Copa, die wichtigste baskische Trophäe (1902-2021)
Baskische Fußballerinnen und Fußballer haben in der spanischen Liga-Geschichte eine wichtige Rolle gespielt. Bei den Meisterschaften, vor allem aber im Pokal. Der wurde während der Diktatur “Copa del Generalisimo“ (Führer-Pokal) genannt, die Teams mussten mit Faschistengruß auf den Rasen laufen. Erfolgreich waren Athletic, Real Sociedad San Sebastian, Real Unión, Racing de Irun, Arenas, Bizcaya und Club Ciclista San Sebastián, die gewinnen konnten. Osasuna und Alavés kamen ebenfalls in Endspiele.
Im Spieljahr 2020 erreichten die Teams aus Bilbo und Donostia das spanische Pokalfinale, das wegen der Pandemie nicht ausgespielt werden konnte. Die Clubs einigten sich darauf, dass das Endspiel stattfinden solle, wenn Zuschauer*innen wieder zugelassen wären. Niemand ahnte, wie lange die Covid-Restriktionen dauern würden. Ein Jahr danach, am 3. April 2021 wurde das Finale des Vorjahres nun ausgetragen. Ohne Publikum. Zur Geschichte baskischer Teams in den spanischen Pokal-Wettbewerben.
Vor den Liga-Meisterschaften gab es im spanischen Staat die Pokal-Turniere. Es handelte sich traditionelle Turniere mit einer reduzierten Anzahl von Teams, bei denen sich im Laufe der Zeit der Name und das Austragungssystem änderte. Der aktuelle “Copa del Rey“ (Königs-Pokal) hat seine Wurzeln im Jahr 1902, das heißt 26 Jahre vor Beginn der Liga-Meisterschaften. Und immer waren die Basken mit herausragenden Teams vertreten, die dominierten und für Unterhaltung sorgten. (1) (2)
Die Rivalen des Jahres 2020, Athletic und Real Sociedad haben den Pokal beide ebenso im Trophäenschrank stehen wie eine Reihe von anderen baskischen Teams, die heute verschwunden sind wie Bizcaya, Club Ciclista San Sebastián; oder die heute in zweit- oder drittklassigen Ligen spielen: Real Unión und Racing de Irun, Arenas de Getxo. Auch der alte Club Basconia versuchte sich einst am Pokal, war aber nicht erfolgreich. Ebenso wenig die Finalisten Osasuna aus Pamplona und Alavés aus Vitoria-Gasteiz.
Wenn Athletic im Stadion La Cartuja von Sevilla den Cup für 2020 gewinnen sollte, würde sich für einen Moment ein Kreis schließen, der mit dem Triumph von Bizcaya in der ersten Pokal-Ausgabe von 1902 begann, damals gegen den FC Barcelona, auf dem Feld der Pferde-Rennbahn von Madrid. Wie das Spiel in Sevilla auch ausgehen mag, für zumindest zwei Wochen trifft die Feststellung zu, dass der erste und der letzte Pokal ins Baskenland gegangen sind.
Die Jahre nach der Jahrhundertwende vom 19. ins 20. waren eine Zeit, in der der englische Sport-Import Fußball vor allem im neu industrialisierten Baskenland in aller Munde war. Tatsächlich gewannen baskische Mannschaften die ersten drei Pokalwettbewerbe, ihre relative Dominanz hielt an bis 1958, geprägt von mythischen Athletic-Spielern wie Pitxitxi, Zarra, Panizo und Gainza.
Danach lief es nicht mehr so gut für baskische Teams, es kam zu zwei beträchtlichen Lücken. Zuerst zwischen 1958 und 1969, als es keinen Sieg gab; und danach zwischen 1988 und 2005, was noch unerfreulicher war, denn in siebzehn Jahren erreichte kein Team mehr ein Finale.
Die Bilanz ist dennoch beeindruckend, denn in 110 Pokal-Ausgaben haben baskische Teams 31 Titel und 26 Vizemeisterschaften gewonnen, vier davon in den letzten zwölf Jahren. Aber beginnen wir am Anfang und blicken zurück auf diese etwas mehr als hundert Jahre lange Reise, entlang an Konflikte, Kriegen und Diktaturen, mit sportlichen Erfolgen und Niederlagen.
1902-1936: Baskenland, Fußballhauptstadt bis zum Krieg
Angefangen hat alles zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, im Jahr 1902, organisiert von einem Club, aus dem später Real Madrid hervorgehen sollte. Seine Direktoren hatten die Idee, ein Turnier – damals nannte man es "Wettbewerb" – mit den besten Mannschaften des Staates zu organisieren, die zu jener Zeit nur auf regionaler Ebene Meisterschaften austrugen. Der "Vorwand" waren die Feierlichkeiten zur Volljährigkeit von Thronfolger Alfons XII. von Bourbon, folgerichtig wurde der “Wettbewerb“ Krönungs-Pokal genannt. Es war nicht einfach, die Spieler zusammen zu bringen, die Reisen waren schwierig und teuer. Am Ende nahmen fünf Mannschaften teil, darunter der baskische Club Bizcaya, der eigentlich eine Kombination aus Spielern von Athletic und Bilbao war, zu jener Zeit zwei verschiedene Clubs.
Aufgrund der ungeraden Teilnehmerzahl musste eine Vor-Qualifikation improvisiert werden, was dazu führte, dass Bizcaya das Turnier von Anfang bis Ende spielte. Zuerst wurde der Club Español de Football de Barcelona mit 5:1 geschlagen, im Halbfinale wurde New de Madrid mit 8:1 besiegt. Ganz nebenbei ist an den Namen deutlich erkennbar, wie stark der englische Einfluss war im iberischen Fußball. Im Finale kam es zum ersten Pokal für die Basken, der selbstverständlich bis heute im Athletic-Museum aufbewahrt wird: Madrid FC wurde mit 2:1 besiegt.
Englische Spieler
In diesem Team gab es neben Basken auch einige englische Spieler, denn englische Arbeiter und Ingenieure hatten den Fußball ins Baskenland gebracht, sie waren es, die Athletic und andere Clubs gegründet hatten, Athletic Bilbao hält bis heute an dieser Tradition fest, indem Athletic mit “h“ geschrieben wird, im Gegensatz zum spanischen Atletico ohne “h“. In der ersten Bizcaya-Siegerelf standen L. Arana, Kareaga, Larrañaga, L. Silva, Goiri, Arana, Cazeaux, Astorkia, Dyer, R. Silva und Evans, Astorkia und Cazeaux waren die Torschützen. Die ersten Spiele dieser damals noch als exotisch betrachteten Sportart wurden von etwa 2.000 Menschen besucht. Das Ganze wurde in drei Tagen auf dem Feld der Pferde-Rennbahn abgehandelt. Damals ahnte niemand, dass dies der Beginn einer langen Geschichte der Leidenschaften war.
Im Jahr darauf wurde das Finale nicht mehr von 2.000, sondern bereits von 5.000 Menschen verfolgt. Die Organisation war nicht einfach, denn in diesem Fall wagten sich nur drei Mannschaften an das Reise-Abenteuer: Madrid, Español Barcelona und Athletic. Die schnauzbärtigen Männer aus Bilbao, die auf dem Foto mit dem Pokal und ihren weiß-blauen Hemden posieren, besiegten in einer Dreiergruppe beide Rivalen. Die Begeisterung, die ihr Spiel in Madrid zu wecken begann, war so groß, dass eine Gruppe von Fans in Madrid nach diesem Vorbild einen Verein mit dem Namen Club Atletico de Madrid gründete (dessen Farben und Logos bis heute denen aus Bilbao ähneln).
Erster Erfolg von Donostia
Das Turnier von 1904 bot viele Geschichten, aber wenig aus der Sicht von Athletic. Nach verschiedenen Konflikten in den Qualifikationsrunden – Handgreiflichkeiten, Verletzungen – wurde entschieden, dass es kein Finale geben solle und dass der Vorjahres-Sieger erneut Gewinner sein solle. Das Turnier wurde diesmal im Retiro-Park von Madrid ausgetragen. Dorthin kehrten ein Jahr später Athletic und zum ersten Mal La Real aus San Sebastian zurück. Diesmal aber gewann Madrid und setzte die Siegesserie vier Jahr lang fort.
Einem Team aus Donostia gelang 1909 der Pokalerfolg, mit einem ganz speziellen Team: dem Club Ciclista, Vorgängerverein von Real Sociedad. Immer noch wurde in Madrid gespielt, diesmal im O'Donnell-Stadion. Auch einige Stars von Donostia stammten von den Inseln, im Finale trafen Simmons und McGuinnes sowie Sena: Español de Madrid wurde mit 3:1 besiegt. Zuvor hatten Athletic im Viertelfinale und Galicia im Halbfinale verloren. Das Finale wurde unter einem heftigen Regenguss ausgetragen. Die Helden des 2-3-5-Spiel-Systems, das man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann, waren Bea, Alfonso Sena, Arozena, Arrillaga, Etxeberria, Rodríguez, Miguel Sena, Lacort, Simmons, Mc-Guinnes und Biribén. Der Chronist von ''El Mundo Deportivo'' brachte es dramatisch auf den Punkt: "Das war Troya", erklärte er in Anspielung auf die Unzahl von Tritten, die sich die beiden Teams gegenseitig verpasst hatten, und die das Spiel seiner Meinung nach zeitweise wie ein Kampfspiel aussehen ließen.
Turnier-Spaltungen
Mehrere Clubs begannen die Tatsache in Frage zu stellen, weshalb das Turnier immer in Madrid stattfinden sollte, der Club Ciclista Donostia als amtierender Meister forderte die Ausrichtung des nächsten Turniers. Das führte zu einer Spaltung, so dass es 1910 zwei Pokalturniere gab. Das Turnier in Madrid wurde vom FC Barcelona gewonnen, die zum ersten Mal teilnahmen und gegen Español Madrid siegten; das zweite Turnier in Donostia ging an Athletic: 1:0 gegen Vasconia Sporting Club, einen weiteren baskischen Vertreter. Gespielt wurde übrigens auf dem Ondarreta-Platz von Donostia. Ein weiteres Kuriosum: bei diesem Turnier trug Athletic zum ersten Mal das bis heute gültige rot-weiße Trikot (weil es in England keine blau-weißen zu kaufen gab). In den Reihen von Athletic ragte José María Belauste heraus, einer der ersten Stars des baskischen Fußballs.
Die Mannschaft aus Bilbao konnte ihre Dominanz ein Jahr später bei einem wiedervereinigten Turnier in Bizkaia fortsetzen, auf dem Jolaseta-Platz in Neguri (Getxo). Wieder gab es jede Menge Ärger. Zunächst klagte Real Sociedad, dass Athletic eine unzulässige Spieler aufgestellt habe, weil zwei englische Spieler im Team standen (Sloop und Martin), die die Verbandsbedingung nicht erfüllten, seit wenigstens zwei Jahren in Spanien wohnhaft zu sein. Ein dritter englischer Spieler der Mannschaft (Veith) erfüllte diese Voraussetzung. Das Turnier stand unter Spannung. La Real verließ das Turnier. Im Halbfinale stand es zwischen Athletic und Gimnástica de Madrid zur Halbzeit bereits 2:0 für Bilbao, die Madrider verließen den Platz mit der Ausrede, sie würden den Zug verpassen. Immerhin gab es ein Finale, gegen Espanyol aus Barcelona, das mit 1:3 unterging. Nach einem solchen Skandal entschied sich Athletic, die beiden Engländer, die den Aufruhr verursacht hatten, nicht mehr einzusetzen. Und mehr als das. Um den ewigen Streitigkeiten endgültig ein Ende zu bereiten, beschloss man in Bilbao, nicht nur auf Engländer zu verzichten, sondern auf Spanier gleich mit – es war der Beginn der weltbekannten Athletic-Philosophie, nur mit baskischen Spielern zu spielen.
Irun aus Gipuzkoa
Das Turnier gedieh trotz seiner Konjunkturen, immer mehr Teilnehmer kamen hinzu. In jenem zweiten Jahrzehnt trugen sich zwei weitere baskische Orte in die Erfolgsliste ein: Irun und Getxo. Im Jahr 1913 kam es zu einer weiteren Spaltung, mit einem Turnier in Madrid und einem zweiten in Barcelona. Das in der spanischen Hauptstadt, das vom Verband organisiert wurde, gewann Racing de Irun gegen Athletic in einem überaus spannenden Finale mit 3:2 nach Verlängerung. Beim Stand von 2:2 wurde beschlossen, das Spiel am nächsten Tag fortzusetzen, weil das Tageslicht nicht mehr ausreichte. Dieses Wiederholungsspiel ging mit 1:0 an die Mannschaft aus Irun, durch ein Tor von Retegi oder San Bartolomé (die Chroniken sind sich nicht einig), nachdem die Mannschaft aus Bilbao einen Spieler durch Verletzung verloren hatte (Auswechslungen wurden erst viele Jahrzehnte später zugelassen). Auch das zweite Finale in der katalanischen Hauptstadt (im Stadion La Escopidora) bestach durch baskische Beteiligung, gegenüber standen sich der FC Barcelona und Real Sociedad, im zweiten Wiederholungspiel setzten sich die Katalanen durch (2:2, 0:0, 2:1).
Übrigens: Die Stadt Irun hatte zu dieser Zeit nur 10.000 Einwohner*innen, aber zwei Clubs: Racing und Sporting, eine von Feindschaft geprägte Situation, die mit der Gründung der Real Union im Jahr 1915 aus der Welt geschafft werden sollte. Irun wurde kurze Zeit zur Hauptstadt des staatlichen Fußballs, da hier die Endspiele der Turniere von 1914 und 1915 ausgetragen wurden. Diese Pokale hatten ein neues Format, zum ersten Mal gab es Qualifikations-Runden mit Hin- und Rückspielen, nicht an einem einzigen Ort. Beide Turniere wurden von Athletic gewonnen, zuerst auf dem Costorbe-Feld von Racing, und dann auf dem Amute-Platz von Sporting, zwischen Irun und Hondarribia gelegen. Ein gewisser Rafael Moreno "Pichichi" trat in Erscheinung, im Finale 1915 (5:0 gegen Español de Barcelona) erzielte er zwei Tore und wurde zu einer Fußball-Legende des Clubs aus Bilbao. Die Trophäe für den besten Torschützen eines Spieljahres in der spanischen Liga trägt bis heute den Namen Pichichi (baskisch: Pitxitxi).
Arenas aus Getxo (Bizkaia)
Auch 1916 gewann die Mannschaft aus Bilbao, diesmal in Barcelona gegen Madrid FC mit (4-0). Es war die siebzehnte Ausgabe des Turniers und Athletic (unter eigenem Namen oder unter dem von Bizcaya) hatte bereits mehr als die Hälfte der Titel gewonnen: insgesamt neun. Diese Vorherrschaft sollte von zwei Teams aus kleineren baskischen Städten in Frage gestellt bzw. ergänzt werden. Im Jahr 1917 stand der Club Arenas aus Getxo im Blickpunkt. Tatsächlich schaffte Athletic es nicht einmal in die Finalrunde, denn das Turnier war zum ersten Mal in sechs Qualifikations-Zonen aufgeteilt worden, und die sogenannte Nord-Meisterschaft ging an die Rot-Schwarzen aus Getxo.
Die kämpferischen Getxotarras erreichten das Finale und erzwangen sogar ein Wiederholungsspiel. Nach einem 0:0-Unentschieden gegen eine Madrider Mannschaft voller baskischer Nachnamen (Erice, Mujika, Matxinbarrena, Aranguren, Sansinenea, Petit) gelang ihnen auch zwei Tage später ein Unentschieden (1:1), es gab Verlängerung, die Madridistas siegten. Das Finale war das längste der Geschichte: 240 Minuten, mit 90 Minuten und 20 Minuten Verlängerung beim ersten Spiel, 90 Minuten und 40 Minuten Verlängerung beim zweiten Spiel.
Arenas war erst 1909 gegründet worden, viel später als der Rest der Stammgäste in diesem Turnier, dennoch sollte der Club für viel Gesprächsstoff sorgen. Aber bevor Arenas 1919 zum ersten Mal den Pokal gewann, war es die Vereinigung der Iruner Vereine, die den Titel holen sollte. Zunächst mussten sie in der Nord-Meisterschaft Athletic und Arenas bezwingen, dann lief es rund: 4:1 gegen Sporting Gijon, ein weiteres 4:1 gegen Fortuna de Vigo und 2:0 gegen Madrid im Finale auf dem O'Donnell-Gelände der spanischen Hauptstadt. Zu diesem Zeitpunkt war René Petit in den Madrider Reihen bereits ein Starspieler, die Tore wurden von Legarreta erzielt. An Kontroversen mangelte es wieder einmal nicht. Die Madrider Fans versuchten, das Spielfeld zu stürmen, nachdem Madrid zwei Elfmeter gefordert hatte und behauptet wurde, dass Legarretas erstes Tor keines war, weil sein Shoot, wie es damals hieß, nicht ins Tor gegangen sein soll.
Die baskische Vorrunde zum Pokal wurde mit der Zeit genauso spannend wie die Endrunde auf staatlicher Ebene. Angesichts der starken Konkurrenz wurde die so genannte Nordgruppe geteilt: in Gipuzkoa und Bizkaia (Navarra und Alava waren fußballerisch noch etwas rückständig). Die Gewinner im Jahr 1919 waren Arenas und Real Sociedad. Die Donostiarras scheiterten an der ersten Hürde Barcelona, dem späteren Vizemeister. Das Finale Arenas-Barca war sehr hart umkämpft: Die Getxotarras erreichten nach einem Rückstand kurz vor Schluss ein 2:2-Unentschieden, aber in der Verlängerung setzte sich ihre stärkere Physis durch, das Spiel endete 5:2. Es war der erste und letzte große Titel von Arenas auf staatlicher Ebene, mit historischen Spieler-Namen wie Pagaza oder Sesúmaga, die 1920 in Antwerpen an den Olympischen Spielen teilnehmen sollten.
San Mamés, die Kathedrale des Fußballs
Athletic und Real Union erholten sich schnell von den Rückschlägen. Im Jahr 1920 wurde die Mannschaft aus Bilbao Vizemeister und die Irundarras Halbfinalisten in einem Turnier, das von Barcelona gewonnen wurde und dessen im Finale zum ersten Mal im Molinón-Stadion von Gijón in Asturien ausgetragen wurde. Ein Jahr später (1921) war San Mamés in Bilbao zum ersten Mal Veranstaltungsort, es war acht Jahre zuvor (1913) erbaut worden. Athletic gewann “natürlich“ mit 4:1 gegen Atlético Madrid. Das Finale war das erste große Volksfest in der “Kathedrale“, wie das Stadion seither genannt wird. Die Liga sollte erst 1928 starten, so stand der Pokal nach wie vor noch im Mittelpunkt der fußballerischen Ereignisse. In diesem 1920er-Jahrzehnt, das politisch durch die Diktatur von Primo de Rivera geprägt war, verteilten sich die baskischen Erfolge gleichmäßig auf Athletic (Sieger 1923 und 1930), Real Union (Vizemeister 1922, Sieger 1924 und 1927) und Arenas (Finalisten 1925 und 1927). Auch Real Sociedad, unter dem heutigen Namen, erreichte 1928 zum ersten Mal das Finale und verlor im El Sardinero Stadion von Santander gegen den FC Barcelona.
Pokal-Anekdoten
Geschichten und Anekdoten gäbe es viele zu erzählen. Zum Beispiel, dass beim Finale von 1922 in Vigo (Galicien) vor 12.000 Zuschauern Real Union aus Protest gegen ein brutales Tackling eines Barca-Spielers für eine Viertelstunde das Spielfeld verließ. Der Torwart der Sieger von 1924 und 1927 (Real Union) war Antonio Emery, "Pajarito" (der kleine Vogel), Großvater des heutigen Trainers von Villarreal, ehemals bei Arsenal London und Paris Saint Germain, Unai Emery.
Im Jahr 1928 war Deportivo Alavés die große Neuentdeckung, sie stürmten an Athletic und Real Madrid vorbei und wurden erst von Barcelona vor dem Finaleinzug gestoppt. Aber diese Ausgabe des Wettbewerbs ging vor allem wegen des langen und erbittert geführten Endspiels zwischen Barcelona und Real Sociedad in die Geschichte ein. Es veranlasste den Schriftsteller Rafael Alberti, seine berühmte “Ode an Platko“ zu verfassen, den vorzüglichen Torhüter von Barcelona. Drei Spiele waren notwendig, um den Spielzeit-Rekord von 1917 zu brechen. Am Ende hatte Barcelona die Nase vorn (1:1, 1:1, 3:1).
Republik und Siegesserie von Athletic
Das Pokalturnier von 1931 wurde nur zwei Tage vor der Abdankung von Alfonso de Borbón angepfiffen. Die erste Entscheidung der neuen republikanischen Regierung war natürlich, den Namen des Wettbewerbs in “Copa de España“ zu ändern. Auch Real Sociedad änderte seinen Namen in Donostia. Was sich nicht änderte, war die Dominanz von Athletic, das vier aufeinanderfolgende Trophäen in vornehmen Stadien und gegen hochrangige Gegner gewann: zwei in Madrid-Chamartín und zwei in Barcelona-Montjuic, zweimal gegen Madrid, sowie gegen Betis Sevilla und gegen Barcelona. Für Athletic waren es die Zeiten von Bata, Chirri, Gorostiza, Iraragorri …
Der Cup von 1935 ging als eine der größten Überraschungen in die Geschichte ein. Zum ersten Mal ging die Trophäe weder nach Madrid, nach Katalonien, noch ins Baskenland. Der FC Sevilla gewann gegen ein zweites unbekanntes Team, Sabadell. Zum ersten Mal war auch Osasuna dabei, das zusammen mit einem weiteren Neuling, Levante, im Halbfinale stand. Auch 1936 war das Team aus Nafarroa (Navarra) nahe dran, das Finale zu erreichen. Sie wurden von Barcelona gestoppt, das Finale ging mit 1:2 an Madrid. Es war der 30. Juni, nur 18 Tage vor dem Militärputsch der faschistischen Generäle und dem Beginn des Spanienkriegs.
1936-1975: fast immer gewann Athletic den Franco-Pokal
Der Fußball und das gesamte normale Leben kamen wegen des Krieges bis 1939 zum Erliegen, danach wurde das Turnier als " Pokal des Generalissimus" (Führer-Pokal) wieder aufgenommen. In jenem Jahr war Eile angesagt, das Regime versuchte, politische und gesellschaftliche Normalität vorzutäuschen. Gespielt wurde in den von Franquisten beherrschten Gebieten, in anderen Zonen wie Katalonien, Valencia oder Madrid war noch Krieg. Im seit 1937 besetzten Baskenland rollte der Ball ebenfalls wieder, zwar mit den üblichen Clubs, aber eine große Anzahl von Spielern waren ins Exil gegangen. In diesem Chaos fiel ein neuer Name auf: Oriamendi von Barakaldo, Stammspieler im damaligen schwarz-gelben Team, das kurz davor stand, das Finale zu erreichen. Obwohl Barakaldo vor dem Krieg in der Zweiten Liga spielte, trafen sie im Pokal-Halbfinale auf Racing Ferrol, spielten im heimischen Lasesarre-Stadion unentschieden und verloren in Galicien knapp.
Die 1940er Jahre begannen, der Franquismus etablierte sich, die Gefängnisse waren nach wie vor voller vermeintlicher Staatsfeinde, vielerorts wurde weiter Zwangsarbeit praktiziert, die Massengräber füllten sich immer noch, willkürliche Erschießungen gehörten nach wie vor zum politischen Alltag. Das Team von Athletic machte sich daran, der Status der Pokalkönige zu bestätigen. Man durfte sich nicht mehr Athletic nennen, das war zu Englisch, sondern hieß auf Befehl von oben nunmehr Atletico Bilbao. Es dauerte nicht lange, bis sich die übrig gebliebenen vom Trauma und den Schrecken des Krieges erholt hatten. 1942 wurde Bilbao in einem großen Finale gegen Barcelona (4:3) erneut Vizemeister und holte sich gleichzeitig den Ligatitel zurück. 1943 gewannen sie den Pokal erneut gegen Madrid, durch ein Tor von Zarra in der 114. Minute. Neben dem besten Mittelstürmer in der Geschichte von Athletic traten bereits andere legendäre Spieler auf: Panizo, Gainza ...
Skandal von Chamartín
Dies war jedoch nicht das berühmteste Spiel des Turniers, ein vorhergehendes war es, das als "Skandal von Chamartín" in die Geschichte einging. Barcelona hatte Madrid im Halbfinal-Hinspiel in Las Corts mit 3:0 besiegt, im Rückspiel gab es hingegen eine 1:11-Niederlage. Die Katalanen beschwerten sich, dass die Madrider Zuschauer ihren Torwart während des gesamten Spiels mit Steinen beworfen hatten, wegen dieses Skandals kam es sogar zu Rücktritten im Regime.
Athletic-Atletico fügte seinem Trophäenschrank weitere Pokale hinzu. In den Jahren 1944 und 1945 gewannen sie zwei weitere Pokale in Montjuic jeweils gegen denselben Rivalen, Valencia, bei dem in jenen Jahren ebenfalls viele Basken spielten: Eizagirre, Ortuzar, Iturraspe, Lekue, Igoa. Athletic etablierte sich als Pokal-Rekordsieger mit bereits sechzehn Trophäen. Und dieser Sport, der als seltsam-fernes Vergnügen mit 2.000 Zuschauern begonnen hatte, erreichte nun Menschenmengen bis zu 65.000 im Jahr 1944. 1946 war das bis dahin schlechteste Pokaljahr. Kein baskisches Team erreichte auch nur das Viertelfinale. Athletic wurde von Alcoyano eliminiert. Ein Jahr später war Madrid im Halbfinale Endstation. Und 1948 übernahm Real Sociedad den Staffelstab, kam ins Halbfinale und wurde von Sevilla mit 7:1 geschlagen.
Franco als Stammgast
Franco wurde zum Stammgast bei den Endspielen, das damals noch Chamartín genannte Stadion in Madrid blieb vorläufig fester Austragungsort. Athletic-Atletico kehrte 1949 zurück, aber dieses Mal drehte Valencia den Spieß und gewann 1:0. Erst die 1950er Jahre brachten die Pokal-Krone zurück. Gegner war Valladolid, damals ein Team aus dem unteren Bereich der Liga-Tabelle. Nach 90 Minuten stand es 1:1, dann kam Zarra mit drei Toren in der Nachspielzeit, 4:1 und ein weiterer Pokal für den “Botxo“ (Loch, volkstümlicher Name für Bilbao). Seit dem Finale von Platko waren 23 Jahre vergangen, nun war wieder La Real an der Reihe. Mit Benito Diaz auf der Bank und 75.000 Zuschauern auf der Tribüne ließ Ladislao Kubalas Barcelona den Basken keine Chance. 3:0 gegen Eizagirre, Ontoria, Patri, Epi, Barinaga. Cesar, bis zur Epoche von Messi der beste Torschütze in der Geschichte von Barca, erzielte zwei Tore.
Heimspiele im Santiago Bernabeu
Es war der Beginn einer mehrjährigen katalanischen Pokal-Hegemonie, die Athletic auch im Finale 1953 nicht beenden konnte. Madrid hatte allen Grund zur Verzweiflung, sechs Mal in Folge scheiterten sie im Halbfinale, ohne zum Finale in das eigene Chamartín-Stadion einziehen zu können. 1955 wurde das Stadion in Santiago Bernabeu umbenannt, Athletic feierte dies auf eigene Art, indem es den Pokal zweimal in Folge gewann, gegen Sevilla und Atletico. Real Madrid war zu jener Zeit Seriensieger im neu geschaffenen europäischen Landesmeister-Pokal. Und 1958 wiederholte Athletic den Erfolg gegen die Realistas, die es endlich geschafft hatten, nach elfjähriger Durststrecke wieder ins Finale einzuziehen. Die Mannschaft, die gerade die ersten drei Europapokale gewonnen hatte, konnte die Löwen aus Bilbao zu Hause nicht bezwingen und verloren 2:0.
Zu jener Zeit war das Bernabeu-Stadion für Athletic wie ein zweites Zuhause, in dem die Trophäe nur selten abhanden kam. Aber der Triumph von 1958 war ein weitaus größerer Erfolg: Die Rot-Weißen reisten mit einer Mannschaft an, die nicht mehr so viele Stars hatte, man nannte sie "die elf Dörfler" und sie bezwangen das mächtige Team um Kapitän Di Stefano, den damals besten Spieler der Welt. Arieta I und Mauri erzielten jeweils ein Tor. Um den Wert des Sieges zu messen: Athletic war Sechster in der Liga, mit 32 Punkten gegenüber 45 von Madrid, die Meister wurden; in der Liga schlugen die Weißen Athletic im eigenen Stadion 6:0 und in San Mamés mit 0:2. Aber der Pokal war eben etwas anderes.
Dennoch ging die große Ära von Athletic langsam zu Ende, andere Clubs drängten nach vorne. Neben Madrid und Barcelona tauchten Atletico oder Zaragoza auf. Es sollte fünf Jahre dauern, bis die Basken wieder im Finale standen. 1965 hätte es zum ersten und bislang einzigen Mal (bis zu diesem Jahr 2021) ein Finale zwischen Athletic und La Real geben können, doch beide scheiterten im Halbfinale, ausgerechnet an Colchoneros und Maños (Atletico / Zaragoza). Ein Jahr später kehrte das Team aus Bilbao ins Bernabéu zurück, verlor aber gegen Zaragoza, auch im Folgejahr gegen Valencia. Das Pokalfinale zu erreichen wurde immer schwieriger, wie sich 1968 zeigte, als Barcelona und Madrid nach 32 Jahren wieder aufeinander trafen, zum ersten Mal seit 1936 (Barca gewann übrigens).
Verhindertes Derby-Finale
Dennoch endete das Jahrzehnt nicht ohne einen baskischen Sieg. Zwar "in extremis", aber dennoch. Im Jahr 1969 zeigte NO-DO (das franquistische Fernsehen) Bilder von Txistus (baskische Flöten) und baskischem Tanz in Madrid, während behauptet wurde, dass für Elche – dem überraschenden Rivalen – "nur die Palmen und die Invaliden übrig bleiben". Athletic tat sich schwer, aber Arieta schaffte es in der 83. Minute und der Pokal war wieder zurück, ohne allzu viel Epos.
In diesem Jahr hätte es durchaus zu einem weiteren "Derby"-Finale kommen können, aber Elche setzte sich im Halbfinale knapp gegen La Real durch. Elche gewann zu Hause in Altabix mit 3:0, die Mannschaft aus San Sebastian holte den Rückstand auf und gewann in Atotxa mit 4:1, in der letzten Viertelstunde erzielten sie drei Tore. Das Reglement verpflichtete zu einem Play-off-Spiel, das in Madrid stattfand, dort gewann Elche mit 2:0. Asensi, der später für Barcelona glänzte, spielte in den Reihen von Elche.
Es vergingen vier Jahre, bis sich ein ähnliches Finale wiederholen sollte. Athletic traf erneut auf Team aus der Mittelzone der Tabelle und von der Mittelmeer-Seite: Castellón. Eine einfache Aufgabe? Alles andere, denn in der Liga waren die auf dem fünften Platz gelandet und Athletic auf dem neunten. Aber der Pokal war für die Kicker aus Bilbao schließlich das Talisman-Turnier. Das Finale wurde mit 2:0 gewonnen, wieder war Arieta Torschütze, begleitet von Zubiaga. José Angel Iribar (el Txopo, die Pappel) hielt das Tor sauber und Iñaki Saez durfte den Pokal in die Luft heben.
1975-2021: Elf Endspiele und zwei baskische Siege
“El Txopo“ sollte zum großen Protagonisten des nächsten Finales werden, aber zu seinem Nachteil und auf unvorhersehbare Weise. Das Finale 1977, nach Francos Tod, war eines der emotionalsten Endspiele und wird immer in Erinnerung bleiben. Zwei Teams mit einem guten Lauf standen sich gegenüber: Athletic, Liga-Dritter (und ebenfalls im UEFA-Finale gegen Juventus) und Betis Sevilla, Liga-Fünfter mit bekannten Spielern wie Esnaola, Biosca, Benítez, Cardeñosa. Im Laufe der Jahre waren die Reisen nach Madrid immer erschwinglicher geworden, Zehntausende Bilbao-Fans strömten ins Bernabeu-Stadion. Kein Vergleich mit der aktuellen Situation während der Pandemie 2021! Das Finale war lebhaft. Carlos brachte Athletic nach einem Freistoß von Txetxu Rojo in Führung, doch Betis glich noch in der ersten Halbzeit aus. Es kam zur Verlängerung. Mit Finesse ging Dani in eine Rückgabe zum Betis-Torwart und machte das zweite für Athletic, doch in der Schlussphase gelang López (Minute 117) der Ausgleich für Betis. Das Ende war Wahnsinn. Es ging als "das Spiel der Elfmeter“ in die Pokal-Geschichte ein, weil niemand das Unentschieden brechen konnte. Schließlich kam es zum Duell der Torhüter. Esnaola traf gegen Iribar, doch der Athletic-Keeper aus Zarautz schaffte es umgekehrt nicht, weil der aus Andoin stammende Betis-Torwart seinen Schuss hielt. Das Turnier hieß mittlerweile offiziell " Königs-Pokal".
Die letzten beiden Erfolge
Ein neues Jahrzehnt brach an und begann mit großen baskischen Erfolgen in der Liga. Paradoxerweise war es in jenen Jahren mühsamer, im Pokal zu bestehen. La Real, mit einer überragenden Mannschaft, verlor in kurzer Zeit dreimal im Halbfinale: 1978, 1982 und 1983. Erst schied man gegen Barcelona aus, dann gegen Madrid im Elfmeterschießen und erneut gegen Barca. Es waren "seltsame" Turniere, vor allem 1980, als Madrid gegen sein eigenes Zweitliga-Team Castilla im Finale mit 6:1 gewann.
Kommen wir zum letzten Pokal-Coup von Athletic. 1984 standen “die Löwen“ nach zwei Liga-Siegen in Folge mit Trainer Javier Clemente an der Spitze. Athletic hatte Real Madrid im Halbfinale per Elfmeter besiegt, es blieb das Barcelona von Schuster und Maradona. Zwei Stile standen sich gegenüber: der physische und direkte Fußball von Athletic gegen das Kurzpass-Spiel und die Stars von Barca. Das Aufeinandertreffen war bereits durch Goikoetxeas Attacke gegen Maradona im Nou Camp ein paar Monate zuvor getrübt, das den Bilbao-Innenverteidiger 18 Spiele Sperre und den Argentinier vier Monate Verletzung kostete. Die Spannung war greifbar und explodierte, als Maradona ein Handgemenge begann, bei dem mehrere rot-weiße Spieler von hinten attackiert wurden. Vor Maradona rastete Schuster aus und warf eine Flasche in die Zuschauer. Im Stadion war Athletic besser vertreten, sowohl auf den Tribünen (es war die Rede von 70.000 Basken und 20.000 Katalanen) wie auch auf dem Spielfeld. Endika Guarrotxena traf früh in der 14. Minute, dann machte Athletic die Luken dicht und verteidigte erfolgreich.
Zubizarreta, Urkiaga, Núñez, Liceranzu, Goikoetxea, De Andrés, Patxi Salinas, Dani, Endika (Sarabia), Urtubi und Argote (Gallego) gingen in die Geschichte ein. Der Schleppkahn mit den Spielern fuhr am Rathaus Bilbao vorbei den Fluss hinauf. Und Schuster, der als erster ausgerastet war, als er eine Flasche auf die Tribüne mit den Bilbao-Zuschauer*innen warf, bedauerte vor allem, dass das spanischen Königspaar Zeuge einer solchen Schlägerei geworden waren. Ein Jahr später, 1985, stand Athletic erneut im Finale, doch diesmal ohne Erfolg. Nachdem sie La Real im Viertelfinale und Betis im Halbfinale ausgeschaltet hatten, trafen sie auf das Atletico Madrid von Luis Aragones, bei dem Hugo Sanchez, der zwei Tore erzielte, zum Star der Show wurde. Julio Salinas traf zum 2:1, aber das Ergebnis stand fest. Dani spielte im Alter von 34 Jahren sein letztes Finale.
Real Sociedad erfolgreich
Real Sociedad hatte es in seinen besten Jahren der Meisterschaften von 1981 und 1982 nicht geschafft, ein Finale zu erreichen. Erst 1987 war es so weit, nachdem die Meister-Mannschaft mit jungen Spielern wie Luis Mari López Rekarte, Bakero oder Larrañaga aufgefrischt worden war, an der Seite der Veteranen Zamora, López Ufarte und Arkonada. Das Stadion La Romareda in Zaragoza sollte in die Geschichte eingehen, denn La Real hatte (unter eigenem Namen) noch nie einen Pokal gewonnen, lediglich der Club Ciclista San Sebastián in den Anfängen der Pokalgeschichte 1909.
Drei Spieler ragten heraus: Lopez Ufarte, der bei seinem Abschiedsspiel das 1:0 erzielte; Txiki Begiristain mit einem wunderbaren Tor unter den Querbalken (2:1); und Torhüter Arkonada, der im Elfmeterschießen den Real-Zuschauern auf der Tribüne Recht gab mit dem "No pasa nada, tenemos Arkonada" (Keine Sorge, wir haben ja Arkonada). Es hatte fast ein Jahrhundert gedauert, nun kehrte der Pokal nach Donostia zurück, und manche begannen, den Alberti-Text umzudichten, um zu Arkonadas Ehren jene Verse zu singen, die vor 60 Jahren dem Barcelonista Platko gewidmet waren.
Jenes Team entwickelte sich unter Trainer Benjamin Toshack und ein Jahr später erreichten sie wieder das Finale, diesmal als Favorit, obwohl sie auf Barcelona trafen. La Real war Zweiter in der Liga geworden, während Barca Sechster war. Vor allem aber war es die Vorstellung im Bernabeu im Halbfinale, als die Mannschaft aus San Sebastian mit einem 4:0-Sieg (zwei Tore von Bakero, Gorriz und Begiristain) geglänzt und “La Quinta del Buitre“, die Generation von Emilio Butrageño von Real Madrid zum Gespött gemacht hatte. Barca seinerseits hatte vorher Osasuna ausgeschaltet, war aber in sehr schlechter Form. Sollten die “Culés“ (Barca) nicht gewinnen, würden sie sich nicht einmal für einen Europa-Cup qualifizieren. Doch die Favoritenrolle nutzte der Mannschaft aus San Sebastián nichts, im Gegenteil, sie zeigten ein langweiliges Spiel, das durch ein Gegentor des Basken Alexanko entschieden wurde. Luis Aragones als Barca-Trainer hatte mal wieder baskische Träume zunichte gemacht.
21. Jahrhundert: Athletic, Osasuna, Alavés
Nach dieser Enttäuschung kam es in Sachen Pokal zu einer langen Wüsten-Phase. Baskische Teams mussten ein Jahrzehnt lang warten, bis eines von ihnen wieder im Halbfinale stand: ausgerechnet Alaves! Im Jahr des Aufstiegs in die erste Liga, 1998 (und noch als Zweitliga-Team), wurden Aurrerá, Oviedo und Compostela geschlagen. Die Überraschung gelang im Achtelfinale, als man Real Madrid ausschaltete, und setzte sich im Viertelfinale fort, als Deportivo La Coruña ausgeschaltet wurde, die ebenfalls in der Königsklasse spielten. Der Erfolg wurde im Halbfinale von Mallorca gestoppt, die dann das Finale gegen Barcelona verloren. Alavés hatte an seine besten Ergebnisse im Pokal von 1928 und 1939 angeknüpft.
Bis 2005 dauerte es, um eine siebzehnjährige Durststrecke im Finale zu beenden. CF Osasuna (aus Iruñea, Pamplona), der Neuling im Spiel, schaffte es. Diesem Finale war ein erster gescheiterter Versuch voraus gegangen. Zwei Jahre zuvor, im Jahr 2003, hatten die “Rojillos“ kläglich die Möglichkeit verspielt, Geschichte zu schreiben. Sie hatten das Halbfinale erreicht und wurden gegen Recreativo Huelva gelost, das Schlusslicht der Primera Division. In einem unverzeihlichen und überheblichen Vertrauen in die Mannschaft brachte der mexikanische Trainer Javier Aguirre in Huelva Ersatzspieler und erntete eine 2:0 Niederlage, die zu Hause im Stadion El Sadar nicht mehr wieder gut zu machen war. Zwei Jahre später erhielt Osasuna eine zweite Chance, nachdem sie Sevilla im Viertelfinale und Atletico Madrid im Halbfinale ausgeschaltet hatten.
Die Rojillos von Osasuna traten im Calderon-Stadion gegen Betis Sevilla an, das in der Liga den vierten Platz belegt hatte. Vor 22.000 Fans aus Pamplona auf der Tribüne verpassten sie nur knapp, zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine große Trophäe zu gewinnen. Der Australier Aloisi glich in der 84. Minute die Betis-Führung aus, die Rojillos gingen gestärkt in die Verlängerung. Doch der Siegeswille führte zu einem tödlichen Konter und die Trophäe ging nach Sevilla.
Dreimal Athletic / Barca
Betis war im Halbfinale 2005 die Endstation von Athletic gewesen und hatte Bilbaos Durst nach der Rückkehr in ein Finale abgeschnitten. Im Jahr 2009 wiederholte sich diese Erfahrung glücklicherweise nicht. Die Löwen aus Bilbao “verspeisten“ in San Mames jenes Sevilla, dessen Präsident versprochen hatte, die Bilbainos "bis zum Schwanz" aufzufressen. In Valencia fand somit ein weiteres Finale der Basken in ihrem Lieblings-Wettbewerb statt. Doch gegenüber stand die perfekt funktionierende Maschinerie von Pep Guardiola, Xabi, Iniesta und Messi, in einer Saison, in dem Barcelona alles gewinnen sollte. Am Ende hieß es 4:1 für die Culés nach Gaizka Toqueros sensationellem Führungstreffer für Athletic.
Die Erinnerungen aus dem letzten Jahrzehnt sind noch deutlich lebendiger... auch die Misserfolge. Mit Marcelo Bielsa auf der Bank und einem überragenden Spiel traf Athletic im Finale 2012 erneut auf Messi und seine Truppe. Und wieder gab es mit 0:3 eine Niederlage. Auch im Finale 2015 im Camp Nou ließ das Team um den argentinischen Star nichts anbrennen, Athletic verlor wieder mit 3:1, wobei vor allem Iñaki Williams schönes Ehrentor in der Erinnerung bleiben wird.
Trainer Pellegrinis Deportivo Alavés war 2017 im Calderón als nächstes dran, im ersten Pokalfinale seit fast einem Jahrhundert, gegen den FC Barcelona. Ein hervorragender Freistoß von Theo bescherte das 1:1-Unentschieden und Hoffnung für die nächsten 12 Minuten, bis sich mit 3:1 am Ende die Qualität der Azulgrana durchsetzte.
Der Pokal-Coup der Frauen von La Real
Für die baskischen Fußballer ging am 3. April 2021 eine 34-jährige Durststrecke ohne Triumphe zu Ende, egal wer gewinnt, der Pokal bleibt im Baskenland. Im selben Zeitraum holten baskische Fußballerinnen immerhin sechs Titel im sogenannten “Copa de la Reina“, dem Pokal der Königin. Der letzte ging im Jahr 2019 an Real Sociedad gegen die hohen Favoritinnen von Atlético Madrid im Stadion Los Cármenes von Granada, nach Toren von Kiana Palacios und Nahikari. Vorher siegten die Damen aus Gipuzkoa gegen Valencia, Rayo Vallecano und den FC Sevilla. Athletic, das noch nie die Copa gewinnen konnte, scheiterte im Viertelfinale an den Finalistinnen von Atletico Madrid, in einem Match mit Rekordkulisse von 55.000 in San Mamés.
Davor gab es in den späten 1980ern zwei Pokale für Oiartzun und drei Pokale für Añorga in den 1990ern. Añorga KKE Frauen (ein Stadtteil von Donostia – San Sebastian) ist einer der erfolgreichsten Frauen-Clubs in Spanien und gehörte zu den Pionieren des Frauenfußballs. Añorga gewann drei Liga-Titel (1991/92, 1994/95 und 1995/96) und drei weitere Copa de la Reina (1990, 1991 und 1993), sowie die Vizemeisterschaft in den Jahren 1984, 1987, 1989 und 1995. Derzeit spielen sie in der zweiten Liga des spanischen Frauenfußballs. Auch soll daran erinnert werden, dass das letzte rein baskische Pokalfinale zwischen eben diesen beiden Clubs stattfand, im selben Jahr 1987 als auch der bisher letzte Pokal der Herren nach Euskal Herria kam. Damals wurde in Zumarraga (Gipuzkoa) gespielt, die Frauen von Oiartzun gewannen mit 3:2.
PS.1: Der Pokal kommt nach Euskal Herria zurück
Das “historische Finale“ zwischen Athletic und La Real entsprach bei Weitem nicht den seit Wochen geweckten Erwartungen. Spannend waren nur die ersten 20 Minuten mit forschem Spiel auf beiden Seiten. Dann wurde das Finale durch Mikel Oyarzabal per Elfmeter für Real Sociedad entschieden, Athletic war nicht in der Lage, den Spieß noch einmal zu drehen. Höhepunkt der Partie war in doppelter Weise der Elfmeter. Denn im ersten Moment wurde der Athletic-Verteidiger Iñigo Martinez zudem vom Platz gestellt. Er war bereits in den Katakomben, als der Schiedsrichter nach Ansicht der Video-Aufnahmen seine Entscheidung revidierte und Rot in Gelb umwandelte. La Real kann sich nach 1909 und 1987 jedenfalls den dritten Pokal in die Vitrine stellen, wie verdient er gewonnen wurde wird in der Geschichte langsam im Nebel untergehen.
Besser als jeder Sportreporter kommentierte der Trainer der Verlierer das Spiel: “Nachdem ich das Spiel gesehen habe, denke ich, es war ein Spiel, das von Real schlecht gespielt wurde, von Athletic schlecht gespielt wurde, vom Schiedsrichter schlecht geleitet wurde und von der Mannschaft gewonnen wurde, die einen Fehler ausgenutzt hat. Es wird nie wieder passieren, dass eine Mannschaft ein Finale gewinnt, ohne mehr als einen Elfmeter aufs Tor geschossen zu haben. Und damit sage ich nicht, dass Reals Sieg nicht verdient war, denn das war er. Es stimmt auch, dass unser Angriffsverhalten armselig war, und um ein Finale zu gewinnen, muss man etwas mehr tun als wir.“
Athletic hat zwei Wochen danach (17.4.2021) eine zweite Chance, den Pokal zu gewinnen, in diesem Fall die aktuelle Pandemie-Ausgabe von 2021. Gegen den FC Barcelona wird dies allerdings deutlich schwieriger als gegen La Real, Voraussetzung sind ein schwacher Tag bei Barca und ein großes Spiel von Athletic.
PS.2: Rekordgewinner unter sich
Im Finale für das aktuelle Covid-Jahr standen sich der Pokal-Rekordgewinner FC Barcelona mit 30 Siegen und Athletic Bilbao gegenüber, letztere mit immerhin 23 Titeln auf dem zweiten Platz der Statistik (Real Madrid verbucht nur 19 Siege). Dazu kommt jeweils eine Reihe von Finalniederlagen auf Seiten der Katalanen und der Basken, was bedeutet, dass in mehr als einem Drittel aller Endspiele der 120-jährigen Cup-Geschichte die einen oder anderen beteiligt waren.
Auf der Tagesordnung stand ganz nebenbei der möglicherweise letzte Titel von Leo Messi im Trikot von Barca, der bereits im vergangenen Sommer Abwanderungspläne gezeigt hatte. Ausgerechnet der Argentinier erwischte einen seiner besten Tage in dieser Saison und machte das Spiel einseitig. Zur Halbzeit hielt Athletic ein torloses Unentschieden, danach fielen die Tore wie reife Äpfel. Mit 4:0 waren die Basken noch gut bedient, sie hatten nicht die Spur einer Chance. Weil man gegen eines der “weltbesten Teams“ immer mal verlieren kann, schmerzte die Niederlage im ersten Finale gegen La Real doppelt, da wurde die größere Chance vergeben, nach 37 Jahren wieder einen offiziellen Titel zu gewinnen.
So muss die Gabarra weiter warten, der Schleppkahn aus den großen Industriezeiten, auf dem Athletic seine letzten großen Titel auf dem Nervion-Fluss von Bilbao gefeiert hatte. Frisch gestrichen liegt er vor dem Meeres-Museum, noch vor wenigen Tagen war er auf seine Schwimmfähigkeit geprüft worden. Trotz schmerzlicher Niederlagen hat die Fangemeinde in Bilbo keinen Grund zur Traurigkeit. Mit der Philosophie von Eigengewächsen in drei Monaten drei Finale gespielt zu haben, ist außergewöhnlich. Ein Erfolg sprang immerhin heraus, und das nach Siegen im Final Four gegen Real Madrid und Barcelona im Supercup.
ANMERKUNGEN:
(1) “La Copa, el trofeo más vasco (1902-2021)” (Der Pokal, die wichtigste baskische Trophäe, 1902-2021) Tageszeitung Gara, 2021-04-02 (LINK)
(2) Geschichte des spanischen Fußball-Pokals (LINK)
ABBILDUNGEN:
(alle Fotos aus Gara 2021-04-02)
(1) Pokal 1903 Bilbao
(2) Pokal 1987 Real
(3) Pokal Real Union
(4) Pokal Platko
(5) Pokal 1984 Athletic
(6) Pokal 1987 Real
(7) Finale 2005 Osasuna
(8) Finale 2017 Alaves
(9) Frauen-Pokal 2019 Real
(10) Final Athletic Real
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-04-07)