dass mehrere Techniker des Ingenieurbüros Geyser, das für die Arbeit der Deponie und die technischen Hilfsdienste verantwortlich ist, am 4. und 5. Februar in Zaldibar waren und eine Studie empfahlen, um den Ursprung der Risse zu bestimmen. Dies wurde am Tag vor dem Abrutschen auch durchgeführt.

Die Gutachter beobachteten Bewegungen an den untersuchten Punkten und äußerten "ihre Überraschung über die Ergebnisse, die eine anomale Situation darstellten", heißt es im Bericht. Am selben 6. Februar um 9.33 Uhr warnte ein Geyser-Ingenieur das Unternehmen vor einer "anormalen" Verschiebung am Rande der Deponie und empfahl, "die Aushubarbeiten zu stoppen und keine neuen Materialien in die Deponie zu schütten". Denn die "könnten mehr Spannungen erzeugen als bereits vorhanden".

Stunden später, gegen 16 nachmittags, ging die Mülldeponie wie eine Lawine ins Tal, riss zwei Arbeiter mit und verschüttete die Autobahn. Die Arbeitsinspektion betont, dass das Unternehmen "keine Entscheidung getroffen hat, die auf eine Verlangsamung der Tätigkeit abzielt" und "die Arbeiter nicht über die Existenz dieses Risikos informiert hat", was einen "schweren Verstoß" darstellt, vorgeschlagen wird eine Strafe von 300.000 Euro.

RÜCKBLICKE: (2004) Attentat in Madrid-Atocha auf Vorstadtzüge, 191 Tote. Die spanische Regierung macht ETA für das Attentat verantwortlich. Bei den 4 Tage später stattfindenden spanischen Parlamentswahlen erleidet die postfranquistische PP eine peinliche Niederlage, nachdem sich die behauptete ETA-Täterschaft als Lüge herausstellt. (2011) Ein Tsunami sorgt im japanischen Küsten-AKW Fukushima für einen Super-GAU, nachdem das Kühlsystem zusammenbricht. Nach Tschernobyl der schwerwiegendste Nuklear-Unfall.

(2021-03-10)

UNDERGROUND RAILROAD

Das Baskenland hat gestern eine wichtige Medien-Persönlichkeit verloren. Pepe Rei hieß nicht nur „König“ er war es auch, was einen kompromisslosen, unabhängigen und ehrlichen Journalismus anbelangt. Ein Journalismus, den es heutzutage fast nicht mehr gibt.

marz71x10aPepe Rei wurde in Galicien geboren, sein publizistischen Spuren hinterließ er jedoch im Baskenland. Unvergesslich seine Berichte über die Kloaken des spanischen Staates, die polizeilichen Verbindungen zum Drogenhandel und die spanische Korruption. Dafür bezahlte er mit politischer und juristischer Verfolgung und Gefängnis, denn ein Staat wie der postfranquistische lässt solcherart Fundamental-Kritik nicht folgenlos. Nach der langen EGIN-Etappe folgten Projekte wie Ardi Beltza und Kale Gorria (“Das schwarze Schaf“, und “Harte Straße“), die die herrschende Klasse erneut zum Schwitzen brachte.

Die Verbote dieser Publikationen setzten dieser Arbeit ein Ende. Dazu kam ein Verkehrsunfall, der weitere Projekte unmöglich machte und Pepe Rei in einen langen Erholungsprozess zwangen. Die Spätfolgen haben ihn das Leben gekostet. Er bleibt in Erinnerung für einen Journalismus, der heute so notwendig wäre wie nie zuvor. Auf Augenhöhe mit George Steer und Noam Chomsky.

marz71x10bBLACK POWER

Harriet Tubman (*1820 – 10. März 1913 Auburn, New York) war die bekannteste afroamerikanische Fluchthelferin der Hilfsorganisation Underground Railroad, die von etwa 1849 bis zum Ende des Sezessionskrieges geflüchteten Sklaven half, aus den Südstaaten in die Nordstaaten der USA oder nach Kanada zu fliehen. Nachdem sie im Jahr 1849 selbst der Sklaverei entflohen war, kehrte sie unter dem Codenamen Moses mehrfach in die Südstaaten zurück, um anderen Sklaven auf ihrer Flucht behilflich zu sein. Im Sezessionskrieg arbeitete sie neben ihrer Tätigkeit als Krankenschwester und Köchin als Kundschafterin für die Nordstaaten. In ihren späteren Lebensjahren engagierte sie sich in der Frauenbewegung. Nach ihrem Tod geriet Harriet Tubman in Vergessenheit, zählt jedoch heute in den USA zu den bekanntesten historischen Persönlichkeiten des Abolitionismus.

RÜCKBLICKE: (1972) In Ferrol (Galicien) demonstrieren Tausende Werftarbeiter, die Polizei schießt in die Menge und tötet zwei Arbeiter. (2005) Der vierzehnte Korrika startet in Orreaga-Roncesvalles in den Pyrenäen und endet zehn Tage später in Bilbao. Dieser Solidaritätslauf für die baskische Sprache Euskara geht Tag und Nacht und wird von interessierten Gruppen in tausenden von Kilometer-Etappen gelaufen.

(2021-03-09)

FEMINISMUS: ANGST VERBRENNEN

Das chilenische feministische Kollektiv LasTesis veröffentlicht ein Manifest mit dem Titel "Angst verbrennen“ (Quemar el miedo). Vor zwei Jahren verbreitete sich deren Gesangs- und Tanz-Performance "Ein Vergewaltiger auf deinem Weg“ (Un violador en tu camino) wie ein Lauffeuer über die ganze Welt. Nachdem damals die Lunte der Wut über die patriarchalische Gesellschaft entzündet wurde, haben LasTesis nun das Manifest “Angst verbrennen“ veröffentlicht, mit dem das feministische Kollektiv seine Überlegungen zur Diskussion stellt (Verlag Temas de Hoy).

marz71x09Am 20. November 2019 stand eine große Gruppe von Frauen vor einer Carabineros-Polizeistation der chilenischen Stadt Valparaíso und stimmte ein einen Sond an, der zu einer globalen Hymne der Frauenbewegung werden sollte. Das Lied "Un violador en tu camino" (Ein Vergewaltiger auf deinem Weg) wurde von LasTesis geschaffen, über den Refrain wurde eine Vielzahl von Stimmen aus unterschiedlichsten Ecken des Planeten hinzugefügt, die Zeugnis ablegten über die Misshandlungen, die Frauen täglich erfahren. Eine Antwort kam auch aus Euskal Herria.

“Quemar el miedo" ist ab sofort erhältlich, das Manifest ist in den Worten seiner Autorinnen "ein subversives Geschenk an die Welt und ein Aufruf zur Revolution". Das interdisziplinäre Frauenkollektiv, bestehend aus Daffne Valdés Vargas, Paula Cometa Stange, Lea Cáceres Díaz und Sibila Sotomayor Van Rysseghem, bekräftigt seine Absicht, dass "wir Kunst als Widerstand gewählt haben. Wir wurden verfolgt und vergewaltigt, weil wir unsere Meinung gesagt haben. Wir kümmern uns umeinander. Wir wissen, dass wir Glück und Privilegien haben, die andere nicht haben, weil wir am Leben sind. Wir weigern uns, weiterhin Komplizen aller Arten von Gewalt, Unterdrückung und patriarchalischer Ungerechtigkeit zu sein; dieselbe Gewalt, die wir in diesem Buch aufzeigen werden".

MANIFEST, STIMME UND WERKZEUG

“Angst verbrennen" hat den Anspruch, ein unverzichtbares Hilfsmittel für alle Menschen (Frauen und Männer) zu sein, die den weltweiten Kampf der Frauen für eine gerechte und feministische Gesellschaft verstehen und nachempfinden wollen. Das Manifest gibt der doktrinären Erklärung des LasTesis-Kollektivs eine Stimme. Kunst wird als kraftvolle Form des Protests und der Mobilisierung eingesetzt und versucht, das Wissen über die feministische Bewegung auf der ganzen Welt zu verteilen und zu demokratisieren.

Das Buch geht auf den Ursprung der Proteste ein, analysiert die verschiedenen Feminismen, spricht über die Bedeutung des Bekämpfung des Patriarchats und lädt dazu ein, über Mutterschaft neu zu nachdenken. Das Kollektiv erklärt, weshalb ihr Kampf nicht links oder rechts ist, sondern feministisch, übergreifend und queer. Sie publizieren auch tiefgründige Reflexionen über die politische Rolle des Körpers und den vorherrschenden Diskurs über die Liebe.

RÜCKBLICKE: (1980) Bei den ersten postfranquistischen Regionalwahlen im Baskenland werden 60 Abgeordnete gewählt, jeweils 20 aus den Provinzen Araba (Alava), Bizkaia (Vizcaya) und Gipuzkoa (Guipuzcoa). Stimmenverteilung: PNV 38%, Herri Batasuna 16%, PSOE 14%, EE (sozialdemokratisch) 10%, UCD (postfranquistisch) 8%, AP (postfranquistisch) 5%, EPK (kommunistisch) 4%. (1981) Tod des 1904 geborenen baskischen Politikers Telesforo Monzon, während der Zweiten Republik und des Zweiten Weltkriegs einflussreicher Politiker der nationalistischen PNV, 40 Jahre im Exil, später Mitgründer der linken Partei Herri Batasuna.

(2021-03-08)

KORRUPTION, SPANISCHE VERHÄLTNISSE

Luis Bárcenas war Schatzmeister der postfranquistischen Volkspartei Partido Popular. Ein wichtiger Job, bei dem Millionen von Schwarz- und Schmiergelder geflossen sind. Bárcenas ist inhaftiert, die Empfänger/innen der schwarzen Kohle nicht. Nun wehrt er sich und legt die Karten auf den Tisch. Bárcenas erklärt, dass Kommissar Gómez Gordo von der "Operation Küche" zwei belastende Audios mit dem ehemaligen PP-Vorsitzenden und Javier Arenas aufgenommen hat, die seine Aussagen über die "B-Kasse" der Partei bekräftigen würden.

Konkret erklärt der Angeklagte, dass es sich um zwei Audios handelt. Eines mit dem ehemaligen Präsidenten Mariano Rajoy, der eine Kopie seiner Papiere über die parallele Buchführung vernichtet hat. Das andere mit dem ehemaligen Generalsekretär Javier Arenas, in dem sie über die unregelmäßige Finanzierung der PP und die “schwarzen Umschläge“ sprechen.

marz71x08Bárcenas hat seine Aussagen im Prozess um die Finanzierung der Renovierung des PP-Parteisitzes abgeschlossen, nun erklärt er, dass ihm weitere Beweisstücke gestohlen wurden. Diese Aktion wurde vom Innenministerium gestartet, um zwischen 2013 und 2016 gefährliche Informationen aus dem Besitz von Bárcenas über Schwarzgelder der PP zu konfiszieren. Im Audio spricht Rajoy über die Zerstörung einer Kopie der Papiere in seinem Büro, nachdem Bárcenas ihn Anfang 2010 mit den Papieren besuchte und ihm einen letzten Umschlag mit 25.000 Euro Schwarzgeld übergab.

"Rajoy sagte mir: 'Luis, aber wie kannst du das machen ...' Ich erklärte ihm, dass es sich um einen Rat von Álvaro Lapuerta (vorheriger Schatzmeister) handelte und dass es eine Garantie war, damit niemand sagen könnte, dass wir etwas unterschlagen hätten. Rajoy steckte die Kopien (der parallelen Buchführung) in den Papierzerkleinerer", sagte Barcenas.

EINE HALBE MILLION FÜR DIE FÄLSCHUNG DER PAPIERE

Bárcenas enthüllte bereits gestern vor Gericht, dass er im Jahr 2013, nach dem öffentlichen Erscheinen der Schwarzgeld-Papiere von der Partei ein Angebot bekommen habe, die Papiere zu ändern. Der Anwalt der Parteiführung habe sich im Februar 2013 mit ihm getroffen und ihm eine halbe Million in bar angeboten. Ein Betrag, "den Unternehmern aufbringen würden", zudem sein offene Arbeitsrechtsstreit mit der PP geschlossen werden. "Sie forderten mich auf, diese Dokumente zu manipulieren, neue Konzepte und Beträge zu deklarieren, um sie dann zu veröffentlichen und in der öffentlichen Meinung Zweifel zu säen."

Dieser Anwalt verteidigte die PP im “Gürtel-Fall“ und dem “Villarejo-Fall“. Er war einer der Personen, die ihn 2013 versicherten, dass seine Frau nicht im Gefängnis landen werde, wenn er schwieg. Ein falsches Versprechen, denn seit November 2020 verbüßt die Angeklagte eine Haftstrafen wegen "Gürtel".

Dieses Angebot hatte Bárcenas dazu veranlasst, die Partei nicht zu schädigen, er nahm Anschuldigungen gegen hochrangige PP-Funktionäre wegen der Computer-Vernichtung im Jahr 2016 zurück. Darunter Geräte, die er im Parteisitz der Madrider Calle Génova 13, genutzt hatte. Das Verfahren endete mit Freispruch.

In seiner Erklärung am Montag gab der Ex-Schatzmeister die Existenz der sogenannten "Extra-Buchhaltung" der Partei zu und bestätigte die illegale Zahlung aus dieser Kasse an PP-Politiker. Bárcenas erklärte, das System sei vom damaligen Generalsekretär Francisco Alvarez-Cascos geschaffen worden und nannte Empfänger: Mariano Rajoy, Maria Dolores de Cospedal, Javier Arenas, Federico Trillo, Pedro Arriola, Angel Acebes und Rodrigo Rato, alles Parteiobere. Von den beiden letztgenannten sagte er, dass er ihnen keinen Geld-Umschlag gegeben habe, sie hätten aber dennoch kassiert.

Bárcenas belastete Rajoy und Cospedal. Auf Fragen des Anti-Korruptions-Staatsanwalts sagte er, dass er seine Anmerkungen der "B-Kasse" im Jahr 2009 abschloss, als die Kassen wegen Vorschüssen an Regionale PP-Ableger leer waren. Aber ein Jahr später, als er eine Spende von einem Geschäftsmann im Wert von 50.000 Euro erhielt, steckte er selbst jeweils die Hälfte in zwei Umschläge und gab sie seinen Chefs von der PP, die schon eine Weile kein Extra-Geld mehr erhalten hatten.

KEINE GEGENÜBERSTELLUNG MIT RAJOY

Bereits vor diesen Erklärungen lehnte das Gericht die von der Verteidigung beantragte Gegenüberstellung zwischen Bárcenas und Rajoy ab. Man werde allein die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen bewerten. Daher wird der Ex-Schatzmeister nicht in der Lage sein, sein Geständnis vor den Augen von Rajoy zu verteidigen. Das Gericht bestätigte, dass die Partei wegen ihrer zivilrechtlichen Haftung auf der Anklagebank Platz nehmen wird. Das heißt, ein Rechtsvertreter wird Fragen der Partei beantworten müssen. (BASKULTUR.INFO)

RÜCKBLICKE: (1921) In der Sowjetunion wird zum ersten Mal der Tag der arbeitenden Frau gefeiert. (1977) Zum ersten Mal nach dem Franquismus gibt es Aufrufe zum Internationalen Frauentag. In Bilbao versammeln sich 700 Frauen unter dem Motto “Solidarität mit dem Kampf aller Frauen der Welt“. In Donostia werden ebenfalls Aktionen durchgeführt. Die Demonstration in Vitoria-Gasteiz wird von den postfranquistischen Behörden verboten. Eine baskische Regierung gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. (2018) Der Internationale Tag der arbeitenden Frauen wird im Baskenland (und in einigen weiteren Städten des Staates) nicht nur für Demonstrationen für die Rechte der Frauen genutzt, sondern mit einem Aufruf zum Generalstreik begleitet, der von allen baskischen Gewerkschaften unterstützt wird. 2019 wird der Aufruf zum Generalstreik wiederholt. Dieser Streik sollte sich nicht nur auf die bezahlte Lohnarbeit beziehen, sondern auch auf Erziehungs- und Pflegearbeit, gleichzeitig war er mit einem Konsumstreik verbunden. Beide Streiktage wurden zu einem großen Erfolg, zu dem insbesondere viele Mädchen und junge Frauen beitrugen.

(2021-03-07)

ÜBER FOLTER

"Er starb, wie ich hätte sterben können" – Diese Aussage ist von Ion Arretxe, der 1985 zusammen mit dem Busfahrer Mikel Zabalza verhaftet wurde. Dieser beeindruckende und fatale Satz prägt den Film "Non dago Mikel?“ (Wo ist Mikel). Arretxe und Zabalza wurden zusammen festgenommen und beide gefoltert. Mikel Zabalza starb an den Misshandlungen, Ion Arretxe überlebte.

Arretxe war in der Lage, die Geschichte zu erzählen, obwohl er drei Jahrzehnte brauchte, um die schreckliche Erfahrung der Folter zu überwinden und zu Papier zu bringen. Diese Schilderung dessen, was Arretxe in jenen Tagen ertrug, ist der Spiegel des Todes des jungen Mikel Zabalza aus Orbaizeta.

marz71x07MISHANDLUNG AM FLUSS

Sie umwickelten mich mit Klebeband, ratsch, ratsch, mit einem Klebegerät in der Hand, ratsch, ratsch, wie eine Mumie. Das Band quietschte bei jeder Drehung, ratsch, ratsch, mit einem Sägegeräusch. Und ich habe geschrien wie ein Schwein. “Lasst mich hier nicht sterben!“ Alles war erfüllt von dem süßlichen Geruch des Flusswassers.

“Du weißt, was das ist, nicht wahr? Nun, wenn du reden willst, streck Kopf raus.“ Mehrere von ihnen hielten mich fest, warfen sich auf mich, mit ihren Knien, mit ihren Armen, mit dem ganzen Körper, während ein anderer meinen Kopf unter Wasser drückte. Ich versuchte, meinen Kopf zu heben, aber es war unmöglich. Ich nahm einen Atemzug, so viel Luft wie ich konnte. Ich rief: “Ich bin nicht von ETA, ich bin nicht von ETA“. Dann wurde ich wieder unter Wasser gedrückt. Ich weiß nicht, wie lange es gedauert hat. 1.000 Jahre? 2.000?

Das eiskalte Wasser drückte auf meine Schläfen und sickerte durch alle meine Öffnungen. Ich spürte, wie mir das Leben entglitt, wie ich mich mit Wasser füllte. Sie zogen mich wieder raus, damit einer von ihnen meine Fingernägel ansehen konnte, die außerhalb der Plastiktüten geblieben waren. Ich habe das geschluckte Wasserwieder ausgekotzt. Wie ich später erfuhr, zeigten die Blutergüsse an den Fingern den Grad der Erstickung an, und ob sie mich weiter foltern konnten."

DIE BADEWANNE

"Einige Guardia Civiles kamen herein, schnell und laut wie ein Rudel Hyänen, und warfen die Decke über mich. Man konnte das Rauschen eines Wasserhahns hören, das Wasser spritzte. Während sie mich mit aller Kraft festhielten, erschien José Vélez mit dem Klebeband-Apparat in der Hand. Und ohne sein Lächeln aufzugeben, begann er, mich wie eine Mumie einzuwickeln, ratsch, ratsch, genau wie im Wald.“

Schreckliches Gelächter und Kriegsgeschrei. Mehrere von ihnen packten mich und trugen mich weg wie ein Bündel. “Vorwärts du Soldat“. Blupp, blupp, blupp. Nach zwanzig oder dreißig Tauchgängen hörst du auf, um dein Leben zu kämpfen und ergibst dich dem Unvermeidlichen.

EPILOG

"Ich habe Mikel Zabalza nie gesehen, also werde ich nicht so verwegen sein, mit Sicherheit zu sagen, was mit ihm passiert ist. Er ist gestorben, wie ich hätte sterben können. So willkürlich sind Leben und Tod".

RÜCKBLICKE: (1875) Geburt des baskischen Komponisten Joseph Maurice Ravel im nordbaskischen Ort Ciboure (Ziburu). (1985) Mit einer Autobombe tötet ETA in Vitoria-Gasteiz den Chef der baskischen Polizei Ertzaintza, Carlos Díaz Arcocha. (2008) In Mondragon, Gipuzkoa, wird der PSOE-Politiker Isaias Carrasco von einem ETA-Kommando erschossen.

(2021-03-06)

GEWALT, WELCHE GEWALT?

Seit der Verhaftung des katalanischen Rappers Pablo Hasél ist nichts mehr wie vorher, Barcelona kommt nicht mehr zur Ruhe, auch in anderen Großstädten brennen Container, fliegen Gummigeschosse Demonstrantinnen hinterher und Molotow-Cocktails gegen Polizeiautos. Die Politik greift auf alte Schemen zurück, verurteilt die Gewalt der Straße und setzt ihre Polizeigewalt fort.

Die katalanische Gruppe Contracorrent (Gegenströmung) analysiert die Situation auf andere Weise. Sie ruft nicht zur Gewalt auf, lässt aber keinen Zweifel daran, dass sie die Gründe und die Akteure der Gewalt versteht. Nach deren Ansicht geht es nicht allein um Hasél, sondern um weit mehr. Es geht um den alten Streit um die Auslegung von Gewalt, deren Monopol der Staat beansprucht. Niemand will von der Gewalt wissen, die eine bedrohte Existenz oder eine Zwangsräumung wegen Zahlungs-Unfähigkeit darstellt; die tägliche Gewalt gegen Migrantinnen, gegen Frauen, gegen Obdachlose, gegen Arme.

marz71x06Contracorrent hält sich an die Brecht`sche Definition: “Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“

Krawalle, Scheiben splittern, Demonstrantinnen verteidigen sich mit Pflastersteinen gegen den Ansturm der Mossos-Polizisten – die Vorgänge verdecken eine Realität, die für das System gefährlich ist: Es gibt Tausende von Jugendlichen, die die Nase voll haben, ziemlich voll, sie haben begriffen, dass das "Wir können doch" der 15-M-Protestbewegung (Podemos) mit friedvollen Gandhi-Reminiszenzen keine Lösungen und keine Zukunft bietet.

GEWALT VON ZWEI SEITEN

Das politische System und sein Medienapparat sind unfähig, diese Situation zu verdauen, sie beschwören – wie es ein Mosso kürzlich im TV tat – dass die Demonstrantinnen, wenn sie unzufrieden seien, doch bitte zur Wahl gehen sollten. Er und seine Vorgesetzten wissen, dass es allein der Aufrechterhaltung des Status quo dient, wenn Menschen, die sich bewegen und Ansprüche stellen, in die Wahllokale getrieben werden sollen. Die Podemos-Operation nach dem bekannten 15-M ist ein Beispiel dafür.

Niemand kann mit Gewalt einverstanden sein. Die unteren Volksschichten haben nie leichtsinnig zu Gewalt gegriffen, weil sie die Kosten kennen, die das mit sich bringt, außer zur eigenen Verteidigung. Denn der Staat schreckt nicht vor Brutalität, Folter und Terrorismus zurück, wie beim spanischen Staat erlebt. Die Interessen der herrschenden Klasse, ihre Privilegien und Ausbeutung gilt es aufrecht zu erhalten.

Währenddessen vergehen die Tage, an denen es keine Verurteilung anderer Situationen von Gewalt gibt, zum Beispiel jener Gewalt von Seiten der spanischen Polizei, die in Katalonien am 1. Oktober praktiziert wurde, nur weil gewählt werden sollte. Eine Gewalt, die der König vorbehaltlos unterstützte. Oder der Verlust eines Auges einer jungen Frau in Barcelona vor ein paar Tagen durch ein Plastikgeschoss der Mossos. Oder das, was in Polizeistationen (ohne Videoüberwachung) mit Verhafteten häufig passiert. Ganz zu schweigen von den (gewalttätigen) Übeln, denen eine ganze Jugend-Generation ausgesetzt ist: Wohnen, Arbeit, Auswanderung, Zwangsräumungen, Energiearmut, Abbau des Gesundheitswesens, Prekarität ...

Weil das parlamentarische Spektrum zur Beschreibung dieser alltäglichen Situationen nie das Wort "Gewalt" benutzt, haben die herrschenden Klassen und ihre Medienapparate freie Hand, das Einschlagen eines Geldautomaten oder eines Gucci-Schaufensters als "Gewalt" zu bezeichnen.

RÜCKBLICKE: (1854) In Ecuador wird die Sklaverei abgeschafft. (1904) Der spätere erste baskische Ministerpräsident Jose Antonio Aguirre (*1936) wird geboren.

(2021-03-05)

UNZUREICHENDE WAFFENZERSTÖRUNG

Wenn Politik bloß immer so antimilitaristisch wäre und die Zerstörung von Waffen zum täglichen Programm gehören würde … doch leider hört die Friedensliebe gleich hinter ETA schon wieder auf. Gestern hat der spanische Staat in einer Kaserne der Guardia Civil die Vernichtung von Waffen inszeniert, 1.425 Tage nachdem ETA vor dreieinhalb Jahren ihr Waffenarsenal in Bayonne übergab. Vor den Augen der baskischen und internationalen Öffentlichkeit und trotz einer jahrelangen Blockade der spanischen Regierung. Nach diesen 1.425 Tagen hat eine andere spanische Regierung die Vernichtung in Madrid medienwirksam in Szene gesetzt.

marz71x05Zwischen jenem 8. April 2017 der Waffenabgabe und diesem 4. März 2021 sind fast vier Jahre vergangen. Baskische Bürgerinnen waren an jener Übergabe in Bayonne beteiligt, als ETA sich einseitig entwaffnete. Eine Abrüstung, die jahrelang von den Staaten boykottiert wurde und die einige Mitglieder der Internationalen Friedens-Kommission sogar vor Gericht brachte. Dass die Schau in einer Kaserne der Guardia Civil vollzogen wurde, passt ins Bild, genau dort fehlt die Entmilitarisierung und die Aufarbeitung der systematischen Folter noch vollständig.

Bei der gestrigen Farce sollen 1.377 Waffen zerstört worden sein, hauptsächlich von ETA, aber auch etwa hundert von der bewaffneten Organisation GRAPO, die bei Operationen in Spanien beschlagnahmt worden waren. Darunter sind nicht jene Waffen, die ETA am 8. April übergeben hat, die französische Polizei behauptet, sie alle zerstört zu haben. Tatsächlich handelt es sich laut offizieller Liste um alte Waffen, deren Vernichtung der spanische Gerichtshof schon im Jahr 2016 genehmigt hat.

Gestern kam eine Dampfwalze zum Einsatz, um den “totalen Sieg der spanischen Sicherheitskräfte über die baskische Organisation“ einmal mehr zu bekräftigen. Der Opferverband Covite hat sich von dem Akt distanziert, beschrieb ihn als "Propaganda" und prangerte an, dass "mehr als die Hälfte der Verbrechen von ETA unaufgeklärt" bleiben. Dazu passt die Feststellung, dass die übrigen 98% des Waffenpotenzials aus dem baskisch-spanischen Konflikt, in diesem Fall auf spanischer Seite, weder unbrauchbar gemacht, noch vernichtet wurden. Manche nennen dies Friedensprozess.

RÜCKBLICKE: (1871) In Polen wird die Sozialistin Rosa Luxemburg geboren. (1937) Acht Monate nach dem franquistischen Militärputsch kommt es vor der baskischen Küste zu einem militärischen Gefecht: vier aufgemotzte Kutter der baskischen Hilfsmarine sehen sich dem modernen Kriegsschiff Canarias gegenüber. Die Basken unterliegen. (2013) Todestag von Hugo Chavez.

(2021-03-04)

ALLEINERZIEHENDE MÜTTER EXISTENZ-BEDROHT

Als die Pandemie losbrach wurde von der Politik eine Parole bis zum Abwinken wiederholt: “Niemand wird vergessen, niemand bleibt allein zurück“. Doch schon Monate später hat sich der neoliberale Alltag der Sozialkürzungen wieder breit gemacht. Opfer erneut die Schwächsten in der sozialen Hierarchie.

marz71x04Mütter, Minderjährige und Familien verlieren ihre Existenz-Grundlage durch eine Änderung der Kriterien des baskischen Arbeitsamtes Lanbide: Eine von Lanbide herausgegebene Anweisung verhindert den Erhalt des Minimalen Garantie-Einkommens (RGI – Renta de Garantía de Ingresos, eine Art Sozialhilfe in Euskadi) für Alleinerziehende mit abhängigen Kindern über 2 Jahren.

Mehrere Frauenverbände, feministische Gruppen und soziale Kollektive haben sich vor dem Büro, um den Schutz des Ararteko-Friedensrichters versammelt, um seine Unterstützung zu fordern. Grund für diese Initiative, die im Rahmen der Aktionen zum 8. März stattfinden, ist die Anweisung des baskischen Arbeitsamts (Lanbide) vom 14. Dezember letzten Jahres an seine Sachbearbeiter. Sie verhindert, dass Alleinerziehende mit unterhaltsberechtigten Kindern über 2 Jahren die RGI-Hilfe als separate Wohneinheit innerhalb einer anderen Wohneinheit erhalten, die von Verwandten des Elternteils mit dem unterhalts-berechtigten Kind gebildet wird. Diese Kürzung betrifft alleinerziehende, getrennt lebende, geschiedene oder verwitwete Mütter, die ein Kind im Alter von über 24 Monaten haben oder adoptieren.

Die Initiativ-Gruppen betonen, dass diese Anweisung einerseits den Schutz minderjähriger Kinder missachtet, andererseits, dass unter dieser neuen Beschneidung von Rechten vor allem jene Frauen zu leiden haben, die gezwungen sind zu ihrer Familie zurückzukehren, weil sie sich prekäre Jobs, missbräuchliche Mieten und hohe Ernährungs-Kosten oder Ressourcen wie Strom nicht leisten können.

"Trotz der institutionellen Kampagnen zur Achtung der Frauenrechte oder gegen geschlechtsspezifische Gewalt, wenn es darauf ankommt, berücksichtigt Lanbide nicht die konkrete und reale Situation, unter denen Frauen leiden: Prekarität und Feminisierung der Armut", warnten die Organisationen. Nach Bekanntwerden der Kriterien-Änderung hat Senatorin für Arbeit und Beschäftigung im Parlament eine Änderung der Kriterien für die Anwendung des Dekrets von Lanbide wiederholt bestritten.

"Dieser Fall ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, was das Vorgehen der baskischen Regierung und ihrer Behörden gegenüber den Rechten der Frauen betrifft. Es ist kein Einzelfall. Lanbide hat wiederholt Frauen, deren Rechte verletzt wurden oder die geschlechtsspezifische Gewalt erlitten, das Minimal-Einkommen verweigert und tut dies auch weiterhin.

Die Resolution ist von folgenden Gruppen unterzeichnet: La Posada de los Abrazos, Vereinigung der Hausangestellten Bizkaia, Mujeres del Mundo-Babel, Trabajadoras No Domesticadas, Frauen-Beratungs-Zentrum Argitan, Plattform gegen soziale Ausgrenzung Berri-Otxoak, Sozialrechtsbüro ODS von Bilbao la Vieja und Santurtzi, Langile Autodefentsa Sarea (Arbeiterinnen-Verteidigungs-Netz), Plataforma Kaleratzerik EZ! Bizkaia (Stop Zwangsräumungen) und SOS Racismo.

RÜCKBLICKE: (1790) Die französische Nationalversammlung ordnet die Regionen neu in 83 Departements. Die baskischen Provinzen Lapurdi, Nieder-Navarra und Zuberoa werden dem Departement Atlantische Pyrenäen zugeschlagen, zusammen mit der Region Bearn, Hauptstadt wird Pau. (1918) Die sogenannte “Spanische Grippe” beginnt in Kansas, USA, in zwei Jahren sterben ca. 40 Millionen Menschen weltweit.

(2021-03-03)

FEMINISTISCHER 8. MÄRZ IN BILBAO

... Baskische Feministinnen, Migrantinnen, von Rassismus und anti-Roma-Aggressionen betroffene Frauen gehen gemeinsam auf die Straße. Unter dem Motto "Das rassistische System zum Wanken bringen, feministische Netzwerke bilden" beginnen die Aktionen am 8M. Die Botschaft ist klar: “Wir müssen das rassistische, heteropatriarchale und lebensfeindliche System mit dem feministischen Widerstand knacken. Faschismus und Autoritarismus gewinnen auf der politischen Tagesordnung immer mehr Gewicht, deshalb fordern wir heute und hier die Stärkung des antirassistischen und antikolonialen Widerstands als Teil des politischen Projekts der baskischen Feminismen.“

marz71x03“Die Pandemie hat die bestehende Krise weiter vertieft, das neoliberale Management der Regierungen bietet nur dem Großkapital Lösungen. In der Zwischenzeit werden Frauen mit der Zunahme verschiedener Formen von Gewalt wie Rassismus und Sexismus konfrontiert. Die Priorisierung der Interessen des Kapitals zusammen mit dem Ausländergesetz hat zur Prekarität geführt, die unser Leben überschwemmt, wo Arbeitsrechte systematisch verletzt wurden. Zur bisherigen Gewalt kam die Polizeigewalt und die selektive Militarisierung von Stadtvierteln je nach ethnischem Profil, sowie die Verletzung der Rechte von Obdachlosen. Die Roma-Bevölkerung stand im Mittelpunkt von Anschuldigungen und Schikanen aufgrund der Anti-Roma-Vorurteilen, das von der Macht und den gängigen Medien orchestriert wurde.“

“Die Verteilung der Pflege gehorcht einer sexistischen, rassistischen und klassistischen Logik. Wir Feministinnen erheben unsere Stimmen und bekräftigen mit Nachdruck, dass es ohne Pflege kein Leben gibt! Nächsten Montag werden wir, wie schon bei früheren Streiks, die Kollektivierung und Mitverantwortung der Pflege fordern, wir werden das Leben in Ausbeutung nicht aufrecht erhalten. Wir fordern ein Netz öffentlicher, kostenloser und universeller Versorgung, das ausnahmslos allen Arbeitnehmerinnen menschenwürdige Bedingungen garantiert. Wir sagen NEIN zum Ausländergesetz, das diese Ausbeutung verewigt und Frauen mit irregulärem Status alle Bürger- und Arbeitsrechte entzieht. An diesem 8. März werden wir auch die Gewalt gegen lesbische, trans- und alle Formen abweichender Identitäten nicht vergessen, deren Recht auf Asyl durch koloniale Politik verweigert wird. NEIN zur rassistischen Migrationskontroll-Politik, die unsere Lebensprojekte zerstört.“

Die Aktionen des Tages: Versammlung bei der Einwanderungsbehörde, um die Grenzmauern anzuprangern. Zum Rathaus im Bündnisse mit Rentnerinnen, um menschenwürdige Rente und Pflegeleistungen zu fordern. Weiter zum Iberdrola-Turm, um die Rolle der multinationalen Konzerne in dieser Weltordnung anzuprangern und zu fordern, dass eine grundlegende Dienstleistung wie die Stromversorgung kein Geschäft ist, das einige wenige bereichert und Millionen von Frauen verarmen lässt. Am Ende eine Demonstration durch die Stadt.

RÜCKBLICKE: (1976) Die spanische Polizei geht in Gasteiz brutal gegen in einer Kirche versammelte streikende Arbeiter vor und erschießt fünf Personen. Die verantwortlichen Minister: die Alt-Franquisten Manuel Fraga Iribarne und Martin Villa. Bei Folgeprotesten sterben zwei weitere Demonstranten durch Polizeischüsse. (1996) Die postfranquistische Partei PP gewinnt die spanischen Parlamentswahlen, der ehemalige Falange-Faschist Jose Maria Aznar wird Ministerpräsident.

(2021-03-02)

RENTNERINNEN UND FEMINISTINNEN GEMEINSAM AM 8-M

Rentnerinnen und Feministinnen werden am 8. März ihre Kräfte bündeln: "Wir Rentnerinnen können keine ausbeuterischen Arbeitsbedingungen für diejenigen zulassen, die sich um unsere Älteren und unsere Gesellschaft kümmern". Hintergrund des Zusammengehens ist die Tatsache, dass der Internationale Kampftag der arbeitenden Frauen in diesem Jahr auf einen Montag fällt, der Tag, an dem sich die Bewegung der baskischen Rentner*innen seit drei Jahren vor den Rathäusern trifft, um ihre Forderungen deutlich zu machen.

marz71x02Die Bewegung der Rentner und Rentnerinnen von Bizkaia (MPB) hielt am Montag, dem 1. März, eine ihrer regelmäßigen Kundgebungen ab. Was die Forderungen für den kommenden 8. März, den Internationalen Frauentag, betrifft: Die Bewegung der Rentner*innen hat sich “nach 3 Jahren des Kampfes für ihre Rechte und mit einer kontinuierlichen Beteiligung von Rentnerinnen in ihren Reihen“, bereit erklärt, dieses Jahr an den Aktionen teilzunehmen, die an diesem Frauen-Kampf-Tag stattfinden. Slogan und zentrales Thema des 8. März ist: "Gegen das rassistische System, Netzte bilden, feministischer Widerstand".

Mit diesem Motto sollen die von Rassismus betroffenen Migrations-Frauen in den Mittelpunkt gestellt werden, die unter sklaven-ähnlichen Bedingungen hauptsächlich in der Pflege, häufig ohne Vertrag, mit Armutslöhnen, sowie ohne Arbeits- und Sozialrechte beschäftigt sind. "Wir Rentnerinnen können nicht wegschauen. Wir stehen gegen das rassistische System, das gehört zu unserer Verantwortung. Wir können keine ausbeuterischen Arbeitsbedingungen für diejenigen zulassen, die sich um unsere Alten und unsere Gesellschaft kümmern.“

Deshalb haben die Rentnerinnen eine eigene Stellungnahme mit ihren Forderungen formuliert. An diesem 8. März werden die Aktionskräfte gebündelt, um 12 Uhr gibt es eine gemeinsame Kundgebung vor dem Rathaus. "Es wird sicher aufregend sein, zwei so mächtige Bewegungen wie die Feministinnen und die Rentnerinnen vereint zu sehen", sagten sie. Am Nachmittag geht es dann gemeinsam zur Demonstration in der Innenstadt.

Ein weiteres historisches Ereignis kam am vergangenen Montag bei der Renten-Kundgebung zur Sprache. Erwähnt wurden die tragischen Ereignisse, die sich am 3. März 1976 in Vitoria-Gasteiz abspielten, als vor den Toren der Kirche San Francisco de Asis während eines Generalstreiks fünf Arbeiter von der Nationalpolizei erschossen wurden. Ein regelrechtes Massaker, bei dem außerdem Hunderte Personen durch Polizeikugeln verletzt wurden. "Ihre Namen dürfen nicht aus der Geschichte verschwinden." Viele dieser Arbeiter sind heute Rentner, die weiter für die Rechte kämpfen, die sie durch den Kampf auf der Straße errungen haben und die ihnen weggenommen werden sollen.

RÜCKBLICKE: (1974) In Barcelona wird der Freiheitskämpfer Salvador Puig Antich per Garrote hingerichtet. (2016) Die Umweltaktivistin und Indigena-Verteidigerin Berta Caceres wird in ihrem Haus in Honduras erschossen. (2020) In San Juan de Puerto Rico stirbt im Alter von 89 Jahren der Unabhängigkeits-Kämpfer Rafael Cancel Miranda, der 1954 einen bewaffneten Angriff auf das US-Repräsentantenhaus in Washington durchgeführt hatte, um auf die koloniale Situation Puerto Ricos und die Unterdrückung durch die USA aufmerksam zu machen.

(2021-03-01)

NICHT ANERKANNTE FOLTER

Dass es schwer fällt, “Schweinereien im Rechtsstaat“ zu denunzieren, wenn die eigene Partei sich dabei die Hände schmutzig gemacht hat, ist leicht nachzuvollziehen. Derzeit kämpft die Partei der spanischen Sozialdemokratie mit dem unangenehmen Thema Folter.

Die baskische Sozialdemokraten-Chefin Idoia Mendia versucht, das Thema billig abzuhaken, nachdem nur 6% der vorliegenden Anzeigen anerkannt wurden. Sie wehrt sich gegen den Vorwurf der Untätigkeit und weist darauf hin, dass ihre Partei es war, die 2012 (mit Patxi Lopez an der Spitze der Regionalregierung Baskenland) ein Dekret zur Anerkennung von Folteropfer verabschiedet hat. Über dieses Dekret wurden 72 der insgesamt 1.081 Personen anerkannt, die im wissenschaftlichen Folterbericht von Aranzadi (Paco Etxeberria) als Folteropfer bis 1978 aufgelistet waren. Der zweite Bericht (bis 1999) ist in Arbeit.

marz71x01Nach einer Woche des Schweigens über den Audio-Mitschnitt aus der Intxaurrondo-Kaserne (zwei Zivilgardisten unterhalten sich locker über Folter und Mord), weist Mendia Vorwürfe zurück, sie hätte nicht auf diesen Skandal reagiert. Ein Vertreter von Sortu hatte bei einer Veranstaltung in Tolosa daran erinnert, dass weder die Lehendakaris von Euskadi und Navarra, noch der Delegierte der spanischen Regierung in Gasteiz auch nur einen Ton dazu gesagt hätten.

In Bezug auf das Gespräch zwischen den Zivilgardisten (Gómez Nieto und Perote) sagte Mendia im Radio, es sei "unerträglich, dass Menschen mit einer solchen Kälte über Folter sprechen können". Sie fügte hinzu, dass "Folter nicht geschehen darf und wir daran arbeiten müssen, dass es in keinem Bereich dunkle Stellen gibt. Alle Fragen müssen bis zur Aufklärung untersucht werden“. Demgegenüber erinnerte Arnaldo Otegi, Koordinator von EH Bildu, dass der offizielle Bericht der baskischen Regierung, der Mendia angehört, besagt, dass die Folter gerade mit der PSOE unter Felipe Gonzalez besonders häufig praktiziert worden war.

Tatsache ist, dass die baskische PSOE (PSE) das erste Dekret über Polizei-Missbrauch im Jahr 2012 verabschiedet hat. Das Dekret eröffnete einen Weg der Anerkennung und Wiedergutmachung für die Opfer von Folter und anderen Rechtsverletzungen zwischen 1960 und 1978. Es wurde jedoch nur in sehr bescheidenem Maße umgesetzt. Das 2019 für die Folgezeit (1978-99) verabschiedete Gesetz wird derzeit durch das Verfassungsgericht überprüft.

DATEN

Der zweite Prozesses befindet sich aus Sicht der Opfer in der Antragsphase (Frist bis Dezember). Tatsache ist, dass die Folteropfer über das erste Dekret kaum entschädigt wurden. Nur 72 Anträge wurden erkannt, das sind 6,6% der 1.081 Personen, die im Zeitraum 1960-1978 im Aranzadi-Bericht als gefoltert identifiziert worden waren.

Dazu zwei Details. Einerseits haben nicht alle Gefolterten den notwendigen Antrag gestellt. Viele Opfer dachten, dass sie durch die Aufnahme in die Liste des Baskischen Instituts für Kriminologie bereits registriert seien. Das war nicht der Fall. Dazu kommt, dass nicht wenige Opfer angesichts der lange zurückliegenden Leiden einen Widerwillen entwickelt haben, ihr persönliches Drama erneut zu offenbaren. Insofern handelt es sich bei den Aranzadi-Zahlen wohl nur um die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich spricht die Stiftung Euskal Memoria von 5.657 Gefolterten, während der Aranzadi-Bericht bei seiner Präsentation im Jahr 2016 von 4.113 Fällen ausging.

Bleibt abzuwarten, ob das zweite Dekret tatsächlich einen qualitativen Schritt in Richtung Anerkennung und Wiedergutmachung von Folter in Euskadi bedeutet. In Navarra muss ein ähnlicher Weg noch gefunden werden. Im Moment sind nur 103 Personen offiziell als Folteropfer anerkannt: 72 über das Dekret, und weitere 31 durch entsprechende Gerichtsurteile. Das bedeutet, die gerichtlich anerkannten Folteropfer stellen nur 0,75% der von Aranzadi-Etxeberria aufgelisteten Personen dar.

WEDER ZABALZA NOCH LASA UND ZABALA

Kein Zweifel: Keiner der drei unfreiwilligen (toten) Protagonisten des Intxaurrondo-Audios ist unter den 31 anerkannten Folteropfern. Im Fall des für ein ETA-Mitglied gehaltenen Busfahrers Mikel Zabalza deshalb, weil das Verfahren ohne weitere Untersuchung eingestellt wurde, nach der offiziellen Behauptung, Zabalza sei bei einem Fluchtversuch ertrunken. Bei Joxean Lasa und Joxi Zabala deshalb, weil das Urteil gegen ihre Folterer und Mörder zwar die Entführung und Tötung feststellt, nicht aber die Folter, nachdem die Zivilgardisten-Mörder ihre Überreste in Branntkalk hatten verschwinden lassen. Dennoch stellte das Gericht fest, dass die blutverschmierten Binden, die in Alicante neben den Knochen gefunden wurden, ein Indiz für Folter sind. Wird das zweite Dekret der baskischen Regierung, das die Zeit bis 1983 erfasst, diese Opfer nun anerkennen?

ABBILDUNGEN:

(00-03) Frauentag (FAT)

(01-03) Etxeberria (eitb)

(02-03) Feminismus

(03-03) Frauentag

(04-03) Sozialkürzungen

(05-03) Waffenvernichtung

(06-03) Polizeigewalt

(07-03) Zabaltza, Arretxe

(08-03) Korruption

(09-03) LasTesis (Chile)

(10-03) a Pepe Rei

(10-03) b Harriet Tubman

(11-03) Zaldibar

(12-03) Skyscraper NY

(13-03) Karl Marx

(14-03) Unfall Gefangenen-Besuch

(15-03) Arme Rentnerinnen

(16-03) Neo-Faschismus

(17-03) Kolumbus und der König

(18-03) Arbeitsplätze gefährdet

(19-03) Schnellzug

(20-03) Drohne gegen Eurocopa

(21-03) Anti-Rassismus

(22-03) Industrielle Tierzucht

(23-03) Covid macht Reiche reicher

(24-03) Folteropfer klagen an

(25-03) Tour de France

(26-03) Baskisches Genom

(27-03) Kampf um Wohnraum

(28-03) Pokalfinale

(29-03) Privatisierung

(30-03) Keine Europcopa

(31-03) Bomben auf Durango

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-03-01)

 

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