Acht Hoffnungen im Spiel mit den Füßen
Die Fußball-Mächte sind im Spieljahr 2016-2017 reichlich ungleich verteilt in der spanischen Liga. Aus dem Nordwesten des Territoriums sind drei Clubs vertreten, die gleiche Zahl kommt aus Madrid, Andalusien ist mit vier Städten präsent, die Mittelmeerküste ebenfalls, plus eine Insel-Elf von den Kanaren. Gar fünf Erstliga-Teams kommen aus dem Baskenland (inclusive Navarra), eine Situation, die sich nach fast 90 Jahren wiederholt und die Wichtigkeit des baskischen Fußballs unter Beweis stellt.
Mit dem Aufstieg von Deportivo Alavés (Gasteiz) und Osasuna (Pamplona) hat sich die baskische Vertretung in der ersten Männer-Fußball-Liga neben SD Eibar, Real Sociedad (Donostia) und Athletic Bilbao auf fünf Teams erhöht.
Optimisten schließen aus dieser Tatsache, dass die sogenannte „beste Liga der Welt“ zumindest numerisch von baskischen Teams dominiert wird. Um in der hispanischen Fußball-Geschichte Vergleichbares zu finden muss mann schon in die 30er Jahre zurückgehen, als der Club Arenas Getxo noch eine Rolle spielte, indem er ein Mal den Pokal gewann und mehrfach Vizemeister wurde, allerdings unter teilweise nur zehn Konkurrenz-Teams. Im Gegensatz zu heute gab es zu jener Zeit keine komplett ausgespielte Liga, stattdessen wurden die Clubs nach Einschätzung ihrer Wichtigkeit eingeladen, neben den Basken traf es noch zwei aus Madrid und drei aus Katalonien, die hier mitmischen durften. Um die Runde auf praktikable 10 zu erhöhen, durfte 1929 neben den Privilegierten nur noch Santander mitmachen, nach einer komplizierten Qualifikation. (1) (Link)
Alte Geschichten
DeportivoAlavés aus der Hauptstadt Vitoria-Gasteiz kam zum ersten Mal 1930/31 in die erste Liga, was den baskischen Club-Anteil auf fünf von zehn erhöhte. Als Osasuna (Pamplona-Iruñea) 1934/35 in die Erste kam, nahmen an der Meisterschaft insgesamt 12 Teams teil, aber aus der glorreichen Zeit zuvor war nur Athletic Bilbao übrig. 84 Jahre später ist es (bei insgesamt 20 Teams) wieder soweit: eine Handvoll ist dabei. Das bedeutet für die baskischen Teams, dass 8 der 36 Spiele, die sie austragen dürfen, baskische Derbys darstellen, sprich Nachbarschafts-Duelle, die in der Regel besonders heftig ausgefochten werden. Denn mit Ausnahme des sympathischen Klein-Clubs aus Eibar, den einfach alle mögen, stehen sich alle übrigen weniger nachbarschaftlich als feindlich gegenüber. Zur Genüge bekannt ist, dass es für La Real Sociedad aus San Sebastián (Donostia) wichtiger ist, gegen Athletic Bilbao zu gewinnen als gegen irgendwelche Spanier aus Andalusien, Extremadura oder Madrid. Von Osasuna wird den Bilbainos angekreidet, dass sie sich aus dem ehemaligen baskischen Königreich regelmäßig die besten Spieler holen – verschwiegen wird dabei gerne, dass diese für gutes Geld gehen.
Auf Seite der Fans von Alavés wird sicher nie vergessen werden, dass es Athletic war, das in der Saison zur Jahrtausendwende das letzte Spiel gegen Deportivo gewann und so den Traum der Hauptstädter verhinderten, Vizemeister zu werden und an der Champions-League teilzunehmen. Anders gesagt, den Bilbainos wird vorgeworfen, dass sie sich nicht einfach als Sparrings-Partner präsentierten, um Nachbarschaftshilfe zu leisten. Genau das ist nämlich der ewige Vorwurf, den sich die baskischen Clubs allesamt und ständig anhören müssen: dass es Absprachen über die Ergebnisse gäbe, je nachdem, wem es gerade mehr nützt oder aus der Patsche hilft. So viel zum Thema spanisch-baskische Fußball-Legenden.
Derbys ohne Ende
Die zwanzig anstehenden baskischen Derbys sind in jedem Fall eine zusätzliche Würze für eine Liga, die auf den ersten vier Plätzen in der Regel langweilig wird, weil es immer dieselben sind, die sich um den Titel streiten. Für Athletic mit seiner aufwendigen Personalpolitik ist es praktisch Pflicht, einen Europa-Platz zu ergattern, wenn nicht gar den Schritt in die Champions-League zu machen. La Real hat ebenfalls große Ambitionen, ist aber zu unregelmäßig und hat zwei Jahre lang bitter enttäuscht trotz schottischen Trainers und hoher Ansprüche. Für Eibar ist das dritte Jahr in der Himmels-Liga für den Club das vielleicht schwerste, denn Wunder pflegen nicht ewig zu dauern. Alavés hat sich angemessen verstärkt, um das Unternehmen Nichtabstieg umzusetzen, die Frage ist, ob die vielversprechenden Verpflichtungen gut zusammenpassen. Osasuna muss im Großen und Ganzen mit dem Spieler-Potential des Aufstiegs klar kommen, weil kein Geld da ist und die Liga-Oberen eine Gehalts-Grenze festgelegt haben, ein erfolgreiches Abschneiden wäre so überraschend wie das von Eibar nach dem Aufstieg vor zwei Jahren.
Also dann
Kurz gesagt: für zwei Teams ist die Frage offen, ob sie Europa schaffen oder nicht – für die andern drei geht es gnadenlos gegen den Abstieg. Ohne wenn und aber. Baskische Beteiligung ist auch bei nicht-baskischen Teams angesagt, in diesem Fall auf der Trainer-Position. Die transzendentale Nachricht aus Europa kam vom Scheich-Club Paris und handelte von der Verpflichtung des Basken Unai Emery, der mit Sevilla immerhin drei mal die Europa-League gewonnen hatte. Pikant wird es zwischen Deportivo La Coruña und dem Aufsteiger Leganes aus Madrid. Beide Trainer tragen den Namen Garitano und sind Brüder: der Newcomer Asier auf Madrider Seite und Gaizka auf galizischer, er war der Wundertrainer, der den Sportclub Eibar in einem Jahr von der dritten in die erste Liga geführt hatte.
Frauen kicken ebenfalls
In der Champions-League spielen in der kommenden Saison allein die Frauen von Athletic Bilbao, nachdem sie im Juni 2016 ihre fünfte Meisterschaft gewonnen hatten. Das würden sie zwar gerne wiederholen, mit Atletico Madrid und FC Barcelona gibt es allerdings starke Konkurrenz. Hier wird der Titel unter 16 Frauschaften ausgespielt, drei davon aus dem Baskenland: neben Athletic Bilbao sind dies Real Sociedad San Sebastián und KE Oiartzun aus dem kleinen Ort gleichen Namens in Gipuzkoa. Bei der Titelverteidigung hat Athletic eine wichtige Spielerin aus der Meisterelf verloren, die sich in Paris größeren Aufgaben widmen will. Dafür wurden andere Spielerinnen aus Donostia und Oiartzun (zurück)geholt, Nachwuchs kam dazu. Für alle drei Erstliga-Teams gilt, dass nur baskische Frauen eingesetzt werden.
Experten-Tipp
Das Expertenpaar von Klaudia Schiffer und Uwe Bein hat sich auf folgenden Tipp für den Liga-Ausgang festgelegt: Bei den Frauen werden die Athletics wieder Mal zweite, La Real fünfte und Oiartzun steigt leider ab. Bei den Männern ereilt Osasuna und Eibar mangels Masse dasselbe Schicksal, Alavés behauptet sich in der Mitte, La Real und Athletic konkurrieren um Europa-Plätze. Im Pokal schafft es Athletic ins Halbfinale, in der Europa-League ebenfalls. (PS: Am ersten Spieltag der Saison erreichten die baskischen Männer-Clubs gerade mal einen von 15 möglichen Punkte, Masse steht bekannterweise nicht für Qualität.)
ANMERKUNGEN:
(1) Baskultur-Artikel zum Ende der vergangenen Saison (Link)
FOTOS:
(*) Baskisches Derby zwischen Bilbao und Eibar – freundschaftliches Tauziehen als Spiel-Vorbereitung (Foto Archiv Txeng - FAT)