Die unendliche Demokratie
Eigentlich sollten vergangenen Monat Mai nur die Kommunal-Parlamente neu gewählt werden, ein paar Regionen dazu. Doch wurde daraus ein Tsunami, der für die Sozialdemokraten im Desaster endete. Die Folge: vorgezogene Neuwahlen zum spanischen Parlament. Der Kollateralschaden ist vorprogrammiert: nach zwei Monaten Kommunal-Wahlkampf beginnt in direktem Anschluss der Staats-Wahlkampf. Die Zwischenzeit verbringen wir mit neuen Vakuum-Parolen und bittere Zänkereien um die Koalitionen auf kommunaler Ebene.
Ekaina – Juni ist der Monat des Mittsommernachts-Festes, dessen Bedeutung im Baskenland Ostern gleichkommt. Pagane gegen katholische Tradition. Land gegen Stadt. Baskisch gegen Kastilisch. Doch täglich grüßt das Demokra-Tier.
(2023-06-27)
KEINE ARABISCHEN ERDÖL-MILLIONEN
Fußballer sind allgemein bekannt als schlichte Gemüter, die häufig keinen Satz zu Ende sprechen können, aber viel Geld verdienen. Wenn sie nicht gleich wie der brasilianische Star Alves wegen Vergewaltigung im Knast sitzen. Alternde Stars wie Ronaldo oder Benzema lassen sich ihr Rentner-Dasein mittlerweile für hunderte von Millionen im Orient vergolden.
Nicht so Mikel San Jose. Der Kicker aus Navarra hat vor einem Jahr nach einer langen Laufbahn seine Fußballstiefel an den Nagel gehängt. Nach 11 Spielzeiten bei Athletic ging er 2020 für ein Jahr nach Birmingham und ließ die Karriere 2021-2022 bei Amorebieta in der Zweiten Liga ausklingen, im Alter von 33 Jahren. "Mein Körper hält das professionelle Niveau nicht mehr aus, es ist wichtig, sich um sich selbst zu kümmern", sagte er damals.
In dem Interview räumte er kürzlich ein, dass er Angebote hatte, seine Karriere in Saudi-Arabien zu beenden, wie es mittlerweile viele Spieler tun, und mit einem Zweijahres-Vertrag "ein paar Millionen" zu verdienen. San José lehnte diese Angebote jedoch ab. "Für mich ist kein Platz an einem Ort wie diesem. Ich wollte es nicht einmal meiner Freundin sagen, weil ich der Sache nicht noch mehr Bedeutung beimessen wollte", sagte er und fügte hinzu, dass er Fußball spiele, "weil es mir Spaß macht", und dass er "in Ruhe leben möchte“. Vor allem aber: “dass ich sagen kann, was ich will".
In der Tat hat sich Mikel San José neben seiner sportlichen Seite immer auch durch sein Engagement in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens hervorgetan, in der baskischen Kultur oder mit Aussagen zu verschiedenen politischen oder sozialen Problemen, so machte er keinen Hehl daraus, dass er die baskische Selbstbestimmung unterstützt. Das hat ihm im Laufe der Jahre viele Sympathien eingebracht, auch außerhalb der jeweiligen Fangemeinden. Mikel San José ging noch weiter und betonte, dass "ich es nicht verdiene, nur für Fußballspielen so viel Geld zu bekommen". Baskische Schule. Eine solche Haltung verdient Achtung. Nicht alle Fußballer sind gleich.
(2023-06-26)
DAS "FANTASTISCHE" GUGGENHEIM IN URDAIBAI
Die baskische Regierung hält den Plan eines zusätzlichen Guggenheim-Museums in Urdaibai für "fantastisch" und sieht es als Teil eines Entwicklungs-Plans für den Landkreis. Regierungssprecher Bingen Zupiria fordert die Kommunalräte auf, mehr Mittel für die Kultur bereitzustellen, nachdem in den letzten Jahren ein "Rückgang" der Investitionen festgestellt wurde. Kürzlich stellte er im baskischen Parlament den Strategieplan für Kultur bis 2028 vor, der die wirtschaftliche Dimension des Sektors hervorhebt und ihn in den Mittelpunkt der institutionellen Politik stellen will.
Trotz des allgemeinen Charakters des Plans, in dem lediglich von der "Schaffung der Grundlagen" für das Guggenheim in Urdaibai die Rede ist, kam dieses Thema in der Debatte zur Sprache. In der Antwortsitzung nach den Fraktions-Beiträgen bezeichnete der Sprecher den Vorschlag als "fantastisches Projekt", das ein ähnliches Potenzial wie das Museum in Bilbao haben könnte – ob damit Millionen-Besuche im Naturschutz-Gebiet gemeint sind, ließ er offen. Alles laufe im Rahmen eines "Gesamtplans für die Region", an dem alle Institutionen beteiligt sind – eine schlicht falsche Aussage. Denn nur die von seiner neoliberalen Partei dominierten Institutionen ziehen an dem Strang, das Biosphären-Reservat zu einem Kunst-Venedig zu machen.
"Unsere Region war in der Lage, mit dem Bau des Guggenheim-Projekts in Bilbao vor 25 Jahren eine internationale Referenz zu schaffen und dieses kulturelle Element in eine Attraktion für die Wiederbelebung und Erneuerung der gesamten Umgebung des Großraums Bilbao zu verwandeln. Deshalb wäre es großartig, wenn wir auch in der Lage wären, ein Projekt zu erarbeiten, welches das Urdaibai-Gebiet zu einem relevanten Ort macht", sagte der Kulturminister. Auf Kosten aller bisher geltenden ökologischen Prinzipien, sagen seine Widersacher. Zupirias Worte klangen enthusiastischer als bei anderen Gelegenheiten, etwa als er das Projekt aus dem Haushalt für 2023 herausnahm, "weil es nicht ausreichend entwickelt ist". Dass er die Zentralregierung um einen Zuschuss von 25 Millionen bat, ist dabei kein Widerspruch. Politik lebt nicht von Logik, sondern davon, die Bevölkerung zu verwirren und meinungslos zu machen.
Die Beteiligung "aller lokalen Institutionen ist nach den letzten Wahlen vom 28. Mai besonders pikant geworden, weil die linke tourismus-kritische Koalition EH Bildu in der Region deutlich zugelegt hat, und die Rathäuser von Bermeo, Mundaka und Lekeitio eroberte, Ondarroa und Bakio waren bereits vorher in deren Hand. Nur das Manöver in Gernika hat aus der Sicht der rechten PNV Schlimmeres verhindert.
Obwohl noch nicht entschieden ist und erforderliche Öko-Studien noch ausstehen, hat die Regierung bereits 40 Millionen Euro für das Projekt bereit gestellt – noch so ein Widerspruch. Der Beitrag der baskischen Regierung werde sich auf Maßnahmen konzentrieren, die zur Entwicklung der Region Urdaibai im Bereich des Verkehrs (Verbesserung der Bahnanbindung), der Abwasserentsorgung und der Wasserversorgung sowie auf andere Maßnahmen im Umweltbereich beitragen. Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen seien ebenfalls notwendig, und zwar auf "nachhaltige" Weise und im Einklang mit der natürlichen Umwelt. Das klingt vernünftig, ist mit dem Guggenheim-Projekt jedoch auf keinen Fall zu vereinbaren.
Bilanz: Das Projekt ist noch völlig in der Schwebe, die Finanzierung hingegen bereits weitgehend gesichert. Irgendwie, legal oder illegal, wird die Gottespartei das Museumsprojekt schon auf die Beine bringen. Das zeigt eine Jahrzehnte lange Erfahrung.
(2023-06-23)
AUFNAHME OHNE DISKRIMINIERUNG
Die baskischen NGOs "ZEHAR-Errefuxiatiekin und CEAR rufen die baskische Gesellschaft auf, Flüchtlinge, die vor Verfolgung fliehen, ohne Diskriminierungen aufzunehmen. - Am Vorabend des Internationalen Tages der Flüchtlinge und wie jedes Jahr haben die Organisationen Zehar-Errefuxiatuekin und CEAR in Euskadi eine Bestandsaufnahme und Analyse der jüngsten Asyldaten vorgenommen. Als Konsequenz haben sie die baskische Gesellschaft dazu aufgerufen, "Flüchtlinge ohne Diskriminierung willkommen zu heißen". Dies ist das Motto der von verschiedenen Gruppen organisierten Demonstrationen, die am 20. Juni in Bilbao und Vitoria-Gasteiz und am 24. Juni in Donostia stattfinden.
Zudem hat Zehar-Errefuxiatuekin einen Bericht vorgestellt mit dem Titel "Lagoratorio. Diagnose der Diskriminierung von Flüchtlingen und Migranten im Baskenland in Bezug auf den Zugang zu Banken und Wohnraum und polizeiliche Behandlung". Im Jahr 2022 förderte Zehar-Errefuxiatuekin in sechs Gemeinden des Baskenlandes multikulturelle Treffen zwischen Flüchtlingen, Migrant*innen und Einheimischen, um gemeinsam die verschiedenen Diskriminierungs-Situationen zu ermitteln, unter denen Menschen mit unterschiedlicher kultureller Herkunft leiden und die das interkulturelle Zusammenleben behindern. Themen wie Freizeitgestaltung, Wohnen, Zugang zum Arbeitsmarkt, polizeiliche Behandlung und Zugang zu Bankkonten wurden angesprochen.
Die Direktorin von Zehar-Errefuxiatiekin erklärt, dass "diese Stimmen legitim und wichtig sind, da es in einer demokratischen Gesellschaft nicht akzeptabel ist, Diskriminierungen in irgendeiner Weise zu tolerieren. Heute gehen wir auf die Straße, um laut und deutlich zu sagen, dass wir als Gesellschaft darüber nachdenken müssen, wie wir Menschen behandeln, die vor Verfolgung fliehen, und dass wir vor allem die Art und Weise überdenken müssen, wie wir Menschen aufnehmen, ohne sie zu diskriminieren. Denn die Gesellschaft wird so aussehen, wie wir sie jeden Tag gemeinsam gestalten, und zwar ab heute".
Zum Thema Wohnen wird im Bericht festgestellt, dass sowohl Immobilien-Unternehmen als auch Privatpersonen Migranten und Flüchtlingen den Zugang zu Wohnungen oder Zimmern verweigern, die Anmietung erschweren oder minderwertige Wohnungen anbieten.
Darüber hinaus werden verschiedene diskriminierende Praktiken der Polizeikräfte festgestellt: Vertreibung von Menschen auf der Straße, Verhaftungen bestimmter Gruppen, Missbrauch von Befugnissen, Kontrollen und Identifizierungen auf der Grundlage von ethnischem Profiling und Hindernisse beim Zugang zu Verwaltungsverfahren.
Die Eröffnung von Bankkonten ist für Flüchtlinge mit zahlreichen Hindernissen und Schwierigkeiten verbunden, häufig kommt es zu Konten-Sperrungen, was wiederum dazu führt, die sie notwendige und fällige Zahlungen leisten und dass sie keine staatlichen Leistungen erhalten können.
Beispielhaft angeführt wird der Fall von Marie-Ange Bilihe von der Elfenbeinküste, die seit fünf Jahren mit ihrem Sohn im Baskenland lebt. Marie-Ange musste wegen politischer Verfolgung aus ihrem Land fliehen. Nach einem langen Transit durch verschiedene Länder überquerte sie die Straße von Gibraltar auf dem Seeweg, als sie schwanger war. Dort angekommen, beantragte sie Asyl, das ihr Jahre später verweigert wurde. Sie war bereits berufstätig, verlor aber automatisch ihren Job, als sie keine Papiere mehr hatte. Ein Jahr lang versuchte sie, eine Wohnung zu mieten, um mit ihrem Sohn zusammenleben zu können: "Bei den Immobilien-Agenturen war es unmöglich, sie sagten regelmäßig nein, wenn sie mich sahen oder anriefen".
CEAR Jahresbericht 2023
Die territoriale Koordinatorin von CEAR im Baskenland, präsentierte die wichtigsten Schlussfolgerungen des CEAR-Jahresberichts 2023: “Flüchtlinge in Spanien und Europa“, der eine Bestandsaufnahme und Analyse der globalen, europäischen und nationalen Asylzahlen für 2022 enthält.
Laut CEAR "war im vergangenen Jahr das Haupthindernis für das Recht auf Asyl in Spanien weiterhin der Zugang zum Staatsgebiet, sowohl aufgrund der anhaltenden illegalen und regelmäßigen Deportationen an der Südgrenze als auch aufgrund der Transit-Visums-Pflicht für Staatsangehörige aus Konfliktländern wie Syrien, Palästina oder Jemen. Ebenso führte der Mangel an telematischen Terminen zur Eingabe von Anträgen auf internationalen Schutz zu Verzögerungen beim Zugang zum Asylverfahren, wodurch die Flüchtlinge zusätzlich in eine Situation der Schutzlosigkeit gerieten".
(2023-06-21)
DAS LAND DER 1.000-EURO-LÖHNE
Zwei von drei Arbeitnehmer*innen verdienen weniger als 27.000 Euro brutto im Jahr. Nach dem brutalen Anstieg der Inflation liegt das “normale“ Gehalt im spanischen Staat bei 18.500 Euro, nur 15% der Beschäftigten verdienen mehr als 40.000 Euro.
Spanien ist ein Land der mit zynischem Unterton genannten “Mil-Euristas“, also derjenigen, die um die 1.000 Euro pro Monat verdienen. Trotz der guten Wirtschaftslage mit dem stärksten Wachstum in Europa ist das “Normal-Gehalt“ sehr niedrig und reicht nicht aus, um ein Leben ohne wirtschaftliche Engpässe zu führen. Erst recht nicht, wenn die Preise in die Höhe schnellen. Im Jahr 2021 lagen die Gehälter im spanischen Durchschnitt bei 18.502 Euro pro Monat, das sind 1.321 Euro pro Monat in 14 Zahlungen. Praktisch derselbe Betrag wie ein Jahr zuvor, doch die Inflation steigt enorm, beispiellos für die letzten drei Jahrzehnte. So die Daten der jährlichen Lohnstruktur-Erhebung, die vom Nationalen Statistik-Institut INE veröffentlicht wurden. Dabei handelt es sich um Brutto-Einkommen, was bedeutet, was am Ende auf Konto kommt, ist nach Abzug von Beiträgen und Steuern deutlich geringer. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig.
Aber das ist noch nicht alles. Zwei Drittel der Lohnempfänger*innen verdienten weniger als 27.000 Euro brutto pro Monat in einem Jahr, in dem die Inflation Ende Dezember auf 6,5% stieg. Konkret verdienten 64% der Arbeitnehmer bestenfalls 26.740 Euro im Jahr, das Doppelte des branchen-übergreifenden Mindestlohns (SMI), der 2021 bei 13.370 Euro im Jahr liegt. Gleichzeitig verdienten 17,5%, also fast jede Fünfte, weniger als 1.000 Euro brutto im Monat (in 14 Zahlungen). Dieser Prozentsatz steigt auf 25%, wenn Frauen ins Blickfeld kommen, mehr als doppelt so viele wie bei den Männern. Mit anderen Worten: Jede vierte weibliche Arbeitskraft erreicht nicht einmal den Mindestlohn von 955 Euro pro Monat.
Dass die Lohnunsicherheit bei Frauen viel weiter verbreitet ist, führt das INE darauf zurück, dass sie am häufigsten in Teilzeit arbeiten. Einige entscheiden sie sich freiwillig dafür, um Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können, in vielen anderen Fällen finden sie keine Vollzeitstelle.
Aus dieser Statistik geht hervor, dass es im Staat nur eine kleine Minderheit von Arbeitnehmer*innen gibt, die hohe Löhne verdient. Kaum 15% verdienen mehr als 40.110 Euro brutto im Monat, das sind etwas mehr als 2.800 Euro pro Monat (in 14 Zahlungen). Der Großteil dieser Gruppe, fast 9%, liegt in einer Gehaltsklasse zwischen 40.100 und 53.500 Euro im Jahr, während nur 1,4% mehr als 80.000 Euro brutto verdienen.
Die größte Gruppe von Arbeiter*innen verdient zwischen 955 und 1.910 Euro im Monat, fast 47% der Gesamtbevölkerung. Das INE beziffert das am häufigsten bezahlte Gehalt auf 18.500 Euro (563.400 Arbeitnehmer*innen), während das zweithäufigste Gehalt bei 16.500 Euro liegt (560.000 Personen).
Zu viele Lücken
Der am häufigsten bezahlte Lohn lag 7.394 Euro unter dem Durchschnitts-Lohn, der 2021 auf 25.896 Euro anstieg, 2,9% höher als 2020. Dies bedeutet, dass die Arbeitnehmer bereits im Jahr 2021 an Kaufkraft verloren, da die Preise um durchschnittlich 3,5% stiegen. Der starke Unterschied zwischen dem üblichsten Lohn und dem Durchschnittslohn ist darauf zurückzuführen, dass es zwar nur wenige Arbeiter*innen mit hohen Löhnen gibt, diese aber einen starken Einfluss auf den Durchschnitts-Verdienst haben und es daher deutlich mehr Personen mit niedrigen Löhnen gibt.
Dazu kommt die Kluft zwischen den verschiedenen Regionen. Sie ist deutlich größer und erreicht in der Differenz fast 10.000 Euro brutto pro Jahr. So war das Baskenland wieder einmal die autonome Gemeinschaft mit dem höchsten Durchschnittsgehalt: 31.063 Euro pro Arbeitnehmer*in. Deutlich mehr als die 23.393 Euro, die Lohnabhängige in Extremadura verdienten. Neben dem Baskenland liegen auch Madrid (29.512 Euro), Navarra (28.459) und Katalonien (28.145) über dem staatlichen Schnitt.
Dieses regionale Gefälle ist fast doppelt so groß wie das geschlechts-spezifische: Männer verdienen 5.213 Euro pro Jahr mehr als Frauen (28.388 Euro pro Jahr im Vergleich zu 23.175). Der größte Unterschied besteht zudem zwischen den Sektoren: Beschäftigte im Energiesektor verdienen im Schnitt 53.000 Euro pro Jahr, während im Hotel- und Gaststätten-Gewerbe nicht einmal 15.000 Euro erreicht werden.
(2023-06-20)
SCHWEIZER MULTI BEDROHT BASKISCHES MAGAZIN
Das baskisch-sprachige Wochenmagazin ARGIA (bask: Licht) prangert den Zensurversuch eines Schweizer multinationalen Bergbau-Unternehmens an. Das Unternehmen hat das Magazin ultimativ aufgefordert, das Interview mit der guatemaltekischen Journalistin Paolina Albani aus der Webseite zu löschen. Gegenstand des Interviews ist eine internationale journalistische Untersuchung, bei der es um Umwelt-Vergehen des Unternehmens geht.
Die Solway Investment Group mit Sitz in der Schweiz ist eines der größten Nickel-Bergbau-Unternehmen der Welt. Nach der Veröffentlichung des Interviews mit der guatemaltekischen Journalistin Paolina Albani hat das multinationale Unternehmen von der baskisch-sprachigen Zeitung ARGIA neben der Entfernung des Interviews auch die Zahlung von 15.000 Euro gefordert. Die Anwaltskanzlei von Solway in Spanien kündigt an, dass sie das Magazin vor Gericht bringen wird, wenn es der Forderung nicht nachkommt.
"Wir werden das Interview nicht löschen", ist die Reaktion von ARGIA. Die Mitarbeiter*innen des Magazins haben sich auf einer Pressekonferenz zu der Drohung geäußert und den Multi aufgefordert, die Zeitschrift "in Ruhe" zu lassen. Sie haben daran erinnert, dass "Journalismus kein Verbrechen ist". ARGIA ist nicht das einzige Medium, der die Verteidigung des "unabhängigen Journalismus" einfordert. Die interviewte Journalistin arbeitet im Presseverbund Prensa Comunitaria und kam auf Einladung der NGO Mugarik Gabe (bask: Ohne Grenzen) ins Baskenland. Sowohl die Medien als auch die NGO haben ihre Solidarität bekundet. "Sie werden uns nicht vorschreiben, wen wir interviewen dürfen und wen nicht. Wir werden das Geld nicht zahlen", kündigt das Magazin an. "Wenn ARGIA bestraft wird, werden alle Umweltschützer und alle Medien der Welt verlieren", stellten sie fest. Sie riefen daher die Leserschaft, den Presse-Sektor zur Unterstützung auf, sowie all jene, die sich für unabhängigen Journalismus einsetzen.
In dem Interview über den multinationalen Konzern erzählte Albani von einer laufenden Untersuchung, an der 65 internationale Journalisten beteiligt sind, von teilweise renommierten Zeitungen wie El País, The Guardian oder Le Monde. Den Journalisten wurden von unbekannter Quelle acht Millionen Dokumente zugespielt, nach deren Durchsicht sie zu dem Schluss kamen, dass der Schweizer Bergbau-Multi Solway die Berichte über Verschmutzungen seiner beiden Tochtergesellschaften in Guatemala verschwiegen hat, einschließlich des größten Sees des Landes, Izabal."
Albani kommentierte in dem ARGIA-Interview auch, dass die Solway Investment Group das Schweigen der wichtigsten guatemaltekischen Medien gekauft habe. "Diejenigen, die den Mut hatten, darüber zu sprechen, wurden mit Gefängnis bedroht und erhielten Todesdrohungen. Sie werden kriminalisiert, weil sie ihre Arbeit tun", berichtet das baskische Magazin.
(2023-06-19)
FASCHISTEN IN BILBAO 1937
Am 19. Juni 1937, elf Monate nach dem faschistischen Militärputsch in Spanien gegen die legitime Republik, fiel mit Bilbao die letzte baskische Bastion in die Hände der Putschisten. Es zeigte sich, dass weder die unermüdliche Verteidigung noch der “Verteidigungs-Gürtel“ genannte Schutzwall die Übermacht von spanischen italienischen, navarrischen und deutschen Faschisten aufhalten konnte.
Auf dem Rückzug Richtung Santander wurden einige Brücken gesprengt, um den Invasoren den Weg zu erschweren; nicht jedoch die industriellen Anlagen des Großraums, wie einige der Verteidiger vorgeschlagen hatten, um sie der Nutzung durch die neuen Machthaber zu entziehen. Die Republik verlor mit Bizkaia und Bilbao einen wichtigen Bezugspunkt zum nahen Versorgungs- und Fluchtpunkt in Süd-Frankreich und die Mehrheitspartei im verbliebenen Baskenland, die PNV, verlor die Hoffnung.
Der Fall von Bilbao brachte auch ein politisches Problem mit sich, denn mit dem Fall der letzten baskischen Provinz in die Hände Francos war für die meisten Mitglieder der baskischen Armee (Eusko Gudarostea) und der PNV der Kampf sinnlos geworden, was sich während des Kampfes um Santander und in der anschließenden Kapitulation von Santoña zeigte. Die hatten Euskadi verteidigt, aber letztendlich nicht die Republik. Während sozialistische und anarchistische Soldaten nach Osten zogen, um weiterhin gegen die Franquisten zu kämpfen, endete das Engagement der konservativen Basken in Santander, was ihnen den Vorwurf des Verrats einbrachte.
Vor dem endgültigen Abzug ließ der baskische Befehlshaber Leizaola die rechten politischen Gefangenen an die Invasoren übergeben, als Zeichen des guten Willens, aber vergebens, die Brutalität der Sieger hatte keine Grenzen. Bilbao verwandelte sich in eine Stadt der Gefängnisse, Konzentrationslager, der Massenerschießungen und Repression gegen alle “Verräter“.
(2023-06-18)
DER SCHUTZLOSE REPORTER
Pablo González ist seit 15 Monaten in Polen inhaftiert. Der Generalverdacht lautet Spionage für Russland, Beweise wurden nie vorgelegt, weil es sie möglicherweise gar nicht gibt. So gut wie keine Familienbesuche, minimalster Rechtsbeistand – das ist europäische Justiz. Pablo beklagt das Fehlen einer konkreten Anklage und die Tatsache, dass die polnische Regierung offenbar mehr weiß, als sie zugibt.
Das Fehlen einer konkreten Anklage hindert den baskischen Journalisten Pablo González, sich vernünftig zu verteidigen, das sagte ein Familienmitglied nach einem der sehr seltenen Besuche. Oihana Goiriena, Lebensgefährtin des in Polen inhaftierten baskischen Journalisten Pablo Gonzalez, konnte ihn nach sieben Monaten erst zum zweiten Mal besuchen. Begleitet wurde sie von ihrem ältesten Sohn und Pablos Mutter.
Goiriena erklärte, dass "es Pablo körperlich gut geht, auch wenn die Einzelhaft ihren psychologischen Tribut zu fordern beginne". Sie hoffe, dass dieser Besuch "seine Entschlossenheit gestärkt hat, diese ungerechte Situation zu überwinden". González kann nur eine Stunde pro Tag in den Innenhof gehen, er hat fast keine Besuche und keinen Zugang zu Büchern, Lese- und Studienmaterial.
Sein psychischer Zustand wird beeinflusst durch das Fehlen eines konkreten Vorwurfs, mit dem er eine Verteidigung organisieren könnte. Laut Goiriena "entmutigt ihn am meisten, dass Polen nach mehr als 16 Monaten noch keine konkrete Anklage vorgebracht hat und dass sie ihn nur deshalb im Gefängnis halten, weil sie ihn für einen Verbreiter prorussischer Nachrichten halten. Jeder, der seine Arbeit kennt, kann bestätigen, dass dies nicht der Fall ist". Stattdessen wird Pablo weiter bedroht, unter anderem durch Äußerungen des Außenministers Bogdan Aurescu, der sagte, die Fakten seien "sehr ernst". "Es scheint, dass der Minister über mehr Informationen verfügt als Pablo und seine Anwälte, das Schlimmste und Schwerwiegendste ist die Schutzlosigkeit, in der er sich befindet", so Goiriena.
Früheren Informationen zufolge wird ihm allgemein der Vorwurf der Spionage gemacht, der nach dem polnischen Strafgesetzbuch mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden kann, auch wenn die Vorwürfe vage bleiben, solange sie nicht näher spezifiziert werden. González zeigte sich während des Besuchs seiner Familie sehr dankbar für "die vielen Solidaritätsbekundungen, die uns viele Menschen in all diesen Monaten entgegengebracht haben, und über die unermüdliche Unterstützung der Leute von FreePablo, denen wir zu großem Dank verpflichtet sind". Goiriena fügt hinzu, dass es auch für seinen ältesten Sohn, "der jetzt alt genug ist, um die Situation zu verstehen und sich ihr zu stellen, positiv war, Pablo wiederzusehen, wenn auch in Gefängniskleidung.
Abgesehen von dem Familienbesuch konnte sich der baskische Journalist mit seinem Anwalt Gonzalo Boye treffen, der bereits im vergangenen März darauf hingewiesen hatte, dass der Zugang zu den Gerichtsakten sehr eingeschränkt ist, so dass das Recht auf eine effektive Verteidigung ausgeschlossen ist. "Wir vertrauen darauf, dass wir nicht weitere sieben Monate warten müssen, um ihn wiederzusehen, und wir werden weiterhin darauf bestehen, dass sein Recht, seine Familie anzurufen, regelmäßig mit seinen Kindern zu sprechen und einen fairen Prozess zu bekommen, anerkannt wird", betonte Goiriena.
(2023-06-15)
KEIN GUGGENHEIM URDAIBAI
Die Initiative “Guggenheim Urdaibai Stopp“ ruft dazu auf, das “umwelt-aggressive“ Projekt eine zweigeteilten neuen Museums im Biosphären-Reservat zu stoppen. Verschiedene Gruppen aus Busturialdea haben sich in Gernika vorgestellt, um die verschiedenen am Projekt Guggenheim Urdaibai beteiligten Verwaltungen aufzufordern, das Projekt zu überdenken und die aggressive Infrastruktur zu stoppen. Sie kritisierten den Mangel an Transparenz, was die entsprechenden Entscheidungen anbelangt. Beklagt wurde der Mangel an Informationen über die Pläne der verschiedenen Instanzen, die am Projekt beteiligt sind: baskische Regierung, Guggenheim-Aufsichtsrat, Provinz, Landkreis. Sie fordern eine öffentliche Debatte über die Notwendigkeit einer solchen Infrastruktur.
Die Gruppen werfen der Verwaltung einen Mangel an Transparenz vor und fordern, dass über jede Art von Verfahren im Zusammenhang mit dem Projekt öffentlich informiert wird. “Guggenheim Urdaibai Stopp“ kündigt an, dass alle verfügbare Information veröffentlicht werden wird, damit die Öffentlichkeit sich ein Bild machen kann. Kritisiert wird, dass bisher nur einige Details des Projekts bekannt sind und dass die Bearbeitung der Teilpläne zur Unterbringung des Guggenheim Urdaibai hinter dem Rücken der Öffentlichkeit erfolgt. Bislang wurden lediglich städtebauliche Einsprüche bekannt, um das Projekt zu bremsen.
Brief an die Guggenheim-Stiftung
Darüber hinaus haben 22 Personen aus der Anlieger-Gemeinde Busturialdea im Februar einen Brief an die Guggenheim-Stiftung geschickt, in dem sie ihre Besorgnis über die "Besetzung" von Land im Biosphären-Reservat zum Bau dieser umstrittenen Infrastruktur zum Ausdruck bringen. Sie erinnerten daran, dass Urdaibai ein einzigartiger Naturraum an der baskischen Küste sei. In diesem Sinne stellen sie die Frage, ob die Betreiber ein ähnliches Projekt auch in Yosemite oder Yellowstone unterstützen würden. Sollte an der Idee eines weiteren Museums festgehalten werden, dann sollten die Betreiber doch einen geeigneteren Standort suchen, der keine Verstöße gegen Umwelt- und andere Gesetze beinhaltet.
Die Plattform hat darauf hingewiesen, dass die letzten Kommunalwahlen (28. Mai) die politische Landkarte in Busturialdea neu gezeichnet hat, mit neuen Mehrheiten. Deshalb müsse das gesamte Projekt überdacht werden. Die Gruppen sind sich darüber im Klaren, dass dies nicht der Zeitpunkt ist, um die Bulldozer anrollen zu lassen und mit der Vergabe von Bau-Aufträgen zu beginnen. Vielmehr sei es notwendig, bei Null zu beginnen und die Notwendigkeit des Guggenheim Urdaibai in Frage zu stellen. Die beteiligten Gruppen sehen die Notwendigkeit eines sozio-ökonomischen Plans für Busturialdea, der den Bedürfnissen der dort Lebenden Rechnung trägt. Sie fordern, dass der Name der Stadt Gernika angesichts seiner weltweiten historischen Bedeutung mit Respekt behandelt und nicht mit einer Museum-Zweigstelle in Verbindung gebracht wird.
(2023-06-14)
DAS FASCHISTEN-TAL VERLASSEN
"Wir verlangen nichts Außergewöhnliches, wir wollen nur die Leichen unserer Angehörigen bergen." Gemeint sind die Leichen zweier baskischer Kriegsopfer, die seit vielen Jahrzehnten im unsäglichen “Tal der Gefallenen“ bei Madrid begraben sind, dem monströsen Mausoleum von Diktator Franco. Jasone Aretxabaleta und Iñigo Artetxe haben ähnliche Geschichten gemeinsam. Beide haben Angehörige, die vom Franco-Regime illegal im Valle de los Caidos – so heißt das Tal der Gefallenen – verscharrt wurden. Beide gehören zur kleinen Gruppe von Menschen, die von der Regierung informiert wurden, dass die Exhumierungs-Arbeiten bereits begonnen haben.
Man schätzt, dass sich in den Krypten die Überreste von rund 33.000 Opfern befinden. Erst wollten die Franquisten dort nur faschistische Gefallene beerdigen, dann war zu viel Platz übrig und es wurde begonnen, auch republikanische Kriegstote, erschossen oder im Kampf, dort einzulagern. Ohne die Familien zu fragen oder zu informieren. Nun begannen die Arbeiten zur offiziellen Identifizierung von 128 Opfern, von denen 40 baskischer Herkunft sind. Darunter auch Alesander Aretxabaleta und Benito Artetxe.
Der aus Markina stammende Alesander Aretxabaleta war kaum 16 Jahre alt, als der Bürgerkrieg ausbrach. Eine Zeit lang war er für die Essens-Ausgabe an die baskischen Gudari-Soldaten zuständig, bis sein Vater Txomin und sein Onkel Hilario verhaftet wurden. Letzterer wurde erschossen, während sein Vater inhaftiert wurde. Alesander wurde gesagt, der Vater werde freigelassen, wenn er mit Francos Truppen kämpfe. Doch dieses Versprechen wurde nie eingelöst. Mit 18 Jahren starb er im Kampf in Lleida. Sein Vater kam erst einige Jahre später aus dem Gefängnis.
Lange Zeit war davon ausgegangen worden, dass Alesander in seiner Heimatstadt beerdigt werden würde. Das änderte sich, als seine Familie 2019 die vom Institut für Gedenken der baskischen Regierung (Gogora) veröffentlichte Liste überprüfte. Offenbar waren seine sterblichen Überreste 1963 ungefragt von Lleida nach Madrid überführt worden. "Wir wissen immer noch nicht genau, wie er dorthin gekommen ist. Wir sind uns zu 100% sicher, dass er in Markina (Bizkaia) begraben wurde, aber von dort ... Das war nichts Außergewöhnliches", sagt Jasone, die sich bewusst ist, dass die Ankündigung der Regierung von Pedro Sánchez nur ein Schritt ist auf einem Weg, der weiterhin kompliziert bleibt.
Das Team von Forensiker*innen, zu dem auch Paco Etxeberria gehört, arbeitet in einem komplizierten Umfeld. Die meisten der Gruften sind aufgrund der Feuchtigkeit in einem beklagenswerten Zustand. Viele der Leichenkästen sind zerbrochen, die Überreste der Leichen sind durcheinander. Es gibt fünf Stockwerke mit Sammelgräbern, die wegen Einsturzgefahr abgestützt werden mussten. Die Operation wird also lange dauern. "Wir waren uns dieser Komplexität bewusst, aber jetzt wollen wir sie einfach nur noch rausholen", betont Jasone, der es ähnlich geht wie Iñigo Artetxe.
Seine Geschichte ist die seines Großonkels Benito. Er wurde 1909 in Amorebieta geboren, kämpfte in einem ELA-STV-Bataillon, geriet in Gefangenschaft, war in Puerto de Santa María und starb laut Sterbeurkunde im Dezember 1937 in der Stadt Cella in Teruel (Aragon). Wie er dorthin kam, bleibt unbekannt. Auch, zu welchem Zeitpunkt er ins Gefallenen-Tal gebracht wurde. Mehrere Jahre lang dachten Iñigo und seine Familie, er sei in einem Massengrab in Cella begraben, wo die Leichen von tausend von Francos Truppen erschossenen Republikanern entsorgt wurden. Wie im Fall von Alesander Aretxabaleta wurde der wahre Ort erst bekannt, als Gogora die Liste der in Madrid begrabenen Basken veröffentlichte. Jetzt kommt die Exhumierung.
"Soweit es geht"
"Wir haben eine Mail vom Staatssekretär für demokratische Erinnerung erhalten, in der uns mitgeteilt wird, dass der Prozess begonnen hat. Das ist eine gute Nachricht. Das Problem sind mindestens zwei Damokles-Schwerter, die alles in Frage stellen könnten", erinnert Iñigo Artetxe. Zum einen verweist er auf den schlechten Zustand der Krypten. Er macht sich keine falschen Hoffnungen, eher das Gegenteil. "Dass sie die Überreste finden und dann identifizieren, ist nicht irgendein Vorgang, es wäre ein Wunder".
Jeder vom Forensik-Team gefundene Knochen wird mit DNA-Proben verglichen, die von den Angehörigen hinterlassen wurden. Aus Martínez' eigener Mail geht hervor, dass die "Intervention so weit wie technisch möglich" durchgeführt werden soll. Das nächste Problem ist die Zeit. Es droht ein Regierungswechsel, die Rechte-Ultrarechte steht vor der Tür. "PP-Chef Feijóo hat bereits gesagt, dass er diese Dinge stoppen wird, wenn er an die Regierung kommt. Umso mehr, wenn er Hand in Hand mit den Faschisten von Vox kommt". Aber falls alles gut geht, die Familie von Benito Artetxe hat bereits einen Platz auf dem Friedhof von Amorebieta für ihn reserviert.
(2023-06-12)
POLIZEI UND RASSISMUS
Von der Gesamtzahl der Beschwerden über institutionellen Rassismus hatten 83% mit der Polizei zu tun. Dies geht aus dem Bericht "Diskriminazioaren ahotsak - Die Stimmen der Diskriminierung" hervor, der von der antirassistischen Gruppe SOS Racismo erstellt wurde und in dem die Fälle von Rassismus, die im Büro von SOS in Bilbao im Jahr 2022 eingegangen sind, aufgelistet werden. Der Bericht erfasst die Erfahrungen der Personen, die sich im vergangenen Jahr an die SOS-Informations- und Beschwerde-Stelle gewandt haben, um Gewalt, Aggression und Diskriminierung aus rassistischen Gründen in Bizkaia zu melden. Daneben werden die von der Gruppe im Laufe des Jahres geleistete Arbeit und ihre Überlegungen zu den Privilegien weißhäutiger Personen und zum Antirassismus in der Bildung in Zahlen zusammengefasst.
SOS erklärte, dass mit diesem Bericht die Situation und die diskriminierende Behandlung von Rassismus-betroffenen Menschen, Migranten und Roma in der Provinz angesprochen werden. Ihre Ziele konzentrieren sich daher auf den Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, die Anprangerung der Praktiken und Einstellungen, die diese legitimieren und rechtfertigen, die Förderung der Verteidigung der Menschenrechte sowie die Förderung von Gleichberechtigung, Geschlecht, Würde und sozialer Gerechtigkeit. Auch die Beeinflussung der öffentlichen Politik, die zu einer solchen Gleichberechtigung beiträgt, und die Unterstützung von Netzwerken und Bildungsmaßnahmen, die den sozialen Wandel fördern, um nur einige zu nennen.
Neben einem Überblick über die im Jahr 2022 durchgeführten Mobilisierungen wird in dem Bericht erläutert, dass in diesem Jahr 34 formelle Beschwerden wegen Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft eingegangen sind. Davon betrafen 35% der Fälle institutionellen Rassismus. In 21% der Fälle kamen die rassistischen Akteure aus der Nachbarschaft der Opfer. In 20% der Fälle waren es Privatpersonen. 12% der Fälle betrafen arbeitsbedingten Rassismus. 9% betrafen private Sicherheitsdienste. 3% der Fälle Rassismus ereigneten sich schließlich in Geschäften.
Aus dem Bericht geht ferner hervor, dass von den insgesamt eingegangenen Beschwerden über institutionellen Rassismus 83% auf polizeilichen Rassismus zurückzuführen sind. "Die Polizei ist nach wie vor die Hauptverursacherin von rassistischer Diskriminierung", heißt es in dem Bericht. Dabei wurden 70% der Fälle von der Ertzaintza und die restlichen 30% von der Stadtpolizei verursacht. In dem Bericht heißt es, dass diese Beschwerden aufgrund von körperlichen Angriffen, rassistischen Beleidigungen, Kontrollen aufgrund von ethnischem Profil, illegalen Praktiken (z.B. Diebstahl eines Mobiltelefons ohne Grund, um die Bilder zu löschen), Machtmissbrauch oder ungerechtfertigten Geldstrafen eingereicht wurden.
Anhand dieser und vieler anderer Daten lassen sich Fragen beantworten wie zum Beispiel: Welche Art von Übergriffen ist am häufigsten? Wie viele Fälle werden verfolgt? Wer sind die Hauptakteure der Diskriminierung und welche Gruppe oder Gemeinschaft ist am ehesten von rassistischen Übergriffen betroffen? Nach der Auswertung der Antworten ist sich die Gruppe SOS Racismo darüber im Klaren, dass es notwendig ist, auch in diesem Jahr "die Notwendigkeit zu bekräftigen, das antirassistische Bewusstsein in allen Bereichen zu beeinflussen und zu fördern: auf persönlicher, sozialer, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Ebene".
(2023-06-06)
EHRUNG FÜR DEN FOLTERER
“Ehrung für Billy the Kid" ist sowohl ein Theaterstück wie auch eine Hommage an die Opfer des Franquismus, unter einem sarkastischen Titel. Das Stück lässt auf der Bühne Frauen und Männer zu Wort kommen, die von dem spanischen Polizisten Pacheco gefoltert wurden. “Ehrung für Billy the Kid" (Original: Homenaje a Billy El Niño) ist ein Versuch, denjenigen eine Stimme zu geben, denen sie eines Tages verwehrt wurde: den Männern und Frauen, die von dem spanischen Polizisten Antonio González Pacheco gefoltert wurden. Das Stück wird in Bilbao am 23. Juni um 19:30 Uhr aufgeführt.
"Es ist ein Werk, das die Spuren unserer Vergangenheit zeigt: Im Juli 1977 wurde Antonio González Pacheco, ein spanischer Polizist, der als 'Billy the Kid' bekannt war, mit der Silbermedaille für polizeiliche Verdienste ausgezeichnet. Und der Minister, der die Initiative ergriffen hatte, Rodolfo Martín Villa, benannte die Verdienste des Polizisten für Francos Staat und den demokratischen Übergang und deutete an, dass dessen berufliche Laufbahn der jungen Demokratie zu Gute kommen würde."
"Die bei dieser Ehrung nicht mit im Bild waren, waren die Männer und Frauen, die von Billy El Niño gefoltert wurden, aus diesem Grund wird ihnen hier eine Stimme gegeben: damit sie sich an ihre Geschichte erinnern und dazu beitragen, all die Gewalt sichtbar zu machen, mit der auch der sogenannte demokratische Übergang befleckt war."
Am 18. September 2013 erließ die argentinische Richterin María Servini einen internationalen Haftbefehl gegen Pacheco und vier weitere ehemalige Mitglieder der Franco-Sicherheitskräfte. Er wurde von der argentinischen Justiz wegen des Verbrechens der Folter, zwischen 1971 und 1975 an dreizehn Personen praktiziert, auf der Grundlage einer Klage ehemaliger Gegner der Franco-Diktatur zur Fahndung ausgeschrieben. Im Hinblick auf eine mögliche Auslieferung entzog ihm die Audiencia Nacional in Madrid am 5. Dezember den Reisepass und ordnete an, dass er sich wöchentlich vor Gericht zu melden habe. Im April 2014 lehnte die Audiencia Nacional die Auslieferung von González Pacheco mit der Begründung ab, dass die Folterverbrechen "weitgehend verjährt" seien, was der juristischen Argumentation der Richterin Servini widerspricht.
Am 10. Mai 2018 forderte die Vereinigung für die Wiederherstellung der historischen Erinnerung das Innenministerium auf, die 1977 verliehene Verdienstmedaille der Polizei zurückzuziehen, was von Minister Juan Ignacio Zoido abgelehnt wurde. Nach dem Regierungswechsel beschloss der neue Minister Fernando Grande-Marlaska, die Prüfung des Antrags wieder aufzunehmen. Am 7. März 2019 gab ein Madrider Gericht der Klage von Miguel Ángel Gómez statt, vertreten durch die Plattform der Opfer des Franquismus CEAQUA, wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit.
Billy El Niño (Pacheco) starb am 7. Mai 2020 im Alter von 73 Jahren in Madrid an Covid, ohne dass ihm der Prozess gemacht wurde. Nach seinem Tod beschloss das spanische Parlament, ihm die Medaillen zu entziehen, die ihm während seiner gesamten Polizeikarriere verliehen worden waren. Das Innenministerium gab den Befehl zur Ausführung. Nach der Aufführung des Theaterstücks wird Germán Castañeda, Journalist und Theaterkritiker, ein kurzes Kolloquium mit dem Publikum und dem Ensemble abhalten, um das auf der Bühne Erlebte zu vertiefen und zu reflektieren.
(2023-06-05)
GERNIKA ERINNERT AN GEFANGENE
Neben der Bombardierung durch die Legion Condor der Nazis hat die baskische Stadt Gernika weiteren Schrecken erlebt. Zwei Tage nach der verheerenden Bombardierung kam es zum Einmarsch der Faschisten, aus dem damaligen Lazarett wurde ein Hospital für Kriegsgefangenen gemacht, aus dem viele nicht mehr lebend entkamen.
Eine Memoria-Gruppe in Gernika erinnerte nun an die Gefangenen, die nach der Vernichtung der Stadt und nach dem Fall von Bilbao zwischen 1938 und 1940 im ehemaligen Lazarett Gernikas starben. Insgesamt 269 Kriegsgefangene konnten das ehemalige Militärkrankenhaus der Stadt nicht lebend verlassen. Diese Gefangenen stammten aus verschiedenen Teilen des Baskenlandes, sowie aus Kantabrien, Asturien, Aragon, Extremadura und Andalusien.
Die Zeremonie auf dem Friedhof, an der mehrere Dutzend Personen teilnahmen, bestand aus einer Kranzniederlegung vor der Gedenktafel mit den Namen der Gefangenen und der Verlesung eines Textes, in dem die Organisatoren an jene Personen erinnerten, "deren einziges Verbrechen die Verteidigung von Freiheit und Demokratie war". Fünf Familien dieser Gefangenen waren anwesend, einige aus Bizkaia und andere aus Extremadura und Andalusien.
Die meisten der kranken Häftlinge starben an "Infektionskrankheiten, 80% von ihnen an Tuberkulose", hieß es in einer Erklärung. "Die Verwandten der Gefangenen, die ihre Männer damals im Krankenhaus besuchten, berichten, dass sie in überfüllten Räumen lebten, kaum zu essen hatten und eine schlechte medizinische Versorgung erhielten.“
Iñaki Uribarrena und Amagoia López de Larruzea, Mitglieder der Gruppe Gernika Pipergorri, veröffentlichten im vergangenen Jahr das Buch "El hospital militar de prisioneros de guerra de Gernika. 1938-1940" (Das Militärhospital für Kriegsgefangene in Gernika. 1938-1940). Es enthält neue Daten über die in dem Internierungslager verstorbenen Häftlinge. “Wir haben nicht nur die Zahl der Männer ermittelt, die das Lager durchliefen, sondern auch ihre Biografien entschlüsselt", so die Autor*innen des Werks. Das Hospital befand sich im Gebäude der ehemaligen Augustinerschule von Gernika, in dem heute die Sekundarschule der Bizkaia-Stadt untergebracht ist. "Es lag etwas entfernt vom fast völlig vernichteten Stadtzentrum und hatte durch den Luftangriff viele Schäden erlitten."
(2023-06-04)
WENN BULLEN STREIKEN
Bei der baskischen Polizei – Ertzaintza – ist Feuer unterm Dach. Seit 12 Jahren gab es keinen neuen Tarifvertrag, was ein schlechtes Licht wirft sowohl auf die zuständige Behörde wie auf die vertretenen Gewerkschaften. Kein Wunder, dass sich viele dieser “Ordnungshüter” weder von den einen noch von den anderen vertreten fühlen. Vor knapp zwei Wochen kam es zum Outing: Polizisten, die nicht von Gewerkschaften vertreten werden, gingen in Bilbo auf die Straße, in beachtlicher Zahl. Um einen Tarifvertrag zu fordern und deutlich zu machen, dass sie sich von den Polizei-Gewerkschaften nicht vertreten fühlen.
Zugleich sprachen sie eine Drohung aus, die in einen Bereich geht, wo es besonders weh tut: Tourismus. Dazu müssen man und frau wissen, dass am 1. Juli die Tour de France für drei Tage zu Besuch vorbeikommt im Baskenland, bezahlt mit viel Geld. Indirekt angedroht wird, dass diese Makro-Polizei-Aufgabe bestreikt werden könnte. Ein Super-Gau.
Die Gewerkschaften, von rechts bis ultrarechts, begannen sich in die Debatte einzumischen und trafen sich mit der Behörde. Dennoch mobilisierten die Nicht-Gewerkschafter (a-sindicalistas) weiter. Sie fordern eine Lohnerhöhung von sage und schreibe 1.100 Euro (davon kann jede Fabrikarbeiterin nur träumen, von Hausangestellten ganz zu schweigen). Am heutigen Sonntag verlieh eine Kundgebung vor der Bilbao-Messe in Barakaldo dem Ansinnen neue Dynamik. Zuvor waren die wegen ihrer Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung ziemlich unbeliebten Polizisten in der Hauptstadt Gasteiz dem baskischen Parlament entgegengetreten.
Dabei wurde die Straßenbahn gestoppt und eine Stunde aus dem Verkehr gezogen. Die gegenüber stehenden Kollegen in Uniform, beklatschten die Aktion. Diese Passivität könnte nun Folgen haben. Denn in vergleichbaren Situationen mit anderen gewerkschaftlichen Forderungen schreitet die Ertzaintza entschlossen ein und macht ihrem Namen als Schlägertrupp alle Ehre.
Ein linker Abgeordneter, nicht gerade ein bekannter Polizeifreund, nutzte die Gelegenheit, und wies auf die Regelverletzung der Polizeiführung im Zusammenhang mit der Straßenbahn hin. Zugleich erinnerte er an das baskische Polizeigesetz von 2020, das "in Artikel 139 festlegt, dass für baskische Polizeibeamte die Teilnahme an Streiks oder streikähnlichen Aktionen, die das Ziel haben, das normale Funktionieren der Dienststellen zu beeinträchtigen, disziplinarische Folgen haben“.
Der Abgeordnete vertrat die Ansicht, dass das bei den organisierten Protesten geschehen sei, auch durch die Absicht, die Tour zu vernachlässigen. Zugleich griff er ein Gerücht auf, dass anstatt arbeitsverweigernder Basken die Guardia Civil und die Nationalpolizei zum Einsatz kommen könnten. Da hört – für rechte wie für linke Basken – der Spaß auf, denn seit Jahren wird versucht, die spanischen Polizeien aus dem öffentlichen Leben herauszuhalten. Der Innensenator hat auf diese Fragen nicht geantwortet. Ertzaintza ist übrigens ein baskischer Begriff, der sich zusammensetzt aus “herri“ und “zaindu“. Das erste Wort bedeutet “Volk“, das zweite “hüten“. Die Hüter des Volkes. Nichts ist weiter von der Realität entfernt.
(2023-06-02)
TOURISMUS UND VERKEHRSPOLITIK
Im großkotzigen Bilbao wollte die Baskisch Nationalistische Partei (PNV) ihre Wahlniederlage um keinen Preis eingestehen. Schuld waren die Gewerkschaften mit uihren unsäglichen Streiks, die ein völlig falsches Bild von der baskischen gesellschaft vermitteln. Schuld sei außerdem die viel zu niedrige Wahlbeteiligung, die die eigene Partei benachteiligt habe. Beindruckende Anayse.
Etwas bescheidener und selbstkritischer war der Partei-Kollege in Donostia, spanisch: San Sebastian. Noch-Bürgermeister Eneko Goia räumt ein, dass die Bürger*innen der Stadt ihn für sein Mobilitäts- oder Tourismus-Management bestraft haben. Anders ausgedrückt, für die mangelhafte Planung der Metro-Bauarbeiten und für die nicht mehr zu ertragenden Lebensbedingungen in der Stadt, die durch Massentourismus in den vergangenen Jahren provoziert wurden.
Goia stellte zwar fest, dass seine Partei bei den Kommunal- und Provinzwahlen am vergangenen Sonntag zwar gewonnen, jedoch einen Verlust von 10.000 Stimmen erlitten hat. Was er als "Anzeichen für eine Entfremdung" der Menschen in Donostia von seiner Partei interpretierte. “Wir müssen zuzuhören und besser erklären, was unser Projekt und unser Modell der Stadt ist". Eben das: Massen-Tourismus, Mietpreis-Explosion, Schlaflosigkeit durch dauernde Ruhestörung. Besser erklären also.
Es sei "ein Grund zur Freude", sagte Goia sei, dass seine Partei zum dritten Mal in Folge in Donostia gewonnen habe. "Das Vertrauen der Menschen wiederzugewinnen, ist auch ein Grund zur Verantwortung für die Zukunft", betonte er. Das von seiner Partei erzielte schlechte Ergebnis vermittle "eine Reihe von Zeichen der Unzufriedenheit mit der PNV in Donostia, die wir in Ruhe und Gelassenheit analysieren müssen". Die möglichen Gründe für die Unzufriedenheit mit seiner Partei erfordere "einen Prozess, der Zeit braucht". Keine Eile also, Zeit lassen, in ein paar Monaten erinenrt sich niemand mehr an die Selbstkritik und die Dinge bleiben alle beim Alten. Es wird schließlich nur alle vier Jahre gewählt. Ohne Misstrauens-Votum oder Prüfstand für Wahlversprechen.
(2023-06-01)
DÜSTERE AUSSICHTEN
Bei den vergangenen Regional- und Kommunal-Wahlen waren die baskischen Regionen Euskadi und Nafarroa die einzigen, bei denen sich die Ergebnis nach links bewegten. Doch das ist ein schwacher Trost angesichts des Rucks nach rechts und ultrarechts, praktisch im gesamten Staat. Die dominierenden Medien schwabulieren vom “Beginn eines neuen Zyklus“ und prophezeien für die Wahlen vom 23. Juli 2023 eine neue Regierung. Rechts, selbstverständlich. Aber was ist schon rechts.
Schlimm genug wären bereits die Postfranquisten von der PP, die 45 Jahre lang alles versucht haben, den Franquismus auf sich beruhen und die ermordeten Toten in ihren Massengräbern zu lassen. Mit beachtlichem Erfolg. Als die sozialliberale Regierung von PSOE und Podemos im vergangenen Jahr ein völlig unzureichendes “Gesetz zur Demokratischen Erinnerung verabschiedete und damit einen Minischritt mehr Richtung Aufarbeitung des spanischen Faschismus machte, versprach der neue PP-Chef Feijoo umgehend, das Gesetz wieder zurückzunehmen, sobald an er an die Regierung kommt. So als würde in der BRD jemand kommen und die Nürnberger Prozesse annullieren.
Regierungswechsel im spanischen Staat haben andere Dimensionen als in Mitteleuropa. Der Grund liegt darin, dass die 1979 ausgehandelte Verfassung niemand überzeugt. Für die Linke ist sie zu eng gefasst, für die Rechte birgt sie die Gefahr, dass die Einheit des Staates zerbricht. Für das Baskenland bedeutet dies, dass auch 45 Jahre danach die bescheidene Regional-Autonomie immer noch und wieder in Frage gestellt wird. Und nicht nur von der Rechten.
Wir müssen uns das vorstellen: verhandelt wurde damals ein Autoniomie-Statut, das die Übertragung von zentral-staatlichen Kompetenzen nach Euskadi vorsah. Ratifiziert und alles. Doch bis vor Kurzem waren mehr als 30 Paragrafen dieses Vertrags noch nicht erfüllt, als würden wir ein Auto kaufen und nur die Hälfte des vereinbarten Kaufpreises bezahlen. Spanisches Demokratie-Verständnis.
Weil PSOE-Podemos eine Minderheits-Regierung darstellen, nutzten die baskischen Christdemokraten die Gunst der Stunde, mit ihrer Zustimmung zum Staatshaushalt diese bisher verweigerten Kompetenzen “einzukaufen“. Zum Teil mit Erfolg, zum anderen mit einer Warteliste verbunden. Diese Warteliste steht nach der Ankündigung vorgezogener Neuwahlen auf der Tagesordnung des Sankt-Nimmerleins-Tages. Von einer Rechts-Regierung ist außerdem zu erwarten, dass übertragene Kompetenzen wieder zurückgenommen oder blockiert werden. Die Gefängnisse zum Beispiel.
Gar nicht zu denken, dass die PP für eine Regierungs-Mehrheit die Hilfe der faschistischen Vox-Partei brauchen könnte. Die stehen explizit in Francos-Tradition. Von regionaler Autonomie halten sie überhaupt nichts, die Verfassung von 1979 ist nichts mehr als Papier. Mehrfach haben sie gefordert, die baskischen Provinz-Institutionen aufzulösen. Und überhaupt: alle baskischen Parteien sollen verboten werden, illegalisiert. Nicht nur die Linke, auch die christdemokratische PNV. Dasselbe in Katalonien.
Angesichts dieser dunklen Wolken erneut auf Sanchez zu setzen ist riskant. Es ist das ewige Spiel mit dem kleinsten Übel, das in Frankreich mit dem Dualismus Macron-Le Pen bis zum Erbrechen praktiziert wird. Sanchez Migrations-Politik ist von der übelsten Sorte und wurde von den italienischen Ultrarechten beklatscht. Traurig aber wahr: derzeit gibt es keine Alternativen, zumindest nicht auf Partei-Niveau.
ABBILDUNGEN:
(*) Tagespresse
(ERST-PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-06-01)