sanferm1Illegale Angebote in Navarra

In Navarra existieren mehr als 1.000 Tourismus-Wohnungen. Gegen illegale Vermietungs-Angebote will die Regierung strenger vorgehen. Von den Vermietungs-Plattformen Booking und Airbnb fordert sie Informationen über 70 Wohnungen, die ohne Eintragung im Tourismus-Register öffentlich angeboten werden. In den letzten 6 Jahren wurden 173 illegal funktionierende Tourismus-Objekte mit Geldstrafen belegt. Ohne sanktionierende Kontrolle geht nichts, doch Inspektionen sind schlecht besetzt und bleiben wirkungslos.

Airbnb, Booking und Freetours sind Symptome für den Massentourismus, nicht die Ursache. Verantwortlich sind politische Entscheidungen und Kampagnen von politischen Institutionen, ohne Rücksicht auf einheimische Bevölkerung und Sozialstrukturen.

Die Regional-Regierung Navarra versucht, den nicht legal registrierten Tourismus-Wohnungen Einhalt zu gebieten. Die navarrische Exekutive hat über ihre “Generaldirektion für Tourismus, Handel und Verbraucher-Angelegenheiten“ die Plattformen Airbnb und Booking zur Identifizierung von 70 Ferienwohnungen in Iruñea (Pamplona) aufgefordert, die nicht im offiziellen Tourismus-Register von Navarra eingetragen sind. Ein solcher Eintrag ist nach den regionalen Vorschriften obligatorisch, im Register sind 1.068 touristische Unterkünfte und Wohnungen erfasst. (1)

Die Kontroll-Maßnahme ist Teil des Tourismus-Inspektions-Plans 2022-2023, der ein qualitativ hochwertiges touristisches Angebot und die Verhinderung von Schwarz-Vermietung von Tourismus-Wohnungen zum Ziel hat. Wie die Regierung erläuterte, verpflichtet das regionale Tourismus-Gesetz nach der Änderung im Jahr 2020 die Tourismus-Plattformen dazu, der Verwaltung alle Daten über die Eigentumsverhältnisse und die Adressen der Unternehmen oder Privatpersonen mitzuteilen, deren Einrichtungen und-oder touristische Aktivitäten auf den Plattformen vermarktet und-oder beworben werden, ohne eine entsprechende Registrierungs-Nummer anzugeben. Mit anderen Worten: Ferienwohnungen in der Autonomen Region Navarra, für die auf diesen Plattformen inseriert wird, müssen per Gesetz den Registrierungs-Code des Tourismus-Registers angeben, was 70 Beherbergungs-Betriebe in der Region Iruñea-Pamplona nicht getan haben.

Immer und überall

sanferm2Wie für jede andere für Tourismus attraktive Stadt gilt auch für Iruñea-Pamplona: Jede Wohnung, die auf dem Tourismus-Markt angeboten wird, geht dem allgemeinen einheimischen Wohnungsmarkt verloren. Das führt zu einer Verknappung des ohnehin nicht allzu üppigen Angebots an Mietwohnungen und führt letztendlich zur Verteuerung der Mietpreise. Am Ende der Entwicklung steht die Verdrängung von wenig finanzkräftigen Bevölkerungsgruppen aus den betroffenen Gebieten und Stadtteilen.

Konkret wurde in der navarrischen Stadt festgestellt, dass auf der Plattform Airbnb 54 komplette Wohnungen ohne Angabe eines Registrierungs-Codes im Tourismus-Register inseriert werden. Weitere 16 wurden bei der Booking-Plattform entdeckt, alle in Iruñea-Pamplona und der Umgebung. Im Falle von nicht registrierten Immobilien, die eine illegale Tätigkeit ausüben, müssten die Plattformen (laut Gesetz) die Werbung und die Informationen aus ihren Kanälen zurückziehen. Andernfalls können entsprechende Sanktionen verhängt werden. Doch bis zum Einschreiten von offiziellen Inspektor*innen passiert in der Regel gar nichts. Wenn solche Inspektor*innen nicht ausreichend die Runde machen, stellt sich das Gesetz als reine Makulatur dar, mit der nur der Eindruck erweckt werden soll, dass etwas getan wird.

Fokus auf die Sanfermines

In dieser ersten Phase der Kontrolle hat sich die Tourismus-Direktion auf die Hauptstadt konzentriert, "über eine spezifische Suche nach Unterkünften während der San Fermín Fiesta". So stammen die festgestellten Verdachtsfälle hauptsächlich aus Iruñea und umliegenden Orten wie Berrioplano oder Barañáin. "Der Überprüfungs-Prozess ist langsam, aber kontinuierlich und wird auch in den übrigen Teilen Navarras fortgesetzt. Jede Hilfe lokaler Behörden ist ebenfalls willkommen", heißt es von Seiten der Regionalregierung.

Booking und Airbnb sind nicht die einzigen Plattformen, auf denen Ferien-Wohnungen angeboten oder beworben werden, sie sind lediglich die beiden wichtigsten auf dem Markt, die im Moment analysiert werden. Die Tourismus-Direktion stellt klar, dass diese beiden Plattformen bei der Kontrolle Vorrang haben, da sie die große Mehrheit der Angebote umfassen. Angekündigt wurde, die Inspektion werde je nach den Kapazitäten des Dienstes auf andere Plattformen und andere Gebiete in Navarra ausgedehnt. Damit ist der springende Punkt benannt. Denn “nach den Möglichkeiten der Inspektion“ ist eine relative Aussage. Letztendlich liegt es in den Händen der Exekutive, diese Inspektion mit ausreichend Personal auszustatten, oder sie als Feigenblatt werkeln zu lassen, die nicht in der Lage ist, mehr als nur ein Minimum des Schwarzmarkts aus den Angeln zu heben.

9.000 Euro Geldstrafe

sanferm3In diesem Jahr wurden bislang 13 Disziplinar-Verfahren gegen Eigentümer von Tourismus-Wohnungen in Iruñea eingeleitet, die nicht im Tourismus-Register eingetragen waren. Ein solcher Verstoß kann in schweren Fällen mit Geldbuße bis zu 9.000 Euro und im Wiederholungsfall bis zu 75.000 Euro geahndet werden. Angesichts der möglichen Gewinnspannen bei solcherart von Schwarzvermietung ist die zuerst genannte Geldbuße nicht mehr als ein Kleingeld, das womöglich vorher schon erwirtschaftet wurde.

In den vergangenen 6 Jahren (zwei davon unter Bedingungen von Coronavirus, wodurch die Reisetätigkeit und Nachfrage nach Tourismus-Wohnungen drastisch zurückging) wurden insgesamt 173 Beherbergungs-Betriebe in Navarra sanktioniert. Im Jahr 2017 waren es 90 Wohnungen, 2018 waren es 22, 2019 stieg die Zahl auf 41, 2020 waren es lediglich 7, 2021 gab es wegen der Pandemie überhaupt keine Sanktionen und 2022 wurden bisher 13 Strafen eingeleitet.

Mit diesen Maßnahmen will die Regionalregierung dafür sorgen, dass “Tourist*innen und Besucher*innen in Navarra eine angenehme Erfahrung ohne Überraschungen machen können". Einheimische Personen, insbesondere junge Leute, die sich vom Elternhaus selbständig machen wollen und ihre Notwendigkeit, bezahlbare Wohnungen zu finden, kommen in diesen Beschreibungen gar nicht erst vor. Denn Tourismus hat überall Vorrang vor den sozialen Grundrechten jenes Teils der Bevölkerung, der sich keine Millionen-Villa am Stadtrand leisten kann.

Das Tourismus-Register Navarra ist ein Instrument zur Kontrolle touristischer Aktivitäten. Doch Effektivität funktioniert nur mit zuverlässiger Informationen und ständiger Aktualisierung. Aus diesem Grund wurden während der Pandemie 2021 und 2022 von Amts wegen fast 200 Betriebe aus dem Register der Wirtschaftstätigkeiten (IAE) abgemeldet. Das entspricht 55% der Abmeldungen insgesamt in diesem Zeitraum, weitere 45% haben sich freiwillig abgemeldet, wegen der Aussichtlosigkeit der Situation.

Auf dem Prüfstand

Die sogenannten Freetour-Stadtführungen (die in Wirklichkeit gar nicht “free“ sind, weil sie ebenfalls Geld kosten) sind eine weitere touristische Aktivität, die in Navarra geprüft wird. Die Direktion für Tourismus, Handel und Verbraucher-Angelegenheiten erinnert an die Verpflichtung, dass auch diese Dienstleistungen in das Tourismus-Register eingetragen und die übrigen gesetzlichen Verpflichtungen eingehalten werden müssen. Obwohl der Beruf von Touristen-Führer*innen in Navarra nicht speziell geschützt ist, ist die Tätigkeit durchaus reguliert. Das bedeutet, dass Unternehmen, die solche Dienstleistungen erbringen, verpflichtet sind, sich in das Tourismus- und Unternehmens-Register einzutragen und die übrigen gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen. (1)

Airbnb, Booking und Freetours sind Symptome des Massentourismus, nicht seine Ursache. Verantwortlich sind politische Entscheidungen und Kampagnen, wie sie in der Bizkaia-Hauptstadt Bilbao in den vergangenen 30 Jahren in Serie stattgefunden haben. Tourismus auf Teufel komm raus, ohne Rücksicht darauf, dass eine Stadt auch ein Alltagsleben hat, dass hier Menschen wohnen, die sich nicht ständig wie im Freizeitpark fühlen wollen. Wo viel Geld zu verdienen gibt, steigen die Preise und steigen die Betrügereien, wie an dieser Stelle aus Navarra berichtet. Die Direktorin für Tourismus kritisiert die Symptome, die illegale Geschäftemacherei mit Steuerhinterziehung, lässt aber keinen Zweifel daran, dass das große legale Geschäft gewollt ist, trotz allen ökologischen und sozialen Folgen. Ein Interview mit Maitena Ezkutari. (2)

Inwieweit sind die Plattformen verantwortlich? Sie profitieren ja von den Kommissionen, die sie über die Schwarzvermietungen erzielen.

Mit diesen Plattformen haben wir unterschiedliche Probleme erlebt. Am Anfang waren sie in den Tourismusforen sehr gefürchtet, es wurde versucht, sie zu stoppen. Sie wurden als Bedrohung gesehen, vor allem für den Rural-Tourismus, der über kleine Buchungszentren abgewickelt wurde. Alles vergeblich. Die Plattformen wuchsen, sie explodierten förmlich. Es ist schwierig, einen solchen Goliath zu besiegen. Ohne diese Plattformen ist der Tourismus heute nicht mehr denkbar. Das Minimum, was wir tun können, ist Überwachung. Seit Jahren stehen wir mit ihnen in Verbindung, aus vielen Gründen, nicht nur wegen Fragen der Legalität. Mittlerweile geht es auch um Nachhaltigkeit und Energie-Effizienz, das wird zu einer neuen Anforderung. Wir sehen, wie die Plattformen das bereits von sich aus in Betracht ziehen. Die Kommunikation muss aufrecht erhalten werden, Überwachung ist unerlässlich, damit sich alle an die Regeln halten.

In den Informationen der Tourismusbehörde ist die Rede von 70 nicht registrierten Unterkünften, die auf den Plattformen beworben werden, aber nur 13 wurden sanktioniert. Was geschieht mit den übrigen, warten Sie auf eine Antwort?

sanferm4Alles braucht seine Zeit. Wir werden sehen, wie die Reaktionen ausfallen. Einige entscheiden sich vielleicht für eine Registrierung. Dies ist bereits in der Vergangenheit geschehen. Wenn man Vor- und Nachteile abwägt, lohnt es sich für viele. Ich glaube nicht, dass sie aus Unwissenheit ohne Registrierung auf den Markt gegangen sind, sondern ganz bewusst. Aber letztendlich entscheiden sich viele dafür, ihren Status zu legalisieren. In anderen Fällen verschwinden solche Wohnungen einfach aus den Plattformen. Manche tauchen später wieder auf. Wenn sie wieder auftauchen, handelt es sich um einen ernsten Fall, der mit einem höheren Bußgeld geahndet wird. Rückfälle gibt es manchmal innerhalb eines Jahres. Im Zusammenhang mit den San-Fermin-Fiestas zum Beispiel.

In Ihrem Kommuniqué sprechen Sie von Bußgeldern in Höhe von 9.000 Euro und für diese schweren Fälle von bis zu 75.000 Euro. Wird dieses Sanktionssystem tatsächlich angewandt? Gibt es Bußgelder in Höhe von Zehntausenden von Euro?

Bis zu 75.000, davon gehe ich nicht aus. Doch es gab bereits Strafen von 20.000 Euro und mehr. Wir haben in den letzten Jahren Geldbußen in dieser Höhe verhängt, das ist richtig.

Mit harter Hand.

Wenn sie ihre Wohnungen wieder anbieten, haben wir sie schon auf unserer Liste. Wiederholungsfälle sind für uns besonders ernst.

Und wie steht es um den Sektor, der sich an die Vorschriften hält und sich ordnungsgemäß registriert? Die haben in den letzten zwei Jahren ziemlich gelitten?

Die Belegungszahlen übersteigen bereits wieder die von 2019. Ein Rekordjahr, wie es auch 2019 war. Die Auslastung ist uns zwar wichtig, aber ebenso die Belegung über das ganze Jahr hinweg und die Diversifizierung der Angebote. Wir schauen nicht nur auf Ostern und den August. Wir wollen auch, dass die touristische Aktivität in der gesamten Region verteilt wird, mit dem bisher Erreichten sind wir zufrieden, die Verteilung ist gut, vielleicht wegen der Post-Pandemie und der neuen Vorliebe für die ländliche Welt. Sport und Wandern passen gut in diese Strategie. Ende des Jahres werden wir sehen, die Daten sind ermutigend, auch wenn Herbst und Winter mit der Energiefrage unter dunklen Wolken stehen.

ANMERKUNGEN:

(1) “Navarra cuenta con más de 1.000 pisos turísticos y busca atajar la oferta clandestina” (Navarra hat mehr als 1.000 Ferienwohnungen und will gegen illegale Angebote vorgehen), Noticias de Navarra, 2022-08-09 (LINK)

(2) “Tenemos como objetivo el acabar con la oferta turística clandestina” (Unser Ziel ist es, dem illegalen Tourismusangebot ein Ende zu setzen), Gara, 2022-08-14 (LINK)

ABBILDUNGEN:

(1) Touri-Wohnungen (eluleka)

(2) Touri-Wohnungen (rtve)

(3) Touri-Wohnungen (elpais)

(4) Touri-Wohnungen (elperiodico)

(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-09-17)

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