Ausstellung zum 80. Jahrestag
Nicht nur im Baskenland und im spanischen Staat findet die Erinnerung an 80 Jahre Krieg ihren Niederschlag. Auch in Deutschland, vielleicht immer mehr, wird an die entscheidende deutsche Beteiligung erinnert, für die insbesondere die Nazi-Flugstaffel „Legion Condor“ verantwortlich zeichnete: erst durch die Luftbrücke zwischen Afrika und dem Festland, um Francos Truppen auf die Halbinsel zu transportieren, danach mit verheerenden Luftangriffen zur Begleitung der spanisch-italienischen Bodenoffensiven.
Eine Ausstellung zum Thema 80 Jahre Spanienkrieg ist vom 26. Oktober bis zum 30. November 2016 ist im thüringischen Gotha zu sehen. Sie beschäftigt sich u.a. mit der Geschichte der Legion Condor.
Gotha macht sich auf Spurensuche nach spanischen und internationalen Freiheitskämpfern – Flugzeuge aus Gotha waren auf Seiten der Faschisten. An den 80. Jahrestag des Spanischen Bürgerkrieges erinnert in Gotha eine Ausstellung, die vom 26. Oktober bis 30. November im Tivoli zu sehen sein wird. Professor Jörg Wollenberg, Historiker, Autor und ehemaliger Hochschullehrer an der Universität Bremen, nennt seine Ausstellung "Eine Spurensuche". Und deutet damit an, wie schwierig es ist, sich dem Thema zu nähern. (1)
In der DDR diente der Bürgerkrieg der Heroisierung der Kommunistischen Partei Deutschlands, in der Bundesrepublik lebt die Legende um die Legion Condor noch immer, was unterm Strich für einen "Kampf der Erinnerungen sorgt", so Wollenberg. Und in Spanien halte der Pakt des Schweigens, geschlossen am Ende der Franco-Diktatur, nach wie vor. So ist die Ausstellung das Ergebnis aufwendiger Recherchen und vieler Zeitzeugengespräche, geführt in Spanien und in Deutschland.
Von Anfang an unterstützte das Hitler-Regime die von General Franco angeführten Putschisten. Die prompte Lieferung von Waffen unmittelbar nach dem Aufstand gegen die Spanische Republik lässt vermuten, dass Franco schon vorab in Deutschland um Kriegshilfen gebeten hatte. Mitte November 1936 griff die deutsche Legion Condor mit 5000 Soldaten in den Krieg ein, wenig später kamen 7000 Söldner hinzu.
Nach wenigen Monaten verfügte die Legion über 100 Flugzeuge. Als Verbindungsflugzeug nutzten die Wehrmachtssoldaten die Go 145, die erste Eigenentwicklung der Firma Gothaer Waggonbau nach dem Ersten Weltkrieg. 21 dieser offenen zweisitzigen Doppeldecker lieferte das Unternehmen während des Bürgerkrieges an Spanien. Dieser war für Hitler ein willkommener Anlass, neues Kriegsgerät und Taktik zu erproben. "Wir deutschen Antifaschisten gingen 1936 nach Spanien nicht als Söldner, nicht als Legionäre, sondern wie wir immer sagten, schrieben und sangen, als Alibi des ‚anderen Deutschland‘. Viele von uns haben später erlebt, wie unsere Ideale vom Stalinismus verraten wurden."
"Aber ich wüsste keinen, der sein Engagement für das republikanische Spanien widerrufen hätte", zitiert die Ausstellung den deutschen Schriftsteller und Spanienkämpfer Alfred Kantorowicz. Für viele seiner Mitkämpfer war der Bürgerkrieg in Spanien eine zweite Front, um gegen Hitler zu kämpfen. Letztlich siegte knapp drei Jahre später die Konterrevolution um Franco, vorwiegend dank des militärischen Eingreifens durch Hitler-Deutschland.
Stalins Terror entzweite die Republikaner
Doch nicht allein das besiegelte die Niederlage. Während auf spanischem Boden für die Freiheit gestritten, gelitten und gestorben wurde, fegte durch Moskau Stalins blutiger Terror. Das blieb auch in Spanien nicht ohne Folgen. In den Reihen der Verteidiger der Republik mehrten sich Konflikte, besonders zwischen den stalintreuen Partei-Kommunisten und den Anhängern der spanischen Gewerkschaften und Anarchisten.
Das dokumentiert Wollenberger, setzt daneben Einzelschicksale spanischer und internationaler Freiheitskämpfer. Seine Informationen sammelte der ehemalige Hochschullehrer in Reisen nach Spanien. "Immer zum Jahrestag des Beginns des Bürgerkrieges reiste ich mit Gewerkschaftlern und anderen nach Barcelona. Dort versuchten wir, diese Mauern des Schweigens zu durchbrechen", erzählt der Mann, der seine Forschung auch in einem Buchprojekt zugänglich macht. Für ihn ist klar: "Die verratene Revolution muss nicht vergeblich gewesen sein, wenn es noch Orte, Symbole und Ereignisse gibt, die im kollektiven Gedächtnis Spaniens gespeichert sind."
Um die Ausstellung, die zuvor in Bremen und anderen Städten gezeigt wurde, nach Gotha zu holen, haben sich die bewährten Partner Thüringer Landeszentrale für politische Bildung, Bildung-vereint, Förderverein Tivoli, Kommpottpora und der Verein für Stadtgeschichte zusammengetan. Am 23. November, 19 Uhr, gibt es eine Lesung mit Schauspieler Rolf Becker, der Texte der Familie Mann zum Bürgerkrieg vorträgt.
Legion Condor im Baskenland
Zur Geschichte der Legion Condor und ihrem Eingreifen im Baskenland hat der Arbeitskreis Regionalgeschichte in Neustadt am Rübenberge bereits vor Jahren ein Buch publiziert und dazu eine Ausstellung entwickelt, die auf 16 Tafeln beschreibt, unter welchen Umständen die Legion aufgestellt wurde und welche Rolle sie im Spanienkrieg spielte, insbesondere bei dem vernichtenden Angriff auf die baskische Kleinstadt Gernika, die als eines der ersten nicht-militärischen Vernichtungsziele in die Kriegsgeschichte einging (2). Der in Bilbao ansässige Kulturverein Baskale hat die Ausstellung vor drei Jahren ins Baskische und ins Spanische übersetzt und sie in bislang 28 verschiedenen Orten im Baskenland und Kantabrien gezeigt. Im November 2016 wird sie im baskischen Otxandio in der Provinz Araba zu sehen sein (3). Der Kulturverein hat im vergangenen Jahr zum selben Thema einen Dokumentarfilm vorgelegt, der in baskischer, deutscher und spanischer Sprache synchronisiert ist und im Internet in drei Fassungen (baskisch, deutsch, spanisch) zum Download zur Verfügung steht (4). Der Dokumentarfilm “LEGION CONDOR. Vergangenheit und Gegenwart eines Kriegsverbrechens” basiert auf einer Ausstellung, die der Arbeitskreis Regionalgeschichte Neustadt erforscht, konzipiert und publiziert hat unter dem Titel “Ein voller Erfolg der Luftwaffe. Die Vernichtung von Gernika am 26.4.1937“. Im Film kommen interessante Details zur Sprache über die Entstehung dieser deutschen Militäreinheit und deren Protagonismus bei der Bombardierung Gernikas, die als Experimentierfeld für den bevorstehenden Zweiten Weltkrieg diente.
ANMERKUNGEN:
(1) Kern dieser Publikation ist ein Artikel aus der Thüringischen Landeszeitung vom 22.Oktober 2016 unter dem Titel „Ausstellung im Tivoli zum Spanischen Bürgerkrieg“ (Link)
(2) Homepage des Arbeitskreis Regionalgeschichte e.V. in Neustadt am Rübenberge (Link)
(3) Blog des Kulturvereins Baskale (Link)
(4) Der Dokumentarfilm „Legion Condor. Vergangenheit und Gegenwart eines Kriegsverbrechens“, den der Kulturverein Baskale zusammen mit Filmemachern aus Bilbao gedreht hat, steht in drei Sprachen zum Download bereit (baskisch), (deutsch), (spanisch).
FOTOS:
(1) Zeichen der Legion Condor
(2) Ehrenaufmarsch für die Legion Condor (unbekannter Ort im spanischen Staat), Foto: unidadcivicaporlarepublica.es
(3) Gedenkstein an unbekanntem Ort: „Hier verunglückte tödlich Heinrich Remke im Kampf für ein nationales Spanien 4.5.1915 – 28.3.1939“ – im Baskenland stehen ebenfalls noch mehrere dieser Gedenksteine, unter anderem in Urbina (Araba) und Larrabetzu (Bizkaia)
(4) Auch Heinkel-111 Flugzeuge gehörten zur Staffel der Legion Condor