Der Baske Francisco Cepeda
Der Name Francisco Cepeda müsste eigentlich in goldenen Buchstaben auf den Seiten des baskischen Radsports stehen. Doch leider ist der Fahrer aus Sopuerta in der Geschichte untergegangen. Er war der erste Baske aus Hego Euskal Herria, dem südlichen Baskenland, der die Tour beendete. Gleichzeitig war er auch der erste Baske, der während einer Etappe der Tour de France starb. Die Geschichte vom Tod von Francisco Cepeda im Jahr 1935 am legendären Galibier-Berg, ein Jahr vor dem faschistischen Putsch.
Francisco Cepeda wurde am 8. März 1906 in Sopuerta (Bizkaia) geboren, zwischen 1925 und 1935 fuhr er als Halbprofi Radrennen. Am 11. Juli 1935, während der siebten Etappe zwischen Aix-les-Bains und Grenoble, stürzte Cepeda und zog sich einen Schädelbasisbruch zu, an dessen Folgen er drei Tage später starb. Cepeda war der erste Unfalltote bei der Tour de France.
Francisco Cepeda Nistal (1906-1935) hat die traurige Ehre, der erste Radrennfahrer zu sein, der bei der Tour starb. Sein Tod bei der berühmten Tour de France wurde von den Organisatoren jedoch nicht anerkannt, obwohl seit dem schicksalhaften und bis heute "mysteriösen" Unfall, bei dem der Fahrer aus Bizkaia ums Leben kam, mehr als 87 Jahre vergangen sind.
Cepeda stieg 1923 im Alter von nur 17 Jahren in den Profi-Radsport ein, wurde schnell als hervorragender Bergfahrer bekannt, was ihm zahlreiche Siege und Podiumsplatzierungen einbrachte, bei einer Vielzahl von Rennen. Auf flachen Strecken war er gut, jedoch fehlte ihm der Sprint. Dennoch wurde er zweimal Meister von Bizkaia und galt in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren als einer der großen Fahrer. Als Zeitgenosse von Cesáreo Sarduy, Segundo Barruetabeña und Domingo Gutiérrez, ebenfalls aus Bizkaia, wurde Cepeda schnell zu einem der großen baskischen Radsportler seiner Zeit.
Nach seinem Debüt im Team von Sopuerta Sport trug Cepeda das Trikot von Athletic Club, mit dem er einige seiner größten Triumphe feierte. Es folgte das Hemd von Real Madrid, das ihm 1928 während seines Militärdienstes in der spanischen Hauptstadt überlassen wurde. Cepeda fuhr auch für die Sociedad Ciclista Vitoriana (Gasteiz) und die Sociedad Ciclista Bilbaina. Zweimal nahm Cepeda an der Baskenland-Rundfahrt teil und belegte dabei die beachtlichen Plätze 13 und 17. Obwohl es sich um einen 1924 neu ins Leben gerufenen Wettbewerb handelte, waren von Beginn an französische, belgische, spanische und italienische Spitzenfahrer dabei.
Zu Cepedas wichtigsten Erfolgen, unter Sportkollegen wurde er "Paquillo" genannt, gehörten Siege im Baskenland und im Norden der Iberischen Halbinsel: Wochenendrennen wie die Getxo-Rundfahrt (2), die Torrelavega-Fahrt, die Tafalla-Rundfahrt, den Internationalen Grand Prix von Irun und die Vuelta in Araba. Was seine Teilnahme an den großen Rundfahrten betrifft: 1935 nahm er an der ersten Ausgabe der Spanien-Rundfahrt (Vuelta a España) im Jahr teil und belegte einen hervorragenden 17. Platz
Was die Tour anbelangt, Cepeda fuhr die französische Runde viermal, doch nur beim ersten Mal, 1930, konnte er die Ziellinie auf den Champs Elysées überqueren. Damit war er der erste Fahrer aus Hego Euskal Herria (Süd-Baskenland), der die Tour zu Ende brachte. Bei der zweiten Teilnahme 1931 fuhr er als einziges Mitglied des spanischen Teams und musste am 20. Tag wegen einer Furunkulose aufgeben; 1933 wurde er disqualifiziert, weil er auf der ersten Etappe außerhalb der Zeit-Kontrolle angekommen war. Seine letzte Teilnahme im Jahr 1935 hatte einen tragischen Ausgang.
Die schicksalhafte Tour von 1935
Am 13. Juni 1935 unterzeichnete Cepeda in Donostia den Vertrag, der ihn zum Mitglied des spanischen Teams machte, das in diesem Jahr an der Tour teilnehmen sollte. So kehrte der Fahrer aus Sopuerta nach einem Jahr Rennpause zu seinem Lieblingswettbewerb zurück, nach der Enttäuschung bei der Tour 1933.
Neben dem Cepeda, der das Rennen als "Einzelfahrer" bestritt, stellten die Basken Mariano Cañardo, Emiliano Álvarez und der ebenfalls aus dem Landkreis Enkarterri stammende Federico Ezquerra, einige der acht Plätze im Nationalteam. Sie alle beim großen Start am 4. Juli in Paris, direkt vor den Büros der Sportzeitung "l'Auto", die als Veranstalterin des Rennens fungierte, im Stadtteil Faubourg-Montmartre der französischen Hauptstadt.
Diese erste Etappe, die über 262 Kilometer von Paris nach Lille führte, war für Cepeda ausgesprochen hart. Eine flache Etappe ohne große Steigungen, die den Fahrern hohe Geschwindigkeiten ermöglichte, was Berg-Spezialisten wie Cepeda das Leben schwer machte. Zwei Jahre zuvor hatte Cepeda die Tour aufgeben müssen, nachdem er zusammen mit Jean-Baptiste Intzegarai aus Lapurdi auf der ersten Etappe außerhalb der maximalen Zeit-Vorgabe angekommen war. Obwohl er 1935 pünktlich ankam, begann die Tour für den Fahrer aus Sopuerta nicht gut. Nach der Etappe wurde bekannt, dass Cepeda während des Rennens eine "sehr starke Kolik" erlitten hatte, die seine Leistungsfähigkeit einschränkte. Nach 7 Stunden und 58 Minuten überquerte er schließlich die Ziellinie, 34 Minuten und 4 Sekunden mehr als der Sieger des Tages, der am Ende auch die Tour gewann, der Belgier Romain Maes.
Auf der dritten Etappe zwischen Charleville und Metz zeigte Cepeda, immer noch mit schlechtem Magenleiden, Anzeichen der Besserung. Obwohl die Strecke seinen Qualitäten weiterhin nicht zuträglich war, kam er sogar vor seinen Teamkollegen ins Ziel kam, anders als auf der ersten Etappe, als er das Schlusslicht bildete. Zu diesem Zeitpunkt lag Cepeda mit einer Zeit von 18 Stunden, 30 Minuten und 22 Sekunden auf Platz 80 der Gesamtwertung.
Die vierte Etappe über 220 Kilometer von Metz nach Belfort durch die Vogesen führte über den Ballon d'Alsace (Elsässer Belchen), den ersten Pass der Bergwertung, war ein Wendepunkt für das spanische Team. Cepeda kannte diese Etappe, obwohl er sie 1930 in umgekehrter Richtung gefahren hatte, von Belfort nach Metz. Damals gehörte der Bizkaia-Fahrer zu der Spitzengruppe von 31 Fahrern, der Sieg ging an den Franzosen Charles Pélissier. 1935 überquerte er den Gipfel des Ballon d'Alsace ohne Mühen und Ruhm am Ende der Gruppe, bei der Abfahrt verlor er 14 Minuten. Am Ende der Etappe gaben Cañardo, Trueba und Ezquerra das Rennen auf, weil sie keine Kräfte mehr hatten, Álvarez wurde vom Auto der italienischen Zeitung "La Gazzeta di Popolo" angefahren, ohne größere Folgen.
Mit diskreten Ergebnissen für Cepeda auf der Doppeletappe am 8. Juli (mit Zeitfahren am Nachmittag) und einem Ruhetag am 9. Juli begann am 10. Juli die Eroberung der Alpen. Auf der Etappe zwischen Evian und Aix-les-Bains bestätigte Cepeda seine Verbesserung der letzten Tage und zeigte sich von seinen Magenproblemen erholt.
Die fatale siebte Etappe
Die siebte Etappe begann in Aix-les-Bains und sollte in Grenoble enden. Es war die härteste vor dem Erreichen der Pyrenäen, mit Anstiegen zum Col du Télégraphe und zum Col du Galibier und kurvenreichen Abfahrten, die zusammen mit der zunehmenden Hitze für einen schrecklichen Ausgang sorgen sollte. In diesem Szenario führte eine Reihe von tragischen Umständen zu Cepedas Unglück. In der Ortschaft Rioupéroux, kurz hinter le Bourg-d'Oisans, stürzte der Baske und zog sich eine schwere Kopfverletzung zu. Weil kein Krankenwagen in der Nähe war, wurde Cepeda von Privatpersonen ins Krankenhaus Grenoble gebracht.
Cepedas Zustand wurde als "sehr ernst" beschrieben. Er hatte eine Fraktur an der Schädelbasis erlitten. Um den Hirndruck zu senken, wurde eine Öffnung der Schädeldecke vorgenommen, aber Cepeda kam nie wieder zu Bewusstsein. Er starb drei Tage später, am 14. Juli, im Alter von 29 Jahren. Cepeda war somit das erste Todesopfer der anspruchsvollen Radrundfahrt des Hexagons geworden.
Schwächeanfall oder überfahren?
Am Tag von Cepedas tödlichem Unfall hatte ein Auto den Belgier Gustave Danneels und den Franzosen Antonin Magne kurz vor dem Start angefahren. Dies führte zu dem anfänglichen Gerücht, dass Cepeda überfahren worden sei, was jedoch nicht der Fall zu sein scheint. Dennoch ist Vorsicht angesagt, denn die offizielle Untersuchung wurde sechs Monate nach dem Ereignis, im Januar 1936, abgeschlossen, ohne dass die Tour-Organisation ein großes Interesse an der Klärung der Fakten gezeigt hätte, im Gegenteil, man versuchte zu vertuschen.
Moderne Felgen
Die wahrscheinlichste Ursache für Cepedas Sturz waren die neuen Reifen, die von den Organisatoren der Tour de France eingeführt worden waren. Bis 1935 waren die Radfelgen aus Holz, in diesem Jahr wurden Felgen aus Hartaluminium eingeführt. Pierre Carrey, Journalist und Direktor des auf Radsport spezialisierten Portals "Directvelo", schrieb 2013 in der Zeitung "Libération" einen Artikel, der den "versteckten Helden" der Tour gewidmet war. Jenen Radfahrern, die während des Rennens gestorben waren, zu denen selbstverständlich auch Cepeda gehörte. Wie Carrey in diesem Artikel darlegt, waren die neuen Felgen leichter und steifer als die hölzernen, aber sie konnten überhitzen, vor allem durch das ständige Bremsen auf den Abfahrten. Dadurch konnten sich die Schläuche von den Felgen lösen oder sogar platzen.
Tatsächlich kam es auf den ersten Etappen dieser Tour zu zahlreichen Stürzen, die von Fahrern wie Fachmedien auf die neuen Felgen zurückgeführt wurden. Die Änderung war nicht nach dem Geschmack der Teilnehmer, was sie von Beginn an deutlich machten. Doch die Forderungen fanden kein Gehör bei der Organisation, die gerade einen Sponsoring-Vertrag mit dem Aluminium-Hersteller abgeschlossen hatte. "Dem schüchternen Cepeda, der die Tour aus Leidenschaft fuhr und sich seinen Lebensunterhalt als Amtsrichter verdiente, platzte der Vorderreifen. Die Schweigeminute, die damals abgehalten wurde, wirkt bis heute nach", beklagte Carrey. Erst nach Cepedas Tod lenkten die Organisatoren ein und ließen wieder Holzfelgen zu.
Vor einigen Jahren konnte Alvaro Rey Cepeda, der Großneffe des Rennfahrers, die im Archiv von Grenoble aufbewahrte Polizeiakte mit den Ermittlungen zu diesem Fall einsehen. Obwohl die Zeugenaussagen widersprüchlich sind, deuten sie darauf hin, dass der Unfall passierte als sich der Schlauch von der Felge löste. Unklar bleibt, ob auch ein Auto beteiligt war. "Mein Onkel war das Opfer eines technologischen Durchbruchs, er war ein Versuchskaninchen", klagt der Großneffe 87 Jahre später.
Gedenken und Würdigung
Cepeda war der erste Radrennfahrer, der während einer Tour-Etappe ums Leben kam. Doch auch 87 Jahre später war dies für die Organisatoren der prestigeträchtigen Tour noch kein Grund, ihm irgendeine Art von Anerkennung zu widmen, im Gegensatz zu Tom Simpson und Fabio Casartelli, die 1967 bzw. 1995 ums Leben kamen. Für beide wurden Denkmäler am Ort ihres Todes aufgestellt. Die Tour de France 2023 mit Start in Bilbo und drei Etappen auf baskischem Boden (2) schien der ideale Zeitpunkt zu sein, um an den Radsportler aus Bizkaia zu erinnern, auch wenn die "Grande Boucle" trotz der Bemühungen des lokalen Kulturvereins Alen Elkartea nicht durch Sopuerta führen wird und keine Würdigung des Sportlers angekündigt wurde.
Das Schweigen der Franzosen zum Unfall reicht weit zurück, denn selbst die damalige Presse hat das Ereignis verschwiegen. Der damalige Direktor der Tour und von "l'Auto", Henri Desgrange, erklärte zunächst, Cepeda sei "außer Gefahr", um die Sache zu entschärfen, obwohl die Realität ganz anders aussah.
Neben den Bemühungen von Álvaro Rey Cepeda, das Andenken an seinen Großonkel aufleben zu lassen, sind Radsportfans aus verschiedenen Ländern auf die Geschichte von Francisco Cepeda gestoßen und wollen ebenfalls ihren Beitrag dazu leisten, dass er nicht in Vergessenheit bleibt. So haben zwei kuriose Geschichten Sopuerta erreicht. Der erste handelt von David González, einem jungen asturischen Radfan und seiner Geschichte. Auf einem seiner Tour-Besuche errichtete er (mit Kenntnissen in der Steingravur) auf dem Gipfel des Galibier einen kleinen Monolithen zu Ehren von Cepeda. "Jahre sind vergangen, von Zeit zu Zeit erreichen mich immer noch Fotos, dass das Denkmal noch da ist", erklärt Großneffe Álvaro dankbar.
Der zweite Protagonist stammt aus Großbritannien. Auf der Suche nach Filmaufnahmen seines Onkels hinterließ Álvaro einen Kommentar auf YouTube und bat um Hilfe. Er erhielt eine Nachricht von Mike Thompson, einem begeisterten Radsportfan, der sein Hobby mit dem Schreiben über Sport verband. Mit Álvaros Hilfe hat Thompson den ersten Entwurf eines Buches (in englischer Sprache) über das Leben von Francisco Cepeda fertig gestellt, obwohl er noch nicht entschieden hat, es zu veröffentlichen.
All diese Erinnerungs-Versuche, zusammen mit denen der Provinz-Regierung von Bizkaia oder der Stadt, in der sich der Unfall ereignete (letztere auf Initiative von Thompson) sind bislang beim guten Willen stecken geblieben. "Der Schlüssel liegt bei den Franzosen, denn da ist das Rennen. Alles, was getan oder nicht getan wird, sollte von der Tour gefördert werden. Das wäre am Besten", sagt Rey Cepeda, der die Haltung der Organisatoren so viele Jahre später nicht versteht. "Fast ein Jahrhundert später ist niemand motiviert, irgendjemandem die Schuld zu geben. Was Familie und Radsportfans wollen, ist lediglich, dass ein Mann, der sein Leben für ein Sportereignis geopfert hat, angemessen gewürdigt wird".
In seiner Heimatstadt hingegen wurde für Francisco Cepeda eine Skulptur aufgestellt, von der Gemeinde Sopuerta im Jahr 2006 anlässlich des hundertsten Geburtstages ihres berühmten Einwohners. Das Denkmal ist nicht nur für die Erinnerung an Cepeda von Bedeutung, sondern auch für den Ort, an dem es sich befindet. Das Haus, in dem Cepeda geboren wurde und aufwuchs, wurde einige Jahre später abgerissen und ist heute ein Platz. Ein Denkmal, das ihm sicherlich die meiste Freude bereitet hätte, das aber nur eines von vielen sein sollte. Der baskische Radfahrer, der bei der Abfahrt vom Galibier sein Leben gelassen hat, hätte es verdient.
ANMERKUNGEN:
(1) “La muerte de Francisco Cepeda, el primer vasco de Hego Euskal Herria que terminó el Tour” (Der Tod von Francisco Cepeda, dem ersten Basken aus dem Süd-Baskenland, der die Tour beendet hat), Zazpika, Wochenendbeilage der Tageszeitung Gara, 2023-02-12 (LINK)
(2) Im Rahmen ihrer Tourismus-Förderung haben Bilbao, Bizkaia und die baskische Regierung für einen Millionenbetrag die drei Startetappen der Tour de France 2023 gekauft. Die Tour startet am 1. Juli in Bilbo.
ABBILDUNGEN:
(*) Radfahrer Francisco Cepeda (naiz)
(1) In der Bildmitte Francisco Cepeda mit Trinkflasche, begleitet von drei seiner Brüder und dem Radfahrer Vicente Trueba während der Baskenland-Rundfahrt 1929. Fotografien: Familie Cepeda
(2) Der Radfahrer posiert mit seinem Bruder Primi und einigen seiner Unterstützer.
(3) Francisco Cepeda
(4) Früher mussten die Fahrer ihre Räder selbst reparieren, wenn sie eine Panne hatten, auf diesem Bild Cepeda bei der Tour 1931 in der Stadt Les Sables-d'Olonne.
(5) Die Getxo Rundfahrt 1929 mit Sieg von Cepeda.
(6) Álvaro Rey Cepeda kämpft für die Erinnerung an seinen Großonkel, neben dem Denkmal zur Erinnerung in Sopuerta. Foto: Oskar Matxin Edesa / foku
(PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2023-02-13)