kolu40x00Wir wollen leben

Inflation und Preissteigerungen drohen weiterhin mit Verarmung. Streiks in Schule, im Metall- und Gesundheits-Bereich, in Altenheimen, bei den Haushaltshilfen und in Frankreich gegen eine neue Rentenregelung. Der baskische Karneval überschattet den ganzen Monat. Jahrestage: Mord an der Studentin Yolanda Gonzalez, Winterfest Santa Ageda Eguna, zweifach tödlicher Müllunfall in Zaldibar, Tod in Lemoiz durch ETA, Foltertod von Joxe Arregi, Putschversuch in Madrid, Goicoechea Verrat in Kriegszeiten.

Otsaila ist Februar auf Baskisch. Am 5. Februar zieht die Bevölkerung in Bauernkleidern singend durch das Land, um mit Stockschlägen die Erde aus dem Winterschlaf zu wecken. Volkstümlich-traditionelles Spektakel rund um die heilige Ageda.

(2023-02-28)

KNÜPPEL GEGEN STREIKENDEN REINIGUNGSDIENST

Der Reinigungsdienst im baskischen Gesundheitswesen Osakidetza ist in zwei Klassen unterteilt. Die einen sind direkt im öffentlichen Dienst beschäftigt, die andern arbeiten bei Sub-Unternehmen und haben andere Tarifverträge und Löhne. Obwohl sie dieselbe Arbeit machen. Die “Sub-Putzerinnen“ haben seit fünf Jahren keinen neuen Tarifvertrag erhalten, die Unternehmer blockieren Verhandlungen, weil sie dabei Geld verlieren. Deshalb haben die Arbeiter*innen nun eine Streikwoche begonnen, unterstützt von den Gewerkschaften LAB, UGT, CCOO und ESK. Ihre Grundforderung ist einfach: Gleichstellung mit den öffentlich beschäftigten Kolleg*innen was Arbeitsbedingungen und Bezahlung anbelangt. Eine mehr als logische Forderung – weshalb sollte für dieselbe Arbeit unterschiedlich bezahlt werden?!

kolu40x28Der erste Streiktag endete mit Zwischenfällen vor dem Krankenhaus von Barakaldo, als die baskische Polizei Ertzaintza gegen Streikende vorging und Schlagstöcke einsetzte. Vier Streikende wurden identifiziert, zwei wurden festgenommen, es kam zu einer Reihe von Verletzungen, eine Person musste in die Notaufnahme des bestreikten Krankenhauses eingeliefert werden. Nach Angaben der Gewerkschaften gibt es seit mehr als fünf Jahren keinen Tarifvertrag mehr, trotz zahlreicher Treffen mit den Unternehmen (etwa fünfzig) wurden "keine Fortschritte erzielt", und die Verhandlungen befinden sich in einer "absoluten Sackgasse".

Die Gewerkschaften haben darauf hingewiesen, dass der aktuell anzuwendende Tarifvertrag "darauf abzielt, die Bedingungen für das Personal von Osakidetza zu vereinheitlichen, aber sowohl die Sub-Unternehmen wie auch der Auftraggeber Osakidetza (baskische Regierung) halten sich nicht an die Vorgaben". Um ihre Forderungen zu verteidigen, sind rund 2.500 Beschäftigte des Reinigungsdienstes zum Streik aufgerufen, sowie zu Demonstrationen vor verschiedenen Gesundheitszentren.

"Wir fordern, dass für uns dieselben Bedingungen gelten wie für das Personal von Osakidetza auf der Grundlage des Gleichheits-Prinzips: Zugang zu den verschiedenen beruflichen Laufbahnen, ein breiteres System zur Abdeckung freier Stellen, Zugang zur Alters-Teilzeit in Verbindung mit Überlassungs-Verträgen, Freistellungen, die für das Personal von Osakidetza bereits anerkannt sind …", so die Gewerkschaften. Die prangern an, dass die Verantwortlichen bei Osakidetza ihnen "nicht einmal geantwortet" haben, als sie sich an ihre Vorgesetzten gewandt haben, um den Konflikt zu lösen. Die Gewerkschaften fragen sich und die Regierung: "Warum engagiert sich die baskische Verwaltung bei Konflikten in von Männern dominierten Sektoren (im Fall des Metallsektors in Bizkaia), wendet sich aber ab, wenn die Protagonisten des Arbeitskonflikts Frauen sind?" Statt Dialog in einer mehr als berechtigten Angelegenheit werden die Schlägertrupps der Polizei geschickt.

(2023-02-27)

AMNESTY FORDERT FREILASSUNG VON PABLO

Wenn der Ukrainer Zelensky nach Panzern und Bombern schreit, sind alle Kameras und Mikrofone eingeschaltet und alle nicken bereitwillig. Wenn der Name Pablo Gonzalez fällt, schauen alle weg: die baskische Regierung, die spanische ohnehin und das Europa-Parlament. Denn in der EU existieren weder Pressefreiheit noch Menschenrechte. Pablo ist Journalist und seit einem Jahr in Polen eingesperrt. Angeblich wegen Spionage für Russland. Aber Beweise dafür wurden bisher nicht vorgelegt. Pablo wird der Kontakt zu seiner Familie im Baskenland verwehrt, seinen Anwalt hat er noch nie gesehen, er wird in Isolationshaft gehalten. Pablo ist der einzige Journalist eines EU-Landes, der in einem anderen EU-Land gefangen gehalten wird.

kolu40x27Nun fordert Amnesty International ein Ende der Isolationshaft und die Freilassung von Pablo González. AI hat die polnische Staatsanwaltschaft aufgefordert, die Isolationshaft des baskischen Journalisten Pablo González zu beenden und ihn bis zu einem möglichen Prozess freizulassen. Pablo González wurde vor einem Jahr in Polen inhaftiert, als er für einen spanischen Sender über die Flüchtlingskrise berichtete, die durch den Krieg in der Ukraine verursacht worden war. Vorwurf: "Spionage für den russischen Militärgeheimdienst". Seither wird seine Untersuchungshaft regelmäßig um drei Monate verlängert, zuletzt bis zum 24. Mai.

AI hat gegenüber dem polnischen Generalstaatsanwalt seine Besorgnis über die Isolations-Bedingungen zum Ausdruck gebracht – das ist vornehm formuliert, denn in Polen herrschen Zustände wie bei der Stasi. Pablos Vorteil als Journalist ist, dass er Russisch spricht, weil er in Russland geboren wurde, obwohl er schon lange in der Nähe von Gernika lebt. Doch wer heutzutage Russisch spricht, ist generalverdächtig – so wie bis vor wenigen Jahren alle ETA-verdächtig waren, die Baskisch sprachen.

Bis heute noch darf er keinen direkten und regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie haben, nicht einmal per Telefon oder Videoanruf, nur ein kurzer Besuch von seiner Frau wurde gestattet. "Gefangene, einschließlich derjenigen, die sich in Polizeigewahrsam oder in Untersuchungshaft befinden, müssen alle angemessenen Möglichkeiten haben, mit ihren Familien und Freunden zu kommunizieren und Besuche von ihnen zu empfangen", heißt es in einer Mitteilung von AI. Darauf wird in Polen geschissen.

(2023-02-24)

ÄLTER UND ÄRMER IN RENTE

Wir gehen heute später und ärmer in Rente als 2014. Die Daten der Sozialversicherung zeigen, dass Personen, die im November 2022 in der Baskischen Autonomen Gemeinschaft eine Altersrente bezogen, eine Anfangsrente von durchschnittlich 1.694 Euro erhielten. Im Jahr 2014 waren es 1.610 Euro. Mit anderen Worten: Wer 2022 in Rente geht, erhält nur 84 Euro mehr als diejenigen, die 8 Jahre zuvor in Rente gegangen sind.

kolu40x24Dies bedeutet, dass die Altersrenten – entgegen der offiziellen und medialen Darstellung, die neuen Renten würden zu stark steigen – an Kaufkraft verlieren, und zwar erheblich. Genauer gesagt handelt es sich um einen Verlust von 4,5 Punkten in 8 Jahren (die Inflation ist um 4,5 Punkte stärker gestiegen als die neuen Altersrenten). Was das Alter betrifft, so gingen Personen 2022 im Durchschnitt fast anderthalb Jahre später in Rente als die, die 2014 in Rente gingen. Mit anderen Worten: Die Menschen gehen jetzt später und ärmer in den Ruhestand.

Der Hauptgrund dafür ist die von der Regierung Zapatero beschlossene und von den Gewerkschaften CCOO und UGT vereinbarte Rentenreform, die seit 2013 schrittweise umgesetzt wird. Bekanntlich wurde mit dieser Reform die Anwartschaftszeit für Rente auf 25 Jahre verlängert, gegenüber früher 15 Jahren. Die Frühverrentung wurde gekürzt und das Renten-Eintrittsalter von 65 auf 67 Jahre heraufgesetzt. Macron wird sicherlich neidisch auf solch verantwortungsbewusste Gewerkschaften blicken, die Maßnahmen für selbstverständlich halten, die in seinem Land in diesen Tagen zu Mobilisierungen und Generalstreiks führen.

Kurz nach Inkrafttreten jener Reform begann die Kaufkraft der neuen Renten zu sinken. Das zeigt, welch schwerwiegenden Angriff die Erhöhung für die Berechnung der Rente berücksichtigten Jahre darstellt. Jetzt sollen wir die Erhöhung von 25 auf 30 Jahre akzeptieren, es wird behauptet, diese Maßnahme haben keine negativen Folgen. Das ist falsch, genauso wie bei der Erhöhung von 15 auf 25 Jahre.

Die Lebensbedingungen hängen in hohem Maße von unserem Einkommen ab. Die öffentliche Politik trägt zu einer weit verbreiteten Verarmung bei. Was bei den Renten geschieht, ist Teil dieser Politik. Es ist kein Zufall, dass die neuen Altersrenten, gemessen an der Kaufkraft, heute deutlich niedriger sind als vor 8 Jahren. Es müsste ein Skandal sein, dass Frauen, die in den Ruhestand gehen, im Durchschnitt 488 Euro weniger pro Monat erhalten als Männer (die Anfangsrente von Frauen, die in den Ruhestand gehen, beträgt 1.403 Euro, gegenüber 1.891 Euro pro Monat für Männer). Armut trifft Frauen hart.

Angesichts der drohenden neuen Rentenreform ist es notwendig, die Kürzungen rückgängig zu machen, eine Mindestrente von 1.260 Euro einzuführen und die Kluft zwischen den Geschlechtern zu beseitigen. Das Gegenteil von dem, was vorgeschlagen wird, nämlich Schritte gegen die Verarmung von Rentner*innen zu unternehmen. In der Renten-Politik kann und muss eine Kehrtwende vollzogen werden.

Dazu ist es notwendig, mit der Konditionierung durch die EU-Politik zu brechen. Wie die baskische Gewerkschaft ELA bereits 2013 anprangerte, waren Kürzungen die Bedingung für den Erhalt europäischer Mittel. Die Arbeitsmarktreform wurde nicht zurückgenommen. Und die aktuelle Regierung hat sich mit Brüssel darauf geeinigt, die Jahre für die Rentenberechnung wieder zu erhöhen. Die europäischen Fonds sind nicht kein Schnäppchen, wie uns tagtäglich erzähl wird. Sie dienen vor allem dazu, die Gewinne der großen multinationalen Unternehmen zu steigern, deshalb verlangen sie soziale Einschnitte, auch bei den Renten.

(2023-02-21)

EHRENTITEL FÜR MASSENMÖRDER

Bürokratische Mühlen mahlen langsam heißt es. Wenn es um die Aufarbeitung des Franquismus geht, mahlen baskische Mühlen schneller als spanische. Die mahlen gar nicht. Um einen Eindruck zu geben: Die Provinzregierung von Gipuzkoa hat 47 Jahre gebraucht, um dem Putschisten, Diktator und Massenmörder Franco die Ehrentitel zu entziehen. Dies hat der Regierungsrat heute beschlossen. 47 Jahre “Demokratie“ waren zu einer solch einfachen Maßnahme notwendig. Zu Erinnerung: Donostia war Sommersitz des Faschisten, gelegentlich war das Regime an der Concha-Bucht präsent. Das Foto zeigt Franco nach der Siegerehrung bei den Ruder-Regatten 1970 an das Team von Orio.

kolu40x21Der Beschluss betrifft Anerkennungen und Ehrungen im Zusammenhang mit der Verherrlichung der Francos Diktatur. Dazu gehören Titel wie "Lieblingssohn der Provinz", der Franco am 1. Juli 1939 verliehen wurde, oder die Aufhebung der Ernennung zum "Ehrenpräsidenten des Provinzialrats", die am 23. Juli 1945 beschlossen wurde. Daneben andere Auszeichnungen, die während der Diktatur verliehen wurden und die aus heutiger Sicher "mit den demokratischen Werten und den Grundrechten und -freiheiten unvereinbar sind und die den militärischen Aufstand, den Krieg oder die Diktatur verherrlichen".

Im April 2022, vor der Verabschiedung des spanischen Gesetzes über das demokratische Gedenken und vor dem Auftrag zur Durchführung eines Forschungsprojekts für den Historiker Iñigo Imaz. Ziel dieser Arbeit war es, dokumentarische Belege für die zwischen 1937 und 1975 zugunsten des diktatorischen Regimes von General Francisco Franco vorgenommenen Ernennungen und andere Ehrentitel zu finden, die bedeutenden Personen oder Gruppen verliehen wurden. Dieser Bericht, der im September 2022 vorlag, wurde von der Provinzregierung an die Generalversammlungen weitergeleitet.

"Nach sorgfältiger Analyse des Berichts und nach Durchführung der entsprechenden Konsultationen hält es der Provinzrat für angemessen, einige der in diesem Zeitraum verliehenen Anerkennungen, Ehrungen und Auszeichnungen gemäß den Bestimmungen des Gesetzes 20/2022 über das demokratische Gedächtnis zurückzunehmen", so die Sprecherin.

Alle Geehrten sind verstorben, somit wird es nicht als notwendig erachtet, die ihnen verliehenen Medaillen oder Orden zurückzugeben. Gleichzeitig verweist der Bericht auf eine Reihe von Plaketten und Büsten, die bereits entfernt wurden.

"Die Provinzregierung von Gipuzkoa ist fest entschlossen, das historische Gedächtnis in ganz Gipuzkoa wiederherzustellen, zu verbreiten und an künftige Generationen weiterzugeben und dabei stets das Recht der Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu gewährleisten". Zwei Generationen mussten geboren werden, um diese vornehme Absicht wahr werden zu lassen. Wenn die Rücknahme faschistischer Orden in Euskadi 47 Jahre gedauert hat, könnte der Prozess im Staat etwa im Jahr 2100 abgeschlossen sein. Wir stellen uns realistisch vor, wie viele Verdienst-Orden noch aktuell sind.

(2023-02-20)

BASKISCH BEI BBC

Es gab Zeiten, als die British Broadcasting Corporation (BBC) Programme in der baskischen Sprache Euskara sendete. Zwischen 1947 und 1956, nach dem Zweiten Weltkrieg und während des Franco-Regimes, wurden von der BBC Beiträge in baskischer Sprache publiziert, die vor allem von baskischen Priestern gemacht worden waren. Davon erzählte das baskische Fernsehen am 5. Februar 2023. Entdeckt hat diese Kuriosität die Historikerin Leyre Arrieta, als sie alte Chroniken untersuchte. Der britische Sender wechselte bei seinen Kultursendungen Baskisch mit Galicisch und Katalan. Es versteht sich, dass die Franquisten, die das Baskisch auf der Halbinsel völlig verboten hatten, über diese Sendungen ziemlich aufgebracht waren.

kolu40x20Schwer verdaulich ist für “stolze Spanier“ bis heute, dass ihre heiß geliebte Kultur- und Welt-Sprache gerade mal Tausend Jahre alt ist, dass die Ursprünge des Euskara hingegen so weit zurück liegen, dass sie nur schwer genau auszumachen sind. Unter diesen „“nationalistischen Umständen“ ist es schwer hinzunehmen, dass das Baskische dem Spanischen Dutzende von Wörtern hinterlassen hat, die die Unglücklichen vielleicht sogar jeden Tag benutzen, ohne es zu wissen. Es ist banal festzustellen, dass “die beiden Sprachen geografisch sehr nahe beieinander liegen und seit Hunderten von Jahren Seite an Seite leben“ – was zudem eine völlig weltfremde Interpretation darstellt. Denn tatsächlich wurde der damalige baskische Staat, zwischen 1200 und 1512 militärisch besetzt, das Euskara in den folgenden Jahrhunderten (nicht nur bei Franco) mehrfach verboten. In jedem Fall, das ist richtig, handelt es sich um zwei sehr weit voneinander entfernte Sprachen, was die Strukturen anbelangt. Nicht, wie ein spanischer Richter und Ultranationalist einst feststellte: Baskisch sei ein Dialekt der spanischen Sprache.

Das Spanische, oder auch Kastilische, ist die Muttersprache von etwa 480 Millionen Menschen. Das Baskische hingegen wird von etwa einer Million Menschen gesprochen, die in der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlandes (Euskadi), in Navarra und in Iparralde, einem Gebiet im Südwesten Frankreichs leben. Wie gesagt: Der Ursprung des Baskischen ist bis heute unbekannt, auf jeden Fall ist es dem Spanischen zeitlich weit voraus. Laut dem Wörterbuch der Königlichen Spanischen Akademie stammen nur 95 Wörter des heutigen Kastilischen aus dem Baskischen, “Links“ zum Beispiel heißt auf Baskisch “ezkerra“ und auf Spanisch “izquierda“. Gleichzeitig sind es etwa 4.000 Wörter, die aus dem Arabischen in die spanische Sprache übernommen wurden.

(2023-02-19)

KATASTROPHALE GESUNDHEITS-VERSORGUNG

Die Situation der baskischen Gesundheits-Behörde Osakidetza ist auch in einer offiziellen Umfrage der baskischen Regierung zum Problem Nummer zwei für die Bevölkerung von Euskadi geworden. Die Reaktion des Ministerpräsidenten (Lehendakari) ist, dass es keine Kürzungen gab. Im Parlament wiederholte er, dass mehr als je zuvor für Gesundheit ausgegeben werde.

kolu40x19Das jüngste baskische Sozio-Meter, eine von der Regierung durchgeführte Umfrage, hat bestätigt, dass die Bevölkerung die Situation von Osakidetza als ihr zweites "Hauptproblem" betrachtet. Dieses Ergebnis bestätigt jenes der Privatuniversität Deustu (Deusto-Barometer), das im Dezember 2022 zum selben Resultat kam. Die Zahlen in beiden Umfragen sind sich ähnlich. Beim Deusto-Barometer zeigten sich im Sommer 20% der Befragten besorgt über die Gesundheits-Versorgung, zum Jahresende war die Besorgnis mit 39% fast doppelt so groß. In der Regierungs-Umfrage lag Osakidetza mit 19% sowohl bei der Umfrage im Juni 2022 als auch bei der im Oktober 2022 an dritter Stelle der sozialen Sorgen. In der Umfrage vom Februar 2023, ist der Anteil jedoch auf 35% gestiegen.

"Es gibt keine Einsparungen"

Im Parlament legte die Sprecherin von EH Bildu Probleme des öffentlichen Gesundheitswesens in Euskadi offen. Der Lehendakari erwiderte: "Sehen Sie, Sie haben gesagt, dass Osakidetza im Niedergang ist. Und dieser Gedanke wird an die Bürger weitergegeben. Es ist nicht nur unwahr, Frau sondern schadet auch den Angehörigen der Gesundheitsberufe im Baskenland, wenn Sie so reden". Tatsächlich wurde noch nie so viel in Gesundheit investiert wie jetzt. “2013 betrug das Jahresbudget der Gesundheits-Behörde bei 3,2 Milliarden Euro. Dieses Jahr sind es 4,6 Milliarden. Ist das ein Rückgang?" fragte er.

Die Bildu-Sprecherin wies darauf hin, dass die Gesundheits-Ausgaben im Haushalt von 2022 bis 2023 prozentual gesunken seien. Sie wies darauf hin, dass die Bürger tagtäglich unter der prekären Situation der Primärversorgung leiden, dass die persönliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet sei und die Notaufnahmen immer häufiger überfüllt sind. Die Zahl der Patienten, die auf einen ambulanten Termin warten, hat sich versechsfacht, die Verzögerungen bei diagnostischen Tests haben sich verdoppelt, und Osakidetza räumt ein, dass es bei der Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchung zu elfmonatigen Verzögerungen kommt.

Die Bildu-Sprecherin wies darauf hin, dass es laut der Regierung keine Kürzungen im Bereich der psychischen Gesundheit gibt. "Nennen Sie es, wie Sie wollen, aber die Menschen warten monatelang auf einen Termin bei einem Psychiater. Er erinnerte daran, dass die Regierung in der Regel feststellt, dass es “uns besser geht als in Spanien“. Das mag richtig sein, ist aber angesichts der fatalen Situation wie zum Beispiel in Madrid ein sehr schlechter Vergleich.

43% Erhöhung in zehn Jahren

Der Regierungschef führte aus, dass "wir das Budget für Gesundheit in 10 Jahren um 43% erhöht haben. 2022 wurde das strukturelle Personal v um 2.467 Stellen aufgestockt, 358 in der Grundversorgung. Der diesjährige Haushalt sieht 919 neue Planstellen vor, womit sich die Gesamtzahl auf 31.000 erhöht". Er versprach neue Gesundheitszentren, 340 neue Geräte. Das mag stimmen, doch sind die Investitionen in Relation zum Brutto-Sozial-Produkt zurückgegangen. Während andere Haushalte ausgeweitet werden, sinkt der Anteil für Gesundheit. Also eine relative Einsparung, die sich in der Praxis an allen Ecken und Ende manifestiert. Vor zehn Jahren (2012) hielten nur 6% der Bevölkerung Osakidetza für ein Problem. Jetzt sind es 35%. Fast das Sechsfache.

(2023-02-18)

PABLO GONZALEZ - EIN JAHR IN HAFT

"Es ist ungewöhnlich, dass ein Journalist aus einem EU-Land in einem anderen EU-Land inhaftiert wird" - Angehörige des baskischen Reporters Pablo González und Berufsverbände prangern ein Jahr nach seiner Verhaftung in Polen den Obskurantismus und die "Leerstellen" im Prozess an.

kolu40x18"Er rief mich am Morgen des 28. Februar an. Er sagte mir: Ich bin verhaftet, ruf Gonzalo an und sag meiner Mutter Bescheid. Mir geht es gut, ich bin schon seit Stunden hier und sie haben mir Kaffee gegeben". So erinnert sich die Lebensgefährtin des baskischen Journalisten Pablo González, Oihana Goiriena, an den Moment, als sie erfuhr, dass ihr Mann 2022 in Polen unter dem Vorwurf der Spionage für Russland verhaftet wurde. Ein Jahr nach der Verhaftung hat die polnische Justiz noch nicht bekannt gegeben, welche Beweise für die Anschuldigungen vorliegen. Die Universität des Baskenlandes und der Baskische Journalisten-Verband haben kürzlich eine Debatte mit Akademikern und Verwandten von González veranstaltet, um die Geschichte zu rekonstruieren und "Lücken" aufzuzeigen, die sie im juristischen Verfahren gefunden haben.

González, der als freier Journalist für mehrere spanische Medien im Ausland arbeitete, war in Polen, als die Kriegstrommeln bereits schlugen. Mit dem Ausbruch der Invasion begab sich der Reporter an die polnisch-ukrainische Grenze, um über die Flüchtlingskrise zu berichten. In den frühen Morgenstunden wurde er verhaftet. Die Beweise gegen ihn waren die beiden Pässe, die er bei sich trug, ein spanischer und ein russischer, entsprechend der doppelten Staatsbürgerschaft, die er aufgrund seiner Herkunft aus Moskau besitzt, sowie eine Karte einer baskischen Bank. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft. Seine Freilassung wurde bereits dreimal verweigert. Die Anklage wegen Spionage kann eine Höchststrafe von zehn Jahren nach sich ziehen.

González hat in all der Zeit nur einen einzigen Besuch von seiner Frau empfangen können. "Ich war darauf vorbereitet. In Wahrheit fand ich ihn besser, als ich dachte, denn er verbringt 23 Stunden in einer Zelle und hat nur eine Stunde am Tag Zeit, um herumzulaufen", erklärte Oihana Goiriena, die hinzufügte, dass sie ihren Partner "emotional stark" vorfand. Ihrer Aussage zufolge ist das Verhältnis der Familie zum spanischen Konsul in Polen "sehr gut", aber nicht zum Außenministerium, mit dem "wir keinen Kontakt hatten. Niemand hat sich mit uns in Verbindung gesetzt".

"Ein Journalist aus einem Mitgliedsstaat der EU wird in einem anderen EU-Land inhaftiert. Das ist ungewöhnlich", prangerte Edith Rodríguez, Vizepräsidentin von Reporter ohne Grenzen, in der Debatte an der Universität des Baskenlandes an. Rodríguez wies auf die mangelnde Transparenz des gesamten Prozesses seit der Verhaftung hin und erklärte, dass die Regierung in Warschau zusammen mit der ungarischen Regierung im repressiven Umgang mit Journalisten auf internationaler Ebene die schlechteste Position einnehme.

Carmen Peñafiel, Professorin an der Fakultät für Journalismus, warnte vor einer "schwerwiegenden Verletzung von Prinzipien und Werten, die die EU verteidigen sollte". Amaia Goikoetxea, Präsidentin und Dekanin der Baskischen Journalisten-Vereinigung und -Hochschule, bedauerte "Handlungen, die eines Landes, das sich selbst als demokratisch bezeichnet, unwürdig sind" und forderte ein rasches Eingreifen zur Klärung des Falls. "Was mit Pablo passiert, ist traurig und enttäuschend". (ElCorreo)

(2023-02-16)

KAMPF UM DIE GESUNDHEIT

Mit etwas anderem als mit der Feinfühligkeit der einfachen Leute ist es nicht zu erklären, dass nicht bereits zu Pandemie-Zeiten die Leute auf die Straße gingen zum Protest gegen die katastrophale Lage in der Gesundheitsversorgung. Gut ein Jahr, nachdem das Schlimmste zurück liegt, wird aus der Glut ein Feuer, die Straßen sind voll, in einigen Krankenhäusern wird gestreikt.

kolu40x16Nicht nur im Baskenland stehen die Zeichen auf Sturm. In Galicien kam es zu einer großen Demonstration gegen die Privatisierungen der Rechtsregierung, in Madrid war am Wochenende eine halbe Million Leute unterwegs, um für den Erhalt des Wenigen zu demonstrieren, das in Madrid nach 30 Jahren Kürzungen und Privatisierung noch übrig ist. Dort ist es bereits ein Witz, überhaupt noch von öffentlicher Gesundheits-Versorgung zu sprechen. Die ultrarechte Regionalpräsidentin lachte nur über die Proteste – sie versuchte nicht einmal, den Schein von Respekt anzudeuten, sondern goss zusätzlich Öl ins Feuer. Arroganz der Macht und derer, die wissen, dass sie wieder gewählt werden, weil die, die sie wählen, ohnehin privat versichert sind und die kleinen Leute ohne Privatversicherung nicht mehr wählen gehen, weil Wahlen ohnehin nichts verändern.

Ähnlich wie in Madrid sieht es in ganz Großbritannien aus, wo die Privatisierung heftige Schneisen in die Grundversorgung geschlagen hat, auch dort mobilisieren Hunderttausende gegen die Rechtsregierung. Im französischen Staat steht die Gesundheit indirekt zur Debatte, vordergründig geht es um die Rente. Das Eintrittsalter soll erhöht werden, ebenso die notwendige Anwartschaftszeit – auch hier steht Lebensqualität auf dem Spiel und somit Gesundheit.

In Bilbao wurde vergangene Woche in 29 Barrios Kundgebungen und Demonstrationen durchgeführt, aus Protest gegen die Politik der neoliberalen PNV, die dasselbe praktiziert wie alle rechten Regierungen. Der Protest wird wiederholt. Dazwischen mobilisieren die Gewerkschaften zu einer Groß-Demonstration aus denselben Gründen. Die Rentner*innen gehen nach fünf Jahren Mobilisierung zu einem Einschluss über, zu ihren Forderungen gehören neben einer 1.080 Euro Minimalrente auch die würdige öffentliche Gesundheits-Versorgung.

Und in Navarra gibt es gleich drei Streiks auf einmal im Bereich Gesundheit. Zum einen die Ärzt*innen, dann die Leute in der Verwaltung und schließlich die Krankenpfleger*innen, mit unterschiedlichen Forderungen. In Donostia läuft ein Etappenstreik, hier geht es auch um die umstrittene Verwaltungs-Hierarchie, die das Arbeiten zusätzlich erschwert. Und als wäre das nicht genug: vier Gewerkschaften haben für die Reinigung in den baskischen Gesundheits-Stationen einen einwöchigen Streik ausgerufen. Zum einen wurde der Tarifvertrag dieser in Subunternehmen Beschäftigten seit 5 Jahren nicht verlängert, zum andern soll die Situation der Sub-Beschäftigten denen im öffentlichen Bereich endlich angeglichen werden. Feuer unterm Dach – Gesundheit ist unbezahlbar. Wer das in der Pandemie nicht gelernt hat, lernt es nie.

(2023-02-15)

PREIS-UND STEUER-SKANDALE

kolu40x15Der Versuch der spanischen Regierung, mit Hilfe von Mehrwertsteuer-Senkungen für wichtige Lebensgüter gegen den Kaufkraftverlust der armen Bevölkerung anzugehen, war ein Schlag ins Wasser. Zudem war er vorherzusehen. Theoretisch hätten die Preise der von der Senkung betroffenen Lebensmittel sinken müssen. Doch teilweise war sogar das Gegenteil der Fall. Mit der Steuersenkung brachte sich die Regierung selbst in Zugzwang: alle Preisveränderungen zu überprüfen, nach oben und nach unten. In einem Land mit 47 Millionen Einwohnerinnen und hunderttausenden von Geschäften schlicht unmöglich. Auf die Schliche der Profiteure kamen nicht staatliche Prüferinnen, sondern der Verband der Verbraucher.

Jedes fünfte Produkt mit ermäßigter Mehrwertsteuer ist teurer als vor der Maßnahme. Das wirft der spanische Verbraucher-Verband Facua den Ketten Carrefour, Alcampo, Dia, Aldi, Eroski, Lidl, Hipercor und Mercadona vor. Sie hätten die Steuersenkung nicht korrekt weitergegeben. Kritisiert wird zudem, dass die Regierung Unregelmäßigkeiten beim Wettbewerb nicht untersucht.

Die Mehrwertsteuer-Senkung auf Lebensmittel wird in den großen Supermärkten immer noch nicht korrekt angewendet. Dies wurde nach einer Analyse von mehr als 1.000 Preisen in den acht größten Supermarkt-Ketten festgestellt. Jedes fünfte Produkt mit ermäßigter MWST wird heute teurer verkauft wird als vor der Steuersenkung durch die Regierung. Konkret sind 178 der 1.020 untersuchten Preise (17,4%) gegenüber dem Stand vom 30. Dezember gestiegen, erklärte der Generalsekretär von Facua auf einer Pressekonferenz.

Aus diesem Grund kündigte der Verbraucherverband an, diese acht Ketten bei der Nationalen Kommission für Markt und Wettbewerb (CNMC) anzuzeigen, weil sie die Steuersenkung unterlaufen haben. In diesem Zusammenhang kritisierte er auch die Tatsache, dass die Regierung "keinerlei Anzeichen gezeigt hat, etwas zu unternehmen", um diese Betrügereien zu überwachen, zudem habe sie noch keine Antwort auf ihre vorherige Beschwerde erhalten, bei der nur Mercadona eine saubere Weste hatte.

Die meisten Unregelmäßigkeiten wurden bei Hipercor festgestellt, wo 26% der Produkte teurer geworden sind als vor der Senkung. Die alarmierendsten Fälle sind Rundreis, dessen Preis nach den Daten von Facua vom 30. Dezember bis zum 7. Februar um 53% gestiegen ist, und ein Kilo Zucchini, das in diesen Geschäften um 35% teurer geworden ist. Es folgt Aldi, wo sich 18% der untersuchten Produkte verteuert haben, der gleiche Prozentsatz bei der baskischen Konsum-Genossenschaft Eroski. Danach folgen Lidl (14%), Dia (12%), Mercadona (7%) und Alcampo (6%).

(2023-02-14)

ENDE OHNE SCHRECKEN

kolu40x14Die seit einem Vierteljahrhundert andauernde Repression gegen Nekane Txapartegi fanden am Dienstag vor der Audiencia Nacional in Madrid ein Ende. Sie wurde wegen Urkundenfälschung zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt, die sie nicht antreten muss. Die Frau aus Asteasua, die sich fünfzehn Jahre lang einer Haftstrafe entzogen hatte, indem sie in der Schweiz lebte, wurde auch beschuldigt, geflohen zu sein. Schließlich wurden Lösungen gefunden und Txapartegi hatte in den letzten zehn Monaten keine Probleme, sich im Baskenland aufzuhalten.

Vor diesem Hintergrund wollte Txapartegi vor dem Richter einige Erklärungen abgeben. Erstens, dass die damals gegen sie verhängte Strafe auf Aussagen beruhte, die sie unter Folter gemacht hatte. Sie sei geflohen aus Angst vor einer erneuten Folter. Der Richter erlaubte, diese Erklärungen zu beenden.

Txapartegi fügte vor der Strafkammer der Audiencia Nacional hinzu, dass die Lösung durch die Weigerung der Staatsanwaltschaft zurückzuführen möglich wurde, sie nicht erneut mit ETA in Verbindung zu bringen. Dafür war die in der Schweiz geleistete Arbeit entscheidend. Auch ihre Tochter kam vor dem Richter zur Sprache. Das Leben von beiden wurde durch die Verfolgung durch die spanische Justiz enorm beeinflusst.

Hintergrund

Das Verfahren 18/98 war die Grundlage für dieses lange Verfahren. Txapartegi wurde von der Guardia Civil verhaftet und brutal gefoltert. Im Prozess wurde sie wegen Mitgliedschaft bei ETA zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Der Oberste Gerichtshof reduzierte die Strafe später auf den Straftatbestand der "Zusammenarbeit" und verringerte sie auf sechs Jahre und neun Monate. Doch Txapartegi tauchte 2007 in der Schweiz unter. Die spanische Justiz verschärfte die Verfolgung, indem sie ihr vorwarf, sich wieder ETA angeschlossen zu haben. Wiederholte Versuche, Nekane Txapartegi nach Spanien zu überführen, wurden unternommen, sie wurde in der Schweiz inhaftiert, aber nicht ausgeliefert.

Die 2015 erfolgte Gesetzesänderung hat die Situation etwas entschärft. In der Folge erklärte die Audiencia Nacional das Urteil von 18/98 im Jahr 2017 für erledigt, Txapartegi wurde in der Schweiz freigelassen. Der nächste Schritt erfolgte im April letzten Jahres. Nekane erschien in Begleitung ihres Anwalts Iñigo Iruin vor dem Sondergericht in Spanien und stellte fest, dass der einzige Vorwurf gegen sie darin bestand, dass sie Dokumente gefälscht habe. Seitdem konnte sie endlich frei in der Schweiz oder im Baskenland leben, mit der jetzigen Verurteilung findet der Kreislauf der Repression ein Ende.

In einem Interview im vergangenen Jahr fasste Txapartegi den Prozess wie folgt zusammen: "Wie viele andere dachte ich, dass wir eines Tages durch eine politische und kollektive Lösung alle wieder frei sein würden. So ist es nicht gewesen, ich musste durch die Audiencia Nacional gehen. Aber nicht so, wie es der spanische Staat wollte, nämlich verhaftet. Darauf bin ich stolz".

(2023-02-12)

DER BESONDERE FILMPREIS

Die Goya-Preise im spanischen Staat sind das Pendant zum Deutschen Filmpreis. Für 2022 waren mehr als 30 baskischen Filme und Macherinnen für die Preise nominiert, einige Erwartungen wurden nicht erfüllt. Glücklich aus Sevilla zurück kam Telmo Irureta, Schauspieler aus Zumaia, der für seine Darstellung in Fernando Francos "La consagración de la primavera" (Die Weihe des Frühlings) den Goya für den besten Nachwuchs-Darsteller nach Hause brachte. "Vielen Dank für diese Gelegenheit", sagte der Schauspieler, der seit seinem zweiten Lebensjahr nach einer Hirnhautentzündung behindert ist. Das hinderte ihn nicht, ein Lehramtsstudium zu absolvieren und als Theaterschauspieler zu arbeiten.

kolu40x12"Danke an David, meine Rollenfigur, denn es handelt sich um eine Anspielung auf das Recht auf Sexualität von Menschen mit Behinderungen, wir existieren und haben Lust auf Sex", sagte Irureta (*1989), nachdem er den Preis von seiner Tante, der Schauspielerin Elena Irureta, entgegengenommen hatte. Anschließend forderte er "ein einschließendes Kino mit Körpern aller Art". "Ich bin glücklich und möchte Fernando Franco danken für diese Gelegenheit, ich freue mich, Teil Ihres Films zu sein". "Eskerrik asko!" schloss er. Insgesamt waren zehn Filmleute aus Gipuzkoa für Filmpreise nominiert, doch gewann nur der Darsteller aus Zumaia einen Preis.

Telmo Irureta war seit dem dritten Lebensjahr dazu verdammt, im Rollstuhl zu sitzen oder im Bett zu liegen. Er meldete sich für den Performing Arts Workshop in Donostia (San Sebastián) an, weil er das Gefühl hatte, dass ein Schauspieler in ihm steckte. Er trat in Kurzfilmen, Theaterstücken und zu Monologen auf, in denen er sich über seine zerebrale Kinderlähmung lustig machte. Sein Filmdebüt wurde zu einem Riesenerfolg in den Kinos (11.000 Zuschauerinnen), erzählt wird die Geschichte der Beziehung zwischen einem Mädchen, das gerade in Madrid angekommen ist (Valèria Sorolla), und einem jungen behinderten Mann, der dem Guipuzcoaner zu "75%" ähnelt, so Telmo Irureta.

(2023-02-11)

FASCHISTEN GEGEN FERMIN MUGURUZA

Fermin Muguruza ist nicht nur bekannter Musiker von Kortatu und Negu Gorriak, er ist auch Filmemacher. Daneben war er immer auch eines der bekanntesten Gesichter der baskischen Unabhängigkeits-Bewegung. Deshalb wurden zu Zeiten von ETA seine Konzerte südlich des Baskenlandes häufig boykottiert, zensiert oder verboten – ganz im Sinne der spanischen Tradition der Inquisition. ETA gibt es zwar nicht mehr, doch das alte Feindbild ist geblieben und wird aus dem Schrank geholt, wenn es der alten oder neuen faschistischen Garde opportun erscheint.

kolu40x11Wenn heute in Sevilla die Goya-Preise verliehen werden, hat Fermin Muguruza gute Chancen, für seinen Film "Black is Beltza II" in der Kategorie "Bester Animationsfilm" einen Preis zu erlangen. Gegen seine Anwesenheit im von Faschisten mit-regierten Andalusien hat die neofranquistische Vox-Partei eine Kampagne gestartet. Doch ging der Schuss nach hinten los. Denn angesichts der Angriffe der spanischen Rechtsextremen hat Muguruza in der Kulturwelt eine breite Unterstützung gefunden.

Die von Vox Sevilla initiierte und von Ultra-Accounts in den sozialen Netzwerken unterstützte Kampagne fand ihren Widerhall in einer Vielzahl rechtsgerichteter spanischer Zeitungen, aber auch in den zahlreichen Unterstützungen, die Muguruza aus der Welt der Kultur erhielt, sei es aus dem Baskenland oder anderen Teilen Spaniens. Einer der ersten, der sich zu Wort meldete, war der Schauspieler und Regisseur Aitor Merino, der die Angriffe gegen Muguruza "aus ideologischen Gründen" durch die "verdammten Faschisten" von Vox beklagte.

Auch der Direktor des Zinemaldia Filmfestivals in Donostia, José Luis Rebordinos, bekundete seine Unterstützung für Muguruza angesichts der "Belästigungen durch die Ultrarechten". Maria Jauregi, die Tochter des ETA-Opfers Juan Mari Jauregi, wünschte dem Regisseur Glück für die morgige Preisverleihung. Im musikalischen Bereich hat der Twitter-Account von der Rockgruppe Reincidentes, einer Band aus Sevilla, ein Foto ihres Sängers Fernando Madina mit Muguruza veröffentlicht. Der Schauspieler Willy Toledo hat sich ebenfalls für Muguruza geäußert.

Von den ursprünglich neun Preise, für die der Film nominiert war, ist Muguruzas "Black is Beltza II: Ainhoa" am Ende nur noch für einen Goya in der Kategorie "Bester Animationsfilm" im Spiel. Wer weiß, ob ein möglicher Preis für den baskischen Film nicht eine deftige Rede von Muguruza zur Folge hätte, die an jene erinnert, die er bei den Musikpreisen 2003 hielt, anlässlich der willkürlichen Schließung der einzig baskisch-sprachigen Tageszeitung "Euskaldunon Egunkaria" durch die spanische Justiz.

(2023-02-09)

STAATS-TERRORISMUS

In den 1980er Jahren organisierte die PSOE-Regierung – ganz heimlich versteht sich – zusammen mit der Guardia Civil und spanischen Neonazis die Terrorschwadronen GAL, die im französischen Baskenland vermeintliche ETA-Mitglieder ermorden sollten und dies auch taten. Als die Sache 10 Jahre später aufflog, gab es Ermittlungen, bei denen viel im Dunkeln blieb. Vor allem die Frage nach dem obersten Auftraggeber, auch wenn heutzutage die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass es Regierungschef Felipe Gonzalez selbst war. Zu den wenigen Verurteilten gehörte Ricardo Garcia Damborenea, gestandener Sozialdemokrat. Er wurde überführt verurteilt, verbrachte einige Jahre im Gefängnis und – wurde von der Regierung des Falangisten Aznar begnadigt.

kolu40x09Als ehemaliger Abgeordneter erhält Damborenea bis heute eine staatliche Zusatz-Rente von 2.000 Euro – das ist der Protestpartei Podemos ein Dorn im Auge. Es sei eine Beleidigung der damaligen Opfer des vom Staat geführten “Schmutzigen Krieges“. Deshalb stellte die lila Partei im baskischen Parlament den Antrag, das spanische Parlament solle doch dem Staatsterroristen die Rente kappen. Unterstützung fand das Anliegen bei der abertzalen Koalition EH Bildu (manche fragten sich, warum die nicht den Antrag gestellt haben). Die Sozialdemokraten stellten sich selbstverständlich hinter ihren Dambo, mit der Begründung, nach der Begnadigung seien alle seine politischen Rechte wieder hergestellt. Die Postfranquisten der PP ebenfalls. Die baskisch-rechte PNV räumte ein, in dieser Geschichte Bauchschmerzen zu haben und enthielt sich. Eine Mehrheit also für den Antrag Richtung Madrid.

Auch vierzig Jahre nach seinem “Schmutzigen Krieg“ ist Damborenea keineswegs reumütig. Wer es hören will, dem sagt es: “Ich kann keinen Fehler sehen. Wir haben damals gemacht, was wir machen mussten“. Das hört sich nach John Wayne an, ist aber nur en kleiner ausschnitt spanisch sozialdemokratischer Politik. Damborenea hätte auch sagen können: “Ihr könnt mich mal alle mit eurem Gefasel vom Rechtsstaat. Letztendlich gibt er damit den Verantwortlichen bei ETA Recht; die nach 1975 entschieden, den bewaffneten Kampf weiterzuführen, weil sich an der franquistischen Diktatur außer dem Schein nichts geändert hat. Aus aktueller Sicht können wir hinzufügen: Bis heute nicht.

(2023-02-08)

KEINE KORRUPTIONS-BEKÄMPFUNG

kolu40x08Korruption gehört in der Politik heutzutage zum Geschäft wie die Wurzel zur Blume. Da wäre eine unabhängige Kontroll-Instanz eine überaus gute Einrichtung. Und sei es nur zur Vorbeugung oder Abschreckung. Denn vor allem “unabhängig“ schreckt enorm ab! In diesem Sinne hat die linke Koalition EH Bildu im baskischen Parlament den Vorschlag gemacht, ein unabhängiges Anti-Korruptions-Büro einzurichten. Das wurde von der Mehrheit abgelehnt. Diese Mehrheit stellen die Baskisch Nationalistische Partei PNV, die zuletzt bei einem skandalösen Korruptions- und Schmiergeld-Prozess gegen den PNV-Politiker De Miguel in die Schlagzeilen geriet; und die sozialdemokratische PSE, die bei öffentlichen Auftragsvergaben mit gezinkten Karten spielt und bei der Müllkatastrophe von Zaldibar eine ganz dunkle Rolle spielte. Wenn ein solcher Ausschuss abgelehnt wird, darf daraus geschlossen werden, dass die eben genannte Praxis keine Einzelfälle darstellen, sondern zur Regel gehören, die besser dort bleibt, wo sie für korrupte Politiker hingehört: unter den Teppich.

Interessanterweise war die Regierung (in derselben Konstellation) im Jahr 2018 für eine solche Kontrollinstanz, im Jahr 2020 war sie (wie heute) dagegen. Entsprechend hat der Rat der baskischen Senatorinnen und Senatoren (Minister*innen) die Einrichtung eines unabhängigen Amtes für gute Verfahrenspraxis und Korruptionsbekämpfung abgelehnt. Somit wird dem Gegenteil das Wort geredet: schlechte Verfahrenspraxis und keine Bekämpfung von Korruption.

Nach Meinung der Senator*innen “gibt es im Baskenland bereits einen umfassenden rechtlichen und institutionellen Rahmen, der die Integrität, die Förderung der Transparenz und die Vorbeugung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung gewährleistet", so der Ministerpräsident kürzlich. Iñigo Urkullu gab diese Erklärungen ab und versicherte gleichzeitig, dass seine Regierung eine proaktive Haltung gegenüber irregulären öffentlichen Praktiken einnehme. Das beste Gegenbespiel haben wir noch in warmer Erinnerung.

Dann wandten sich die drei Provinz-Verwaltungen (Araba, Bizkaia, Gipuzkoa) an die Schiedskommission und bemängelten, das Parlament greife in ihre Zuständigkeiten ein. Es folgte eine Lähmung der Formulierung des Gesetzes. Dann wurden Neuwahlen ausgerufen, alles wurde auf Eis gelegt.

Was war zwischen dem einen und dem neuen Vorschlag geschehen? Nun, PNV und PSE hatten es geschafft, eine absolute Mehrheit zu erreichen, während sie 2018 Gefahr liefen, bei einem Antikorruptions-Vorschlag, den die Opposition hätte durchsetzen können, außen vor zu bleiben. Übrigens haben die Regierungsparteien ein Transparenzgesetz versprochen, das ebenfalls nie verabschiedet wurde. Nun behauptet die Regierung, das vorgeschlagene Kontrollmodell sei nicht wirksam, da es eher repressiv als präventiv ist. EH Bildu will eine öffentlich-rechtliche Einrichtung mit eigener Rechtsform, die bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten objektiv, professionell, der Rechtsordnung unterworfen wird, und die organisch und funktional völlig unabhängig von den öffentlichen Verwaltungen agieren kann". Für die rechten Parteien käme das einem Kontrollverlust gleich.

Anders in Nafarroa

EH Bildu kommentierte die Ablehnung, dass dies "einmal mehr zeigt, dass die Korruptionsbekämpfung nicht zu den Prioritäten" der Regierung Urkullu gehört". - "Nach dem Urteil im Fall De Miguel haben alle Parteien, einschließlich der PNV und der PSE, großspurige Erklärungen gegen die Korruption abgegeben, aber wenn es darum geht, den Worten Taten folgen zu lassen und Maßnahmen zu ergreifen, zeigen die PNV und die PSE, dass sie keine echten Verpflichtungen eingehen wollen". Er fügte hinzu: "Wenn wir in einem anständigen Land leben wollen, müssen wir über ausreichende Mechanismen verfügen, die sicherstellen, dass weder Korruption noch schlechte Praktiken einen Platz haben. Wir brauchen Instrumente, die gewährleisten, dass es in Zukunft keine De-Miguel-Fälle mehr geben wird".

Außerdem weist EH Bildu darauf hin, dass beide Parteien in Nafarroa die Einrichtung des von der Bildu-Fraktion vorgeschlagenen Antikorruptions-Büros befürwortet haben. Bildu erinnert daran, dass "die in diesem Bereich tätigen Institutionen ständig das Fehlen von Mitteln zur Aufdeckung und Untersuchung von Korruption beklagen".

(2023-02-07)

FASCHISTEN IN DONOSTIA

Der altgediente Franquist Álvaro Romero wird diesen Monat in feindliches Gebiet reisen. Sein Ziel ist für einige Stunden Donostia. "Das war ein Krieg, und jeder, der das anders interpretieren will, macht sich etwas vor. Es war ein Krieg von Euskadi gegen Spanien, und leider hat Euskadi heute gewonnen", sagte er vor einigen Tagen im Gespräch mit Jesús Longueira, einem Nationalpolizisten, der ein Buch über ETA geschrieben hat.

kolu40x07Romero und Longueira werden in San Sebastian nicht allein sein. Begleitet werden sie von Martín Sáenz de Ynestrillas, einem Falange-Geschäftsmann, der 2019 eine rechtsextreme Kandidatenliste anführte und den Prolog zum Buch mit dem Titel “ETA, Ni olvido ni perdón“ (ETA, kein Vergessen, kein Vergeben) geschrieben hat. Die drei Faschisten werden nach Donostia reisen, um das Buch vorzustellen und ihre Interpretation der spanischen Rechtsradikalen über das Ende der Gewalt vorzustellen.

Als Veranstaltungsort für die Zeremonie wurde der Club Cantábrico gewählt, eine angesehene private Einrichtung, die historisch mit der Aristokratie der Stadt verbunden ist. Der 1891 gegründete Club lässt bis heute keine weiblichen Mitglieder zu, "Mitglieder des Clubs" können laut Satzung nur "Männer" sein, die vom Vorstand aufgenommen werden. In einem Bericht des Baskischen Fraueninstituts Emakunde wird der Club Cantábrico als eine der "gastronomischen Gesellschaften" bezeichnet, die "keine Frauen in ihren Tamborradas (in Bezug auf das wichtigste Volksfest in Donostia) und auch nicht als Mitglieder akzeptieren".

Gegen das Erinnerungs-Gesetz

Im Programm des Clubs steht die rechtsextreme Veranstaltung am 23. Mai vorerst nicht, in den sozialen Netzwerken angekündigt wurde sie jedoch bereits von Martín Sáenz de Ynestrillas, dem ehemaligen Kandidaten der Falange Española de las JONS und der Koalition ADÑ. Ynestrillas Vater, der Militär Ricardo Ynestrillas, wurde im Juni 1986 von ETA getötet.

Im Vorwort des Buches, das in Donostia vorgestellt wird, wettert Ynestrillas gegen das "elende, ruchlose, revanchistische, falsche und abscheuliche Erinnerungs-Gesetz (der aktuellen Koalitionsregierung PSOE-Podemos), das Aushängeschild der von Pedro Sánchez angeführten Generation des Hasses". Die Vertreter der linken baskischen Partei EH Bildu bezeichnet er als "Erben von ETA" und die Mitglieder der katalanisch-republikanischen Partei ERC als "Kriminelle".

Die Veranstaltung steht auch auf der Agenda von SND Editores, die für die Veröffentlichung dieses Buches über ETA verantwortlich zeichnen. "In diesem Fall ist es von doppelter Bedeutung, dass die Veranstaltung in der Geburtsstadt der Terrorgruppe stattfindet", heißt es in dem Bericht.

"Generalissimo"

Vor einigen Tagen interviewte der Franquist Álvaro Romero den Autor des Buches. Er tat dies in seiner Eigenschaft als Moderator einer Talkshow in jenem rechtsextremen Medien-Unternehmen und als Geschäftsführer des Verlags. Der hat bereits eine lange Liste von Werken zur Verherrlichung der Franco-Diktatur und ihrer wichtigsten Führer zusammengestellt.

In der Sendung bezeichnete Longueira, der als "Nationalpolizist seit 1991" vorgestellt wurde, den Diktator Francisco Franco als "Generalissimo" (ehrender Begriff für Franco) und insistierte, dass der General-Koordinator von EH Bildu, Arnaldo Otegi, "im Gefängnis bleiben sollte". - "Wundern Sie sich nicht, wenn wir ihn am Ende als Ministerpräsident sehen", sagte er. Romero seinerseits sieht ETA direkt im Regierungssitz La Moncloa. "Heute werden wir von denen regiert, die früher die Bomben gelegt haben", sagte er. "Empörung, es gibt kein anderes Wort, um das zu beschreiben", fügte der Nationalpolizist hinzu.

"Euskadi gegen Spanien"

"Das ist keine Rache, das ist Gerechtigkeit", sagte der franquistische Moderator an anderer Stelle, in dem er den baskischen Konflikt zweimal als eine Frage des "Krieges" zwischen "Euskadi und Spanien" bezeichnete. Romero bezeichnete sich selbst als "Opfer des Terrorismus", obwohl er zugab, dass ihm persönlich kein Schaden zugefügt wurde. "Ich hatte keinen anderen Kontakt mit dem Terrorismus als den, den jeder Spanier täglich hat", sagte er. "Opfer sind nicht nur diejenigen, die ein Familienmitglied verloren haben, Opfer sind wir alle", sagte er.

(2023-02-05)

DER ZUG DER NEANDERTALER

Baskische Höhlenforscher haben in der Höhle Lezetxiki (baskisch: kleine Höhle) bei Arrasate-Mondragon Spuren gefunden, die die Anwesenheit von Neandertalern im Zeitraum zwischen der Mittel- und der Jungsteinzeit bestätigen. In dieser Epoche wurden die Neandertaler im Norden der Halbinsel durch anatomisch modernere Menschen ersetzt. Die im "American Journal of Biological Anthropology" veröffentlichten Schlussfolgerungen bestätigen, dass die in der Höhle von Arrasate analysierten Zahnreste "die einzigen sind, die zu erwachsenen Neandertalern in der Region der westlichen Pyrenäen gehören". Historisch und archäologisch gesehen eine sensationelle Nachricht! Wenn da nicht …

kolu40x05Die Forschungsarbeiten wurden koordiniert von Diego López-Onaindia, Forscher an der Universität Bordeaux, beteiligt waren Expert*innen aus Tarragona, London, Barcelona. Die Ebene III der Fundstätte Lezetxiki enthält Steinwerkzeuge aus der sogenannten Moustérien-Kultur, eine Epoche des europäischen Mittel-Paläolithikums bezeichnet.

Seit 18 Jahren wird in Euskadi ein unsinniger Hochgeschwindigkeits-Zug gebaut, der ebenfalls an Arrasate-Mondragon vorbeikommt. Weil die baskische Landschaft von Bergen und Tälern geprägt ist, bestehen lange Streckenteile aus Brücken und Tunneln . Für letztere werden riesige Stollen gesprengt, die dann mit großen Schneidemaschinen ausgefräst werden. Dabei wird vor nichts Halt gemacht. Bei einer der Sprengungen wurde ein Teil der Lezetxiki-Höhle zum Einsturz gebracht. Auch das haben Forscher*innen bestätigt. Die baskische Regierung, als Mitbetreiberin der im Bau befindlichen AHT-TAV-Strecke behauptet, in der Höhle seien keine Schäden angerichtet worden. Der Standort der Höhle war bekannt, dennoch wurde gesprengt. Fahrlässiger Kollateralschaden. Schnelle Züge im Krieg mit Neandertalern.

Das Moustérien im engeren Sinne beginnt vor rund 120.000 Jahren und dauert bis vor etwa 40.000 Jahren. In Europa ist es mit der Kultur der Neandertaler assoziiert. Gleichzeitig wurden auf dieser Ebene typische Werkzeuge aus dem Aurignacien, der Kulturperiode des Homo Sapiens, gefunden. Diese Übergangszeit zwischen dem Moustérien und dem Aurignacien ist "einer der wichtigsten Aspekte, die die Fundstelle liefert, da es sich um eine Zeit handelt, in der die Neandertaler durch anatomisch moderne Menschen ersetzt wurden", so die Forscher.

Die untersuchten Zähne, die aus Ausgrabungen von 1966 stammen, waren Gegenstand einer neuen paläoanthropologischen Analyse, bei der neue Techniken und Methoden wie die Untersuchung der äußeren und inneren Morphologie anhand von Scans durch computergestützte Mikrotomographie und geometrische Morphometrie angewandt wurden. Die Ergebnisse dieser Analysen wurden mit anderen bekannten Exemplaren aus der Mittelsteinzeit verglichen, und zwar sowohl mit Neandertalern als auch mit modernen Menschen aus dem oberen Paläolithikum und modernen Menschen aus dem Neolithikum. "Alle erhaltenen Indikatoren stimmen mit einer Klassifizierung der Überreste als Neandertaler überein", fügen die Forscher hinzu.

(2023-02-04)

DER SCHATTEN DER ZENSUR NACH FRANCO

Die Forschungsgruppe Memoria Historikoa Literatura Iberiarretan (MHLI – Historisches Gedächtnis der Iberischen Literatur) der baskischen Universität UPV-EHU hat gestern eine Studie über die Zensur von Büchern in baskischer Sprache von Francos Tod 1975 bis 1983 vorgelegt.

kolu40x04Die Autor*innen haben 545 Akten analysiert, zu den wichtigsten Schlussfolgerungen zählt die Besessenheit und Phobie der staatlichen Zensoren gegenüber dem "Separatismus". In diesem Sinne zeigten sie eine besondere Feindlichkeit gegenüber der Kinder- und Jugendliteratur, um zu verhindern, dass sich die Ideen der Unabhängigkeit bei der jungen Generation durchsetzen. Die Studie liefert Beispiele für die Sinnlosigkeit der Zensur, wie die unsinnige Debatte, die zur Ablehnung des Begriffs "eusko" führte, stattdessen wurden Schriftsteller*innen von den postfranquistischen Sprach-Verantwortlichen angewiesen, den Begriff "euskal" zu verwenden.

Die Zensur liefert eine Vielzahl von Beispielen, die heute möglicherweise sogar zum Schmunzeln anregen, die aber keineswegs über den großen Schaden hinwegtäuschen sollen, den sie angerichtet hat. Die Kehrseite dieser absurden und reaktionären Diskussionen ist "das Aufhören, die Leere", wie es eine der Forscherinnen, Mari Jose Olaziregi, ausdrückte. Die Zensur zielt darauf ab, einen gesellschaftlichen Körper zu verstümmeln, den Teil der Gesellschaft auszulöschen, der als schädlich betrachtet wird. Dazu dient polizeiliche Repression, Folter, Inhaftierung oder Liquidierung und Ermordung Andersdenkender im Schnellverfahren. Es wird versucht, all ihre Erscheinungsformen auslöschen, sowohl im täglichen Leben als auch im künstlerischen Bereich. Bei diesem Versuch, die Gesellschaft zu vereinheitlichen, macht die Zensur deutlich, was für sie unerwünscht ist, wovor die Zensoren wirklich Angst haben: es handelt sich um Ideen, selbst wenn sie noch so legitim und demokratisch sind wie die Verteidigung der Unabhängigkeit eines Landes.

Die Studie zeigt auch die Kontinuität einer Praxis, die noch lange nach dem Tod des Diktators im Jahr 1975 andauerte und sogar nach der Verabschiedung der Verfassung 1979 weitergeführt wurde. Diese franquistische Sturheit bestätigt einmal mehr, dass der angeblich vorbildliche Übergang von der Diktatur zur Demokratie (Transition genannt) nichts weiter als eine absichtliche Täuschung ist. Um die Tatsache zu verbergen, dass der tiefe Staat, der unter Franco herrschte, sprich: die alten faschistischen Garden, auch nach seinem Tod an der Macht blieb. Die direkte Zensur von Büchern in baskischer Sprache ging erst zu Ende, als sie nicht mehr mit dem Bild vereinbar war, das das neue Regime vermitteln wollte. So ganz zu Ende ist sie anders gesehen doch nicht, heutzutage wird dieser Kulturkrieg eher auf der Ebene der Justiz geführt. Nicht viel anders in Katalonien.

(2023-02-03)

DER KRIEG BEGINNT IN BILBAO

Zehn gepanzerte Fahrzeuge, die das spanische Verteidigungs-Ministerium in die Ukraine schicken wird, sind im Hafen von Bilbao eingetroffen. Es handelt sich um Spezialfahrzeuge für den Transport von Soldaten, die in drei Konvois unter der Bewachung der Guardia Civil und der Ertzaintza (baskische Polizei) angekommen sind. Das Verteidigungsministerium hatte in der vergangenen Woche zugesagt, schwere Fahrzeuge und Panzer in die Ukraine zu schicken.

kolu40x03Ministerpräsident Sanchez hatte ausdrücklich erklärt, dass es sich nicht um eine Kriegsbeteiligung handele, sondern um einen Beitrag zur Erlangung des Friedens. Deshalb heißen entsprechende Ministerien in der ganzen Welt auch nicht Kriegs-Ministerium (außer bei den Nazis), sondern Verteidigungs-Ministerium. Ein Euphemimus sondergleichen! (Euphemimus bedeutet: beschönigende, verhüllende, mildernde Umschreibung für ein anstößiges oder unangenehmes Wort. So wird Verteidigung zur verhüllenden Umschreibung für Angriffskrieg).

Die ersten 20 gepanzerten Fahrzeuge werden in drei Tagen mit dem Schiff vom Hafen von Bilbao aus losgeschickt. Am heutigen Donnerstag trafen die ersten speziell für den sicheren Personaltransfer im Krieg vorbereiteten M-113-Einheiten in den Hafenanlagen ein. Sie werden als gepanzerte Mannschafts-Transportwagen (TOA) bezeichnet. Es handelt sich um Amphibien-Fahrzeuge, die eine Geschwindigkeit von 67,5 kmh erreichen und im Leerzustand neun Tonnen wiegen. Die M-113 trafen in drei getrennten Konvois auf Anhängern ein. Alle werden von Patrouillen der Guardia Civil bewacht, bis sie an der Anlegestelle geparkt werden, von wo aus sie eingeschifft werden. Sie ähneln denen, die die spanische Armee im Rahmen einer NATO-Mission zur Abschreckung in Lettland stationiert hat.

Die Lieferung ist Teil des militärischen Materials, das die Zentralregierung seit Februar letzten Jahres zur Bewältigung der russischen Invasion zur Verfügung stellt. Verteidigungs-Ministerin Margarita Robles hat in der vergangenen Woche ebenfalls die Lieferung mehrerer Leopard-Kampfpanzer zugesagt und bereits ein halbes Dutzend der 53 Panzer, die seit mehr als zehn Jahren im militärischen Logistik-Zentrum Zaragoza gelagert, aber nicht genutzt werden, an ein Spezial-Unternehmen in Sevilla geschickt.

Die Fahrzeuge müssen nun überholt und repariert werden, das Ministerium selbst geht davon aus, dass es mehrere Monate dauern wird, bis sie voll einsatzfähig sind. Es wird davon ausgegangen, dass sie im Frühjahr vollständig erneuert an die ukrainische Armee ausgeliefert werden können. Die Ausbildung ukrainischer Panzerfahrer wird noch etwas länger dauern.

(2023-02-02)

MILLIONEN GEGEN MACRONS RENTENREFORM

Nicht nur im baskischen Süden wird um Renten gestritten, auch im euskaldunen Norden. Der große Unterschied ist, dass im spanischen Staat der Renten-Funke vom Baskenland nicht weit übergesprungen ist, im französischen Staat hingegen sehr wohl. Allein in Paris waren Millionen auf der Straße, um gegen den Verlust von Rentenrechten zu demonstrieren. Fast zwei Millionen Bask*innen, Kors*innen, Breton*innen und auch Französ*innen mobilisierten gegen Macrons Rentenreform. Auch der zweite von den Gewerkschaften ausgerufene Streiktag erhielt massive Unterstützung durch die Bevölkerung.

kolu40x02Die französischen Gewerkschaften haben einen weiteren Kampftag im Kampf gegen die von Präsident Emmanuel Macron verfolgte Rentenreform abgehalten. Im zweiten großen Aufruf zu Streiks und Demonstrationen forderten sie die Rücknahme des Starprojekts des derzeitigen Chefs des Elysée-Palastes und kündigten weitere Proteste an. Macron will das Mindest-Rentenalter schrittweise von derzeit 62 Jahren auf 64 Jahre im Jahr 2030 anheben und die für eine volle Rente erforderliche Beitragszeit auf 43 Jahre festlegen.

Nach Angaben der Polizeipräfektur gingen landesweit 1,3 Millionen Personen auf die Straße, um ihren Widerstand zu demonstrieren. Davon allein 87.000 in Paris. Die Gewerkschaft CGT, die die Demonstrationen organisiert hatte, sprach von 2,8 Millionen Demonstrant*innen, darunter 500.000 aus der Hauptstadt. Auch am 19. Januar, dem Tag der ersten Mobilisierung, wurde mit Zahlen gespielt: 1,2 Millionen nach Angaben der Polizei, 2 Millionen nach Angaben der zentralen Organisationen. Von Marseille bis Paris, über Lille, Bordeaux und Toulouse forderten die Protestierenden die Rücknahme einer Reform, die sie als unwirksam, brutal und ungerecht empfinden. Sie sind nicht bereit, zwei Jahre länger zu arbeiten, um mit einer vollen Rente in den Ruhestand gehen zu können. Sieben von zehn Franzosen (72%) lehnen Macrons Projekt ab, so eine aktuelle Umfrage des Instituts Elabe.

Obwohl mehr Demonstranten als am 19. Januar auf der Straße waren, war die Beteiligung in den Bereichen Verkehr, Bildung, öffentliche Verwaltung und Energie geringer. Dies ist darauf zurückzuführen, dass viele französische Arbeitnehmer es vorziehen, Streiktage anzusparen und keinen Tageslohn zu verlieren, weil sie davon ausgehen, dass die Proteste wochenlang andauern und sie sie später brauchen werden. Nach Angaben des Ministeriums für öffentliche Verwaltung streikten weniger Beamte: 19,4% im Vergleich zu 28% am ersten Tag. Nach Angaben von TotalEnergies streikten jedoch 55% der Beschäftigten in den Raffinerien und Tanklagern des Unternehmens. Die CGT schätzt die Zahl der Streikenden auf 75-100%. Am 19. Januar traten 65% der Beschäftigten dieses großen Petrochemie-Konzerns in den Streik.

Im öffentlichen Bildungswesen streikten nach Angaben des Bildungsministeriums 26,6% der Grundschullehrer und 25,2% der Lehrer*innen an weiterführenden Schulen. Nach Angaben der Spitzenverbände streikten 50% der Grundschulen und 55% der weiterführenden Schulen. Am 19. Januar waren es 42,3% bzw. 34,6%. 36,5% der Beschäftigten der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF sind wegen der Proteste, die zum Ausfall von 423 Hochgeschwindigkeits-Zügen und Tausenden von Regionalzügen führten, nicht zur Arbeit gegangen. Im letzten Monat lag der Anteil der Streikenden bei 4 Prozent.

Eine Besonderheit ereignete sich in Paris, wo die Stadtverwaltung unter der sozialdemokratischen Bürgermeisterin Hidalgo sich den Protesten anschloss und die Türen schließen ließ. Das neue Gesetz sei ungerecht und müsse verhindert werden.

(2023-02-01)

MINDESTLOHN – ZU WENIG ZUM LEBEN

Dass dieses Jahr Wahljahr ist, wird immer deutlicher. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn wird 8 % erhöht auf 1.080 Euro im Jahr 2023 in 14 Zahlungen. Dies kündigte Präsident Pedro Sánchez im Senat an, nachdem die Podemos-Arbeitsministerin Yolanda Díaz die Verhandlungen mit den Gewerkschaften zum Abschluss brachte. Ob diese 8% Erhöhung angesichts des gleichen Anstiegs der Preise eine Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer*innen darstellt, bleibt allerdings fraglich. 

kolu40x01Die Regierung wird den interprofessionellen Mindestlohn (SMI) im Jahr 2023 um 8 % anheben. Der Arbeitgeber-Verband CEOE hat sich auch im dritten Jahr in Folge geweigert, ein Abkommen zwischen drei Parteien zu unterzeichnen, CEOE nahm nicht einmal an den Verhandlungen teil. Damit nehmen die Spannungen zwischen Arbeitgebern und der Regierung (insbesondere dem Arbeitsministerium) deutlich zu. Dem Ministerium wird "Verrat" vorgeworfen, weil die bei der umstrittenen Arbeitsreform erzielte Vereinbarung angeblich nicht eingehalten wurde.

Die Erhöhung um 82 Euro pro Monat kommt nach Schätzungen von Gewerkschaften rund 2,3 Millionen Arbeitnehmer*innen zugute und gilt rückwirkend ab 1. Januar, die Unternehmen müssen ihre Gehalts-Abrechnungen im Februar aktualisieren und die Erhöhung fauch ür Januar auszahlen. Im Baskenland sind etwa 55.000 Personen positiv betroffen. Durch diese erneute Erhöhung entstehen Unternehmen und Selbstständigen Mehrkosten von mehr als 3 Milliarden Euro. Die Regierung hat sich schließlich für die hohe Anhebungs-Spanne entschieden, die vom Experten-Ausschuss empfohlen worden war. Der hatte dem Ministerium im Dezember einen Bericht übermittelt, in dem empfohlen wurde, den Mindestlohn zwischen 1.046 und 1.082 Euro anzusiedeln, um so ein Niveau von 60% des allgemeinen Durchschnittslohns zu erreichen. Dies hatte die von Pedro Sánchez geführte Exekutive für die aktuelle Legislatur versprochen – zudem handelt es sich um eine Forderung der Europäischen Sozialcharta.

Boykott der Arbeitgeber

Nachdem die erste Verhandlung (ebenfalls ohne die Arbeitgeber) gescheitert war, lud die Arbeitsministerin Yolanda Díaz zu einer zweiten Runde mit den Generalsekretären der beiden größten Gewerkschaften UGT und CC OO, um ein neues bilaterales Abkommen zu erreichen, an dem auch die Arbeitgeber beteiligt werden sollten. Nun müssen die Arbeitgeber Kritik einstecken. "Ich bin betrübt, dass der spanische Arbeitgeberverband nicht mit am Tisch sitzt. Angesichts einer Maßnahme, die Millionen von Menschen betrifft, kann der Arbeitgeberverband nicht abwesend sein, um sich anzuhören, was die Regierung zu sagen hat. Es ist unverantwortlich", klagte ein Staatssekretär und betonte, es sei "nicht akzeptabel", dass der CEOE "eine der wichtigsten Entscheidungen ignoriert, die die Regierung im Jahr 2023 in Arbeitsfragen treffen wird". Die Arbeitgeber warfen der Regierung vor, konzeptlos gewesen und nicht auf den Vorschlag vom 21. Dezember eingegangen zu sein, in dem sie eine Erhöhung um 4% auf 1.040 Euro pro Monat vorschlugen (deutlich unter der Inflationsrate).

(ERST-PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-02-01)

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