Kreuzworträtsel
Das Worte-Reservoir der Kreuzworträtsel-Macher*innen wird immer umfassender, der Weltatlas wird langsam durchgearbeitet. Aber wie sollen wir armen Konsumenten drauf kommen, was gefragt ist, wenn wir den Heimatort nur damals zum Klassenausflug verlassen haben. Ein Drama! Gesucht wird da zum Beispiel eine spanische Stadt im Baskenland – eigentlich schon ein Widerspruch in sich – die dazu nur vier Buchstaben haben soll. Die Google-Karten durchzuarbeiten kostet derart viel Zeit, dass die Lösung ...
... schon mal einen Tag länger dauern kann. Es soll Spezis geben, die behaupten, Kreuzworträtsel vergrößern das Allgemeinwissen und schärfen die grauen Zellen, was wiederum eine Art Therapie gegen Alzheimer sein soll. Nun ja, die wollen ihre Hefte verkaufen und dafür brauchen sie gelegentlich Neuerungen, die über „germanischer Honigwein – Met“ hinausgehen. Mein Alzheimer schreitet jedenfalls voran, mit oder ohne vier gekreuzte Worte.
Zurück zu den vier Buchstaben. Die baskischen Namen haben es in sich, die Spanier haben sich da heftig eingemischt, so viel, dass jeder Ort gleich zwei Namen hat, einen baskischen und einen spanischen, ein gewisser Franco soll dafür verantwortlich sein. Das bekannte „San Sebastian“ heißt eigentlich „Donostia“ – was das miteinander zu tun haben soll soll mir mal jemand erzählen.
Vier Buchstaben? Auf Spanisch oder Baskisch, wäre die Frage? Ich begann gleich nach der Grenze zu suchen und hatte Glück, denn da kommt sofort ein Ort, der zwei Mal gleich heißt und nicht mehr als vier Buchstaben hat: „Irun“. Problem gemeistert! Aber dass die Basken Extremisten sind, machen sich die KWR-Macher zu Nutzen. Von wegen vier Buchstaben, der Schwierigkeitsgrad auch schon mal auf drei geschraubt –drei Buchstaben! Soviel wie ganz Rostock auf den Autonummern!
Das dauert nochmal einen Tag länger, denn je kleiner die Orte, desto unübersichtlicher die Internetkarten. Aber als wirklicher KWR-Fans habe ich Stehvermögen, so ging mir dann „Aia“ in die Falle. Klingt wie ein freudiger Ausruf oder eine Art von Zustimmung – ist aber ein richtiger Ort. Und das war noch immer nicht das Schlimmste. „Aia“ wurde noch getoppt mit „baskische Küstenstadt mit zwei Buchstaben“. Bei meiner Suche begleiteten mich ständige Zweifel, ob es sich nicht um einen Druckfehler im KWR-Heft gehandelt haben könnte. Immerhin die kleine Hilfestellung mit der Küste. Zwei Buchstaben! Ha, He, Hi, Ho, Hu? Ab, Ob, Ub? Ka, Ke Ki? Am Ende waren es zwei Vokale, darauf wäre ich nicht gekommen: „Ea“- wie kann ein Ort nur so heißen, klingt wie „Aua“, aber „Aia“ war ja auch nicht besser. „Ea“, kürzer geht es sicher nicht. Zumindest nicht im Baskenland. Vielleicht auf Chinesisch. Ein Kumpel sagte mir, es gäbe da 10 verschiedene „i“s. Aber die passen in kein Kreuzworträtsel, Minimum 2 Buchstaben. Wie bei „Ea“. (UB)
Kernika-Wunsdoof
Es ist vollbracht, soll Jesus nach seiner Kreuzigung gesagt haben. Dasselbe kann nun auch die Friedenstruppe der Bundeswehr in Wunsdoof feststellen. „Wir haben es geschafft, uns dieses lästige Basken-Thema endlich vom Hals zu schaffen, indem wir diesen hässlichen Gedenkstein bei uns aufstellen. 1A-Strategie!“ Die Worte stammen aus dem Munde des Standort-Kommodore Ludger Wette in Wunsdoof, aus vertraulichen Kreisen wurden sie der Baskultur-Redaktion zugespielt. Danach stammt die Idee zur Grundsteinlegung vom Militärpsychologen Siegfried Mumpitz: „Anner Universität haben sie Umarmungs-Strategie dazu gesagt: wer seine Opfer nur fest genug umarmt, erdrückt sie friedlicher als mit Bomben und Granaten“. Zufrieden ist auch der Wunsdoofer Bürgermeister Wolf-Axel Eben-Hart, der vor der Presse deutlich machte: „Wir wollten auch mal deutlich machen, dass die heutige Bundeswehr keine Kriegsarmee mehr ist, Geschichten wie Lidice und Hindukusch sind längst vergessen, unsere Jungs sind mittlerweile an allen Friedens-Delegationen der Welt beteiligt. Freitach Abend überstehen wir auch noch diese Friedensfuzzis mit ihrem Boelcke-Trauma, diese Ewiggestrigen – woanders werden wir bereits um den Namen Boelcke beneidet“. Dennoch fehlte dem Kommodore das Sahnehäubchen auf der Feiertorte, wie aus seinem direkten Umfeld überliefert wurde. „Jahrzehntelang mussten wir uns die Geschichte anhören, unsere Kumpels von der Wehrmacht hätten von hier aus illegal den Luftkrieg vorbereitet. Und seien für den Stadtbrand in Kernika verantwortlich gewesen. Was hab ich auf den Bürgermeister eingeredet, er solle uns die Typen vonner Regionalgeschichte endlich vom Hals schaffen, aber außer Gedöns ist von der CDU ja nicht mehr viel zu erwarten. Da mussten schon die Grünen aufmarschieren, nicht schlecht wie die sich hier gemausert haben, alle schön Gewehr bei Fuß heutzutage! Nur dass sie uns die Gören aus Kernika nicht geschickt haben, is ne Blamage, wäre ja das Bild des Jahres gewesen!“ Auf den Standort des Findlings auf abgeschlossenem Kasernengelände angesprochen, hob der Wunsdoofer Bürgermeister zur Gegenfrage an: „Na hätten wir das vielleicht ins Stadtzentrum stellen sollen, wo jeder dämliche Nazi sein Graffiti draufschreiben kann? Der Standort ist strategisch gewählt, damit das Teil vor Beschädigungen geschützt ist, das sind wir schon dem ollen Oswald schuldig, direkt zwischen dem Luftbrücken-Denkmal und der Richthofen-Büste“.
Wunstorf-Gernika-Wunstorf
Dass die baskische Stadt Gernika von der nazideutschen Legion Condor vernichtet wurde könnte einigen noch halbwegs bekannt sein. Dass die Legion ihren Ausgangspunkt im niedersächsischen Wunstorf hatte, sicher viel weniger. Und es begab sich zu der Zeit … nach den Kapitulationsverträgen des Ersten Weltkriegs hatte es Deutschland verboten, weder eine große Armee noch eine Luftwaffe zu unterhalten. Deshalb organisierten die Nazis das eben unter ziviler Tarnkappe. In Langenhagen, Delmenhorst und Wunstorf. Zum Test begann die spanische Expedition, Gernika war die Folge. Die Benennung jenes Kriegsverbrechens war zuerst verboten, dann wurde es gefeiert und schließlich, nachdem die Nazis geschlagen waren, peinlichst verschwiegen und verschleiert. Eine demokratische Nachfolge-Mördergruppe wurde aufgestellt, nicht ohne Hilfe der alten Kameraden. Die durften in den Wunstorfer Hallen noch eine Zeit lang alte Siege begießen, bis auch das nicht mehr als Demokratie-förderlich betrachtet wurde. Was blieb, war ein Museum mit den alten Fluggeräten, die über Gernika „einen großen Sieg“ errungen hatten. Geschichtsschreibung ist an dieser Stelle nicht zugelassen, keine Auskunft über die Superbomber, gegen die es keine Gegenwehr gab. 80 Jahre danach wird der Spieß umgedreht: nach dem Jubel über den feigen Erfolg gegen die Zivilbevölkerung werden nun aus Opfern Werbeobjekte gemacht. Am 8. September 2017 wird in der Legion Condor-Kaserne (die nie so hieß, es aber war) unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Gedenkstein a la Obelix eingeweiht, der den Namen „Guernica“ trägt. Ausgerechnet. Zum Gedenken an die deutsche Militärtradition? Oder zum Gedenken an deren Opfer? Den Opfern selbst würde es den Magen umdrehen, wären sie noch am Leben und nicht von den Junkers-52 umgebracht worden, dem Starobjekt der Ausstellung. In Supermärkten läuft das Che-Guevara-Lied, AKWs gelten als saubere Energie, Flüchtlingsretter gelten als Schlepper, und mit Kriegsverbrechen wird Werbung für die NATO gemacht. Was für Zeiten, in denen wir leben!
ABBILDUNGEN:
(*) Collage FAT
(ERST-PUBLIKATION 2017-09-01)