Von ETA zur Realpolitik
Arnaldo Otegi Mondragon (*1958) ist ein baskischer Politiker. In seiner Jugend war er Mitglied bei ETA, auf der Flucht in Iparralde, verbrachte viele Jahre im Gefängnis. Otegi war 10 Jahre lang Abgeordneter im baskischen Parlament und ist seit 2017 Generalsekretär des links-nationalistischen Parteien-Verbunds EH Bildu. Otegi ist eine umstrittene, aber vielbeachtete Figur im spanischen Panorama. Kein Zweifel besteht daran, dass er bei der Beendigung des bewaffneten Kampfes eine maßgebliche Rolle spielte.
Arnaldo Otegi (1958) ist Aktivist und Politiker der baskischen Befreiungs-Bewegung MLNV. Seine Laufbahn ist gekennzeichnet von ETA, Gefängnis und Parlamenten. Trotz seiner früheren Zeit bei ETA beeinflusste er deren Ende im Baskenland stark. Für seine politische Arbeit wurde Otegi fünf Mal verurteilt und verbrachte insgesamt 14 Jahre im Gefängnis. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hob zwei dieser Urteile wegen juristischer Willkür auf.
International bekannt
Arnaldo Otegi dürfte auch im Ausland der bekannteste baskische Politiker sein. In Irland sowieso, aufgrund der historischen Verbindungen zwischen Herri Batasuna und Sinn Fein im Parteien-Panorama und wegen der medialen Treffen mit Gerry Adams, einem der Macher des Karfreitags-Abkommens zwischen Großbritannien und Nordirland. In Deutschland wurde Otegi (vorwiegend in der Linken) durch seine regelmäßigen Grußbotschaften für die Rosa-Luxemburg-Konferenz bekannt, aber auch durch die Übersetzung eines Buchinterviews, das unter dem Titel “ Baskenland – Wege zu einem gerechten Frieden“ erschien.
Im Jahr 2014 erschien ebenfalls in deutscher Sprache “Lichtblicke im Baskenland“, ein weiteres Interview mit Otegi, das der Journalist Fermin Munarriz mit dem damals inhaftierten Otegi führte. Seit 1998, mit der Inhaftierung des Parteivorstands von Herri Batasuna (1) und dem parteiübergreifenden Lizarra-Garazi-Abkommen gehörte Otegi zu den führenden Aktivkräften im Baskenland. Zusammen mit anderen abertzalen Aktivisten einer neueren Generation und dem ETA-Urgestein Josu “Ternera“ Urrutikoetxea (2) arbeitete Otegi unermüdlich (auch aus dem Gefängnis) für einen Strategiewechsel der baskischen Linken. In der Absicht, weder ETA in den Rücken zu fallen noch in der baskischen Linken eine Spaltung zu riskieren. Letzteres ist nur bedingt gelungen. Mit dem Ergebnis, dass sich ETA aufgelöst und die Waffen übergeben hat, dass die baskische Linke mit Sortu wieder eine institutionelle Vertretung besitzt und wieder in den Parlamenten und Stadträten vertreten ist.
Otegi als ETA-Mitglied
Zu Zeiten des sogenannten “demokratischen Übergangs“ im spanischen Staat nach dem Tod des Diktators Franco (Transición, 1975-1979) schloss sich Arnaldo Otegi einem Flügel der Untergrund-Organisation ETA an. 1977 flüchtete er als Aktivist von ETA politico-militar (ETA-pm) nach Süd-Frankreich, nachdem er für die Explosion einer Tankstelle, bewaffneten Raub, Gefangenenbefreiung und Angriff auf eine Militäreinrichtung in San Sebastián verantwortlich gemacht wurde – eine Beschuldigung, für die er nie angeklagt oder verurteilt wurde. (3)
Zu jener Zeit gab es drei unterschiedliche ETA-Gruppierungen: ETA militar (m), ETA político-militar (pm) sowie die Autonomen Antikapitalistischen Kommandos (Comandos Autónomos Anticapitalistas, CAA) (4). Otegis ETA-pm galt als militärischer Arm der damaligen politischen Partei Euskadiko Ezkerra (5). Nach einer Spaltung von ETA-pm gehörte er zu jenen, die sich 1984 der ETA-militar anschloss. 1987 wurde er (nach 1983 zum zweiten Mal) in Iparralde festgenommen und von den französischen Behörden an den spanischen Staat ausgeliefert.
Entführungen und Knast
Im Januar 1989 wurde Otegi von einer ehemaligen Militanten von ETA-pm aus Iparralde beschuldigt, an der Entführung des Ex-Parlamentariers und Generalsekretärs der Partei UCD, Javier Rupérez, beteiligt gewesen zu sein. Von diesem Vorwurf wurde er freigesprochen, weil Rupérez Otegi nicht als Entführer identifizierte (6). Dasselbe geschah im Fall der Anklage wegen der angeblichen Teilnahme an der Entführung von Gabriel Cisneros (UCD-Abgeordneter), einem Vertrauten des letzten Regierungschefs unter dem Diktator Franco, Carlos Arias Navarro.
Verurteilt wurde Otegi schließlich wegen der Entführung des baskischen Unternehmers Luis Abaitua (Direktor des multinationalen Konzerns Michelin in Vitoria-Gasteiz) im Februar 1979, an der er beteiligt gewesen sein soll. Dafür wurde er am 21. Februar 1989 vom Nationalen Gerichtshof Audiencia Nacional (einem Sonderstrafgericht für politische Verfahren) zu sechs Jahren Haft verurteilt. Im Oktober 1990, nach Verbüßung der Hälfte der Haftzeit, wurde er vorläufig wieder freigelassen, allerdings knapp ein Jahr später wieder inhaftiert, um die Reststrafe abzusitzen. Am 4. Mai 1993 wurde Otegi schließlich aus dem Gefängnis in Huesca entlassen. Im Gefängnis machte Otegi einen Universitäts-Abschluss in Philosophie und Geisteswissenschaften.
Otegi in der Politik
Nach seiner Freilassung gewann Otegi an Bedeutung innerhalb der politischen Organisationen der baskischen Unabhängigkeits-Bewegung. Otegi gehörte zu den führenden Mitgliedern der links-nationalistischen abertzalen Partei Herri Batasuna (HB), die als legaler politischer Arm der aus dem ETA-Spektrum übrig gebliebenen ETA-militar galt. 1994 stand er für Herri Batasuna auf der Kandidaten-Liste Gipuzkoa für das baskische Regional-Parlament, ein Jahr später rückte er als Ersatz für eine andere Abgeordnete ins Parlament.
Im November 1997 verurteilte das Oberste Spanische Gerichtshof (Supremo) die 23 Mitglieder des Parteivorstands von Herri Batasuna (mesa nacional, nationaler Tisch) zu sieben Jahren Gefängnis, weil sie versucht hatten, ein ETA-Video als Werbespot für die Parlamentswahlen 1996 zu benutzen, bei dem die sogenannte “Alternatiba Demokratikoa“ als Weg zur Befriedung des Baskenlandes vorgestellt werden sollte (7). Wegen der drohenden und später tatsächlich erfolgten Inhaftierung der Mitglieder des Vorstands wurden Joseba Permach (als General-Koordinator) und Arnaldo Otegi (als Parteisprecher) in die neue 24 Personen zählende provisorische Führung von Herri Batasuna gewählt. (Am 21. Juli 1997 hob das Verfassungsgericht das Urteil des Supremo auf, die verbleibenden 22 in Donostia, Nanclares, Pamplona und Basauri Inhaftierten HB-Politiker*innen wurden freigelassen).
Lizarra-Garazi-Pakt
Am 12. September 1998 nahm Otegi an der Unterzeichnung des Lizarra-Garazi-Pakts teil, in dem zur Lösung des Konflikts der Beginn eines Dialogs ohne "unüberwindbare Vorbedingungen" vorgeschlagen wurde. In einer zweiten Phase sollte ein "dauerhafter Verzicht auf jegliche Gewaltanwendung" gefordert werden (8). Dieser von linken und rechten Parteien sowie der Vereinigten Linken unterzeichnete Pakt und seine Vorschläge führten zu einem Waffenstillstand von ETA. Bei den Regionalwahlen im Oktober 1998 kandidierte Otegi für Gipuzkoa auf der von Herri Batasuna (Volkseinheit) unterstützten Plattform Euskal Herritarrok (EH, Baskische Bürgerinnen).
Mit Juan José Ibarretxe von der christdemokratisch-nationalistischen PNV (9) wurde ein neuer Lehendakari (Ministerpräsident) gewählt, der von der Idee eines mit Madrid paktierten Referendums und dem Recht auf nationale Selbstbestimmung beseelt war. Euskal Herritarrok erzielte die besten Ergebnisse für die abertzale Linke seit zehn Jahren und wurde zur drittstärksten politischen Kraft im Baskenland, derselbe Erfolg konnte bei den Regionalwahlen 1999 in Navarra erreicht werden.
Währenddessen wurde von den Lizarra-Unterzeichnern eine neue Institution ins Leben gerufen: Udalbiltza, eine informelle Versammlung aller im Baskenland, Iparralde und Navarra gewählten Abgeordneten, die mehrfach tagte und den Prozess zur Selbstbestimmung des Baskenlandes ebnen sollte. Doch der Prozess unter den Lizarra-Unterzeichnern gestaltete sich als zäh, die Vereinigte Linke stieg aus (wegen partei-interner Kritik aus anderen spanischen Regionen), die PNV distanzierte sich langsam von Udalbiltza. Schließlich beendete ETA im Februar 2000 den Waffenstillstand mit einem tödlichen Bombenattentat gegen den stellvertretenden Ministerpräsidenten Fernando Buesa von der PSE-PSOE (dem auch dessen Chauffeur zum Opfer fiel) (10).
Nach seiner Wahl ins baskische Regional-Parlament im Oktober 1998 wurde Otegi von der Staatsanwaltschaft des Baskenlandes im August des Jahres 2000 wegen “Unterstützung von Terrorismus“ angeklagt. Er hatte vier Mitglieder eines ETA-Kommandos gewürdigt, die wenige Tage zuvor ums Leben gekommen waren, als eine von ihnen transportierte Bombe im Auto explodierte (Bolueta, 7. August 2020). Dieses Verfahren wurde schließlich eingestellt.
Batasuna: Neugründung, Illegalisierung
Im Jahr 2001 wurde Herri Batasuna als Batasuna neu gegründet, eine Organisation, für die Otegi zum Sprecher gewählt wurde. Bei dieser Neuformierung kam es zu einer Abspaltung von Kräften um Patxi Zabaleta, die die Gewalt von ETA grundsätzlich ablehnten und mit Aralar eine neue Partei gründeten, die in den folgenden Jahren beachtliche Wahlerfolge einfahren konnte. Im selben Jahr begann Otegi, sich insgeheim und informell mit Jesús Eguiguren zu treffen, dem damaligen Vorsitzenden der Baskischen Sozialistischen Partei (PSE – Regionaler Ableger der PSOE), im Bauernhaus Txillarre in Elgoibar (11). Diese Treffen, die bis 2006 andauern sollten, dienten als Ausgangspunkt für Konflikt-Verhandlungen zwischen ETA und der sozialistischen Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero.
Bevor diese informellen Gespräche zu Verhandlungen führen konnten, erlitt Otegis Partei einen derben Rückschlag: Batasuna wurde erst von Richter Garzon per richterlichem Beschluss für illegal erklärt; danach beschloss das spanische Parlament (mit dem Ex-Falangisten Aznar als Ministerpräsident) ein Parteiengesetz, das ausschließlich auf Batasuna zugeschnitten war. Die Partei wurde für illegal erklärt, alle Büros wurden von der Polizei geschlossen, Batasuna gab es nur noch auf der Straße. Die Fraktion im baskischen Parlament nannte sich fortan Sozialista Abertzaleak (Sozialistische Patriotinnen), mit dem Gesetz wurden nicht nur die “Satelliten-Organisationen“ von Batasuna (wie Jarrai, Askatasuna, Gestoras, etc.) verboten, sondern auch jegliche denkbare Nachfolge-Gruppe.
Spanische Wahlen
Die Wahlen zum spanischen Parlament am 14. März 2004 (zwei Jahre nach der Illegalisierung) schienen reine Formsache zu werden, denn den regierenden Postfranquisten von der PP wurde ein sicherer Sieg prophezeit. Doch drei Tage zuvor kam es zu den verheerenden islamistischen Anschlägen in Madrid mit 193 Todesopfern. Aznar versuchte das anfängliche Informations-Chaos zu nutzen und erklärte ETA für verantwortlich für das Massaker. Der baskische Ministerpräsident (ohne konkrete Informationen vorliegen zu haben) folgte diesem makabren Beispiel. Es folgte der Auftritt von Arnaldo Otegi, der in einem Radio-Interview eine Autorenschaft von ETA klipp und klar ausschloss. Er sollte Recht behalten. Trotz der Kürze der Zeit sickerte durch, dass es Hinweise auf islamistische Attentäter gab, die von der rechten Regierung zu verschleiern versucht wurden. Die Wahlprognosen gingen unter wie Blei, der Sozialdemokrat Rodriguez Zapatero gewann völlig überraschend. Otegi musste der spanischen Öffentlichkeit präsentiert werden als der erste, der die Wahrheit ans Licht brachte.
Anoeta-Konferenz
Ein halbes Jahr später (November 2004) nahm Otegi an einem politischen Meeting im Radstadion von Anoeta teil, wo er die Einrichtung von "Dialog-Tischen" zur Lösung des baskisch-spanischen Konflikts vorschlug. Diese Erklärungen lösten heftige Kontroversen aus, es wurde über mögliche Verhandlungen zwischen der spanischen Regierung und ETA spekuliert. In den Medien wurde Otegi zum ersten Mal als "Realpolitiker" bezeichnet. Im Velodrom von Anoeta war er mit einem Olivenzweig in der Hand als Friedenssymbol erschienen. Die baskische Linke betrachtete es als notwendig, “politische“ Fragen von "technischen" zu trennen.
Dahinter steckte die Idee einer "Zwei-Tische-Methode". Nach dem Vorschlag der baskischen Linken sollten die Parteien am ersten Tisch über Politik diskutieren, während ETA und Regierung am zweiten Tisch über "Entmilitarisierung" und die Situation der Gefangenen sprechen sollten. Mit diesem von Otegi propagierten Modell sollte ETA bei Verhandlungen zum ersten Mal der Protagonismus genommen werden. Die Vorbereitungs-Arbeit hinter den Kulissen kulminierte mit dem von ETA im März 2006 verkündeten "dauerhaften Waffenstillstand". Otegi stand wieder im Rampenlicht. Er stand im Einklang mit der PSOE und selbst José Luis Rodríguez Zapatero sagte über ihn, er sei “ein Mann mit einem Diskurs für den Frieden".
Zwischenzeitliche Verhaftung
Im Mai 2005 – mitten in der Zeit der Erwartung von Verhandlungen – wurde Otegi zunächst verhört und dann verhaftet. Erneut wurde ihm vorgeworfen, aktives Mitglied von ETA zu sein, er wurde über die Finanzierung von ETA befragt (Fall der Herriko Tabernas). Anschließend wurde er verhaftet, am nächsten Tag jedoch gegen die Bezahlung einer Kaution von 400.000 Euro wieder freigelassen.
Im November 2005 wurde er vom Obersten Gerichtshof wegen Beleidigung der spanischen Krone zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, aufgrund von Äußerungen, die er im Jahr 2003 gemacht hatte und für die er im März noch freigesprochen worden war. Während eines Besuchs von Juan Carlos I. in Bizkaia, wenige Tage nach der Verhaftung von zehn Mitarbeitern der Zeitung Euskaldunon Egunkaria, die in Kontaktsperre-Haft gefoltert worden waren, hatte Otegi erklärt, dass "der König von Spanien als oberster Chef der spanischen Armee für die Folter verantwortlich ist und unserem Volk sein monarchisches Regime mit Hilfe von Folter und Gewalt aufzwingt". Die Vollstreckung des Urteils wurde 2006 vom Obersten Gerichtshof des Baskenlandes ausgesetzt. Später sah der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Otegis Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt und verurteilte den spanischen Staat 2011.
Am 29. März 2006 ordnete Richter Grande-Marlaska Otegis Inhaftierung an, da er beschuldigt wurde, bei einem Streik am 9. März 2006 im Baskenland und in Navarra zu mehr als hundert Gewalttaten angestiftet zu haben. Einige Tage später wurde er nach Hinterlegung einer Kaution von 250.000 Euro aus dem Gefängnis entlassen. Am 27. April 2006 wurde Otegi von der Audiencia Nacional wegen “Verherrlichung von Terrorismus“ zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt, weil er im Dezember 2003 an der Ehrung des historischen ETA-Mitglieds José Miguel Beñarán “Argala“ teilgenommen hatte (12). Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt, so dass er bis zum Abschluss des Verfahrens nicht inhaftiert werden konnte.
Genf, Oslo, Loiola
Tatsächlich folgten 2006 Verhandlungen zwischen Regierung und ETA in Genf und Oslo (unter vermittelnder Aufsicht der Stiftung Henry Dunant). Gleichzeitig trafen sich im gipuzkoanischen Jesuitenkloster Loiola Vertreter*innen von PNV, PSE-PSOE und der baskischen Linken (alle relevanten Parteien außer der postfranquistischen PP; unter der besonderen Voraussetzung, dass die baskische Linke praktisch illegal war). Otegi leitete die Batasuna-Delegation. Den drei Parteien gelang es, ein Dokument mit dem Titel "Grundlagen des Dialogs und der politischen Einigung" fertig zu stellen. Der Text erkannte die nationale Identität des baskischen Volkes an, sprach sich dafür aus, dass die staatlichen Institutionen die von den baskischen Bürger*innen getroffenen Entscheidungen über ihre politische Zukunft respektieren sollten, und garantierte den baskischen Bürger*innen, dass alle ihre Rechte im internationalen Recht verankert sind. Das Ende des baskisch-spanischen Konflikts schien so nah wie nie.
Doch als manche schon Erfolg melden wollten, ging alles den Bach runter. Batasuna legte in letzter Minute neue Forderungen vor, die die PSE und die PNV für inakzeptabel hielten, die Vereinbarung stagnierte. PNV und Sozialdemokraten vermuteten, dass hinter dem Manöver von Batasuna das "Nein" von ETA zu dem Abkommen stand. Otegi seinerseits behauptete, dass die Linke mit diesen Vorschlägen in letzter Minute lediglich mehr Garantien erhalten wollte. Der Druck der Medien und der Politik war erdrückend, der Dialog geriet ins Stocken. Am 30. Dezember 2006, mitten im Waffenstillstand, während sich Otegi noch mit Eguiguren traf, um die verlorene Sache zu retten, ließ ETA im Terminal 4 des Flughafens Barajas (Madrid) eine Bombe im Lieferwagen hochgehen. Zwei Personen wurden getötet.
Damit hatten die Verantwortlichen von ETA Otegi den Protagonismus wieder abgenommen. Das Problem war, dass bei ETA nicht an einem Strang gezogen wurde. Leute wie der historische Aktivist Josu Urrutikoetxea “Ternera“, mit dem Otegi und Permach bis zur Illegalisierung die Parlamentsbank in Gasteiz geteilt hatten, verhandelten in Oslo im Namen von ETA, gleichzeitig war das operative Potential in den Händen von ETA-Aktivisten, denen an einem Strategiewechsel wenig gelegen war. Urrutikoetxea und Otegi hingen sozusagen in der Luft. In den Medien wurde Otegi, der nach Lizarra zum zweiten Mal mit Verhandlungen gescheitert war, erneut als politischer Führer ohne Einfluss auf ETA bezeichnet. Erst am 5. Juni 2007 verkündete ETA offiziell das Ende des Waffenstillstands. Drei Tage später wurde Otegi zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt.
Wieder in Haft
Am 8. Juni 2007 wurde Otegi wegen “Verherrlichung von Terrorismus“ festgenommen. Das Oberste Spanische Gericht (Supremo) hatte zuvor ein Gerichtsurteil von 2006 bestätigt bei dem er zu 15 Monaten Haft verurteilt worden war. Er hatte 2003 an einer Gedenkveranstaltung zum 25. Jahrestag der Ermordung des ETA-Führers Jose Miguel Bañaran Ordeñana (genannt “Argala“) auf dem nach diesem benannten Argala-Platz in der baskischen Stadt Arrigorriaga teilgenommen. Argala war Mitglied von “ETA-militar“ und unter anderem beteiligt am Attentat auf den designierten Nachfolger Francos, den Admiral Luis Carrero Blanco 1973 in Madrid (13). 1978 war Bañaran einem Mordanschlag der neofaschistischen spanischen Terrororganisation “Batallón Vasco Español“ zum Opfer gefallen. Argala galt vielen baskischen Franco-Gegnern als Widerstandskämpfer, das erfolgreiche Attentat gegen Carrero am 20.11.1975 fand auch in der verfolgten spanischen Linken viel Beifall und war wegweisend für die Entwicklung nach dem Tod des Diktators.
Am 30. August 2008 wurde Otegi nach Verbüßung der Strafe entlassen und erklärte, er sei weiterhin für "Dialog und Verhandlungen" zur Lösung des Konflikts. Während seiner Inhaftierung kam es zu keinen nennenswerten Mobilisierungen, um seine Freilassung zu fordern. Otegi hatte im Gefängnis ein diskretes Leben geführt und Englisch gelernt. Laut Beobachtern der Zeitung El País markierte das Madrider T4-Attentat einen Wendepunkt in Otegis Beziehung zu ETA, da er den Weg der Gewalt als erschöpft ansah und die Ermordung des sozialdemokratischen Lokalpolitikers Isaías Carrasco (7.3.2008) aus dem Gefängnis sehr kritisch sah. Es wurde über Otegis Rückzug aus der Politik spekuliert, von einigen Medien wurde er als “ehemaliger Sprecher“ bezeichnet. “Otegi hatte seine Kritik an den Waffen bereits einige Zeit zuvor mit einer Analyse des baskischen und internationalen Kontextes begonnen, aber nach dem Anschlag begann er, die neue Strategie der Sammlung von Pro-Unabhängigkeits-Kräften um den so genannten Selbstbestimmungs-Pol zu unterstützen, die 2011 in der Wahlkoalition Euskal Herria Bildu (EHB) zum Ausdruck kam.“ (14)
Zweifel
Doch Otegi verließ die politische Bühne nicht. Da die abertzale Linke durch das Scheitern des Verhandlungs-Prozesses frustriert und ihre Fähigkeit zur politischen Initiative durch ständige Verhaftungen und Illegalisierungen eingeschränkt war, leiteten er und der ehemalige Generalsekretär der LAB-Gewerkschaft, Rafa Díez, einen internen Prozess ein, um zum ersten Mal in der Geschichte der baskischen Linken über die Notwendigkeit zu diskutieren, der Gewalt definitiv ein Ende zu setzen. Der Reflexionsprozess gipfelte in einem Dokument, das im Oktober 2009 der Basis zur Diskussion vorgelegt wurde und in dem sich die verbliebene Batasuna-Führung für den "Einsatz ausschließlich politischer und friedlicher Mittel" aussprach.
Im Januar 2009 stellte der Oberste Gerichtshof des Baskenlandes das Verfahren ein, das gegen Otegi und andere Politiker*innen von Batasuna, sowie gegen PSE- und PNV-Politiker wegen eines medial begleiteten Treffens in den Jahren 2006 und 2007 eingeleitet worden war. Die bürgerlichen Politiker hatten sich trotz des illegalen Status von Batasuna mit den linken Politiker*innen getroffen.
Bateragune: Prozess und Haft
Am 13. Oktober 2009 wurde Otegi zusammen mit dem ehemaligen LAB-Chef Rafael Díez Usabiaga und drei weiteren führenden Vertreter*innen der nationalistischen Linken erneut verhaftet und im "Fall Bateragune" angeklagt, weil er angeblich versucht habe, die Führung von Batasuna neu zu organisieren. Diese Verhaftungen führten zu einer der größten Protest-Kundgebungen jener Jahre im Baskenland, zu der die Mehrheit der baskischen Gewerkschaften aufgerufen hatte und die von allen nationalistischen Parteien einschließlich der konservativen PNV unterstützt wurde. Gleichzeitig veröffentlichte die Linke das von den Inhaftierten verfasste Diskussionspapier, in dem zum "Einsatz politischer und friedlicher Mittel" aufgerufen wurde.
Im September 2011 verurteilte die Audiencia Nacional Otegi, Díez Usabiaga, Sonia Jacinto, Miren Zabaleta und Arkaitz Rodriguez zu zehn Jahren Haft und zehn Jahren Ausschluss von öffentlichen Ämtern, weil sie als "ETA-Anführer" agiert hätten über das als Bateragune (bask: Treffpunkt) bekannte Koordinations-Organ. Während des Prozesses lehnte Otegi die Gewalt von ETA kategorisch ab; ETA ihrerseits erklärte im Januar einen "dauerhaften, allgemeinen und überprüfbaren" Waffenstillstand und kündigte im Oktober 2011 (nach der vorher erfolgten internationalen Friedens-Konferenz in Aiete-Donostia) die "endgültige Einstellung der bewaffneten Aktivitäten" an.
Mitte März 2011 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den spanischen Staat zur Zahlung eines moralischen Schadensersatzes in Höhe von 20.000 Euro wegen "Verletzung der Meinungsfreiheit von Otegi" im Fall der "Beleidigung des Königs". Im Juli desselben Jahres sprach ihn der Oberste Gerichtshof in erneuter Verhandlung vom Vorwurf der Verherrlichung des Terrorismus wegen der Huldigung eines langjährigen Gefangenen frei.
Später, im Mai 2012, wurde die Haftstrafe gegen die fünf von Bateragune vom Obersten Gerichtshof auf sechseinhalb Jahre herabgesetzt, da es keine stichhaltigen Argumente dafür gab, sie als Anführer dieser Organisation zu betrachten, und ihre Beteiligung an Bateragune ausgeschlossen wurde. Das Gericht vertrat jedoch die Auffassung, dass sie Teil von ETA seien und deren Richtlinien folgten, um eine Strategie zur Sammlung von Unabhängigkeits-Kräften zu entwickeln. Das Urteil fiel nicht einstimmig aus, zwei der fünf Richter gaben getrennte Stellungnahmen ab, eine Richterin plädierte für Freispruch, eine andere für die Aufhebung des Prozesses. Der gesamte "Fall Bateragune" rief bei den baskischen politischen Parteien (mit Ausnahme der spanischen Rechten) starke Kritik hervor.
Sortu-Gründung
Parallel zum Verfahren gegen Otegi u.a. stellten andere historische Führer der baskischen Linken (Rufi Etxeberria, Iñigo Iruin) das Konzept einer neuen abertzalen Partei der Öffentlichkeit vor (9.2.2011). Die neue Partei sollte alle Kriterien des zur Illegalisierung geschaffenen spanischen Parteien-Gesetzes akzeptieren und sich zu rein demokratisch, gewaltfreien Methoden verpflichten. Die Staatsanwaltschaft beantragte dennoch ein neues Verbot, was im Juni 2012 vom Verfassungsgericht zurückgewiesen wurde. Am 21. Juni 2012, dem Tag nach der Legalisierung von Sortu durch das Verfassungsgericht, forderte Anwalt Iñigo Iruin bei einer Pressekonferenz die Freilassung von Otegi und den anderen vier, weil “die fünf Verurteilten zum Ursprung des gesamten Reflexionsprozesses gehören, aus dem das neue politische und organisatorische Projekt der nationalistischen Linken hervorging, das in Sortu Gestalt annahm".
Nach dem Gründungs-Kongress von Sortu am 23. Februar 2013 wurde Otegi zum Generalsekretär gewählt, ein Amt, das während seiner Haftzeit unbesetzt blieb. Im April 2013 wurde er zusammen mit dem damaligen Vorsitzenden der Baskischen Sozialistischen Partei (PSE) Jesús Eguiguren mit dem Gernika-Preis für Frieden und Versöhnung für "seinen Beitrag zur Erreichung des Friedens im Baskenland" ausgezeichnet. Der Stadtverwaltung von Gernika, die aus Sicht der spanischen Justiz für den Preis verantwortlich war, brachte diese Ehrung ein Verfahren wegen des Verdachts der “Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ ein. Eguiguren nahm den Preis nicht persönlich entgegen, weil Otegi diese Möglichkeit nicht hatte.
Internationale Unterstützung
Während der letzten Inhaftierung gab es mehrere Unterstützungs-Aktionen für die Freilassung der Bateragune-Verurteilten, im baskischen wie im internationalen Rahmen. Daran beteiligten sich prominente Persönlichkeiten wie die ehemaligen Präsidenten José Mujica (Uruguay), Fernando Lugo (Paraguay) und José Manuel Zelaya (Honduras), die Friedens-Nobelpreisträger Mairead Maguire, Adolfo Pérez Esquivel und Desmond Tutu, der Philosoph Noam Chomsky, der Soziologe James Petras, die Pulitzer-Preisträgerin Alice Walker, die afro-amerikanische Aktivistin Angela Davis (die im Februar 2016 einen Versuch machte, Otegi zu besuchen), der Schriftsteller und Filmemacher Tariq Ali und der Oscar-prämierte Schauspieler Haskell Wexler. Außerdem der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark, die ehemaligen politischen Führer Julio Anguita (IU), Jesús Eguiguren (PSE) und der Katalane Josep Lluis Carod Rovira (ERC), die Generalsekretärin von Podemos Andalusien Teresa Rodríguez, die Vorsitzende der Izquierda Castellana Doris Benegas sowie die Abgeordneten Joan Tardà (ERC) und David Fernàndez (CUP), Vertreter des Bloque Nacionalista Galego und Abgeordnete der IU wie Marina Albiol, von der griechischen Syriza, des portugiesischen Bloque de Izquierda, der deutschen Die Linke, der schwedischen Linkspartei und der Scottish National Party. Selbst Baltasar Garzón, der Richter, der Otegi ins Gefängnis schickte, befürwortete seine Freilassung. Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke) besuchte im November 2013 Otegi im Gefängnis in Logroño und kritisierte die strengen Sicherheitsvorkehrungen.
Ebenso unterstützten am 17. Oktober 2015 etwa 18.000 Menschen eine Demonstration in Donostia (San Sebastian), um die Freilassung von Otegi und Díez Usabiaga zu fordern, nachdem die anderen drei im "Fall Bateragune" Verurteilten bereits freigelassen worden waren. Am 26. November stimmte das baskische Parlament mit den Stimmen von PNV und EH Bildu in die gleiche Richtung. Am 1. März 2016 wurde Otegi nach Verbüßung seiner vollen Haftstrafe aus dem Gefängnis von Logroño entlassen.
Aufhebung des Urteils
Zwei Jahre später, am 6. November 2018, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass das Verfahren im sogenannten "Fall Bateragune nicht fair war, weil die Richterin, die dem Gericht der Audiencia Nacional vorstand, nicht neutral war, da "sie Ausdrücke verwendete, die darauf schließen lassen, dass sie sich bereits eine ungünstige Meinung über die Schuld von Otegi gebildet hatte". Am 31. Juli 2020 setzte der spanische Oberste Gerichtshof das europäische Urteil um und hob das Bateragune-Urteil auf. Mit dieser Entscheidung wurde auch die Verurteilung von Otegi zu sechseinhalb Jahren Berufsverbot aufgehoben.
Am 14. Dezember 2020 genehmigte der Oberste Gerichtshof einstimmig die Wiederholung des Prozesses. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das EGMR-Urteil nicht den zu beurteilenden Sachverhalt, sondern das Verhalten einer bestimmten Richterin bewertet hat, so dass eine Aufhebung wegen mangelnder Unparteilichkeit nicht die Unschuld der Angeklagten impliziert. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis nahm Otegi seine Funktion als Generalsekretär bei Sortu ein. Doch nur kurz, denn die aus EA, Alternatiba, Aralar und Sortu bestehende Links-Koalition EH-Bildu befand sich in der Krise. In der Folge wurde er am 17. Juni 2017 zu deren General-Koordinator gewählt. Bei den Regional-Wahlen im Baskenland im September 2016 sollte Otegi Bildu-Kandidat für das Amt des Lehendakari-Ministerpräsidenten sein, das wurde von der Justiz verhindert durch ein fragwürdiges Verbot zur Bekleidung von öffentlichen Ämtern.
Als historische Figur
Arnaldo Otegi ist das Aushängeschild der Generation, die nach der Verhaftung des HB-Vorstands 1997 die Leitung der baskischen abertzalen Linken übernahm. Wie derzeit kein anderer hat er die Gabe, ohne Vorlagen gehaltvolle Reden zu halten und seine Zuhörer*innen zu begeistern und zu überzeugen – der einzige, dem verdientermaßen Charisma nachgesagt wird und der dennoch auf dem Boden bleibt. Otegi ist ein Politiker, der über die politischen Lagergrenzen hinweg für seine Arbeit anerkannt wird. Seine erklärten Gegner oder Feinde halten ihm vor, dass er bei ETA war. Doch gerade das zeichnet ihn aus. Er ist kein Überflieger (wie andere Parteikollegen), sondern kennt die Geschichte aus eigener Erfahrung, er kommt von unten. Obwohl schon 1994 Parlamentarier geworden, klebte er auf keiner Bank, sondern ging den geraden Weg von klaren kritischen Diskursen ohne Abstriche und Übertreibungen, ohne vor möglichen Konsequenzen der spanischen politischen Justiz zurückzuschrecken. Kein anderer baskischer Politiker musste derart viele Verfahren über sich ergehen lassen (oder suchte sie). Die Selbstverständlichkeit, mit der er diese staatlich-juristischen Vergeltungsmanöver über sich ergehen ließ, hat ihm sicherlich auch im Feindeslager heimliche Anerkennung eingebracht.
Otegi, zusammen mit einem Dutzend anderer Aktivisten (wenig Frauen) hat es geschafft, das historische Phänomen ETA abzuwickeln, ohne Gesichtsverlust und ohne eine Spaltung der linken Unabhängigkeits-Bewegung zu provozieren. Die Spaltung kam danach, als der politische Preis der “Befriedung“ langsam deutlich wurde: die Akzeptanz des unsäglichen Parteien-Gesetzes, das jeden Moment gegen jede andere Opposition wieder ausgemottet werden kann (und wird); die de-facto-Auflösung des Gefangenen-Kollektivs EPPK; die Tendenz zur Realpolitik; die Vernachlässigung der Straße zugunsten der Institutionen und Parlamente; zuletzt die Zustimmung zum Haushalt der Sanchez-Podemos-Regierung. Als Konsequenz daraus hat sich in den vergangenen Jahren aus alten und neuen jüngeren Kräften eine neue innerlinke Opposition formiert, die an Sortu vorbei beachtliche Mobilisierungserfolge erzielt.
So groß und stark die linke Unabhängigkeits-Bewegung und ihre Mobilisierungsfähigkeit auch sein mag, die neue Sortu-Partei leidet unter gravierendem Personalmangel, ein Großteil der Mitglieder ist gleichzeitig Funktionsträger, nirgendwo geht Parteikarriere einfacher. Man mag geteilter Meinung sein mit Otegi, Tatsache ist, dass er maßgeblich zu einem historischen Schritt und Schnitt im Baskenland beigetragen hat. Denn die bewaffnete Organisation ETA hatte ihre historische Funktion in zweifacher Weise erfüllt. Erstens als einzig relevante dauerhafte antifaschistische antifranquistische Widerstands-Gruppe (nach den Maquis, die im Baskenland rar gesät waren); zweitens als sichtbares Symbol, dass der spanische Staat nach dem Tod des Diktators keine Demokratisierung geschafft oder erlebt hat, sondern im Gegenteil die franquistischen Mächte in Macht und Würden geblieben sind. Doch spätestens nach dem Aufkommen des Dschihadismus und dem Einsturz der Twin Towers war ETA obsolet und wurde zu einer Belastung für die Entwicklung der baskischen Linken. Otegi und seine Leute haben das erkannt und korrigiert. Zu welchem Preis bleibt offen.
Zur Person
Arnaldo Otegi Mondragon wurde am 6. Juli 1958 in Elgoibar, Gipuzkoa geboren als Sohn von María Dolores Mondragon Sanchez und Ascensio Otegi Sorrondegi, der beim lokalen Nähmaschinen-Hersteller Sigma in der Produktion arbeitete. Otegi wuchs in Elgoibar auf und ist mit María Julia Arregi Gorrotxategi verheiratet, die er seit seinem 18. Lebensjahr kennt, gemeinsam haben sie zwei Kinder. In Haft erwarb Otegi einen Universitätsabschluss in Philosophie, Sprach- und Literatur-Wissenschaft.
Interviews und Bücher mit und über Otegi
Im Jahr 2005 veröffentlichten Iñaki Iriondo und Ramón Sola, Journalisten der linken Tageszeitung Gara “Mañana, Euskal Herria. Interview mit Arnaldo Otegi“; 2007 auf Deutsch erschienen mit dem Titel “Das Baskenland – Wege zu einem gerechten Frieden“ bei Pahl-Rugenstein. / Im Jahr 2012 veröffentlichte der Journalist Fermín Munarriz “El tiempo de las luces. Arnaldo Otegi“; 2014 auf Deutsch erschienen bei PapyRossa unter “Lichtblicke im Baskenland. Ein Interview mit Arnaldo Otegi. / Im Jahr 2012 veröffentlichten Mariano Alonso und Luis F. Quintero, Journalisten des rechten spanischen Internetportals Libertad Digital “Otegi, el hombre nuevo“ (Otegi, der neue Mensch), herausgegeben bei Sepha. / 2015 veröffentlichte der Journalist Antoni Batista das Buch "Otegi, la fuerza de la paz" (Otegi, die Kraft des Friedens), herausgegeben von La Campana. / Otegi wirkte mit bei dem eindrucksvollen Dokumentarfilm von Julio Medem “Haut gegen Stein. La Pelota Vasca“, in dem mit vielen unterschiedlichen Interviews der baskisch-spanische Konflikt geschildert wird.
ANMERKUNGEN:
(1) Herri Batasuna (bask: Volkseinheit), 1986 als Partei eingetragene Koalition verschiedener links-nationalistischer Gruppen mit einem repräsentativen Vorstand (mesa nacional, Nationaler Tisch) von 24 bis 32 Personen, in dem alle baskischen Regionen vertreten sind.
(2) Josu “Ternera“ Urrutikoetxea (1950), historischer Führer von ETA und der baskischen Unabhängigkeit-Bewegung. War an den entscheidenden Schritten zur Auflösung von ETA beteiligt. (LINK)
(3) Basis-Information aus Wikipedia Arnaldo Otegi deutsch und spanisch.
(4) Comandos Autónomos Anticapitalistas: Die Autonomen Antikapitalistischen Kommandos (baskisch: Komando Autonomo Antikapitalistak) waren eine Reihe bewaffneter Gruppen in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren im Baskenland und in Navarra. Sie waren von der autonomen Bewegung inspiriert, zusammen mit Kommandos von ETA-pm, weshalb sie mitunter als Abspaltung von ETA bezeichnet wurden. Spektakulärste Aktion war die Ermordung des sozialistischen Senators Enrique Casas im Jahr 1984. Danach verschwanden sie aufgrund von polizeilicher Verfolgung und Kritik aus dem eigenen sozialpolitischen Umfeld. Die CAA lösten sich ohne offizielles Kommuniqué auf.
(5) Euskadiko Ezkerra, Euskadi-Linke, galt als politischer Arm von ETA político-militar (ETA-pm), vereinigte sich später mit den baskischen Sozialdemokraten von der PSE, was einige ehemalige ETA-Leute in die PSOE brachte. (LINK)
(6) UCD, Unión de Centro Democrático (Demokratische Zentrums Union) war eine politische Koalition und später eine spanische politische Partei unter der Führung des ehemaligen Falangisten-Chefs Adolfo Suárez, die während des “Übergangs zur Demokratie“ eine führende Rolle spielte und zwischen 1977 und 1982 die spanische Regierung stellte.
(7) Alternatiba Demokratikoa (bask), Alternativa Democrática (span): “Demokratische Alternative“ war ein Verhandlungsvorschlag von ETA aus dem Jahr 1995. Der Vorschlag aktualisierte und ersetzte die “Alternativa KAS“ als Mindestvorschlag für die Aufgabe des bewaffneten Kampfes, in dem erneut die Anerkennung von Euskal Herria und die Amnestie der Gefangenen und die Rückkehr der "Exilanten" gefordert wurde. (LINK)
(8) Pakt von Lizarra-Garazi: Der Pakt (bask: Lizarrako Akordioa), auch bekannt als Estella-Abkommen, Lizarra-Pakt und später als Lizarra-Garazi-Pakt, war ein politisches Abkommen, das am 12. September 1998 in der navarrischen Stadt Estella (bask: Lizarra) i unterzeichnet wurde. Der Pakt wurde von allen baskischen politischen Parteien mit nationalistischem Charakter sowie von Ezker Batua, Zutik, Batzarre und der Karlistenpartei Euskalherria sowie verschiedenen Gewerkschaften und Verbänden unterzeichnet, um einen "Dialog- und Verhandlungs-Prozess" anzustreben, der zur Beendigung des bewaffneten Kampfes von ETA führen sollte. (LINK)
(9) PNV: Die Baskisch Nationalistische Partei (Eusko Alderdi Jeltzalea – Partido Nacionalista Vasco, EAJ – PNV) ist die einflussreichste politische Partei im Baskenland. Die Partei ist konservativ-christlich und wirtschaftlich neoliberal ausgerichtet. EAJ/PNV setzt sich für eine ausgeweitete Autonomie bzw. Unabhängigkeit des Baskenlandes ein (Plan Ibarretxe). Hierzu beruft sie sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und will eine mit Madrid ausgehandelte Volksabstimmung durchführen, in der die Bevölkerung des Baskenlandes frei über ihre politische Zukunft entscheiden kann. (LINK)
(10) Fernando Buesa (1946-2000), baskischer Sozialdemokrat von der PSE, Abgeordneter und Vize-Ministerpräsident, im Jahr 2000 mit seinem Chauffeur zusammen von ETA durch Autobombe getötet. Damit ging der Lizarra-Pakt zu Ende.
(11) Jesús Eguiguren (1954), Anwalt und Politiker der sozialdemokratischen PSE-PSOE.
(12) Argala: “21. Dezember: Argala, Carrero”, Baskultur.info (LINK)
(13) Luis Carrero Blanco (1904-1973): spanischer Politiker und Marineoffizier, zuletzt im Rang eines Admirals. Er galt als Graue Eminenz des Franquismus und rechte Hand von Diktator Francisco Franco, von diesem wurde er 1973 als Regierungschef vereidigt. Sechs Monate später starb er durch ein Attentat von ETA. (LINK)
(14) “EL divorcio de la izquierda abertzale” (Die Trennung der baskischen Linken), El País 29.11.2013 (LINK)
ABBILDUNGEN:
(1) Otegi (papyrossa)
(2) Otegi, Adams (wikipedia)
(3) Otegi (wikipedia)
(4) Otegi (elperiodico)
(5) Bateragune (wikipedia)
(6) Otegi (otegi)
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-09-13)