Kinder Hunde Arbeiterklasse
43 bis 49 sind die Namen der Tage die vor uns liegen, es beginnt die neunte Einschlusswoche wegen Coronavirus. Viele Eingeschlossenen haben tausend Wege entwickelt, sich körperlich fit zu halten. Doch niemand kann wissen, welche mentalen Folgen die Erfahrung nach sich ziehen wird. Positive Nachricht: Kinder dürfen wieder auf die Straße – eine Stunde wie die Hunde. Freitag ist der 1. Mai, Internationaler Kampftag der Arbeiterinnen-Klasse. Er wird so flachfallen wie alles in den vergangenen Wochen.
Einzig positive Nachricht der neunten Woche Coronavirus-Einschluss ist die amtliche Erlaubnis, dass Kinder (bis 14 Jahre) wieder auf die Straße dürfen. In einer Woche soll der Rest der Normalsterblichen folgen. Am 1. Mai wird es – wie im Franquismus – keine gewerkschaftlichen Demonstrationen geben.
(2020-04-26)
43. Tag Alarm – 9. Woche C19
KINDER UND ERINNERUNG
Der heutige Sonntag – Beginn der neunten Woche Einschluss – ist Freuden- und Trauertag zugleich. Millionen Kinder dürfen sich freuen, dass sie zum ersten Mal seit dem 15. März wieder auf die Straße dürfen, um Rad zu fahren, zu spielen oder herumzutoben. Trauer trägt wie jedes Jahr am 26. April die Stadt Gernika, die vor 83 Jahren von Nazis, Bomben und Vernichtung heimgesucht worden war. Offenbar wirkte sich die Lockerungsübung für die Kinder in geringerem Umfang auch auf die Gedenk-Aktivitäten aus. Massen waren nicht auf der Straße anzutreffen, nur symbolisch durften sich einige Individuen versammeln, Kränze niederlegen, die Sirene aufstellen und zum zeitgleichen Beginn der Bombardierung lautstark anwerfen. Weit entfernt von Gernika musste ich mich damit begnügen, ein großes Picasso-Bild an den Balkon zu hängen, das alle geschichtsbewussten Baskinnen neben der Ikurriña in einer Schublade aufbewahren. Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.
WIE IM FILM
Anstatt in Gernika die antifaschistische Erinnerung auf die Straße zu tragen wie jedes Jahr am 26. April, findet das Gedenken in diesem Jahr in den häuslichen “Schutzbunkern“ statt, wie ich gelesen habe. Noch so ein Coronavirus-Kollateralschaden. Spanische Soldaten hingegen sind nicht in Schutzräumen, sondern schwadronieren mit stolz geschwellter Brust durch die Straßen von Pamplona und anderswo. Wir sollen uns in diesen Not-Zeiten schon mal an den Anblick gewöhnen, die einzig einleuchtende Botschaft. Dazu passt, dass die Pressekonferenzen der Zentralregierung mit Aktualität zu Corona stets mit Vertretern von Armee und Guardia Civil stattfinden. Nirgendwo sonst in Europa geschieht Vergleichbares. Nicht einmal Erdogan braucht die Terminatoren auf der Presse-Bühne. Nicht nur mir ist das aufgefallen, es hat zu heftiger medialer Polemik geführt und schließlich zur Rücknahme der Uniformierten. Eine Art von Ent-Nazifizierung. Die wissen ja von Beruf aus, was taktischer Rückzug ist. Die Erklärung für deren Präsenz muss in den Tiefen der spanischen Kollektiv-Seele liegen, denn was haben zum Töten ausgebildete Legionäre bei der täglichen Zustandsbeschreibung einer Pandemie beizutragen, außer Peinlichkeiten. Etwa: Man verfolge Falschinformationen, die dem Ruf der Regierung schaden. Oder: Man habe 30 Kilo geklaute Zitronen beschlagnahmt und sie ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben. Haltet den Film an, ich will aussteigen!
ZAHLEN OHNE GEGENPROBE
Navarra: 5.452 Fälle, 434 Tote. Euskadi: 14.315 Fälle, 1.230 Tote, 9.602 Dissidenten. Der urbane Virus: Gasteiz (2.992 Fälle), Bilbao (2.713), Barakaldo (762), Donostia (630), Basauri (446), Getxo (473), Santurtzi (317).
AUCH HALBWAHRHEIT IST LÜGE
Im Baskenland trifft das Kollaterale besonders hart. Unerträglich die Überbringer*innen der täglichen Botschaft: Zahlendame Nekane und Wanderprediger Iñigo. ZDN spult die Masken-, Test- und Todesziffern ab wie die Lottozahlen, um sich bei der ersten Nachfrage in Widersprüche zu verheddern und ärgerlich zu werden, wenn sie beim dreisten Zahlenlügen erwischt wird. Die besten, die meisten, die größten – nur kurze Blicke in internationale Statistiken bringen die Behauptungen zum Einsturz. Peinlich die Krisen-Bewältigung der baskischen Regierung. 300.000 fehlerhafte Masken mussten aus dem Verkehr gezogen werden, als sie bereits in der Verteilung waren. Im mundialen Haifischbecken der Schutzmittel-Produktion wird auf jedes gebrauchte Tampon zurückgegriffen. Als wäre der Steuerausfall nicht schon heftig genug, werden auch noch Millionen an Masken-Betrüger verpulvert.
Schlimmer traf es die Krankenpflegerinnen in baskischen Hospitälern, die ebenfalls mit fehlerhaften Masken “ausgerüstet“ waren und diese teilweise 2 Wochen lang benutzten. Ergebnis: von 2.300 Getesteten hatten 64 den Virus. Einige Betroffene waren fassungslos über so viel Unfähigkeit auf ein Mal. Ich schließe mich an und hoffe auf den Moment, in dem ich aus dem Alptraum aufwache und neben mir jemand sagt: “Du hast das alles doch nur geträumt, wir haben den 16. März und du kommst zu spät zur Arbeit, also steh gefälligst auf!“ Aber nein. Von Idioten umzingelt. Und mitten in dieses Chaos hinein will der oberste baskische Wanderprediger wählen lassen. Pest oder Cholera? Maske oder keine? Guter oder schlechter Test? Die Alternativen sind so schlecht wie nie zuvor.
Von einer anderen Seite der Erdkugel hören wir den mächtigsten Macho der Welt. Er will seinen Untertanen Desinfektionsmittel spritzen, das sei tödlich für den Virus. Damit liegt er nicht schlecht, denn wie sollte das Virus in einer Leiche überleben! Wie im Film! In einem schlechten Film, den ich nach drei Minuten abgeschaltet hätte … wenn ich nicht zur Anwesenheit verurteilt wäre. Ich bin verzweifelt. Olatz
(2020-04-27)
44. Tag Alarm – 9. Woche C19
DIE ARMEN-GRIPPE
Europa und USA sind zwei paar Stiefel. Offenbar auch was das Coronavirus betrifft. In Europa waren es die Vielreisenden, die Händeschüttler, die Multiplikatoren und Gesundheits-Bediensteten, die oben auf der Liste standen, also eher die gutsituierte Mittelschicht der jeweiligen Gesellschaften. Was Beobachter*innen zu dem Schluss verleitete, dass das Coronavirus klassen-übergreifenden Charakter habe. Die Vereinigten Staaten von Amerika stellen diese These auf den Kopf. Im Atlantik-Staat Louisiana (wir erinnern uns: Hurrikan Katarina in New Orleans) sind 30% der Bevölkerung Schwarze, doch unter den Coronavirus-Infizierten und Toten macht die afro-amerikanische Anteil 70% aus. Mit ihnen hatte Macho Trump schon lange nicht mehr gerechnet.
Eine Freundin öffnet mir den Blick über den großen Teich zu den Schwestern und Brüdern in den Communities der von Reichen verlassenen Großstadt, in denen alle zwei Minuten jemand am Virus stirbt. Der Virus konzentriert sich auf Schwarze und Hispanas. In NY zeigt sich, dass die Nachrichten über die Ansteckung von Tom Hanks, Boris Johnson oder Prinz Charles nur Strohfeuer waren, die von den anonymen Massen ablenkten. Der Virus fragt sicher nicht nach dem Kontostand, aber die Reichen in NY traf er nicht in ihren Häusern an.
Längst haben die USA in allen Katastrophen-Statistiken den ersten Platz erkämpft: Ansteckungen wie Opfer. Manhattan ist leergefegt. Die Landkarte der Ansteckungen ist nach Hautfarben geordnet. Die von ihrem Balkon aus einen Blick in den Central Park hatten, sind längst in Privatflugzeugen abgehauen und haben sich Millionenhäuser gemietet auf Long Island, dem üblichen Sommer-Urlaubs-Gebiet der New Yorker. Was sie im Alltag brauchen bringt ein Helikopter für 500 bis 700 Dollar pro Auftrag. Eine wahre Luxus-Quarantäne. Ein Immobilien-Investor verkündet stolz, dass er einem verzweifelten Textil-Magnaten, der den verfaulten Big Apple schnellstens verlassen wollte, für zwei Millionen Dollar ein Luxus-Appartement vermietet hat: 10 Zimmer, 15 Toiletten, Kegelbahn, Kinoraum, Rollschuhbahn, klimatisierter Pool mit Meerblick.
Mitten im Central-Park hat eine evangelistische Organisation, die Hass gegen Schwule predigt, ein Feldhospital aufgebaut, für Kranke im Endstadium – apokalyptisch! Das Verschwinden der Massen von den Straßen hat die Armut sichtbar gemacht. Die Obdachlosen haben nichts mehr, wo sie sich verstecken können. Auch nicht bei Starbucks anstehen, um mal aufs Klo zu gehen. Fast nur sie sind noch auf den Straßen, sie schlafen im Metro-Untergrund, wo sie auf die übrig gebliebenen Arbeiter treffen, die der Arbeit nicht entkommen konnten. Letztere leben zwischen der Angst, krank zu werden und der Angst den Job zu verlieren. Lieferanten prägen das Bild in der Stadt, die niemals schläft.
Die weiter im Kreuzfeuer stehenden Arbeiter*innen sind Angehörige ethnischer Minderheiten. 60% der Putzkräfte sind Hispanos, 40% der Transportleute sind Schwarze. Beide Gruppen tragen mehrheitlich zu den Todeszahlen bei. 34% der Opfer in NY sind Hispanos, 28% Afroamerikaner*innen. Wie die Schwarzen in Louisiana. In dieser Bevölkerungsgruppe sind Diabetes und Bluthochdruck stark verbreitet, als Folge von Junk Food der in Armut Lebenden. Hier leben drei Generationen eng unter einem Dach. Sie liefern Lebensmittel an die Supermärkte und Zahlen für die Statistiken. Kein Zweifel: dieses Frühjahr wird ein grelles Licht werfen auf das Elend des Kapitalismus auf dem Scheiterhaufen der Vergänglichkeit.
(2020-04-28)
45. Tag Alarm – 9. Woche C19
PROPAGANDA MIT DEN TESTS
Von Tag zu Tag wird deutlicher, welch fatales Krisen-Management die baskische Regierung praktiziert. Gesundheits-Nekane erzählt heute eine Geschichte und widerspricht sich selbst am nächsten Tag. “Wir haben bei allen Sanitäts-Beschäftigten Tests gemacht“, sagt sie dumm und dreist. Doch sofort melden sich Stimmen aus den Hospitälern, Ärztinnen und Krankenpfleger, die es besser wissen und die bezeugen, dass im Gegenteil nur wenige Tests gemacht wurden, die Mehrheit blieb ohne. Also rudert Nekane zurück. “Wir haben bei allen Sanitäts-Beschäftigten Tests gemacht – wo es möglich war.“
Ich frage mich, ob solche Unverschämtheiten beim PNV-Wahlvolk in der Erinnerung hängen bleiben. Wahrscheinlich nicht, dafür sorgt der Wanderprediger, der täglich die Wiederöffnung der Industrie fordert und sich beklagt, dass die spanische Regierung sich in regionale Kompetenzen einmischt, das Baskenland sei was Besonderes, man wisse selbst mit der Katastrophe umzugehen, man solle doch die Schulen wieder öffnen, man solle doch die Kinder … undsoweiter.
Nicht dass ich gegen autonome Kompetenzen wäre, im Gegenteil, ich hasse jegliche Art von Zentralismus. Aber das Gesülze des Wanderpredigers (der Ton seiner Reden klingt wie Kanzel) ist falsch und verlogen. Die Diskussion um die Kompetenzen spielt mit nationalistischen Gefühlen, doch das Katastrophen-Management ist überall gleich. Schlecht. Die Forderung nach mehr Entscheidungsrecht ist folglich reine Propaganda, denn die politisch Verantwortlichen haben eins ums andere Mal ihre Unfähigkeit gezeigt. Denn letztendlich ist es wurst, ob die falschen Entscheidungen in Madrid oder Gasteiz gefällt werden.
Im Gegenteil, vielleicht wären wir mit Madrid besser bedient! (… Was für Worte aus meiner Tastatur). Tatsache ist, dass der Virus in anderen autonomen Regionen weit weniger Einfluss hat als im Baskenland. Erinnert sei an den Infektionsherd Krankenhaus in Gasteiz, das Industriegebiet Arrasate-Mondragon, der Industriegürtel im Großraum Bilbao, keine Frage von Kompetenzen, sondern von Krisen-Management.
Nekanes Lieblingsthema sind die Corona-Tests, obwohl das regelmäßig aufs Glatteis führt. Erstens gibt es zu wenig Test-Kits, zweitens ist fraglich, ob überhaupt der Wille besteht, Tests zu machen. Denn wo Test gemacht werden, wird Corona festgestellt. Mediziner*innen spekulieren, dass es im Baskenland drei Mal so viele C19-Fälle geben könnte wie offiziell angegeben. Sie legen Argumente vor. Mit Tests prahlen – ja, Tests durchführen – besser nicht! Wenn heute die Zahl von 14.000 Corona-Fällen im Baskenland in den Medien verbreitet wird, müssten wir also von 42.000 ausgehen.
Eine weitere schmutzige Nummer um die Tests: Vor mehr als einer Woche hat die öffentliche baskische Universität bekannt gegeben, dass dort eine test-Version entwickelt wurde, die eine große Diagnose-Sicherheit bietet. Dieser Test muss offiziell anerkannt werden, das heißt, er braucht eine offizielle Legitimation der regionalen Gesundheitsbehörde. Doch die ziert sich. Warum eigentlich? Wo Tests doch so dringend benötigt werden! Dazu hausgemacht und nicht für Millionen aus China eingeflogen (und dann noch defekt).
Interessanterweise hat ein renommiertes Madrider Wissenschafts-Institut die baskischen Uni-Tests als praktikabel akzeptiert. In Madrid dürften sie also eingesetzt werden. An der Madrider Universität wurden ebenfalls Tests entwickelt, die von der PP-Regierung sofort anerkannt und zum Einsatz freigegeben wurden. Und warum blockiert die baskische Regierung?
Ein kritischer Journalist liefert die Antwort. Wenn eine öffentliche Wissenschafts-Einrichtung Tests entwickelt, ist diese Arbeit mit Steuergeldern bezahlt. Die Behörden können sie zum Wohle der Bevölkerung unter die Leute bringen. Niemand verdient viel daran, und wenn, dann die Universität. Die Journalisten-These: daran hat die baskische Regierung kein Interesse. Besser wäre es – aus deren Sicht – wenn ein privates Wissenschafts-Institut einen ähnlichen Test entwickeln würde. Die könnten dann mit Volldampf auf den kapitalistischen Markt gehen und ihre Ware zu guten Preisen verkaufen. Mit Gewinn an die Investoren. Die offizielle Anerkennung wäre in diesem Fall eine Sache von Stunden, weil irgendein Vetter in der Regierung irgendeiner Kusine im Unternehmen gerne einen Gefallen tut. Genau das ist die Quintessenz der PNV-Politik: Privatisieren, wo es geht, irgendwelche Parteibuch-Kollegen haben eine entsprechende Firma parat, die die Dienstleistung anbietet und kräftig absahnt.
Das ist baskische “Korruption“, das Modell ist nicht illegal, wohlgemerkt. Im Staat greifen Politiker*innen direkt in die Kassen, im Baskenland gibt man sich mit der Light-Version zufrieden. Der politische Preis ist nicht so hoch, die Basis wird bedient und bereichert. Ist nun besser zu verstehen, weshalb mir das Geseiere um die baskischen Autonomie-Kompetenzen derart auf den Wecker geht? Haserre – Olatz
(2020-04-29)
46. Tag Alarm – 9. Woche C19
ENTSPANNUNGSÜBUNGEN
Gespannt sitzen wir alle in den Startlöchern. Heute wurden für bisher geschlossenen Gewerbe “Entspannungs-Maßnahmen“ bekannt gegeben. Nach einem strengen Zeitplan soll alles wieder geöffnet werden: Läden, Kneipen, Kirchen, Museen, Kinos, Theater – die Information ist zu finden auf der Webseite der Zentralregierung. Jeweils mit beschränkter Zahl von Gästen oder Publikum. Das Ganze ist aufgeteilt in vier Phasen, wobei wir uns aktuell in der Etappe vor der Phase Null befinden: einzige Maßnahme ist bisher die Genehmigung, mit Kindern eine Stunde lang auf die Straße zu gehen.
Phase NULL soll am 4 Mai beginnen. Vorgesehen sind: Individuelle Spaziergänge von Erwachsenen über eine Stunde. Die Öffnung von Lokalen und Gewerbe mit vorheriger Terminabsprache und individuellem Service an der Tür, Dienstleistung mit größtmöglichen Schutzmaßnahmen. Training für Profisportler*innen, individuell oder in Teams. Öffentliche Räume werden mit Schutz-Information beschildert. Für den öffentlichen Transport werden Masken empfohlen.
Phase EINS soll am 11. Mai beginnen: Öffnung von Hotels, ohne Gemeinschaftsräume. Neubeginn landwirtschaftlicher Tätigkeit und Fischerei. Religiöse Einrichtungen öffnen mit einem Drittel ihrer Kapazität. Öffnung von Zentren für Hochleistungssport mit verschärften Hygiene- und Schutzmaßnahmen.
Für die Phase ZWEI ist kein fester Termin vorgesehen, “Termin gemäß Situation“ ist die Formulierung, in einer anderen Quelle ist vom 26. Mai die Rede. Gaststätten werden wieder geöffnet, bei einem Drittel ihrer Besuchskapazität, Service nur an Tischen. Genehmigung für Jagd und Sportfischerei. Öffnung von Kinos, Versammlungs-Räumen und Theatern, mit Voranmeldung und einem Drittel der Kapazität. Besuche in Museen, Ausstellungen und Konferenzen bei einem Drittel der Platzkapazität. Kultur-Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit weniger als 50 Plätzen. Kultur-Veranstaltungen unter freiem Himmel mit maximal 400 Stühlen. Religiöse Einrichtungen öffnen mit der Hälfte ihrer Kapazität. Interprovinzieller Verkehr bleibt verboten.
Für die Phase DREI ist regierungs-offiziell ebenfalls kein Termin angegeben, die Alternativquelle spricht vom 10. Juni. Neu beginnen soll die Bewegungsfreiheit. Das Gewerbe öffnet mit 50% seiner Besuchs-Kapazität und zwei Metern Distanz. In der Gastronomie werden die Maßnahmen gelockert, bei strikter Distanz zwischen den Klient*innen.
Voraussichtlich ab 25. Juni wird die “neue Normalität“ ihren (triumphalen) Einzug feiern. Territoriales Kriterium für die Einführung aller Lockerungs-Maßnahmen sind die Provinzen. Das heißt, was in einer Provinz erlaubt ist, kann in der anderen verboten sein, dies wird “asymmetrische Lockerung“ genannt. Die individuelle Distanz wird weiter gelten.
Jede Phase wird abhängig sein vom Erfolg der vorherigen Phase und von der Corona-Situation in Krankenhäusern und in Statistiken. Die Öffnung von Gewerbe und Gaststätten verbessert die Situation der Beschäftigten, die zeitlich befristet gekündigt waren, die aber die finanziellen Leistungen (Arbeitslosengeld), die ihnen formal zustehen, noch nicht erhalten haben.
Wir sitzen in den Startlöchern, kommenden Sonntag dürfen wir zumindest wieder spazieren gehen, ohne ständig über die Schulter nach hinten Ausschau zu halten nach einer anrückenden Polizeieinheit. All das in Erwartung der zweiten Welle Coronavirus.
(2020-04-30)
47. Tag Alarm – 9. Woche C19
KRIEG AN ALLEN FRONTEN
Der Phasenplan der Zentralregierung zur Lockerung der Schutzmaßnahmen im Alarm-Zustand hat überraschend heftige Kritik hervorgerufen. Die baskische Regierung beschwert sich einmal mehr über Einmischung in autonome Kompetenzen und kritisiert vor allem den Stil, in dem Entscheidungen getroffen werden, “ohne vorherige Information, ohne Konsens“. Als Vergeltung will die PNV der nächsten Verlängerung des Alam-Zustands nicht mehr zustimmen.
“Die baskische Regierung hat genug von Madrid und ist offen auf Konfrontationskurs gegangen. Das ist Krieg“, so schreibt die auflagenstärkste baskische Tageszeitung. “Die unilaterale Strategie von Sanchez während der Krise hat die Geduld der Opposition überstrapaziert, dass sogar die Verlängerung des Alarm-Zustand in Frage gestellt wird.“ Der Baske fordert unumwunden das Ende des seit 14. März geltenden Alarms. Seine Begründung: Die Autonome Gemeinschaft sei voll in der Lage, die Lockerungs-Maßnahmen selbst zu dirigieren, ohne Bevormundung durch die Zentralmacht und mithilfe der üblichen gesetzlichen Möglichkeiten. Das werden die sozialdemokratischen Regierungspartner der PNV gar nicht gerne hören. Vielleicht geht Wanderprediger Urkullu bewusst auf Kollisionskurs, mit dem Risiko eines Koalitionsbruchs, um auch die von ihm vorgeschlagenen Wahlen vor dem Sommer zu erzwingen. Damit hat er den Wahlkampf eröffnet.
Kritisiert wird, dass die Bewegungsfreiheit ausgeweitet werden soll auf die Provinzgrenzen, das heißt, innerhalb einer Provinz dürfen wir uns Mitte Mai wieder bewegen, die Grenzen aber nicht überschreiten. Die an der Grenze leben haben dabei natürlich die Arschkarte gezogen. Besonders schlimm ist es für die “Grafschaft“ Trebiño, ein territorialer Anachronismus aus dem Mittelalter. Die “Grafschaft“ liegt von der Provinz Araba umschlossen im baskischen Süden, gehört aber formal zur spanischen Provinz Burgos, zu der sie keinerlei Landverbindung hat. Für die Leute im bevölkerungsarmen Trebiño bedeutet dies, dass sie ihren Ort weiterhin nicht verlassen und ihre Angelegenheiten nicht wie üblich in der nahen baskischen Hauptstadt erledigen dürfen.
Brachiale Kritik auch aus dem Gastronomie-Bereich. Dort können sich viele eine Reduzierung der Besuchskapazität auf ein Drittel oder später auf die Hälfte nicht vorstellen. Mir ist unklar, was diese Leute erwarten! Zurück nach Weihnachten 2019 mit Massen und Enge? Die Situation ist problematisch, kein Zweifel, doch bei manchen scheint der Einschluss mentale Folgen zu haben.
Dialog, Kommunikation und Konsens rücken in immer größere Ferne, Egoismus verschiedener Art treibt frühlingshafte Blüten. Wir dürfen uns von niemand vertreten fühlen, weder von den Nahen noch von den Fernen. Das Hauen und Stechen um die Phasen ist in vollem Gange. Das führt auch zu humorvollen Interpretationen, die das Chaos auf die Schippe nehmen, mit besonderer baskischer Note, versteht sich:
“Das bedeutet, dass die in Phase 1 in Phase 3 eintreten können, wenn sich zeigt, dass sie die Phase 0 mit jemand aus Phase 1 durchgemacht haben, vorausgesetzt allerdings, dass sie in Phase 4 mit jemand aus Phase 2 zusammenleben. Auf den Kanarischen Inseln (mit fast keinen Ansteckungen) laufen die Phasen umgekehrt, sie beginnen mit 4 und enden bei 0. In Katalonien werden die Phasen 2 und 3 übersprungen, um keine Mehrkosten zu verursachen. Die Basken, heißt es, gehen direkt in Phase 5, weil sie die dicksten Eier haben, vor allem die in Bilbao geborenen, die wahren Machos. Die Galizier, weil sie nie wissen, ob sie kommen oder gehen, springen von einer Phase zur anderen hin und her, man kann nie wissen, ob sie sich gerade in Phase 1, 2, 3 oder 4 befinden. Alles klar! Wer noch irgendwelche Zweifel hat … Erste Nachfrage: Und was ist mit den Frauen aus Bilbao? Bisher war nur von Machos die Rede! Zweite Bemerkung: Ich wäre begeistert gewesen, Rajoy bei der Erklärung der Phasen zuzuhören. – Wer Rajoy nie gehört hat, wird den Witz nicht verstehen, hier lachen alle – Olatz
(2020-05-01)
48. Tag Alarm – 9. Woche C19
WAS FÜR EIN 1. MAI
Ein Tag wie alle 47 anderen im Alarmzustand. Die Kapitalisten haben uns da, wo sie uns schon immer haben wollten: wenn schon nicht in der Fabrik, dann wenigstens zu Hause, auf keinen Fall auf der Straße. Der internationale Kampftag der Arbeiterklasse findet im Wohnzimmer statt. Schon die Nazis hätten keine bessere Idee haben können. Ein 1. Mai ohne jeglichen öffentlichen Ausdruck auf der Straße – die Plakate auf den Balkonen zählen nicht! – kommt einem Demonstrationsverbot gleich. Demonstrationsverbote existieren in totalitären Staaten. Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der allgemeinen Bevölkerung, die mit polizeilichen Maßnahmen durchgesetzt werden müssen, deuten auf einen Polizeistaat hin. Auch wenn die Begrenzungen und Verbote noch mit allerlei medialen und humanistischen Schleifchen daherkommen. Es wird schwierig werden, alte Rechte – die schon viel zu mangelhaft waren – wieder zu erreichen. Als wäre das Coronavirus eine Erfindung der Arbeitgeberverbände.
NOTRUF AUS NORD-BASKENLAND
Dass das Baskenland auch eine nördliche und französische Komponente aufweist, ist in den letzten Wochen komplett ignoriert worden. Alle sprechen von Frankreich, Iparralde wird mehr denn je ignoriert. Weil es keine eigene administrative territoriale Einheit ist, gibt es keine Berichte und Zahlen. Deshalb stolpere ich über den Bericht einer Hamburger Journalistin, die im baskischen Sempere (Saint Pée) von der Pandemie überrascht wurde.
“Meine Familie ist in Deutschland. Ich allein in einem alten Landhaus im äußersten Südwesten Frankreichs. Die Grenzen sind dicht. Meine Lieben können nicht zu mir. Als deutsche Staatsbürgerin könnte ich nach Hause fahren. Weil ich über 60 Jahre alt bin, habe auf meine Hausärztin gehört, die mir riet, hier zu bleiben. Im Supermarkt macht man sich überall über die Deutschen und ihr Klopapier-Hamstern lustig … die Franzosen sind nicht anders! Das erste, was nach der Ausgangssperre weg war: Klopapier. Dann gingen Nudeln, Hundenahrung und abgepacktes Brot aus. Wer sich übrigens fragt, wo das deutsche Mehl abgeblieben ist: Es wird während der Ausgangssperre in den französischen Haushalten zu Baguette verbacken. Die Franzosen kauften in der Woche, als sie von der Ausgangssperre erfuhren, 165 Prozent mehr Mehl als sonst. In der folgenden Woche 230 Prozent mehr, dann 160 Prozent, dann 131, und zwei Wochen hintereinander 150 Prozent mehr als üblich. Aber nur der kleinste Teil des Mehls in den Regalen kommt aus Frankreich. Mehr als die Hälfte wird importiert – unter anderem aus Deutschland!
Inzwischen haben sich die Gemüter beruhigt – die Regale im Supermarkt sind wieder voll. Die Senioren dürfen im lokalen Supermarkt immer zuerst zulangen: Zwischen 9 und 11 Uhr ist Zugang nur für Über-70-Jährige. Das erste Mal seit Langem, dass ich gerne ein paar Jahre älter gewesen wäre. Im Internet und auf Plakaten wird neuerdings dazu aufgerufen, verstärkt frische Produkte französischer Bauern zu kaufen: Salat, Spargel, Erdbeeren und Lammfleisch. Da lässt man sich doch nicht lange bitten. Ich lebe wie Gott in Frankreich, das muss ich zugeben.
Allerdings: Etwas eingeschüchtert bin ich schon, nachdem ich mitgekriegt habe, wie die Landbevölkerung auf die Pariser eindrischt. Die Pariser haben nämlich, als die Ausgangssperre drohte, zu Hunderttausenden ihre Stadt verlassen. Jeder, der die Möglichkeit dazu hatte, verkroch sich in das Land- oder Strandhaus, egal ob in das eigene oder in das von Freunden und Verwandten. Auf diese Weise gelangte das Virus erst in die Normandie und in die Bretagne, und langsam nach Süden in unsere Richtung. Die Menschen hier mögen die Pariser ohnehin nicht besonders, jetzt aber sind sie komplett unten durch. Und ich? Ich bin doch noch ausländischer als die Pariser! Ich ziehe den Kopf ein und die Maske hoch und sage im Supermarkt möglichst gar nichts außer Merci. Zum ersten Mal ahne ich, wie unangenehm es sich anfühlen kann Ausländer, Außenseiter zu sein.“
DOCH EIN BISSCHEN 1. MAI
Nach völlig unterschiedlichen Genehmigungs- oder Verbots-Kriterien haben einige baskische Gewerkschafter*innen doch noch den Weg auf die Straße geschafft. Für die meisten blieb nur Video und Internet. Tagesnachricht waren die Zahlen zur wirtschaftlichen Lage der heiligen hispanischen Nation. Schätzungen zufolge werden durch die Coronavirus-Krise 2 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, der allergrößte Teil davon mit Sicherheit äußerst prekär. Das Brutto-Inlands-Produkt werde um 9,2% fallen. Frage ist, wie der Neuaufbau organisiert werden soll und auf wessen Kosten. In den USA der 1930er Jahre wurde die Besitzsteuer auf mehr als 70% erhöht – vergleichbare Maßnahmen sind heute undenkbar. Umso wichtiger die Präsenz von Gewerkschaften auf den leeren Straßen. Mehr oder weniger einig waren sich alle, dass “das Öffentliche Vorrang haben muss vor dem Privaten“. Damit geht es an die heilige Kuh des Neoliberalismus.
Die abertzale Gewerkschaft LAB (Wahlanteil 20%) durfte doch noch mit langen und lautstarken Auto-Korsos durch die Hauptstädte fahren, die Botschaft blieb dabei eher unklar. In Vitoria-Gasteiz ging es am Krankenhaus vorbei, um den Pflegerinnen zu danken, so die TV-Berichterstattung. LAB will nicht zur kapitalistischen Realität zurückkehren, so die Vorsitzende. Wo derzeit die Stadtluft endlich besser wird, stellt sich allerdings die Frage, ob der massive Einsatz von Autos die angemessene Protestform ist. Dieselbe Aktionsform wurde in der Region Navarra übrigens verboten.
Die Mehrheits-Gewerkschaft ELA (35% Wahlanteil) blieb zu Hause, präsentierte jedoch den eindrucksvollsten Diskurs. “Die Krise ist nicht punktuell, sie hat strukturelle Ursachen. Wir kämpfen gegen dieses kapitalistische, hetero-patriarchale und rassistische System“, sagte der Generalsekretär. Diese Worte könnten zu Austritten führen, vielleicht der eine oder andere Polizist. Der Vorsitzende übte wegen der eiligen Wiederaufnahme der Industrie-Produktion heftige Kritik an der baskischen Regierung und wies darauf hin, dass in keiner einzigen Fabrik ein Verstoß gegen die Schutzbestimmungen festgestellt worden sei (trotz gegenteiliger Beschreibungen von Arbeitenden).
Die spanisch-orientierten Gewerkschaften CCOO (Arbeiter-Kommissionen, ehemals kommunistisch, 20% Anteil) und UGT (sozialdemokratisch, PSOE, unter 10% Anteil) äußerten sich zurückhaltend. Letztere verteidigte das Recht der Arbeitnehmerinnen, im Fall vorübergehender Entlassung Arbeitslosengeld zu beziehen, auch über den Corona hinaus. Verteidigen, was ohnehin klar ist – eine überaus bescheidene Forderung, die an den Ursachen der Krise völlig vorbei geht. Die eher kleine linke Gewerkschaft ESK, die Erziehungs-Gewerkschaft STEILAS, die anarcho-syndikalistische CGT und eine weitere Mini-Gewerkschaft schafften in Iruñea-Pamplona doch noch den Sprung auf die Straße. Mit Mundschutz und Hygiene-Abstand wurde still gegen Kapitalismus demonstriert, LAB wurde extra eingeladen, nachdem deren Autoaktion verboten worden war.
In Baiona (frz: Bayonne) im Nord-Baskenland Iparralde, wo andere Regeln herrschen als in Hegoalde, dem Süd-Baskenland, gingen Mitglieder verschiedener Gewerkschafter auf die US-amerikanische Art auf die Straße, in einer Art Rallye: Jede Einzelperson hält ein Forderungsschild hoch, alle sind in Bewegung. Die Polizei kontrollierte die Personalien. ERNAI, die Jugend-Organisation der Abertzalen-Partei Sortu, setzte als einzige auf zivilen Ungehorsam und versammelte sich auf einem der sonst mit Touristen überfüllten Plätze in der Bilbo-Altstadt zum Fototermin mit erhobenen Fäusten. Offenbar blieb der Akt von der Polizei unbemerkt.
(2020-05-02)
49. Tag Alarm – 9. Woche C19
1. MAI – NACHLESE
Abgesehen vom Hinweis auf die Verantwortung des Kapitalismus für die vielen Coronavirus-Toten und die Ablehnung des hetero-patriarchalen Systems wird der 1. Mai 2020 als flau in die Geschichte der kämpfenden Arbeiterklasse eingehen. Apropos Arbeiterklasse: eine linke baskische Tageszeitung widmete in ihrer 1M-Ausgabe den Frauen der Coronavirus-Bewältigung zwei Seiten des immer dünner werdenden Blattes. These: Regierungs-Chefinnen haben die Pandemie-Krise sensibler, effizienter und empathischer gemeistert. Also Frauen an die Macht! (… im Kapitalismus, wohlgemerkt, denn alle im Artikel erwähnten Länder folgen diesem Wirtschaftssystem). Von den 194 derzeit in der UNO beheimateten Ländern werden weniger als 7% von Frauen regiert. Hingegen: Unter den 12 Ländern, die die C-Krise am Besten bewältigt haben, sind sieben Frauen-regiert (… leider fehlt der Hinweis, wer und was die besten 12 auszeichnet).
Die Abwehr-Maßnahmen in diesen Ländern sind geprägt durch frühe und konsequente Interventionen, durch rationale und wissenschaftlich fundierte Entscheidungen, eine von Wahrheit geprägte Kommunikation, sowie einem Diskurs zum Wohle der Schwächsten und Verletzbarsten. Die Rede ist von Norwegen, Neuseeland, Taiwan, Finnland, Dänemark, Island, einer kleinen zu Holland gehörenden Karibik-Insel. Und Deutschland.
Die Premier-Ministerin von Sint Maarten, 240 Kilometer von Puerto Rico entfernt, mit 41.000 Bewohnerinnen, zwei Betten auf der Intensivstation und einer halben Million Kreuzfahr-Touristinnen sah das Unglück über die Reisenden kommen und machte die Luken dicht. “Haltet an, bewegt euch nicht“, war die Botschaft, während männliche Kollegen noch von einer “einfachen Grippe“ sprachen oder die Pandemie vollends ignorierten und auf individuelle Distanz verzichteten. Die junge Chefin in Neuseeland ließ schon Anfang März die Grenzen schließen, als es im Land lediglich sechs Fälle ohne Todesfolge gab. Alle nicht essenziellen Arbeiten sollten aufgegeben werden, Tausende von Tests wurden durchgeführt. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, “schweigend und kollektiv eine nationale Abwehrmauer“ zu bilden. Während der Krise sandte sie empathische Videobotschaften und den Aufruf, sich um die Nachbarn zu kümmern. “Ihre Klarheit und Konsequenz hat das Land mit 4,2 Millionen Einwohnerinnen vor dem Gewitter gerettet: es kam zu 1.476 Ansteckungen und 19 Toten.“
Taiwan schien wegen seiner China-Nähe prädestiniert für die Pandemie. Doch bereits im Dezember, nach den ersten Berichten aus der Volksrepublik, ließ die Regierungschefin alle Flugzeuge vom Kontinent durchchecken, steigerte die Produktion von Schutzmaterial und reduzierte die Flüge von China, Makao und Hongkong. Ohne Einschluss-Maßnahmen kam das 24-Millionen-Land mit 426 Fällen und 6 Toten davon. Anerkennung gab es dafür sogar von der Opposition.
Vier von fünf skandinavischen Ländern werden von Frauen regiert. Ausgerechnet im männerregierten Schweden, das dem britisch-holländischen Modell ohne Einschluss folgte, wurden deutlich mehr Covid-Fälle und Tote verbucht als in Norwegen, Dänemark, Finnland und Island zusammen. Die Dänin reagierte ohne Zeitverlust und mit klaren Anweisungen, Grenzen, Schulen, Kindergärten, Universitäten wurden geschlossen. Bei 5,8 Millionen Einwohnerinnen kam es zu 9.159 Fällen und 452 Toten. Davon kann das Baskenland mit einem Drittel Bevölkerung und dreifacher Totenzahl nur träumen.
Auch in Norwegen mit 5,2 Millionen Bewohnerinnen wurde auf schnelle und strenge Maßnahmen gesetzt. Ergebnis: 7.710 Corona-Fälle und 207 Tote. Ähnliches wird aus Finnland berichtet, in und um die Hauptstadt Helsinki wurden alle nicht-essenziellen Bewegungen verboten: 4.995 Fälle und 211 Tote bei 5,5 Millionen Personen. Die Premierministerin von Island (360.000 Personen) ließ im großen Maßstab Tests durchführen. Dabei wurde festgestellt, dass die Hälfte der Virus-Positiven keine Symptome zeigen. Schnelle konsequente Maßnahmen, bei Verdacht Quarantäne, so blieb es bei 1.797 Infizierungen und 10 Todesfällen.
Bleibt Deutschland mit seiner Gallionsfigur aus dem Osten. Trotz 162.000 Ansteckungen und 6.500 Toten teilt der baskische Schreiber Komplimente aus. Trotz hoher Zahlen (bei 83 Millionen Bewohnerinnen) sei der Todesindex niedriger als in den meisten europäischen Ländern. “Die Regierungschefin, nebenbei gelernte Quantenchemikerin, reagierte schnell, ruhig und mit wissenschaftlicher Pädagogik. Es handele sich um eine große Gefahr, die größte Herausforderung seit 1945, 70% der Bevölkerung könne angesteckt werden. Sie negierte die Gefahr nicht und machte einen ehrlichen Eindruck, den viele männlichen Kollegen vermissen ließen. Sofort wurden Tests durchgeführt, das größte Untersuchungs-Programm Europas, zur Verfügung stand die größte Kapazität an Intensiv-Betten der EU.“ Ungezügelte Komplimente von baskischer Seite. “Bereits 2008 überstand Deutschland die Finanzkrise deutlich besser als andere Länder und nahm trotz aller inneren und äußeren Kritik auch noch eine Million Flüchtlinge auf. Kein Wunder, dass 70% der Bevölkerung die Krisenstrategie ihrer Kanzlerin als positiv bewerten“.
Auch Länder wie Südkorea, Griechenland und Tschechien hätten ihre Arbeit gut gemacht, lobt der Schreiber zwischendurch auch Männer-Regierungen. Was angesichts der Analyse der frauen-spezifischen Pandemie-Strategien in kapitalistischen Ländern fehlt, ist ein Blick in eines der wenigen übrig gebliebenen sozialistischen Modelle. Auf Kuba kam es zu 1.537 Infizierungen (der böse Tourismus) und zu 64 Todesfällen. Auf der Insel leben 11 Millionen Menschen. Im März hat die männergeführte Regierung 50 Ärzte nach Italien geschickt, nachdem die Nachbarn, Freunde und Partner aus der EU abgewunken hatten.
(02-05-2020 – Letzter Eintrag der neunten Coronavirus-Woche im Baskenland, zum Abschluss der siebten Alarm-Woche mit relativer Ausgangssperre. Am morgigen Sonntag erscheint an gleicher Stelle ein neuer Beitrag, der erneut Tages-Ereignisse kommentiert.)
(ERST-PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2020-04-19)