paris01Ausstellung „Pariser Schule“

Die „Pariser Schule“ war zu Beginn des 20.Jahrhunderts eine der bedeutendsten Epochen der modernen Kunstgeschichte. Angezogen vom Geist der Veränderung entwickelten Künstler wie Picasso, Braque, Miró, Delaunay, Kandinsky, Arp, Chagall, u.a. neue Ausdrucksformen, die das bisherige in Frage stellten und konservativ erscheinen ließen. Das Guggenheim-Museum Bilbao stellt 50 Werke aus der Kollektion der Guggenheim-Stiftung in New York aus, aus einer Kunstepoche, die künstlerische Umwälzung bedeutete.

Meisterwerke von Picasso, Braque, Modigliani, Brancusi, Delaunay und anderen spiegeln im Guggenheim-Museum Bilbao das Paris der 1920er Jahre, eine Zeit zwischen den Kriegen, als eine Gruppe von Künstlerinnen die Stadt an der Seine zum Ort ihres Schaffens machte – und so die sogenannte Pariser Schule entstand.

Paris 1900. Picasso reiste in die französische Hauptstadt, um die Weltausstellung zu sehen, die die Stadt zum Blickpunkt der gesamten Welt machte. Paris wurde zum Begegnungspunkt vieler Künstlerinnen und Künstler aus allen Ecken des Planeten, die ihre kreative Freiheit und den kulturellen Aufbrauch feiern wollten. (2016-04-23: eine Fotoserie zeigt Eindrücke von der Eröffnungs-Veranstaltung der Ausstellung.)

Pablo Picasso, der Künstler aus Malaga, war beeindruckt vom Ambiente in Montmartre, vier Jahre später sollte er sich dort ansiedeln. Dort entstanden sein Gemälde “Die Mädchen von Avignon“ (Les Demoiselles d'Avignon) und der Kubismus als neue Stilrichtung. Alles begann in Montmartre, Picasso selbst sagte später: „Nur dort war ich glücklich, dort war ich Maler und kein seltsames Wesen“. (1)

Andere Künstler wie Jean Arp, Robert Delauny, Lipchitz, Chagall, Brancusi, Braque oder Modigliani wurden ebenfalls angezogen von der „Stadt des Lichts“, zusammen wurden sie zu dem, was in der Kunstwelt später unter „Pariser Schule“ bekannt wurde. Diese Schule war keine einheitliche Bewegung oder Tendenz, sie vereinte ein Sammelsurium von Kunstschaffenden, die die Kunst zu Beginn des Jahrhunderts zu erneuern versuchten und ihr neue Impulse gaben. Jene Generation suchte neue Formen in Kunst und Literatur als Antwort auf die schnelle wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische Entwicklung, die das urbane Leben völlig veränderte. Es waren Jahre intensiven Schaffens, dabei entstanden die Grundlagen der modernen Kunst, neue Konzepte revolutionierten die alten Konventionen der Kunst.paris02

Das Publikum, das vom 22.April an (bis zum 23.Oktober 2016) das bilbainische Guggenheim-Museum besucht, bekommt in dieser Zeit eine Retrospektive der Kunstwelt in Paris zwischen den Kriegen zu sehen, mittels 50 Meisterwerken, die zur Sammlung der Stiftung in New York gehören. Die Ausstellung trägt den Titel „Panorama der Stadt: die Pariser Schule von 1900 bis 1945“ (Panoramas de la ciudad: Escuela de Paris de 1900-1945), sie umfasst einige der einflussreichsten Gemälde und Skulpturen des vergangenen Jahrhunderts.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Paris die Hauptstadt der künstlerischen Avantgarde. Aus aller Welt kamen Kunstschaffende in die Stadt. Hier stellten Pablo Picasso und Goerges Braque die Konventionen der Malerei auf den Kopf. Robert Delaunay schuf harmonische Farbkompositionen. Vasily Kandinsky öffnete neue Wege in die Abstraktion und Constantin Brancusi stellte die Skulptur im Raum auf neue Weise dar. Der Titel der Ausstellung, die auf eine Gemäldeserie von Delaunay zurückgeht, gibt einen Eindruck davon, wie die modernen Städte der künstlerischen Produktion als Hintergrund und Inspiration dienten (2).

Die ausgestellten Werke beginnen mit den frühen Jahren des 20. Jhs. und schlagen den Bogen zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Ausstellung verfolgt die wichtigsten Tendenzen der modernen Kunst, angefangen beim Kubismus, über den Orphismus (3) bis zum Surrealismus, mit Werken der bedeutendsten Künstler der Pariser Schule. Unter den Werken befinden sich Meisterwerke wie „Le Moulin de la Galette“ von Pablo Picasso (Mühle von Galette1900), „Nackt“ von Amedo Modigliani (Nu, 1917), oder „Der grüne Geiger“ von Marc Chagall (Violiniste vert, 1923/24). Die Künstler folgten unterschiedlichen Stilen, sie gingen mit verschiedenen Konzepten vor. Was sie vereinte war der gemeinsame Impuls, die bislang geltenden konservativen Konventionen in der Kunst aufzubrechen und nach neuen Ufern zu suchen, die Wahrnehmung des täglichen Lebens in einer modernen Stadt sollte verändert werden.

Der aufkommende Faschismus und die Besetzung Frankreichs durch die Nazis während des Zweiten Weltkrieges zwangen viele Künstlerinnen zur Flucht und ins Exil. Viele, die in Paris eine politische, spirituelle und kreative Zuflucht gefunden hatten, gingen in die USA. Das bedeutete das Ende der Pariser Schule.

Rundgang durch die Ausstellung

Eröffnet wird die Ausstellung in Bilbo durch ein Picasso-Werk: „Le Moulin de la Galette“ aus dem Jahr 1900. Mit diesem Gemälde stellte Picasso Figuren und impressionistische Technik in den Vordergrund, bevor er sich zusammen mit Georges Braque dem Kubismus zuwandte. Im selben Saal sucht ein weiteres Werk von Picasso – „Botellas y Vasos“ – den Dialog mit „Piano et Mandore“ von Georges Braque. Diese beiden Künstler gelten als die Väter des Kubismus, auch wenn die Berühmtheit Picassos Braque etwas in den Schatten stellte. Der Kubismus wurde zum Kunststil, der die Kunstszene der Zeit stark prägte. Bereits vor zwei Jahren widmete das Museum in Bilbao Georges Braque eine ausführliche Retrospektive. In den Jahren vor und nach dem Ersten Weltkrieg wurde die kubistische Ästhetik mit unterschiedlicher Motivation benutzt, zum einen, um die Darstellung der reinen Abstraktion und der modernen Wissenschaft zu erforschen; zum andern, um die Spiritualität der Volkstraditionen in zeitgenössische Formen zu bringen.

Zu sehen sind auch verschiedene Werke von Robert Delaunay, der verschiedene Bilder malte mit dem Eiffelturm als Motiv – der Turm als Symbol der Modernität, der als höchste Konstruktion der Welt aber auch viele Kritiken einstecken musste. Delaunay benutzte dabei verschiedene Perspektiven und Panoramen. Sein Resultat ist, dass es sich bei diesem Motiv um einen Gegenstand handelt, der entsteht und vergeht. Delaunay machte auch Versuche mit Optik und Farben, zu sehen in „Formes circulaires“ aus dem Jahr 1930. Zu sehen ist auch ein Werk seiner Frau, Sonia Delaunay, mit der zusammen er 1900 zum ersten Mal ausstellte – ausgerechnet in Bilbao, wie die Ausstellungs-Kommissarin enthüllte. Das Ehepaar eröffnete sogar zwei Läden, in Areeta (Las Arenas, Getxo) und in Donostia (San Sebastián).paris03

Abstraktion

Vasily Kandinsky machte sich auf den Weg ins Abstrakte, auch er ist in der Ausstellung mit mehreren Bildern vertreten, in der New Yorker Sammlung steht er mit mehr als hundert Gemälden zu Buche. Dieser russische Maler ließ die impressionistische Malerei schnell hinter sich und begann mit Formen und Farben zu experimentieren, was ihn schließlich in abstrakte Kunstwelten führte. Vor dem Krieg lebte er in Deutschland und Russland, erst 1934 kam er nach Paris. Dort schuf er 1938 das „La toile jaune“ und 1940 „Autour du cercle“ (Um den Kreis).

„Eines der vielleicht interessantesten Gemälde der Ausstellung ist „Der grüne Geiger“ von Marc Chagall (Violiniste vert). Der Künstler malte es nach seiner Rückkehr nach Paris, nachdem er den größten Teil des Ersten Weltkriegs in seinem Geburtsland verbracht hatte. Vereinigt sind in diesem Werk kubistische Elemente und Farbphantasien, verbunden mit Aspekten russisch-jüdischer Folklore. Von diesem Werk wird erzählt, die Stiftung habe mehrfach im Studio des weißrussischen Malers vorsprechen müssen, um ihn zum Verkauf des Werks zu bewegen. Von Chagall gibt es zudem das Werk „Der Soldat trinkt“ zu sehen (Le soldat boit).

Constantin Brancusi kam 1904 aus Rumänien um sich in Paris niederzulassen, wo er die ersten Jahre als Lehrling von Auguste Rodin in dessen Werkstatt arbeitete. In der französischen Hauptstadt gelang ihm eine neue Darstellung der Skulptur im Raum. In diesem Sinn trifft das Publikum in Bilbo auf „Die Hexerin“ (La hechizera), eine Skulptur, deren genaue Bedeutung nie bekannt wurde. Möglicherweise steht sie in Verbindung mit dem übernatürlichen Wesen einer Legende seines Ursprungslandes, so die Kommissarin Lauren Hinkson. Gleich daneben zwei weitere Totems des Künstlers: „Adam und Eva“, die in Wirklichkeit zwei Skulpturen von 1921 sind, aus Kastanien- und Eichenholz; sowie „König der Könige“ (Roi des rois) von 1938.

Surrealismus

Das Gemälde „Mandoline und Gitarre“ von Pablo Picasso steht am Eingang zum dritten und letzten Ausstellungsraum. Hier sind Künstler zu finden, die der surrealistischen Bewegung zugeordnet werden, eine Bewegung, die 1924 von Antoine Breton mit einem Manifest initiiert wurde. Nach dem Krieg war Paris wieder zum Zentrum künstlerischer Produktion geworden. Den Theorien von Sigmund Freud folgend versuchten die Künstlerinnen und Literatinnen, unterdrückte Wünsche und Unterbewusstes zu artikulieren und ihnen Ausdruck zu geben. Yves Tanguy mischte scheinbar zusammenhanglose Bilder und Objekte, Jean Arp und Joan Miró experimentierten mit Automatismen. Von Joan Miró zu sehen ist das Ölgemälde „Landschaft, Hase“ (Paisaje, la liebre) von 1927; daneben der von Arp und Miró inspirierte Alexander Calder mit seiner Drahtkonstruktion „Romulus und Remus“.

Ausstellung unter dem Titel „Panorama der Stadt: die Pariser Schule von 1900 bis 1945“ (Panoramas de la ciudad: Escuela de Paris de 1900-1945), Guggenheim Museum Bilbo: 22. April bis 23. Oktober 2016.paris04

ANMERKUNGEN:

(1) Artikel in der Tageszeitung Deia vom 2016-04-22 „El Guggenheim viaja al Paris de las vanguardias“ (Das Guggenheim reist ins avantgardistische Paris)

(2) Pressemappe des Guggenheim-Museums

(3) Der Begriff Orphismus bzw. Orphischer Kubismus (abgeleitet vom mythischen Sänger und Lyra/Leier-Spieler Orpheus, französisch orphique ‚geheimnisvoll‘) bezeichnet eine aus dem Kubismus entstandene Kunstrichtung, bei der vor allem Kreisgebilde in bunten Farben auf der Grundlage der Farbtheorie des Chemikers Michel Eugène Chevreul, beschrieben in dessen 1839 erschienenen Buch Gesetz der Simultankontraste bei den Farben, geschaffen wurden. Den Begriff prägte Guillaume Apollinaire 1912 nach farbintensiven Werken von Robert Delaunay. In den kubistischen Bildern von Pablo Picasso und Georges Braque herrschte zu dieser Zeit eine mehr monochrome Farbgebung vor. (Wikipedia)

FOTOS:

(*) Ausstellungs-Eröffnung „Pariser Schule“, Bilbo, Guggenheim-Museum (Foto Archiv Txeng - FAT)

(*) Fotoserie von der Pressekonferenz zur Ausstellungs-Eröffnung (Link)

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