rosetroche01Zinegoak 2016: Rose Troche

Im Mittelpunkt der diesjährigen Ausgabe des Gay-Lesbo-Trans-Filmfestivals ZINEGOAK steht die puerto-ricanische Filmemacherin Rose Troche. Für ihre filmische Arbeit erhielt sie den Ehrenpreis des Filmfestivals. Insbesondere der Film „Go fish“ von Rose Troche bedeutete für die internationale Gemeinschaft lesbischer Frauen einen Wendepunkt. Ihre Film-Karriere begann mit Kurzfilmen und Videos, der bahnbrechende Film „Go Fish“ war ihr Debüt als Regisseurin, mittlerweile arbeitet sie auch im Fernsehen.

Im Februar 2016 findet in Bilbao die 13. Ausgabe von ZINEGOAK statt, des Gay-Lesbo-Trans-Filmfestivals. Der übliche Ehrenpreis des Filmfestivals ging in diesem Jahr an Rose Troche, die anerkannte nordamerikanische Filmemacherin und mittlerweile Ikone des lesbischen Films. (2016-02-24)

Es ist erstaunlich, dass ein Film ohne Worte so viel Aussagekraft haben kann. Nachdem sie sich ein Jahr frei genommen hatte, um ihren weiteren Lebensweg zu bestimmen, sah Rose Troche 1982 den Dokumentar-Film „Life out of balance“ von Godfrey Reggio. Er beeindruckte sie so stark, dass sie beschloss, ihr Glück im Kinogeschäft zu suchen. Reggios Film, der auch unter dem Titel „Koyaanisqatsi“ bekannt ist, vermittelte ohne Worte eine derart intensive emotionale Botschaft, dass Rose davon überzeugt war, dies sei der Weg, dem sie fortan folgen sollte. „Das ist was ich machen wollte, ich wollte Filme schaffen“. Drei Jahrzehnte nach diesem entscheidenden Erlebnis mit dem großen Kino wurde Rose Troche beim Gay-Lesbo-Trans Filmfestival ZINEGOAK in Bilbao der Ehrenpreis überreicht. Im Arriaga-Theater, dem Sitz des Festivals, nahm die Regisseurin, Produzentin und Drehbuchschreiberin bei der Eröffnung des Festivals den ZINEGOAK-Preis entgegen. (1)

Pau Guillén, der Direktor von ZINEGOAK, erklärte vor der Presse die Absicht dieser Preisverleihung. Es gehe darum, die Arbeit von Frauen sichtbar zu machen in einem stark männer-beherrschten Geschäft, in dem Kreation, Produktion und Regie in der Regel in Männerhand sind. Ganz gegen den Trend gelang es Rose Troche, einen Raum zu schaffen, „in dem die lesbische Frau eine ganz normale Frau ist, mit ihren Problemen, mit ihrer Liebe und mit ihren emotionalen Enttäuschungen“, hob der Festival-Direktor hervor. Nach seinen Worten bedeutete dieser Erfolg „frischen Wind für viele Frauen, die auf diese Art eine Referenz fanden, mit der sie sich identifizieren konnten“. (1) Von ZINEGOAK wurde Rose Troche ein herzlicher Dank dafür ausgesprochen, mit ihrem ersten Spielfilm „eine andere lesbische Identität“ geschaffen zu haben, ein Werk, das eine Epoche markiert, in der „nur dramatische Geschichten zu hören waren, wenn es um lesbische Frauen ging“.

Biografie

Rose Troche wurde 1964 im amerikanischen Mittelwesten als Tochter puerto-ricanischer Eltern geboren. Sie wuchs in Chicago, Illinois auf und besuchte für kurze Zeit die Filmakademie. Ihre Lebensgefährtin ist Cherien Dabis, die dem Autorenteam der Serie „The L Word“ (Wenn Frauen Frauen lieben) beitrat. (2) Diese Serie handelt von einer Clique lesbischer, bisexueller, heterosexueller und transsexueller Freundinnen im Nobelviertel West Hollywood in Los Angeles und behandelt Themen wie lesbische Elternschaft, künstliche Befruchtung oder Coming-out, aber auch Drogenmissbrauch, Abtreibung, Rassismus, Extremismus, Trans-Identität und Brustkrebs. Die Serie wurde weltweit in über 30 Ländern ausgestrahlt; in Deutschland war Staffel 1 von Mai bis August 2006 und Staffel 2 ab dem 2. Juli 2009 auf ProSieben zu sehen. Die Staffeln 3–5 wurden bei SIXX gezeigt. (3)

Spielfilme und Fernsehserien

Ihr Debüt als Regisseurin gab sie 1994 mit „Go Fish“, einer lesbischen Liebesgeschichte. Der Film wurde 1994 beim Sundance Film Festival uraufgeführt. Den Film produzierte sie gemeinsam mit ihrer Co-Autorin Guinevere Turner, die damals auch ihre Lebensgefährtin war. Ihr nächster Spielfilm „Kreuz und Quer“ (Originaltitel: „Bedrooms & Hallways“) entstand 1998 und setzte sich mit der männlichen Sexualität auseinander. Bei dem Film „The Safety of Objects“ von 2001, für den die Kurzgeschichten von A. M. Homes adaptiert wurden und der sich mit der heterosexuellen Liebe in Vororten beschäftigte, führte sie ebenfalls Regie.rosetroche02

Ihre Arbeit im Bereich des Fernsehens ist ähnlich umfangreich wie ihre Arbeit im klassischen Filmgenre. Sie führte bei einer Episode von der von HBO (4) produzierten Serie „Six Feet Under“ Regie und war bei der von Showtime produzierten Serie „The L Word“, die von lesbischen Freundinnen in Los Angeles erzählt, als Regisseurin und Autorin tätig. Sie war dort zunächst als Produktions-Mitarbeiterin angestellt, wurde jedoch dann zur Co-Produzentin der Serie befördert. Ihre Erfahrung als Autorin und Regisseurin hat sie auch durch das Schreiben einer Episode für die Fernsehserie „South of Nowhere“ und die Regieführung bei einer Episode von „Touching Evil“ erweitert. (2)

Erinnerungen in Bilbo

Etwas wehmütig erinnerte sich Rose Troche bei der Preisverleihung in Bilbo an ihren ersten Spielfilm, nachdem sie vorher mit experimentellen Kurzfilmen beschäftigt gewesen war, bei denen sie alle Produktions-Funktionen allein ausgefüllt hatte. „Auf natürlichem Weg“ hatte diese Erfahrung zum ersten Langfilm geführt. Sie gestand, dass sie zu jener Zeit nicht die geringste Vorstellung gehabt habe, „wie die Kino-Industrie jener Zeit funktioniere“. Die finanziellen Mittel zur Realisierung des Projekts waren eher bescheiden. „Ich wollte den Film damals nur um seiner selbst willen machen, ich hatte Spaß an der Kreation von etwas Neuem“, erzählte die Filmemacherin, um deutlich zu machen, dass es ihr nicht darum gegangen war, berühmt zu werden, sondern dass sie „gehört werden“ und für die LGBT-Gemeinschaft etwas Positives schaffen wollte (5).

„Go fish wurde von, für und über Frauen gemacht, in der Annahme, dass der Film über dieses Kollektiv hinaus keine weitere Verbreitung finden würde“, erzählte Rose Troche. Der unerwartete Erfolg des Films hingegen provozierte eine Welle von positiven Reaktionen, „die alle Erwartungen übertrafen“ und der viele Frauen dazu animierte, ihre sexuelle Orientierung öffentlich zu machen. „Ein Mädchen erkannte mich in der Metro und sagte, sie habe ihre Mutter in den Film geschleppt, um ihr hinterher zu erzählen, dass sie Lesbe sei“ erinnerte sich Rose Troche bei der Pressekonferenz an eine Begebenheit. Ähnliche Anekdoten machten ihr bewusst, „wie wichtig es ist, Geschichten zu erzählen und wie das Publikum diese Geschichten aufnimmt“.rosetroche03

Kino und Fernsehen

Nach dem dritten Film war Rose Troche bekannt genug, um auch im Fernsehen arbeiten zu können, vor allem in Serien. „The L Word“ erzählt vom lesbischen Leben in Kalifornien. Jenes Projekt war ein Versuch, eine inspirierende Version des Lebens einer Lesbe zu zeigen. Der Erfolg von „Go fish“ Jahre zuvor wiederholte sich. „The L Word“ wurde zur Kult-Serie und zum Spiegel, in dem sich viele Frauen betrachteten. Nach sechs Jahren Produktion machte Rose Troche mit diesen Erfahrungen den Schritt ins unabhängige Kino, mit „Concussion“ kam sie 2013 erneut zum Sundance-Festival. (6) In ihrem nächsten experimentellen Filmprojekt will sie die Funktionsweise des Filmgeschäfts zum Thema machen, dem sie nach wie vor kritisch gegenüber steht.

ZINEGOAK 2016

Das ZINEGOAK-Filmfestival findet 2016 vom 18. bis 29. Februar statt, das bedeutet eine Ausweitung des Programms und der Räumlichkeiten (zwölf), in denen Filme gezeigt werden zu den Themen sexuelle Vielfalt, Identität und Gender. Neben dem Ehrenpreis vergibt die Jury des weiteren zehn Preise in verschiedenen Kategorien. Angeboten werden Filme, die nicht ausschließlich mit der LGBT-Bewegung zu tun haben und den Anspurch haben, ein breiteres Publikum anzusprechen. Gezeigt wird u.a. der bei den Filmfestspielen in Venedig preisgekrönte Film „Desde Allá“. Daneben Rock-Konzerte für Kinder, um über neue Familienkonzepte zu sprechen und Ausstellungen zur Situation der LGBT-Bewegung in Afrika.

ANMERKUNGEN:

(1) Der Artikel basiert auf Informationen aus der Tageszeitung Deia vom 23.2.2016 (Con Go fish quería hacer oír mi voz, pero su éxito desbordó las expectativas) (Link)

(2) Rose Troche (Wikipedia)

(3) The L Word – Wenn Frauen Frauen lieben, TV-Serie von Rose Troche (Link)

(4) HBO: Home Box Office, kurz HBO, ist ein US-amerikanischer Fernsehprogrammanbieter mit Sitz in New York City. Das 1972 gegründete Unternehmen ist im Besitz von Time Warner und gilt wirtschaftlich, technisch und künstlerisch als Pionier des Kabelfernsehens. Insbesondere in den 1990er und 2000er Jahren galt das Unternehmen mit seinen Serienformaten als künstlerisch führend. Weltweit hat das Unternehmen 2011 etwa 85 Millionen AbonnentInnen in über 50 Ländern, außerdem werden die Eigenproduktionen in über 150 Ländern lizenziert. (Wikipedia)

(5) LGBT (auch GLBT und LSBTTIQ) ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, also Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender. Die in Deutschland manchmal verwendete Abkürzung LSBTTIQ steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, transsexuelle, intersexuelle und queere Menschen. Es handelt sich dabei um eine Gemeinschaft mit unterschiedlicher Thematik, deren Gemeinsamkeit es ist, nicht der Heteronormativität zu entsprechen. Es geht um die sexuelle Orientierung gegenüber dem Partnergeschlecht, um die eigene Geschlechtsidentität und um körperliche Geschlechtsvariationen. Diese Abkürzung wird im Englischen seit Anfang der 1990er verwendet, im Deutschen um einiges später und zögerlicher. 2004 war sie schon so weit verbreitet, dass sie weltweit von vielen Gruppen und deren Medien verwendet und dadurch zum Internationalismus wurde. Es ist die meistverwendete Zeichenfolge aus dem Queer-Buchstaben-Baukasten. Je nach Anlass können Zeichen weggelassen oder hinzugefügt werden; mitunter wird, um niemanden auszuschließen, auch ein Sternchen angehängt, etwa bei LSBTTI. (Wikipedia)

(6) Das Sundance Film Festival ist ein US-amerikanisches Filmfestival, das jährlich in Park City und Salt Lake City, Utah, stattfindet. Es gilt als wichtige Plattform für unabhängige amerikanische und internationale Produktionen. 2016 fand das 32. Sundance Film Festival vom 21. bis 31. Januar statt. Das Festival wurde 1978 unter dem Namen Utah/US Film Festival begonnen, um mehr Filmemacher nach Utah zu ziehen. Zu der Zeit bestand das Festival hauptsächlich aus der Präsentation einiger Retrospektiven und Podiumsdiskussionen für Filmemacher. Es gab jedoch schon damals kleinere Vorführungen für Filme, die außerhalb Hollywoods entstanden. Das Fest wurde von zwei Faktoren vor einer Randexistenz als kleines, unbedeutendes Regionalfestival bewahrt. Zum ersten war dies ab 1981 Robert Redford. Der bekannte Schauspieler und Regisseur wohnte selbst in Utah und wurde zum Vorstandsvorsitzenden des Festivals. So gelang es, weit mehr Aufmerksamkeit auf das Festival zu lenken, als dies ohne den Namen Redfords möglich gewesen wäre. (Link)

FOTOS:

(1) Rose Troche. Tageszeitung Deia 2016-02-23

(2) Rose Troche. Internet: out.org

(3) Rose Troche und Freundinnen. Twitter Guinevere Turner

Für den Betrieb unserer Webseite benutzen wir Cookies. Wenn Sie unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen, akzeptieren Sie unseren Einsatz von Cookies. Mehr Information