Qualitätswein aus dem Norden
Irouléguy (baskisch: Irulegi) ist ein kleiner Ort in der nordbaskischen Provinz Niedernavarra (Nafarroa Behera) auf französischem Staatsgebiet. Der Ort liegt 5 km entfernt von Saint-Jean-Pied-de-Port (Donibane Garazi), 50 km südwestlich von Bayonne (Baiona). Irulegi ist mehr als ein Ort, es ist das einzige Weinanbaugebiet in Iparralde, das das Qualitätssiegel der geschützten Herkunftsbezeichnung „Appelation d'Origine Controlée“ trägt, die französische Version der spanischen „Denominación de Origen“.
Die Weinregion Irulegi im französischen Baskenland erhielt das begehrte Qualitätssiegel Appelation d'Origine Controlée (AOC) im Jahr 1970. Sie ist eine der kleinsten Regionen Europas, die diesen Titel innehaben. Daneben handelt es sich um den einzigen Wein des Baskenlandes, der in den Bergen produziert wird. Bekanntermaßen ist Irulegi jedoch nicht die einzige baskische Weinregion mit geschützter Herkunftsbezeichnung. Neben ihr tragen diesen gefragten Titel auch die beiden Anbaugebiete Navarra und Rioja Alavesa, sowie der säuerlich trockene Weißwein Txakolina, der vor allem in Küstennähe des Golfs von Bizkaia angebaut wird.
Angebaut wird der Irulegi-Wein in einem kleinen Gebiet, das die Ortschaften Anhaux, Ascarat, Bidarray, Irouleguy, Ispoure, Jaxu, Ossés, Saint-Étienne-de-Baigorry und Saint-Martin-d'Arrossa umfasst. Tatsächlich gibt es nur ungefähr 50 Weinbauern, die sich der Herstellung des Irulegi-Weins widmen. Dafür haben sie zirka 200 Hektar Anbaufläche zur Verfügung. Die jährliche Produktion beläuft sich auf ca. 6.000 Hektoliter, hergestellt werden Rotwein, Rosé und Weißwein, in der Reihenfolge der produzierten Menge).
Tannat ist eine der roten Traubensorten des geschützten Anbaugebiets, sie sorgt für Farbe, Gerbsäure, Alkohol und das charakteristische Himbeeraroma, daneben tragen Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon zum Bouquet bei. Zu den weißen Traubensorten gehören Courbus, Gros Manseng und Petit Manseng.
Eine Besonderheit weisen die Weinberge von Irulegi auf: die Mehrheit der Rebstöcke, zwei Drittel, steht auf Terrassen, die an den Berghängen angelegt wurden. Denn die Umgebung Irulegis ist relativ steil, es gibt Hänge mit sehr starkem Gefälle. Zur Erleichterung der Arbeit wurden daher Terrassen angelegt, mit denen ebene Flächen zwischen den Hängen geschaffen wurden. Die Terrassen befinden sich auf der Südseite der Berge und sind somit geschützt vor dem gefürchteten Nordwind. Auf diese Weise wird das herbstliche Klima abgeschwächt und die Reifung der Trauben begünstigt. Die Lese findet wie in alten Zeiten von Hand statt.
Es ist nicht bekannt, wann genau mit dem Weinbau in dieser Region Euskal Herrias begonnen wurde. Bekannt ist, dass bereits während der Besetzung durch die Römer im 3. Jahrhundert Wein angebaut wurde. Allerdings ist die Geschichte des Weins von Irulegi eng verbunden mit dem Mittelalter und dem Jakobsweg, der seit dem 11. Jahrhundert propagiert und ausgebaut wurde. In der Tat waren es die Mönche des Augustiner-Klosters von Roncesvalles (baskisch: Orreaga) in den navarrischen Pyrenäen, die im 12.Jh mit dem systematischen Weinanbau begannen, um jenen Pilgern etwas anbieten zu können, die die erste Etappe des sogenannten französischen Wegs hinter sich gebracht hatten. Dieser Weg begann in Saint-Jean-Pied-de-Port (baskisch: Donibane Garazi) auf französischer Seite am Fuße der Pyrenäen und endete nach ca. 25 km Fußmarsch und einer Überwindung von ca. 800 Höhenmetern in dem kleinen Ort Orreaga-Roncesvalles, der seit jeher einen Pyrenäen-Übergang darstellte, mit einem Kloster sowie einer Unterkunft und einem Hospital für Pilger.
Ab 1120 begannen die Mönche mit dem gezielten Anbau landwirtschaftlicher Nutzpflanzen und entwickelten Produktionsverfahren für deren Weiterverarbeitung. Neben den Weinbergen kultivierten sie vor allem Nuss- und Apfelbaum-Plantagen. Die Äpfel dienten vorwiegend der Gewinnung von Apfelwein (span: sidra, bask: sagardo), ein bis heute beliebtes und weit verbreitetes Getränk im Baskenland.
Als im 17. Jahrhundert nach langjährigen kriegerischen Auseinandersetzungen der sogenannte Pyrenäenfriede (Tratado de los Pireneos, 1659) zwischen Frankreich und Kastilien geschlossen wurde, mussten die Mönche die Weinberge verlassen. An ihrer Stelle begannen seither die Dorfbewohner selbst sich der Weinherstellung zu widmen.
Das goldene Zeitalter für den Wein von Irulegi begann im 18. Jahrhundert, als über den Hafen von Baiona (frz: Bayonne) große Abnahmemengen nach Deutschland, Großbritannien und in die Niederlande geliefert wurden. Die größte Ausdehnung erreichte das Weingebiet mit 500 Hektar Land im Jahr 1828.
Vierzig Jahre später, 1868, erlebte der Sektor jedoch eine starke Krise, ausgelöst von einem Mehltau-Befall (Oidium) und 1880 ausgeweitet durch eine Reblaus-Plage (Viteus vitifoliae). Dennoch konnten sich die Pflanzen weitgehend erholen, im Jahr 1906 umfasste das Anbaugebiet 470 Hektar. Allerdings war diese neue Produktionsphase von kurzer Dauer, da ein erneuter Reblausbefall die Rebstöcke schwer schädigte und den Ertrag stark beeinträchtigte. Dieser erneute Schädlingsbefall, zusammen mit einer großen Welle von Landflucht, die bereits im 19. Jahrhundert begonnen hatte, sowie die beiden folgenden Weltkriege führten dazu, dass der Weinanbau aufgegeben wurde.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion wieder aufgenommen, einige Weinbauern der Region schlossen sich zusammen, um den Wein von Irulegi zu schützen, zu verbessern und zu fördern.
Dank ihrer Arbeit erhielt der Wein am 23. Februar 1952 das französische Qualitäts-Siegel „Vin Délimité de Qualité Supérieur“, VDQS (deutsch: Weine höherer Qualität aus begrenztem Anbaugebiet) und am 29. Oktober 1970 die Herkunftsbezeichnung Appelation d'Origine Controlée (AOC). Während der 80er und 90er Jahre wurden über ein groß angelegtes Programm neue Rebstöcke gepflanzt, wodurch das Anbaugebiet von anfangs 65 auf 206 Hektar im Jahr 1998 ausgeweitet werden konnte. Heute sind die Weinberge von Irulegi gesund und ertragreich und machen ihrem Namen alle Ehre. 1986 wurde das Weingut Domaine de Mignaberry geschaffen, das großen Erfolg hat und das wiederum zur Gründung der Domaine Les Terrasses de l´Arradoy und der Domaine Mendisokoa führte.
1992 erschien zum ersten Mal das Wort ANSA auf den Etiketten der Irulegi-Weine. Früher wurden so Familien bezeichnet, die für Großgrundbesitzer arbeiteten, heute dienen diese vier Buchstaben dazu, die Herkunft des Weins innerhalb der Appelation d'Origine Controlée (AOC) zu differenzieren.
Weinherstellung
Weißweine: Die Trauben werden im besten Reifegrad geerntet bei einem Alkoholgehalt von 10%. Die Trauben werden entrappt, abgebeert und gekeltert. Die Trauben gären 8 Tage lang im Tank. Sie werden in Fässer aus Eiche oder Stahl gefüllt, wo die malolaktische Gärung stattfindet. In der Folge wird der Wein stabilisiert, geklärt und in Flaschen abgefüllt. Ein Teil des Weins wird in Eichen-Fässern zu Barrique-Wein ausgebaut.
Rotweine: Die Trauben werden im besten Reifegrad geerntet bei einem Alkoholgehalt von 10%. Die Trauben werden entrappt, abgebeert und gekeltert. Die Trauben gären 15 Tage lang im Tank. Sie werden in Fässer aus Eiche gefüllt, wo sie 3-4 Monate lang dem Prozess der malolaktischen Gärung ausgesetzt sind. In der Folge wird der Wein stabilisiert, geklärt und in Flaschen abgefüllt, sofern er nicht zum Barrique-Wein bestimmt wurde. Barrique-Weine, „Domaine“ genannt, werden in Eichenfässern ausgebaut.
Roséweine: Die Trauben werden im besten Reifegrad geerntet bei einem Alkoholgehalt von 10%. Die Trauben werden entrappt, abgebeert und gekeltert. Die Roséweine werden gewonnen, indem von der Rotweinmaische nach 8 bis 10 Stunden ohne Pressung ein Teil des Volumens abgezogen wird (Saignée-Verfahren). Dieser Wein hat eine rötliche Farbe und wird zu Roséwein vergoren. Im Volksmund ist er bekannt als Wein einer Nacht. Er wird in Fässer aus Eiche gefüllt, wo er 4 bis 5 Monate lang dem Prozess der malolaktischen Gärung ausgesetzt ist. In der Folge wird der Wein stabilisiert, geklärt und in Flaschen abgefüllt.
Cave d'Irouleguy
Die Weinkooperative Cave d'Irouleguy hat ihren Standort in Saint-Étienne-de-Baigorry, in ihr haben sich 90 Produktoren zusammengeschlossen. Die meisten der Produktoren von Wein mit Herkunftssiegel sind Mitglieder der Cave. Sie bringen ihre Lese zur Kooperative, wo das Material verarbeitet, abgefüllt und kommerzialisiert wird. Pro Jahr werden 650.000 Flaschen produziert. Fast die gesamte Produktion (95%) wird in Frankreich verkauft, der Rest ins Ausland exportiert. Auch im Süd-Baskenland gibt es den Irulegi-Wein zu kaufen, vor allem in Behobia und Irun, auch über Internet. In der Kellerei werden Führungen angeboten.
Die Informationen zum Artikel stammen aus folgenden Quellen:
(*) “Irouléguy. Vino vasco con denominación de origen”, von Leire Agirrezabala, Diario de una mugalari (Link)
(*) Vinos de Irouléguy (País vasco francés) (Link)
(*) Webseite der Kooperative (Link)
ABBILDUNGEN:
(1) Weingebiet Irouleguy-Irulegi in Iparralde, Nord-Baskenland (Link)
(2) Weingebiet Irouleguy-Irulegi in Iparralde, Nord-Baskenland (Link)
(3) Weingebiet Irouleguy-Irulegi in Iparralde, Nord-Baskenland (Link)
(4) Weingebiet Irouleguy-Irulegi in Iparralde, Nord-Baskenland (Link)