Der große Kooperativen-Ausstieg
Die Kooperativen Orona und Ulma waren Teil des Kooperativen-Multis MCC, Mondragon Cooperative Corporation. Sie stellen 15% des Konzernumsatzes und 14% der Arbeitsplätze, waren aber mit ihrer Position in der Geschäftsführung nicht zufrieden. Weil ihre Änderungs-Vorschläge abgelehnt wurden, haben die jeweiligen Aktionär*innen auf ihren Versammlungen am 16.12.2022 den Austritt aus dem MCC-Kooperativen-Verbund beschlossen. Über fünf grundlegende Fragen soll der Hintergrund der Entwicklung erklärt werden.
MCC ist das siebtgrößte Unternehmen im spanischen Staat. Es hat seinen Sitz in Mondragón (Arrasate, Gipuzkoa) und ist global tätig. Zu MCC gehören 95 Unternehmen verschiedener Sektoren wie Maschinenbau, Automobile, Haushaltsgeräte, Bau, Einzelhandel, Banken und Versicherungen. Mit ihrem Umsatz ist es die größte Industrie-Kooperative der Welt.
Die erste baskische Unternehmensgruppe
Die 1956 von einem Priester gegründete Kooperative Mondragon besteht heute aus rund hundert Einzelkooperativen, die sich alle im Besitz ihrer Mitglieder (Kooperativist*innen, Genossenschaftler*innen oder Aktionär*innen) befinden. Einer der Schlüssel zum Funktionieren des Systems ist die gegenseitige Solidarität und der Austausch zwischen den vertretenen Betrieben, die nicht auf Profit-Akkumulation programmiert sind. MCC setzt sich aus vier Bereichen zusammen: Finanzen, Industrie, Vertrieb und Wissen.
In Zahlen ausgedrückt, ist MCC die führende Unternehmens-Gruppe im Baskenland und beschäftigt weltweit über 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Unternehmen verfügt über 141 Werke in 37 Ländern, seine Produkte werden in mehr als 150 Ländern verkauft. Eroski, Fagor, Laboral Kutxa, Orbea und Mondragon Unibertsitatea sind einige ihrer bekanntesten Kooperativen. Nach den auf dem MCC-Kongress am 15. November vorgelegten Daten hat die Gruppe im Jahr 2021 einen Umsatz von 11,4 Milliarden Euro erzielt, was einer Umsatzsteigerung von 5% entspricht. (1)
Orona und Ulma, zwei wichtige Partner
Es handelt sich um zwei der wichtigsten Kooperativen von MCC. Orona, mit Hauptsitz in Hernani, ist die fünftgrößte europäische Gruppe für vertikale Mobilitätslösungen (Aufzüge). Jeder zehnte neu installierte Aufzug in Europa trägt ihren Stempel. Der Umsatz des Unternehmens erreichte im Jahr 2021 ca. 832 Millionen Euro und lag damit um 4,1% über dem Ergebnis des Vorjahres. Die Zahl der Beschäftigten lag zum Jahresende bei 5.507 Personen (mehr als Mercedes in Gasteiz).
Ulma, mit Firmensitz in Oñati, ist ein Konglomerat aus neun unabhängigen Sektionen: Landwirtschaft, Architektur, Bauwesen, Förderkomponenten, Embedded Solutions, Forged Solutions, Handling-Systeme, Verpackung und Instandhaltung. Zusammen sind rund 5.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt, erwirtschaftet wird einen Umsatz von etwa 900 Millionen Euro. Ein einfaches mathematisches Kalkül führt zu der Folgerung, dass die beiden Kooperativen zusammen 15,2% des Umsatzes und 13,7% der Beschäftigung der gesamten Mondragon Corporation ausmachen. Deshalb hat ihr Ausscheiden weitreichende Auswirkungen.
Die Ursprünge von Ulma gehen auf das Jahr 1957 zurück, als in Oñati sechs Personen in einem alten Laden ein System zur Verpackung der Produkte der lokalen Schokoladen-Industrie einrichteten. Später begannen sie mit der Herstellung von Baugerüsten, was einen kontinuierlichen Wachstumssprung einleitete, mit einer Präsenz in den Bereichen Verpackung, Bau, Landmaschinen und Logistik. Orona hingegen wurde 1967 von 17 Arbeitern der Zementfabrik Rezola gegründet, die das Wärmekraftwerk übernahmen und sich dem Unternehmen Mastra anschlossen. Sie haben ein Unternehmen gegründet, das heute weltweit einen von zehn Aufzügen baut.
Der Konflikt
Sowohl Ulma als auch Orona haben in den Konfliktmonaten hinter verschlossenen Türen ein eisernes Schweigen bewahrt. Die Nachricht von einem möglichen Ausstieg war vor einigen Monaten durch die Medien gegangen, als die Krise bereits am Überkochen war. Wie die MCC-Geschäftsleitung ihren Kooperativen gegenüber mitteilte, unterbreiteten die beiden Unternehmen am 3. Juni einen Vorschlag, der "eine tiefgreifende Veränderung“ der aktuellen Mondragon-Strukturen bedeutet hätte, zusammen mit der expliziten "Forderung", diesen Vorschlag dem Kongress 2022 in letzter Minute vorzulegen. Zentraler Punkt war die Schaffung der Figur von "vertraglich gebundenen Kooperativen ", die nicht zu MCC gehören und nicht den Entscheidungen der MCC-Jahreskongresse unterliegen, obwohl sie zum gemeinsamen Fonds in Einrichtungen wie Lagun Aro (Versicherung), Laboral Kutxa (Bank) oder Mondragon Unibertsitatea beitragen.
In der Mondragon-Gruppe ließ man durchblicken, dass es beiden Unternehmen wirtschaftlich ausgesprochen gut geht und sie nicht weiterhin in gleichem Maße in die "gemeinsame Kasse" einzahlen wollten. Aus dem Umfeld von Ulma und Orona war von Unzufriedenheit über die Machtkonzentration einiger großer Genossenschaften (Eroski-Konsum oder Caja Laboral-Bank) in den Führungs-Gremien des Unternehmens die Rede. Angesichts der Weigerung der MCC-Gruppe, den Operations-Status zu ändern, wurden die Mitglieder (Kooperativist*innen, Genossenschafter*innen) von Ulma und Orona aufgefordert, zu entscheiden, ob sie in der Gruppe bleiben oder sie verlassen wollen.
Offizielle Position von MCC
Trotz des Versuchs, kein zusätzliches Öl ins Feuer des Konflikts zu gießen, äußerte sich der Präsident von MCC, Iñigo Ucín, zwei Wochen vor den Abstimmungen in der Presse. Meinungsverschiedenheiten über die Betriebsführung seien ein altes Thema gewesen. “Es schien, dass nach dem Kongress 2016, nach der Abwicklung von Fagor Electrodomésticos und der Verbesserung der Verwaltung, das Problem gelöst wäre. Überraschenderweise war dies nicht der Fall. Im Jahr 2016 verließen Orona und Ulma die Mondragon Inversiones, einen wichtigen Fonds der Interkooperation, seither ist der Vertreter von Orona im Generalrat nur noch einmal erschienen. Und der Vertreter von Ulma stellte sich in allen Fragen quer“. (2)
Ucín bestätigt, dass die beiden Unternehmen im Juni eine neue Form der Zusammenarbeit in der Gruppe vorgeschlagen haben, die jedoch abgelehnt wurde. “Sie haben einen völlig neuen Vorschlag gemacht. Ich weiß nicht, ob er schon länger in der Schublade lag, es war eine Überraschung. Sie schlugen vor, Kooperativen sollten sich mit einem Jahresvertrag an die Gruppe binden und nicht den Regeln von Mondragon unterworfen werden. Generell sollten sie nicht an den Kooperations- und Solidaritäts-Mechanismen der Gruppe teilnehmen. Das war ein Schock für alle. Das Ganze am Vorabend des Kongresses, der jeweils mit viel Zeit und Mühe in allen Genossenschaften vorbereitet wird. Und verbunden mit Forderungen. Eine solche Änderung war in ihrer Form und ihrem Inhalt inakzeptabel“. Orona und Ulma gaben zu verstehen, dass diese Weigerung der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte. Dass es sich um eine gezielte Inszenierung ihres Ausstiegs handelte, ist nicht von der Hand zu weisen.
MCC schickte ein Erklärungsschreiben an alle Genossenschaften, das Orona und Ulma als Manipulationsversuch abtaten. Für Ucín bestehen Zweifel, ob die Mitglieder der beiden Unternehmen genau wissen, wofür sie stimmen. “Wahrheiten haben verschiedene Blickwinkel. Sie haben eine 'abgestimmte' Erklärung für das, was vor sich geht“. Auch übertriebene Persönlichkeitsstrukturen hätten eine Rolle gespielt. Gleichzeitig verteidigt er die Errungenschaften des MCC-Modells. “Die großen Meilensteine – Lagun Aro, Laboral Kutxa, Mondragon Unibertsitatea – waren das Ergebnis einer kollektiven Antwort auf Probleme, die individuell nicht angegangen werden konnten. Wie gemeinsame Forschung und Entwicklung.
Ob die beiden Unternehmen mehr erhielten als sie beigetrugen? “Ich denke, dass Orona, das viel beiträgt und stark ist, weniger Bedarf hat. Ulma ist anders, es trägt viel bei und erhält viel, obwohl das schwer aufzurechnen ist“. Nun stellen sich viele Fragen: Werden sie in der Lagun Aro Versicherung bleiben? Was passiert, wenn sie gehen? Was passiert mit dem Rentensystem? Was passiert mit dem Gesundheits-System? Was passiert mit Versetzungen?
Solidaritätsbeiträge
Ob die beiden Unternehmen den gleichen Beitrag zu den Interkooperations-Fonds geleistet haben wie die übrigen? “Nein. Sie tragen nicht zu Mondragon Investments bei. Und an die Stiftung Mondragon zahlen sie statt der 5% des Gewinns, die die industriellen Genossenschaften einbringen, nur 4%. Übrigens war Orona 1986 bankrott, die heutigen Beschäftigten wissen das möglicherweise nicht, und die damalige Gesamtkooperative und ihre Fonds haben das Unternehmen seinerzeit wieder flott gemacht. Genossenschaften mit wirtschaftlichen Problemen haben nie an Ausstieg gedacht, bei den Abgängen gab es immer eine Führung, die aus Erfolg Kapital schlagen wollte, um sich selbst auf die Altare zu erheben“. Ucín erwähnt, dass es auch Fälle gab, bei denen einzelne Kooperativen zur MCC zurückkehrten. “Zurück kommen jene, denen es wirtschaftlich schlecht geht“. (2)
Der MCC-Präsident räumt ein, dass die Vorgänge um den Ausstieg von Orona und Ulma der baskischen Genossenschafts-Bewegung insgesamt schaden. “Weder ist das Modell ins Stocken geraten, noch im Niedergang begriffen. Es handelt sich um zwei Organisationen mit zwei besonderen Führungs-Persönlichkeiten, das schadet Mondragon, dem Genossenschafts-Wesen und den beiden Unternehmen selbst. Die wirtschaftlichen Aspekte haben nicht die entscheidende Dimension, die ihnen zugeschrieben wird, doch die emotionalen Konsequenzen sind nicht zu negieren und das Bild in der Öffentlichkeit hat gelitten“. (2)
Die Stimmen von 4.500 Personen
Viele der Mitglieder beider Genossenschaften mussten früh aufstehen, um an der Abstimmung teilzunehmen. Ulma organisierte Dutzende von Bussen nach Donostia, vor allem aus Oñati und Legazpi. Obwohl der Termin um 10.30 Uhr angesetzt war, wurde empfohlen, eine Stunde früher da zu sein, um Gedränge in letzter Minute zu vermeiden. Komplizierter war die Logistik für die 1.750 stimmberechtigten Mitglieder von Orona. Viele von ihnen leben außerhalb des Baskenlandes, weshalb das Unternehmen Flugzeuge aus Madrid, Barcelona, Málaga, Alicante, Sevilla und Valencia charterte, die in Noain landeten und über die Landstraße zum Firmensitz in Hernani reisten. (1)
In der Ulma-Versammlung sind ca. 2.800 Personen wahlberechtigt. Ihr Treffen fand in der Stierkampfarena Illunbe von Donostia statt. Mit Bussen wurden die Leute von ihren Arbeitsplätzen abgeholt. Jede der neun Ulma-Gesellschaften ist autonom, einige könnten sich für den Verbleib in Mondragon entscheiden, andere für den Austritt. Diejenigen, die eine Position gegen die Mehrheit vertreten, stimmen erneut ab, um zu sehen, ob sie ihre Position bestätigen oder das akzeptieren, was die anderen entschieden haben.
Präzedenzfälle: Irizar und Ampo
Im Jahr 2008 beschlossen zwei wichtige Genossenschaften in der Region Goierri – Ampo (Ventile) und Irizar (Busse) – die Mondragon Corporation zu verlassen. Damals erzielten beide einen Umsatz von rund 525 Millionen Euro. Offiziell wurde der Abschied mit Unterschieden im Management-Modell begründet und mit dem Ziel, "mehr Flexibilität und Agilität bei der Entscheidungsfindung" zu erreichen. Doch gab es auch Gerüchte über einen möglichen Mangel an finanzieller Solidarität gegenüber anderen Genossenschaften, die Ampo und Irizar jedoch dementierten. In den 15 Jahren seither ging es beiden Unternehmen ausgesprochen gut.
Damals wurde bereits veröffentlicht, dass Orona und Ulma den gleichen Weg einschlagen könnten, obwohl Mondragon wie auch die beiden Unternehmen diese Möglichkeit bestritten. Vierzehneinhalb Jahre später hatten die Kooperativist*innen der beiden Unternehmen das letzte Wort und entschieden sich dafür, dem individuellen Weg von Irizar und Ampo zu folgen.
Im Jahr 2013 war es zu einer Krise anderer Art gekommen, als Fagor Electrodomésticos (Haushaltsgeräte), eines der Flaggschiffe des Konzerns, in Konkurs ging, da es nicht mehr in der Lage war, weitere Zahlungen zu leisten, und bereits Schulden in Höhe von mehr als 800 Millionen Euro angehäuft waren. Dieser Konkurs war auch für die Beschäftigten und Mitglieder ein historischer Einschnitt. Denn bis dahin hatten alle einen sicheren Arbeitsplatz und waren vor Kündigung sicher.
Die Genossenschafts-Idee
Die Arbeitnehmer der MCC sind am Grundkapital des genossenschaftlichen Unternehmens-Verbundes beteiligt, alle Beschäftigten machen bei Arbeitsantritt Kapitaleinlagen. Sie sind über Versammlungen auf verschiedener Ebene in die Entscheidungen des Führungspersonals eingebunden. Die baskischen Genossenschaften der MCC haben einen personen-orientierten Charakter, der die Arbeit und nicht das Kapital in den Vordergrund stellen soll. Dies soll zu einem positiven Klima beitragen, zu einer stärkeren Identifikation der Arbeitenden mit dem Unternehmen, und so die Motivation und Produktivität der Betriebe erhöhen. Die Arbeitnehmer werden am Gewinn beteiligt. Befindet sich ein Betrieb in finanziellen Schwierigkeiten, kann dies mit Zustimmung der Arbeitnehmer durch Lohneinbußen aufgefangen werden. Bis zur Fagor-Krise 2008 war die Entlassung von Arbeitskräften ausgeschlossen. Bei großen betriebswirtschaftlichen Problemen oder Auftragsspitzen arbeiten Arbeitnehmer kurzzeitig in anderen Genossenschaften. Beinahe alle erwirtschafteten Erlöse werden reinvestiert. Große Bedeutung kommt auch der Weiter-Bildung zu. Damit möchte die Genossenschaft nicht nur betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten, sondern auch ihrer sozialen Verantwortung nachkommen. (3)
Ca. 81% der Beschäftigten (2016) sind auch Genossenschafter*innen des Unternehmens. Die Einlage, die ein*e Genossenschafter*in leisten muss, beträgt rund 15.000 Euro und kann bei Geringverdienern über einen längeren Zeitraum eingezahlt werden. Ein Teil davon wird als Investitionskapital verwendet. Der Rest ist Kapitalbasis und wird auch mit den Gewinnen der Firmen aufgestockt. Rentner*innen können ihre Einlagen entnehmen oder weiter am Erfolg des Unternehmens teilhaben. Arbeitsunfähige erhalten die vollen Bezüge bis zum Rentenalter, bei Pflegebedürftigkeit sogar 150% der Bezüge. Die Führungskräfte verdienen maximal das 8-fache der einfachen Angestellten. (2)
Ulma und Orona verlassen MCC
Mit 80% und 72% Unterstützung fiel die Entscheidung ziemlich deutlich aus, dass ihre Genossenschaften aus der Mondragon Corporation austreten sollen. Zur Ulma-Versammlung in Donostia kamen 2.789 Mitglieder der neun Unternehmen, die diese Genossenschaft bilden. Das Gleiche gilt für Orona, wo 72% für den Austritt stimmten. In diesem Fall wurden 1.087 Ja-Stimmen und 470 Nein-Stimmen gezählt. (4)
Ulma hat in einer Mitteilung darauf hingewiesen, dass der Wunsch besteht, "die gegenwärtige Beziehung" mit Mondragon "durch ein neues Modell zu ersetzen". Der Ulma-Verwaltungsrat wird deshalb aufgefordert, "in Zukunft zu versuchen, die Zusammenarbeit mit Mondragon zu fördern, um die Genossenschafts-Bewegung weiterzuentwickeln", und wie bisher weiterhin zu den von der Mondragon Stiftung verwalteten Fonds beizutragen.
Lander Diaz de Gereñu, Präsident der Ulma-Gruppe, betonte, dass "die Mitglieder durch ihre Abstimmung entschieden haben, welchen Weg die Kooperativen einschlagen sollen. Heute haben die genossenschaftlichen Ulma-Gremien einen klaren Auftrag erhalten. Wir sind der Meinung, dass dies am besten durch die Stärkung der Ulma Industrial Cooperative Group erreicht werden kann. Was Mondragon betrifft, so sind wir bereit, bei allen Maßnahmen zusammenzuarbeiten, die diesem erfolgreichen Modell zugutekommen".
Die Bestätigung der Austritte ist ein harter Schlag für das größte baskische Unternehmens-Konglomerat, das somit zwei starke Unternehmen verliert, die 15% des Umsatzes und 14% seiner Beschäftigung ausmachen (11.000 Arbeitsplätze). Nun, da die Scheidung beschlossen ist, kommt die Zeit für das Kleingedruckte. Denn eine jahrzehntelange Beziehung zu beenden, ist nicht ganz einfach, es wird weiterhin Interaktionen und gemeinsame Interessen geben. So haben Orona und Ulma die Absicht, dass ihre Kooperativist*innen weiterhin der Versicherung Lagun Aro Seguros angeschlossen bleiben.
Spannung bei MCC
Die zunehmende Größe des Kooperativ-Unternehmens hat Spannungen zwischen den traditionellen Werten und Idealen und der betriebswirtschaftlichen Wirklichkeit hervorgebracht. So gab es Vorwürfe, dass ausländische Unternehmen in den Konzern eingebunden wurden, den dort beschäftigten Arbeitnehmer*innen aber nicht die gleichen Rechte zugestanden würden. Dennoch waren Ende 2005 noch 81% der 78.455 Arbeitnehmer Vollmitglieder der Kooperativen. Die Schaffung von Arbeitsplätzen hat nach wie vor Vorrang vor Kapitalinteressen. So wurde seit der Gründung der Kooperative im Gegensatz zu anderen Industrieunternehmen kein Stellenabbau durchgeführt. (3)
Unruhe erzeugte ebenfalls die zunehmende Distanz zwischen Management und Arbeitnehmern. Zwar besteht immer noch die Regelung, dass das Führungspersonal maximal das 8-fache des Lohnes einfacher Beschäftigter verdienen darf. Dennoch fühlen sich viele Arbeitnehmer*innen nicht mehr in die Entscheidungs-Prozesse eingebunden und geben auch an, der gemeinsame kooperativistische Gedanke und der Zusammenhalt hätten in der letzten Generation nachgelassen. Einige Genossenschaften haben sich abgespalten, da sie in ihren Unternehmen mehr betriebliche Demokratie durchsetzen möchten.
ANMERKUNGEN:
(1) La crisis de Corporación Mondragon, hoy a votación decisiva, en cinco cuestiones (Die Krise der Mondragon Corporation, die heute vor entscheidenden Abstimmung steht, dargestellt in fünf Fragen), Tageszeitung Gara, 2022-12-16 (LINK)
(2) “Los socios de Orona y Ulma tienen una versión tuneada de lo que está pasando” (Die Partner von Orona und Ulma haben eine andere Version des Geschehens), Tageszeitung El Correo, 2022-12-04 (LINK)
(3) Mondragon Cooperative Corporation, MCC, Wikipedia (LINK)
(4) "Ulma y Orona salen de Mondragon con 80% y 72% de respaldo a la decisión" (Ulma und Orona verlassen Mondragon mit 80% und 72% Unterstützung für die Entscheidung), Tageszeitung Gara, 2022-12-16 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Mondragon Corp. (orona)
(2) MCC (mcc)
(3) MCC-Ulma (ulma)
(4) MCC-Orona (orona)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2022-12-19)