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Kleine Anfrage der Fraktion
Die Linke

Am 26. April 2017 jährt sich zum 80. Mal die nahezu komplette Zerstörung der baskischen Stadt Gernika (spanisch: Guernica) durch deutsche und italienische Luftstreitkräfte unter dem Kommando der deutschen Legion Condor. Die Angriffe fanden ohne jeden Zusammenhang mit Kampfhandlungen statt. Ziel war die Zivilbevölkerung, hunderte bis tausende Menschen starben. Militärische Ziele wie eine Munitionsfabrik außerhalb der Stadt blieben unbeschädigt. (Kleine Bundestags-Anfrage der Fraktion der Linken).

80. Jahrestag der Bombardierung von Gernika – Versöhnung und Entschädigung des deutschen Kriegsverbrechens. Die Bundestags-Fraktion die Linke hat eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt.

dielinke02Erst in den 80er-Jahren begann in Deutschland die Aufarbeitung der deutschen Verantwortung für dieses Kriegsverbrechen. Als erster Repräsentant der BRD besuchte der damalige deutsche Botschafter in Spanien, Lothar Lahn, Gernika im Jahr 1982. Anlässlich des 50. Jahrestages nahm am 27. April 1987 der deutsche Generalkonsul in Bilbo (spanisch: Bilbao) an der jährlichen Gedenkveranstaltung teil. Der Deutsche Bundestag beschäftigte sich erstmals 1987 mit der Bombardierung Gernikas (BT-Drucksachen 11/202 und 11/362). Er beschloss im November 1988 eine „Geste des Friedens und der Freundschaft durch die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der baskischen Stadt Guernica in Spanien“ (BT-Drucksachen 11/483 und 11/3180). Für ein Berufsbildungszentrum in Gernika sollten aus dem Bundeshaushalt 12 Mio. DM bereitgestellt werden. Bis 1996 wurden diese Mittel jedoch unter Verweis auf „Sparauflagen von Regierung und Parlament“ nicht bereitgestellt (Antwort auf Fragen 2 und 3 auf BT-Drucksache 13/1449). Erst im November 1996 wurden 3 Mio. DM bereitgestellt – weit weniger als zuvor vorgesehen (WD 1 – 3000 – 136/12). Bis heute ist es nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller bei dieser Summe geblieben. (*)

Erst 1997 erkannte mit dem damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog ein offizieller Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland die „schuldhafte Verstrickung deutscher Flieger“ an und bat um Versöhnung. Im Anschluss an dieses Bekenntnis verabschiedete auch der Deutsche Bundestag am 24. April 1998 einen Antrag, in dem er sich der Aussage des Bundespräsidenten anschließt und um Entschuldigung bittet (BT-Drucksache 13/9468). Auf Initiative der damaligen Fraktion der PDS enthielt der Antrag auch einen Passus, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, „dafür Sorge zu tragen, daß Mitgliedern der Legion Condor nicht weiter ehrendes Gedenken z. B. in Form von Kasernenbenennungen der Bundeswehr zuteil wird. Bereits erfolgte Kasernenbenennungen nach Mitgliedern der Legion Condor sind aufzuheben“ (BT-Drucksache 13/10494). Die Bundesregierung reagierte 2005 mit der Umbenennung der „Werner-Mölders-Kaserne“ in Visselhövede und das in Neuburg an der Donau stationierte Jagdgeschwader 74 „Mölders“ auf den Beschluss (BT-Drucksache 15/5426). Die Traditionspflege der Bundeswehr im Zusammenhang mit Mitgliedern der Legion Condor bleibt jedoch umstritten (BT-Drucksache 18/7458).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Veranstaltungen und Aktivitäten zum Gedenken an die Opfer der Bombardierung Gernikas plant die Bundesregierung zum 80. Jahrestag?

a) Welche Aktivitäten sind in Einrichtungen der Bundeswehr geplant?
b) An welchen Gedenkveranstaltungen werden welche Vertreterinnen oderVertreter der Bundesrepublik Deutschland in Gernika oder an anderen Orten teilnehmen?

2. Anerkennt die Bundesregierung die deutsche Verantwortung für die Bombardierung Gernikas und die Unterstützung der Putschisten unter General Franco im spanischen Krieg?

3. Handelte es sich nach Ansicht der Bundesregierung bei der Bombardierung Gernikas um ein deutsches Kriegsverbrechen?

4. Hat die Bundesregierung die Opfer der Bombardierung Gernikas um Verzeihung für die deutsche Verantwortung gebeten? Wenn ja, wann und in welcher Form?

dielinke035. Hat die Bundesregierung die Bevölkerung Spaniens und insbesondere die Opfer des Franquismus offiziell um Verzeihung für die deutsche Unterstützung der Putschisten im spanischen Krieg gebeten? Wenn ja, wann und in welcher Form?

6. In welcher Form hat die Bundesregierung auf die Forderung der Vereinigung zum Erhalt der Historischen Erinnerung (ARMH) reagiert, die anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin in Spanien 2014 diese aufforderten, die „enorme Schuld“ Deutschlands gegenüber den Opfern des Franquismus anzuerkennen (n-tv.de, 22. August 2014, „Spanien erwartet Angela Merkel“)?

7. Welche Versöhnungsgesten vonseiten der Bundesregierung hat es gegenüber der Stadt Gernika und den Opfern der Bombardierung bislang gegeben?

a) Welche Mittel wurden für diese Gesten aufgewandt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?
b) Für welche Projekte wurden Mittel in welcher Höhe zur Verfügung gestellt?

8. Mit Mitteln in welcher Höhe wurde die Städtepartnerschaft zwischen Gernika und Pforzheim seit ihrer Etablierung 1989 aus dem Bundeshaushalt unterstützt?

a) Welche Projekte wurden mit Mitteln in welcher Höhe unterstützt?
b) Welche weiteren Städtepartnerschaften oder vergleichbaren Projekte im Kontext des spanischen Krieges wurden aus Mitteln des Bundeshaushalts unterstützt?

9. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der Forderung in der Beschlussempfehlung auf BT-Drucksache 11/3180, dass ein „angemessener Betrag im Bundeshaushalt“ bereitgestellt wird, um die Städtepartnerschaft zwischen Gernika und Pforzheim zu unterstützen, Rechnung getragen wurde?

10. Welche Entschädigungen oder Reparationen wurden von deutscher Seite jenseits der o. g. „Versöhnungsgesten“ gegenüber den Opfern der Bombardierung und des Franquismus bislang geleistet?

11. Sieht die Bundesregierung den Prozess von Versöhnung und Entschädigung deutscher Verantwortung für die Bombardierung Gernikas als abgeschlossen an?

12. In welcher Höhe und auf welcher Rechtsgrundlage haben ehemalige Angehörige der Legion Condor (auch Nichtdeutsche) seit Ende des spanischen Krieges Versorgungsleistungen der Bundesrepublik Deutschland erhalten? Inwieweit sind Beziehern von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach Einführung von § 1a BVG die Leistungen entzogen bzw. weiter gewährt worden?

13. In welcher Höhe und auf welcher Rechtsgrundlage haben ehemalige Angehörige der Internationalen Brigaden (auch Nichtdeutsche) aufgrund ihrer Beteiligung an den Brigaden seit Ende des spanischen Krieges Versorgungsleistungen der Bundesrepublik Deutschland erhalten?

14. Existieren heute noch Liegenschaften der Bundeswehr oder der Bundesregierung nachgeordneter Institutionen, die Namen von Mitgliedern der Legion Condor tragen?

15. Welche Umbenennungen von Liegenschaften der Bundeswehr oder der Bundesregierung nachgeordneter Institutionen, die Namen von Mitgliedern der Legion Condor trugen, haben seit Ende des spanischen Krieges stattgefunden (bitte mit Datum angeben)?

16. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung heute noch Gedenktafeln, Denkmäler o. ä. in den Liegenschaften der Bundeswehr oder der Bundesregierung nachgeordneter Institutionen, die an Mitglieder der Legion Condor erinnern?

17. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung heute noch Straßen auf dem Gelände der Bundeswehr oder der Bundesregierung nachgeordneter Institutionen, die an Mitglieder der Legion Condor erinnern?

dielinke0418. Wie viele jener Bundeswehrangehöriger, die namentlich am Ehrenmal der Bundeswehr genannt werden, haben zuvor in der Legion Condor gedient (bitte einzelne Namen angeben und den letzten Dienstgrad nennen)?

19. Welche Gedenkveranstaltungen für an der Legion Condor beteiligte Einheiten haben in den zurückliegenden fünf Jahren bei der Bundeswehr bzw. innerhalb militärischer Liegenschaften stattgefunden (hier bitte auch Veranstaltungen anführen, die von privaten Vereinen oder Personenzusammenschlüssen durchgeführt wurden)?

20. An welchen Gedenkveranstaltungen mit Bezug zur Legion Condor haben welche deutschen Vertreter seit 2012 in Spanien teilgenommen?

21. In welcher Form ist die Geschichte der Bombardierung Gernikas Gegenstand der Ausbildung von Bundeswehrsoldaten (insbesondere in der Luftwaffe)?

22. In welchen Lehrmaterialien und Publikationen der Bundeswehr wird auf die Bombardierung Gernikas eingegangen?

23. In welcher Form wird in welchen Liegenschaften der Bundeswehr der Bombardierung Gernikas gedacht?

24. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die in der Öffentlichkeit vielfach kritisierte Ausstellung in der Ju-52-Halle auf dem Fliegerhorst Wunstorf, für die das Lufttransportgeschwader 62 verantwortlich ist, konzeptionell und inhaltlich verändert werden soll?

a) Wenn ja, welche Änderungen sollen vorgenommen werden und warum?
b) Wenn nein, sieht die Bunderegierung Änderungsbedarf an der genannten Ausstellung (bitte begründen)?

Die Kleine Anfrage an den Bundestag hat die Bezeichnung „Drucksache 18/11840 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode“, sie ist unterzeichnet von Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion in Berlin, den 30. März 2017.

Die Kleine Anfrage wurde gestartet im Namen der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Eva Bulling-Schröter, Christine Buchholz, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Ulla Jelpke, Niema Movassat, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

ANMERKUNGEN:

(*) Die der Redaktion Baskultur vorliegende Fassung der Kleinen Anfrage an den Bundestag trägt die Rand-Bemerkung „Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt“.

FOTOS:

(1) Plakat Gernika 2017

(2) Plakat Gernika 2017

(3) Plakat Gernika 2017

(4) Plakat Gernika 2017

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2017-04-20)

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