Kunst im Baskenland
Stellvertretend für das große Angebot an Kunst-Ausstellungen im Baskenland werden an dieser Stelle acht Expositionen vorgestellt, sehr unterschiedlicher Art, von Klassik bis zu Events. Im Artium von Gasteiz steht moderne Kunst im Vordergrund (Street-Art, Lächeln). Das San Telmo in Donostia wendet sich der Geschichte der baskischen Kunst zu (Gaur) und erklärt den Käse. Die Schönen Künste Bilbao zeigen Renaissance und Impressionismus, das Guggenheim wiederholt Warhol und zeigt Louise Bourgeois.
Die Falle des Lächelns
Mit dem Untertitel „Das Lächeln ist neben dem Weinen die einzige Natursprache, die den Menschen angeboren ist“ zeigt das Artium-Museum von Gasteiz-Vitoria die Geschichte des Lächelns in der zeitgenössischen Kunst. Eine Bilder-Sammlung voller Humor – satirisch, zynisch, parodisch, radikal, absurd, grotesk, hart, einfallsreich. (Dauer: 2.Oktober 2015 bis 28.August 2016)
GAUR – Installationen – HEUTE
Gaur (heute), so nannte sich in den 60er Jahren eine avangardistische Gruppe von Künstlern, die der Enge des spanischen Faschismus, den Zwängen der Zensur zu entfliehen suchte und eine neue baskische Kunst und Kultur begründen wollte. Zu dieser Gruppe gehörten bekannte Figuren wie Amable Arias, Rafael Ruiz Balerdi, Nestor Basterretxea, Eduardo Chillida, Remigio Mendiburu, Jorge Oteiza, José Antonio Sistiaga und José Luis Zumeta. 1966 stellte sich die Gruppe in Donostia (San Sebastián) in der Barandiaran-Galerie vor, mit einer Ausstellung und einem Manifest. Jener Akt der Dissidenz ist 50 Jahre her, die Akteure hatten den Traum, eine neue baskische Kunstschule zu gründen, nachdem die Vorläufer während Krieg und Diktatur verschüttet worden waren. Zu diesem Zweck wurden verschiedene andere Kunst-Gruppen gegründet: Emen / Aquí (in Bizkaia), Orain / Ahora (in Araba), Danok / Todos (in Nafarroa) und Baita / También (in Iparralde). Oteiza und Chillida waren die international bekanntesten Vertreter dieser Bewegung. Das San Telmo Museum von Donostia zeigt einen Rückblick. (Dauer: 23.Januar bis 15.Mai 2016)
Artium zeigt … Nerea Lekuona
Die 1976 in Gasteiz (Vitoria) geborene Nerea Lekuona stellt im städtischen Artium-Museum ihre Street-Art aus – Leku-ona bedeutet auf Baskisch: schöner Ort. „Ich habe kein Diplom von der Kunsthochschule der baskischen Uni. Ich war auf keiner Universität. Ich habe kein Master. Ich bin in keiner Galerie vertreten. In keinem Museum habe ich ein Werk stehen. Ich lebe in keinem Künstler-Apartment und war noch nie bei der Arco-Kunstmesse. Aber jeden Tag bin ich mehr davon überzeugt, dass das Schaffen von Kunst das ist, was mir am meisten gefällt“, schreibt Nerea in ihrem Portal. Das Museum beschriebt sie folgendermaßen: „Nerea Lekuona arbeitet mit Humor, Ironie und Kritik als Elemente ihrer täglichen Aktivität, im kulturellen und gesellschaftlichen Kontext, in dem sie lebt. Bei ihren Initiativen benutzt sie eine Ästhetik, die der Werbesprache ähnelt und Praktiken des Marketing kopiert, sie läd uns ein zum Nachdenken, Schmunzeln, über den zeitgenössischen Zynismus und den aktuellen Identitätsverlust. Diese Art des Schaffens ohne das Gewicht einer langen Geschichte spiegelt sich in ihren Events auf der Straße wieder, Street-Art, Aktionen, Evente, künstlerische Treffen, Videos, Design und Grafik … partizipative Initiativen mit deren Hilfe sie verschiedenste Leute mit unterschiedlichsten Fähigkeiten zusammenbbringt“. (Dauer: 9.Februar bis 10.April 2016)
Luis de Morales - Spanische Renaissance
In seinen „klassischen“ Räumen stellt das Museum für Schöne Künste Bilbao drei Monate lang Luis de Morales aus, der 1510 oder 1511 geboren wurde und wahrscheinlich 1586 starb, die biografischen Daten lassen so manchen Zweifel offen. In Plasencia (Extremadura) hatte Morales mit seinen Söhnen und einem Schwager eine Kunstwerkstatt. Er gilt als der Pionier der spanischen kommerziellen Malerei, so wurden in jener Werkstatt Devotionalien hergestellt für Adel und Bürgertum. 54 Werke umfasst die Ausstellung, die aus Madrid kommt und nach Barcelona weiterzieht. Sie ruft den halbvergessenen Maler aus der Zeit der Renaissance in Erinnerung. Sicher eine Angelegenheit für Freundinnen der klassischen Kunst, mit Heiligen, Christussen und Jungfrauen. (Dauer: 10.Februar bis 16.Mai 2016)
Baskischer Impressionismus
Die Vorteile des Museums für Schöne Künste in Bilbao sind erstens seine Vielfalt und zweitens die Tatsache, dass baskische Künstlerinnen hier mehr Protagonismus erhalten. Ein Beispiel ist Adolfo Guiard. „Niemand weiß, wer der Bauer war, der Adolfo Guiard im Jahr 1888 Modell stand, während er bei seiner Feldarbeit eine kleine Verschnaufpause machte. Der baskische Künstler verriet nie die Identität des Protagonisten und das Werk war lange Jahre in San Diego, Kalifornien, wo einige Nachkommen der Schiffsbauer-Familie Sota leben, die Besitzer des Gemäldes“ (Tageszeitung Deia). „Der Bauer von Bakio“ von Guiard ist ein einzelnes Bild, das im Gaststatus zur Ansicht ins Museum gebracht wurde, zwei weitere Werke desselben Künstlers sind ebenfalls im Museum der Schönen Künste (Bellas Artes Bilbao). „Der Bauer“ ist eines der wichtigsten Werke von Guiard, es hat Geschichte, weil es den Beginn des baskischen Impressionismus markiert. Guiard (1860 bis 1916), der eine Zeit lang in Paris lebte und arbeitete, der Kontakt hatte mit Degas, Manet und Monet, wird diese Modernisierung der baskischen Kunst zugeschrieben. (Dauer: 16.Februar bis 30.Mai 2016)
Schon wieder Warhol
Dass Andy Warhol nach wenigen Jahren erneut im Guggenheim ausgestellt wird, hat mit der vertraglichen Diktatur der Guggenheim-Foundation zu tun, die sich das alleinige Entscheidungsrecht über die Ausstellungen gesichert hat. Sicher auch ein erneuter Hit für den Tourismus, denn die Bilderserie hängt über den besucherreichen Sommer. Diesmal kommen keine fotorealistischen Büchsen und Mao- oder Monroe-Portraits zum Beschauen, sondern eine Serie aus dem Jahr 1978, die Warhol Shadows nannte (Sombras, Schatten). Diese Serie fügt 102 Teile zu einem Ganzen, das abstrakt daherkommt und einen einzigen Expo-Saal füllt. (Dauer: 26.Februar bis 2.Oktober 2016)
Die Spinnen-Königin
Von März bis September zu Gast in der Blechdose Guggenheim ist die Französin Louise Bourgeois, die bereits seit Jahren vor dem Museum ihre Netze webt. Denn die riesige Spinne zwischen Museum und Fluss ist ebenfalls ihr Werk. Bourgeois (1911 bis 2010) schuf in 70 Jahren Werke in verschiedenen Formen und Größen, aus unterschiedlichen Materialien. Die kommende Ausstellung mit dem Titel „Strukturen der Existenz: die Zellen“ (Estructuras de la existencia: las celdas) konzentriert sich auf Werke, die geschlossene Räume darstellen. Louise begann in den 80er Jahren mit diesem Konzept und verfolgte es bis kurz vor ihrem Tod. Daneben werden bedeutende Werke früheren Schaffens vorgestellt, die „aufschlussreich sind für Bourgeois' Konzept von Raum und Erinnerung, Körper und Architektur, Bewusstsein und Unbewusstem“ (Ausstellungs-Katalog). (Dauer: 18.März bis 4.September 2016)
Alles Käse
Im Juni beginnt im San Telmo Museum von Donostia (San Sebastián) eine Ausstellung über die Geschichte der Käse-Herstellung im Baskenland. Käse gilt neben dem Fisch als das gastronomische Identitäts-Merkmal des Baskenlandes. Mittels Fotografie und ethnografischen Elementen vermittelt die Expo einen Eindruck dieses baskisch-kulinarischen Kulturguts. (Datum: ab 11.Juni 2016)
FOTOS:
(0) Oteiza-Skulptur vor dem Rathaus Bilbo. (Foto Archiv Txeng)
(1) Lächeln. (Austellungskatalog)
(2) Gaur – Heute. Werk von Nestor Basterretxea in Bermeo. (Foto Archiv Txeng)
(3) Street-Art. (Webseite der Künstlerin)
(4) Renaissance. (Zeitungsfoto Deia)
(5) Impressionismus. (Museums-Katalog)
(6) Andy Warhol. (art.newcity.com)
(7) Louise Bourgeois. (Foto Archiv Txeng)
(8) Käse. (quesodeoveja.org)