Urederra heißt „Schönes Wasser“
Urederra in Navarra ist ein Naturschauspiel: aus dem karstigen Gestein der Urbasa-Hochebene entspringt das Flüsschen über einem Abgrund von 200 m Höhe. Über verschiedene Wasserfälle ergießt sich Urederra Richtung Bakedano und Lizarra. Ausgangspunkte sind die Orte Altsasua / Olatzagutia im Norden und Lizarra (Estella) im Süden. Auch die Hochebene selbst bietet vielfältig Interessantes: Tierherden, Käse- und Kohle-Tradition, Vorgeschichtliches, Wandertouren, tragische Geschichten aus dem Krieg.
Urederra heißt in baskischer Sprache „schönes Wasser“, es ist der Name eines Flusses der am südlichen Ende der Urbasa-Hochebene entspringt und mit einer 4-Stunden-Wanderung zu erreichen ist.
Der kleine Ort Olatzagutia liegt westlich von Pamplona (baskisch: Iruñea) am Anfang des Sakana-Tals auf 541 m Höhe. Nach 7 km Kurven und Serpentinen beginnt südwärts auf knapp 900 m die Urbasa-Hochebene, deren höchste Erhebung mit 1.183 m der Baiza-Berg ist, daneben liegt mit 1.493 m der Gipfel des San Donato oder Beriain.
Naturpark Urbasa
Seit 1997 ist Urbasa ein geschützter Naturpark mit den Namen Parque Natural de Urbasa y Andia. Die Hochebene besteht aus 21.000 ha Fläche und ist geprägt von Buchenwäldern und Viehweiden. Die kaum bewohnte Urbasa ist in vielerlei Hinsicht interessant: für ihre geologischen, biologischen, ökologischen, landschaftlichen, archäologischen und geschichtlichen Bezüge. Daneben stellt die Hochebene die Grenze zwischen zwei bio-klimatischen Zonen dar, der atlantischen und der mediterranen. (1)
Vor 140 Millionen Jahren war die Urbasa von einem Meer bedeckt, das Erbe ist eine Karstlandschaft, in der Versteinerungen und Dolinen zu finden sind. Archäologische Reste deuten darauf hin, dass die Hochebene bereits vor 100.000 Jahren bewohnt war, von Jägern und Sammlern, die sich vor 7.000 Jahren nach der Domestizierung von Tieren der Schäferei widmeten. Aus prähistorischer Zeit sind Dolmen, Menhire und Hügelgräber erhalten, Reste von Bestattungen wurden gefunden.
In neuerer Zeit wurde der Waldbestand – vorwiegend Buchen – zur Herstellung von Holzkohle genutzt, darauf bezieht sich ein kleines Museum, das im Zentrum der Ebene in einer kleinen Steinhütte untergebracht ist. Daneben steht ein traditioneller Holzhaufen als Demonstration, wie früher Holzkohle hergestellt wurde. Bis heute bewegen sich Schafe, Ziegen, Kühe und Pferde frei in der Landschaft. Ein schlichter Campingplatz mit dem Namen Urbasa bietet Sommer wie Winter Bungalows zur Übernachtung. Kurz nach der Auffahrt von Norden her ist ein Informationspunkt eingerichtet, der zeitweise auch betreut ist.
Kriegsgeschichte
Der faschistische Aufstand von 1936 schrieb der Urbasa tragische Geschichten ins Tagebuch. In Otsoportillo (eine linke Abzweigung 1 km nach der Auffahrt Nord) wurden erschossene Republikaner in eine Felsspalte geworfen, erst 2015 konnten einige der Skelette von der wissenschaftlichen Gesellschaft Aranzadi geborgen werden. Anfang September findet hier regelmäßig eine Erinnerungs-Veranstaltung statt (2). Auf der anderen Seite der Hochebene, am Südhang, ist der sogenannte Balcón de Pilatos zu finden (Pilatus-Balkon), eine Felsformation, die in einem Halbrund mehrere hundert Meter abfällt. Unten befindet sich die Urederra-Quelle. Die Faschisten nutzten einen überstehenden Felsen, um lebende republikanische Gefangene aus Navarra, Gipuzkoa und Rioja hinabzustürzen. Mit verbundenen Augen wurden sie in Lastwagen an die Klippen gebracht und mussten dann vortreten … An anderer Stelle wurde – ebenfalls 2015 – ein Massengrab ausgehoben, ebenfalls Opfer des Genozids, den die Faschisten nach dem Aufstand 1936 in Navarra organisierten und dem immerhin 1% der Gesamtbevölkerung zum Opfer fiel, beileibe nicht alles Linke und Republikanerinnen.
Für Naturfreundinnen
Einheimische aus der Umgebung sind es vor allem, die sich im Sommer und an Wochenenden in der Urbasa einfinden, um zu wandern und die Natur zu genießen. Die Hochebene weist keine großen Erhebungen auf, deshalb eignet sich das Gebiet auch hervorragend für Radtouren: zwischen Weiden, Wäldern und Viehherden. Gastronomische Angebote gibt es drei (im Sommer), als Ausgangspunkt für Exkursionen eignet sich insbesondere der Campingplatz.
Der Parkplatz am Pilatus-Balkon ist Ausgangspunkt einer Wanderung am Rande der Felsklippen entlang, direkt darunter nisten Dutzende von Geiern, die über dem Abgrund ihre Runden ziehen. Der Blick vom Balkon reicht bei gutem Wetter bis weit in den navarrischen Süden, Richtung Lizarra-Estella. Eine Serpentinenstrecke führt hinab zu den Orten, die die Nachbarschaft des Urederra darstellen.
Urederra - schönes Wasser
Auf der Abfahrt geht es durch den langgezogenen Ort Zudaire, am Ortsausgang zweigt eine kleine Landstraße links ab Richtung Bakedano (span: Baquedano), dort beginnt der Wanderweg zum „schönen Wasser“ Urederra. Vom Ort aus sind es knapp 3 km einfachen Weges ohne große Steigungen und Schwierigkeiten bis zum Wasserfall, in vier Stunden ist der Weg zu machen. Am Ortseingang Bakedano befindet sich ein Parkplatz, im Sommer kostenpflichtig, dort gibt es mittlerweile auch Zugangskarten für die Schlucht. Denn seitdem die navarrische Regierung kräftig Werbung macht im Bereich Binnentourismus, ist aus dem ehemaligen Geheimtipp ein Massenziel geworden, dem im Sommer Überfüllung droht. Zum Schutz des Gebietes ist der Zugang deshalb seit 2014 zahlenmäßig beschränkt, 450 Besuche pro Tag. Diese Limitierung ist mehr als vernünftig, denn nach einem breiten Trampelpfad zu Beginn verengen sich die Wege neben dem Flüsschen derart, dass oft nur für eine Person Platz ist und der Gegenverkehr abgewartet werden muss. Bisher ist der Zugang gratis, es empfiehlt sich jedoch eine Anmeldung (3).
Ein zweiter Weg führt nicht direkt zu Quelle und Wasserfällen, er führt an der rechten Wandseite nach oben zum Pilatus-Balkon, durch Wald und vorbei an Felsen und kleinen Höhlen. Ein zweiter Weg geht vom Balkon zum Urederra-Ursprung (4). Bei diesem etwas beschwerlichen Weg sind auf einer Strecke von 11 km 350 Meter Höhenunterschied zu bewältigen, dafür sind ca. 5 Stunden Zeit veranschlagt.
Die Quelle des Urederra speist sich aus Wasser, das in den karstigen Rinnen der Urbasa-Hochebene gefiltert wird und sich oberhalb von Bakedano einen Ablauf gesucht hat. Im Laufe von Millionen von Jahren hat der kleine Fluss das heute spektakulär anzusehende Amphitheater von Felsen geschaffen. Der Weg zur Quelle beginnt als breiter Waldweg, verengt sich aber ab der Hälfte der Strecke zusehends und wird am Ende zum schmalen Pfad zwischen Bäumen und Felsen. Die Schlucht ist eng bewachsen, gelegentlich lassen Bäume und Blattwerk Blicke auf die kleinen Wasserfälle und hellblauen Lagunen zu, die der Urederra auf seinem Weg hinterlässt. Im Winter und in Abwesenheit der Blätter ist der Weg ein besonderer Genuss, wie in den anhängenden Fotos zu sehen ist (5). Die Liste von Bäumen, die auf dem Weg zu bewundern sind, gibt einen Eindruck von der biologischen Vielfalt des Gebiets: Linden, Eichen, Ebereschen, Ahorn, Buchen, Eschen, Bergulmen, Pappeln, Weiden, Haselnussbäume, Weißdorn, Eiben, Buchs und Wacholder. Aus der Tierwelt sind Dachs, Wildschwein, Wildkatze, Schmutzgeier, Sperber, Amsel, Sperling, Kohlmeise und Blaumeise vertreten – bis auf die Geier bleiben sie allerdings dezent unsichtbar.
Der Weg zur Quelle ist an vielen Stellen mit Pfosten abgegrenzt, um zu verhindern, dass die Uferpartien des Urederra plattgetreten werden. Für den Blick auf die Wasserflächen sind kleine Plattformen eingerichtet, die ausreichen für den landschaftlichen Genuss. Am Ende des Weges, unter der Wand des Pilatus-Balkons fällt (außer bei Trockenheit) ein Wasserfall in einen kleinen See.
Nachbarschaft Bakedano
Bakedano (span: Baquedano) ist ein kleiner Bauernort mit netten Häusern, einem riesigen Pelota-Fronton, alten Brunnen und Waschplatz und einem einzigen Kneipen-Restaurant (mit gelegentlich unfreundlicher Bedienung). Der Zufahrtsort Zudaire ist etwas größer, geprägt durch die Hauptstraße, durch die sich der gesamte Urbasa-Verkehr bewegt. Kurz vor Bakedano zweigt eine Straße ab Richtung Artaza, einem Miniort am Bergrand. Vor dem Ortseingang liegt ein Öko-Campingplatz, der zweifellos zu den schönsten im Baskenland gehört (6), umgeben von Berglandschaft, mit hölzernen Bungalows, kleinem Restaurant, Sauna, Solarium, auch im Winter geöffnet.
Umgebung Süd
Weiter Richtung Süden liegt die historische Stadt Lizarra (Estella), mit langer Geschichte, mittelalterlichem Stadtkern, Festungsruine, ehemals jüdischem Viertel (Judería), interessanten Museen und einem angenehmen Campingplatz etwas außerhalb. Lizarra ist eine Station des südlichen Jakobsweges.
Umgebung Nord
Der beschriebene Tagesausflug begann im Norden der Urbasa-Andia-Hochebene, in Olatzagutia, dem westlichsten Ort des Sakana-Tals. Gegenüber der Urbasa liegt mit Aralar ein weiteres und größeres Bergmassiv, in diesem Fall nicht in Form einer Hochebene. Die Orte der Sakana haben ihren besonderen Reiz. Der Hauptort Altsasua ist durch Industrie geprägt, die kleineren Orte eher durch Landwirtschaft. Bei Etxarri gibt es einen Wanderweg mit dem Themenschwerpunkt prähistorische Stätten, sowie einen Wald-Camping. Ein städtischer Campingplatz befindet sich in Albizu, dort werden Hütten nach ökologischen Prinzipien aus Stroh gebaut. Schön ist der Ort Iturmendi, die besondere, etwas protzig wirkende navarrische Bauweise kommt bei den Landhäusern in Uharte-Arakil zum Ausdruck, dort beginnt der Weg hinauf zum Aralar-Heiligtum, dem Kloster San Miguel de Aralar, das einen hervorragenden Blick bietet auf die Hochebenen Andia und Urbasa, in das Sakana-Tal und auf den San Donato Berg.
ANMERKUNGEN:
(1) Hochebene Urbasa, Fotoserie (Foto Archiv Txeng)
(2) Jährliche Gedenkveranstaltung für die Opfer des Faschismus in Otsoportillo, Urbasa-Navarra. Fotoserie (Foto Archiv Txeng)
(3) Information und Reservierung für Urederra-Besuche (Link)
(4) Wegbeschreibung Bakedano – Pilatus Balkon – Urederra-Quelle (Link)
(5) Urbasa – Urederra. Fotoserie (Foto Archiv Txeng)
(6) Camping Artaza (Link)
FOTOS:
(*) alle Fotos von der Sierra Urbasa und der Urederra-Wanderung stammen aus dem Foto Archiv Txeng