Keine Atempause
Neubeginn. Der erste Ausflug ohne Gesichtsmaske. Pandemien kommen und gehen. Kriege kommen und bleiben. Wenn die Pandemie gegangen ist, kommt der Tourismus zurück. Nicht irgendeiner, sondern Massentourismus. Und weil es – wie Adorno sagte – kein richtiges Leben im falschen gibt, kann auch der Kulturverein Baskale sich freuen, wieder alternative Reisegruppen begrüßen zu können. Mit altem Elan und neuen Ideen. Denn die Zeit in Bilbo ist nicht stehen geblieben.
Baskultur.Info Newsletter Nr. 13 (2022-05-15): Bildungsreisen, Migration, Webseite, Alternative Stadtrundgänge (Kulturverein Baskale)
Baskultur.Info +++
Die Zeiten von Corona-Einschluss, Bewegungs-Limitierung, Polizei-Repression und großen Unzulänglichkeiten in der baskischen Gesundheits-Versorgung haben uns in der Redaktion Baskultur.Info deutlich gemacht, dass unsere Themen-Kategorien unzureichend sind. Nach ausführlicher Überlegung kamen wir zu dem Schluss, dass angesichts der thematischen Breite von Baskultur.Info explizit politische Inhalte zu kurz kommen.
Gedacht – getan! Vor wenigen Wochen wurde die sechste Themen-Kategorie POLITIK in die Webseite integriert. Sie umfasst sieben Rubriken: 1. Antifaschismus. 2. Gentrifizierung. 3. Gewerkschaft. 4. International. 5. Repression. 6. Soziale Bewegungen. 7. Spanien. Was wir damit bezwecken wollen:
ANTIFASCHISMUS: Die politische Landschaft im Staat hat sich verändert. Wie überall in Europa sind neue faschistische Organisationen im Aufwind. Das südliche Baskenland blieb bisher noch relativ verschont, bei den Wahlen im Norden erzielen die Ultrarechten hingegen zweistellige Ergebnisse. Ein unangenehmes, aber notwendiges Thema.
GENTRIFIZIERUNG: Vom Guggenheim-Effekt zum Massentourismus, vom Massentourismus zur Gentrifizierung. Tourismus macht nicht vor den Türen des bekannten Museums halt. Seine Folgen haben direkte Auswirkungen auf die Einheimischen und ihre Lebensverhältnisse. Preissteigerungen und Verknappung des Miet-Wohnraums, Vertreibung von “Einkommens-Schwachen“ aus attraktiven Stadtteilen … Gentrifizierung aus dem Lehrbuch.
GEWERKSCHAFT: Die Folgen von Pandemie, Wirtschafts- und Energiekrise sowie die übrigen Folgen des Ukraine-Krieges bedeuten eine großangelegte Umverteilung von gesellschaftlichem Reichtum, von unten nach oben. Wie lange nicht sind Gewerkschaften als Interessenvertretung der ausgebeuteten Klassen ins Blickfeld gerückt: unzählige Streiks für Verbesserungen unerträglicher Arbeitsbedingungen und Ungleichbehandlung, Streiks gegen das Schattendasein marginalisierter Berufsgruppen, gegen den Verlust von Reallohn … mit Kampfbereitschaft und Streikkassen sind baskische Gewerkschaften ein gefürchteter Machtfaktor.
INTERNATIONAL: Jahrhunderte lange baskische Emigration und freundschaftliche Beziehungen in allen Kontinenten haben dazu geführt, dass die Welt aus baskischer Perspektive mit anderen Augen gesehen wird. Traditionell enge Kontakte gibt es mit Kuba, den Saharauis, nach Palästina und Lateinamerika. Die gemeinsame Erfahrung kultureller Unterdrückung, einer kolonisierten Gesellschaft drückt sich aus in internationaler Verbundenheit. Und nicht zuletzt in der Bewegung “Herzlich willkommen Flüchtlinge“.
REPRESSION: Zehn Jahre nach dem Ende von ETA ist ein Ende der Sonder-Haftbedingungen für politische Gefangenen noch nicht in Sicht. Gleichzeitig suchen sich staatliche Repressionsorgane neue Ziele: Migrant*innen, Antifaschist*innen, streikende Arbeiter*innen. Auch mit Hilfe des “Maulkorb-Gesetzes“.
SOZIALE BEWEGUNGEN: Nirgendwo im Staat gibt es eine Vielfalt von sozialen Bewegungen wie im Baskenland: von Nachbarschafts-Initiativen bis zu Hausbesetzer*innen, von Ökolog*innen bis zu Antimilitarist*innen. Die baskischen Rentner*innen mobilisieren seit vier Jahren, die feministische Bewegung wächst. In kurzen Vorstellungen entsteht ein Bild dieser Vielfalt.
SPANIEN: Das Ende von ETA hat die baskischen Beziehungen zum spanischen Staat und zu Bewegungen in anderen Regionen verändert. Das Baskenland ist ohne den Blick auf die Zentral-Staaten Frankreich und Spanien nicht zu verstehen. Das gilt auch in umgekehrter Richtung.
Themen Vielfalt
Ein Teil dieser Themen kamen schon in der Vergangenheit bei Baskultur zum Zuge. Jedoch verstreut auf andere Rubriken (Gesellschaft, Nachrichten, Geschichte) und nicht gezielt greifbar für ein interessiertes Publikum. Das Themen-Panorama von Baskultur.Info wird also einmal mehr erweitert, von 32 auf 39 Rubriken. In den neuen Kategorie POLITIK sind bereits 30 Artikel zu finden, dabei wurden auch alte Publikationen neu überarbeitet.
Der Zufall wollte es, dass dieser Newsletter mit der “Glücksnummer“ Dreizehn in einem Moment zustande kommt, als gerade der 800ste Artikel bei Baskultur.Info das Licht der virtuellen Welt erblickte. Keine Absicht –ein Spiegel unserer Arbeit. Keine Atempause …
Kulturverein Baskale
Neben der Webseite sind Aktivist*innen des baskisch-deutschen Kulturvereins in eine Reihe weiterer Initiativen und Projekte eingebunden: im baskischen Kulturzentrum BIRA, in selbstverwalteten Zentrums-Projekt Karmela (Bilbo). Mit “Jokale“ und “Guztion Bilbo“ arbeiten wir in zwei interkulturellen Projekten, in denen die Lebenswelten von Migrant*innen im Mittelpunkt stehen. Alternative historische Rundgänge bieten wir weiterhin in der Altstadt Bilbo, in Gernika, in Donostia (San Sebastian); zum Thema “Frauen: Arbeit und Repression“ in Bilbo-Santutxu und Portugalete. In Zusammenarbeit mit Bilbo Zaharra Memoria Taldea zusammen organisieren wir regelmäßige Rundgänge in den Arbeiter- und Bergbau-Vierteln Bilbaos.
Neben der Webseite Baskultur publizieren wir (auf Spanisch, Baskisch, Deutsch und Englisch) im Blog Baskinfo.blogspot.com. Die Aktivitäten des Kulturvereins finden ihren Niederschlag im Blog Baskale Elkartea.
www.baskultur.info
www.baskinfo.blogspot.com
www.baskale-elkarte.blogspot.com
Herzliche Grüße – beste Gesundheit! AGUR
AMAIA URRUTIKOETXEA
Redaktion BASKULTUR.INFO
baskultur.info (ad) gmail.com
Bilbo, 2022-05-15