kolu32a06Zurück in den Wüsten Westen

Das Gerede von der “Neuen Normalität“ hat nach einem Jahr wieder an Bedeutung gewonnen, angeblich ist die Pandemie Schnee von gestern. Alles wie gehabt, soll uns weißgemacht werden, doch nichts ist wie es war. Verändert haben sich die Wirtschaftsprozesse, das Homeoffice, die Armutsverhältnisse und – last not least – unsere physische und psychische Gesundheit. Wir sitzen auf dem Vulkan, der jederzeit wieder ausbrechen kann. Kritiker sagen der Impfung Nutzlosigkeit nach und sprechen von Plandemie.

Das Ende der Schutzmaßnahmen ist noch lange nicht das Ende der Corona-Pandemie. Nach dem politischen Versagen gegen Covid steht die Welt in den Startblöcken zur nächsten Katastrophe. Denn an den Ursachen des Übels wurde nichts geändert. Der Brachial-Kapitalismus wildert weiter.

(2021-12-31)

AUSSER KONTROLLE

Gestern Covid, heute das Doppelte. Zwar sind Zahlen Schall und Rauch, dennoch spricht die 14-Tage Inzidenz für sich: Vor 18 Monaten war 500 ausreichend Grund für Alarm, jetzt liegen wir bei 3.000. Plus 450 an einem Tag. Indikatoren, dass die Tendenz sich in den kommenden Tagen umkehren könnte, gibt es nicht. Daran ändern auch kostenlose 100.000 Hilfspolizisten an den Kneipentheken nichts. Trainer, Spieler, Politiker, Funktionäre alle sitzen im Omikron-Boot. Und was am allerwenigsten hilft: auch das Gesundheits-Personal geht in die Knie, all jene, die an der Tsunami-Front arbeiten. Erstens sind sie betroffen, zweitens verschlimmert sich dadurch die Krise. Von Kollaps im Gesundheitsbereich zu sprechen ist eine Sache – lässt sich Kollaps steigern? Etwa: Explosions-Kollaps? Oder GAU-Kollaps? Oder vielleicht Krakatau-Kollaps? Der Wettbewerb sei eröffnet …

kolu32c31LETZTER ABEND DES JAHRES, KURZE BILANZ

Die Mehrheit hat durch die Pandemie verloren: Freiheit, Gesundheit, Existenz, vielleicht auch das Leben. Nicht alle. Manche haben dazugewonnen – und wie! Die Nah- und Fern-Lieferanten zum Beispiel, zuletzt die Apotheken und selbstverständlich die Pharma-Industrie mit ihren zweifelhaften Produkten, die auf Jahre hinaus Milliarden garantieren.

Vor genau zwei Jahren informierte die chinesische Regierung die Welt-Gesundheits-Organisation über das Auftauchen dubioser Lungenkrankheiten – der Beginn des Dauerleidens. Mit aller Technologie der Welt konnte das Phänomen bis heute nicht bewältigt werden, falls dies überhaupt im Sinne der Mächtigen, Sicherheitsfanatiker und Kriegsgewinnler ist.

Ein zweites Thema wurde fast völlig unter den Tisch gekehrt, obwohl es (neben der Bekämpfung) eigentlich per se die zweitwichtigste Frage sein müsste: Woher kam das Biest? Was haben wir falsch gemacht? Wie können wir eine weitere Erscheinung verhindern?

Bis heute wissen die wenigsten, was eine Zoonose. Die wenigsten sind sich darüber im Klaren, dass die Pandemie gar nicht so überraschend über die Erdbevölkerung hergefallen ist? Nur wenige wollen es wahrhaben, dass es Vorwarnungen gab, ähnliche oder vergleichbare Krankheiten, vielleicht mit weniger Verbreitung. Kaum jemand gesteht sich ein, dass es nahezu exakte Vorhersagen gab, die überraschend genau das prophezeiten, was über uns kam und uns weiterhin dominiert.

Die schlimmste Geißel der Menschheit ist nicht unbedingt die Pandemie, sondern: dass wir ständig falsch informiert werden, dass Wahrheiten unterschlagen werden, dass – zumindest die große Mehrheit – dahin manipuliert wird, die entscheidenden Fragen nicht zu stellen, das System (Gesundheit, Zivilisation, Produktion, Ernährung, Kapitalismus) nicht in Frage zu stellen und die Basis zu schaffen für die nächste und übernächste Katastrophe. Sei es die Klimakatastrophe oder eine wie auch immer geartete Pandemie.

Silvester. Wir stoßen an, mit Wünschen, dass alles besser wird. Ganz so schlimm war es doch nun wirklich nicht. Man muss eben die Zähne zusammenbeißen, Augen zu und durch, gelobt sei was hart macht … oder so ähnlich. Wir holen den Braten aus der Röhre und merken gar nicht, dass wir die Ursache für das Schlamassel auf dem Teller liegen haben. Prosit Neujahr!

UND SONST … Vorsicht beim Anstoßen mit Cava-Sekt … die eine Sorte wird von Unionisten produziert, Spanienfreunden also … die zweite Sorte von Unternehmern, die einer Unabhängigkeit offen gegenüber stehen. Das riecht nach Boykott ... und beide verdienen daran.

(2021-12-29)

TSUNAMI

Seit gestern ist nicht mehr von Corona-Ansteckung die Rede, nicht einmal von Massen-Ansteckung wie es angesichts der momentanen Zahlen angemessen sein könnte. Benutzt werden nun die Begriffe “Explosion“ und “Tsunami“ für die Verbreitung der Omikron-Variante. Vor her waren es einzelne von deren Schicksal wir gehört haben, doch nun geht es rasant: Familien, Freundeskreise oder komplette Belegschaften. Es darf bereits hochgerechnet werden, wie sich die Lage entwickelt, wenn erst Anfang Januar die Schule wieder beginnt.

kolu32c29Diesmal bedurfte es keiner Schließung der Gastronomie, um das kulinarische Leben herunterzufahren, Corona erledigt das selbst. “Alle unsere Silvester-Essen wurden abgesagt“, teile mein Kneipier mit, “eine ist positiv, der nächste in Quarantäne und die dritte bekam keine Autogen-Tests mehr, um sicher zu sein“. Manche hatten das Virus bereits zum dritten Mal, höre ich entsetzt und überlege, warum gerade ich bisher verschont geblieben bin. Demnächst könnte ich zu einer verschwindend kleinen Minderheit gehören, die das mediale Interesse weckt. “Interview mit einer der 0,1% der Bevölkerung, die von der Pandemie nicht erwischt wurden“ – könnte die Schlagzeile lauten. Oder auch: “Der Störfaktor in der Herden-Immunität“. Wenn unter diesen Erlesenen auch noch jemand die Impfungen verweigert hat – beste Chancen auf das TIME-Titelfoto oder einen Eintrag ins Guiness-Buch.

AUTOZAINTZA

Weil die Gesundheits-Stationen dem Tsunami-Ansturm nicht mehr gewachsen sind, wird Selbstversorgung zum Zauberwort. Weil zu viele mit Symptomen ankommen und dringend einen Test machen wollen, war der Kollaps der Behörde unvermeidlich. Nun also Auto-Diagnose, Auto-Heilung, Selbstversorgung. Nicht nur das unvernünftige Volk ist in den Tsunami geraten, auch Tagesschau-Sprecherin Afrika Baeta und Regierungssprecher Bingen Zupiria waren wie Ikarus der Sonne zu nahe gekommen und mussten sich selbst aus dem Verkehr ziehen. Die Prediger des Bösen wurden vom Bösen zu Fall gebracht. Dem schließt sich der Schultheiß der Hauptstadt Gasteiz willig an. Dass allerorten Konzerte abgesagt werden, ist zwar schade, entspricht jedoch einer gewissen Logik. Nur die Absage des Abschiedkonzerts der Oldie-Punkband La Polla Records in Donostia tut mir ganz und gar nicht leid, nachdem beim Auftritt in Barakaldo Nazisymbole missbraucht und Holocaust mit Pandemie gleichgesetzt wurden. Alles hat seine Grenzen. (OLATZ)

UND SONST … Französische Touristen verlieren ihr Baby in Bilbo. Spielabsagen im Basketball wegen … Silvesterlauf gestrichen. Polizei verzichtet auf Alkoholkontrollen wegen Pandemie-Überlastung. Na denn Prost!

(2021-12-28)

HOFFNUNGSSCHIMMER

Javier Zulueta stammt aus Navarra, ist Arzt und Lungenspezialist, und seit einem halben Jahr Leiter eines Hospitals in New York. Er ist der Ansicht, dass die Omikron-Variante des Coronavirus das Ende der Pandemie bedeuten könnte. Zuluetas These ist, dass die hohe Zahl der durch die Omikron-Variante verursachten Infektionen auch das Ende der Pandemie bedeuten könnte. Die Zunahme der Zahl der mit Omikron infizierten Menschen ruft weltweit Alarm hervor, aber interessanterweise könnte dieses Merkmal eines der Elemente sein, die zum Ende der Pandemie führen, so Professor Javier Zulueta, Leiter der Abteilung für Lungenkrankheiten und Intensivmedizin am Mount Sinai Morningside Hospital in New York.

kolu32c28Zulueta erinnert daran, dass in Südafrika, wo diese Variante zuerst entdeckt wurde, die Inzidenz außerordentlich schnell anstieg, dass aber in der Folge auch der Rückgang der Fälle besonders schnell erfolgte. Sollte sich dieser Trend in anderen Ländern der Welt wiederholen, könnte man durchaus vom Ende der Pandemie sprechen. "Wir haben es mit einem anderen Virus zu tun, das einfach und schnell übertragbar ist, aber nur leichte Erkrankungen verursacht. Die Variante ist gefährlich für ältere oder immunschwache Menschen", sagte er in einem Interview. Er weist darauf hin, dass die neue Variante derzeit Erkältung, Schnupfen, Husten und Fieber hervorruft, aber keine Geschmacks- oder Geruchs-Beeinträchtigung verursacht. "Es werden sich so viele Menschen infizieren, dass dies zum Ende der Pandemie führen könnte", prophezeit er.

Zulueta weist darauf hin, dass Antigentests für die Infektionsprävention unerlässlich sind. Wenn die Viruslast einer Person niedrig ist, kann der Test allerdings negativ ausfallen, auch wenn die Person mit dem Coronavirus infiziert ist. Es handelt sich jedoch um einen ausgezeichneten Test, um festzustellen, ob eine Person anstecken kann oder nicht. Vor allem in Anbetracht der Silvesterfeiern. Zulueta war Lungenfacharzt an der privaten Universität von Nafarroa, wo er sich auf die Früherkennung von Lungenkrebs spezialisiert hatte. Im April wechselte er nach New York. In seinem neuen Amt hat er sich intensiv mit der Pandemie in der amerikanischen Stadt befasst.

UND SONST … Beim Proficlub Real Sociedad San Sebastian sind 17 Spieler Covid-infiziert, bei Athletic Bilbao vier, bei Real Madrid acht und bei den Frauen von Atletico Madrid fast das ganze Team. Spiele werden teilweise wieder ohne Publikum durchgeführt, kein Wunder wäre es, wenn demnächst komplette Spieltage abgesagt werden.

(2021-12-24)

RUSSISCHES ROULETTE

Im spanischen Staat sind 0,18% der Bevölkerung an Coronavirus gestorben. In der Region Baskenland waren es 0,22%, Stand Oktober 2021. Danach kam die sechste Welle mit Omikron an der Spitze. In seiner Weihnachts-Ansprache sagte der Bourbonen-König, im Kampf gegen die Pandemie sei man einen substanziellen Schritt weiter gekommen. “In welcher Luftblase lebt der denn?“ fragte mein Tischnachbar in der Kneipe. Zum herzhaften Lachen, wenn die Geschichte nur nicht so tragische Konsequenzen hätte. Die Zahlen sprechen für sich: Navarra und Euskadi führen die Rangliste mit großem Abstand an. Omikron hat die Ansteckung allumfassend gemacht, wir fühlen uns eingekreist, an die Wand gedrückt. Selbstverständlich ist auch das Krankenpersonal nicht gefeit, trotz Impfung und Kampfkleidung. Weniger Helferinnen müssen mehr Patientinnen versorgen. Ab heute gilt neben der Pass- auch wieder eine öffentliche Maskenpflicht, die wird alles ins Lot bringen. Oder überhaupt nichts.

kolu32c24Denn Weihnachten steht vor der Tür. Familientreffen, der Weihnachtsbraten muss gemeinsam weggeputzt werden. Die aktuellen Ziffern haben Angst verbreitet, alle haben zwei, drei Covid-Fälle in ihrer Umgebung. Manche auch zwei Dutzend. “Schon vor Tagen haben die Leute 20er und 30er-Packs von Antigen-Tests gekauft, die Lieferanten kommen nicht mehr nach“, kommentiert die Apothekerin, vor deren Laden eine lange Schlange steht. Wer es sich leisten kann, zahlt für die relative Sicherheit, sauber zu sein. Wenn es sein muss, dann eben ein PCR in der Privatklinik. Um die 150 Euro. Egal. Dass das Personal dort ausgerechnet heute streikt ist eher ärgerlich. Besonders Schlaue simulieren Covid-Symptome, um im Krankenhaus einen kostenlosen PCR-Test zu bekommen. Not macht einfallreich. Weihnachten auf Teufel komm raus!

SPRITZENWAHN

Niemand glaubt mehr daran, die Schutzdaten sind ernüchternd: Geimpft zu sein ist keine Barriere gegen gar nichts. Im Krankenhaus stehen sich Geimpfte und Nichtgeimpfte gegenüber, letztere gewinnen klar die Partie. Eine Ärtzin fasst sich im Fernsehen an den Kopf: “Drei Viertel der zuletzt Eingelieferten waren Leute, die sich nicht impfen lassen wollen. Nun haben sie Covid. Die sind gegen die Impfstoffe, aber sie fragen nicht, was das für Medikamente sind, die wir ihnen geben, um die Symptome zu lindern – ich versteh die Welt nicht mehr! Wir haben es aufgegeben zu fragen, warum sie sich nicht impfen lassen“. Hier weiß niemand mehr, wo oben und unten ist. Gespritzt zu sein, hilft auch nur wenig. Die erste Impfung liefert noch 10% Schutz, die zweite 20% m – sagt einer, der es wissen müsste. Mit der dritten wird der Wert wieder nach oben katapultiert, achtzig, neunzig. Aber bekanntlich gilt der nun überall geforderte Impfpass nur 9 Monate, dann geht es wieder in die Achterbahn.

REZEPTE

Was ist zu machen, um die Situation zu überwinden? Niemand hat eine Antwort, aber alle tun so als hätten sie eine. Kein Unterschied zwischen Links und Rechts. In Katalonien (links) wurde wieder nächtliche Ausgangssperre und maximale Gruppengrößen verordnet, in Madrid (rechts) geht über Empfehlungen nichts hinaus, nicht einmal Maskenpflicht. Wer von hier nach da über die Grenze fährt, darf sich wie im Paintball-Park fühlen, Schüsse von nirgendwo und überall. Kein Unterschied zwischen Links und Rechts. Nur zwischen Ernstnehmern und Ignoranten. Hilfslosigkeit pur. Die baskische Linke blamiert sich mit: mehr Tracker und CO2-Messungen, kostenlose Antigen-Tests, Pflegefälle bezahlen. Das wars? Das wars!

UND SONST … Die verhasste neoliberale Arbeitsreform von 2012 wurde reformiert, unter Einverständnis der Konfliktparteien. Nur die baskischen Gewerkschaften wurden nicht gefragt. Das wird Konsequenzen haben …

(2021-12-21)

EIN REKORD NACH DEM ANDERN

Ansteckungsrekord in Euskadi, Navarra liegt trotzdem noch davor. Vor einer Woche waren sie noch an einer Hand abzuzählen, jetzt macht die neue Omikron-Variante bereits 30% aus. Die Variante hält, was ihr vorausgesagt wurde: super-ansteckend. Bleibt die Frage, wer im Duell zwischen Omikron und Impfdosen die Oberhand behält. Für Januar wird ein Katastrophen-Szenario vorhergesagt.

kolu32c21Um das Makro-Problem in den Griff zu bekommen, das sich durch den Weihnachtsrummel noch zuspitzen wird, fordert der baskische Ministerpräsident von der Zentralregierung weitere Restriktionen. Dabei könnte die Maßnahme Covid-Pass einen derben Rückschlag darstellen. Zwar hat sie dazu geführt, dass sich Tausende bisher Resistente nun impfen lassen, um in den Gaststätten wieder Einlass zu finden. Gleichzeitig organisiert sich der Widerstand gegen den Pass, von dem klar ist, dass er das Problem in keinster Weise löst, sondern zusätzliche Probleme aufwirft. Für die Kneipiers, die plötzlich Polizisten spielen sollen. Und für die Impfgegner*innen, die eine Spaltung der Gesellschaft sehen. Die Mischung aus Negationisten und Impfunwilligen erhält Rückenwind sowohl durch die angelaufene Kinderimpfung wie durch den Covid-Pass, zum ersten Mal konnten sie (in Bilbo und Donostia) richtige Demonstrationen auf die Beine stellen.

Von den in Quarantäne befindlichen Schulklassen wird in zwei Tagen nicht mehr die Rede sein, wenn die Ferien begonnen haben, das Schulproblem ist vorerst gedeckelt. Stattdessen zieht die Ansteckung andere Kreise. Die Infizierungen unter den Zwanzigjährigen hat sich in einer Woche verdoppelt, im spanischen Parlament fehlen bereits 50 Abgeordnete wegen Corona. Wenn Mittwoch Abend das Ligaspiel zwischen Athletic Bilbao und Real Madrid angepfiffen wird, werden elf Spieler und Betreuer auf beiden Seiten wegen Covid fehlen (4/7). Das Spiel der Atletico-Frauen bei Athletic, für heute vorgesehen, wurde komplett abgesagt, weil das Madrider Team masseninfiziert ist. Organisiertes Chaos. Die WHO empfiehlt: Besser Weihnachten absagen als hinterher Trauer tragen.

UND SONST … Bei ihrem Abschiedskonzert in Gasteiz hat die legendäre Punkband La Polla Records mit Sänger Evaristo vorneweg eine Anti-WHO-Fahne hochgehalten und Impfgegnerinnen das Mikrofon überlassen. Ein Teil der Besucherinnen trug keine Masken, Distanz war ein Fremdwort. Die PNV ist empört.

(2021-12-20)

SPRITZENWAHN, KONTROLLWAHN

kolu32c20Erste Tagesnachricht im baskischen Fernsehen: 50% der in Krankenhäuser eingewiesenen Covid-Patientinnen wurden nicht geimpft. Die Meldung soll einschüchtern und die 10% Unwilligen endlich doch noch vor die Spritze treiben. Unausgesprochen ist aber auch von den anderen 50% die Rede: geimpft aber nicht geschützt vor Coronavirus. Niemand (außer Negationisten) bestreitet, dass die Spritze eine gewisse Abwehr darstellt, aber eben nur das: einen gewissen Schutz, nicht das, was die meisten irrtümlicherweise annehmen: Immunität. Die zweite 50er-Gruppe zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die meisten mit “dem schlechten Material“ geimpft wurden, Jansen und Astra. Die Ansteckungszahlen sind höher denn je, doch sterben deutlich weniger Personen an Covid.

Kurz vor Ferienbeginn sind ca. 400 Schulklassen in Quarantäne, Tausende von Kindern werden wegen Verdacht getestet, bevorstehende Familienfeste lassen ein verheerendes Panorama zum Jahreswechsel erahnen. Niemand traut sich über die Tatsache zu sprechen, dass Navarra und Euskadi mit Abstand an der Spitze der von Covid betroffenen Regionen des spanischen Staates stehen: Nafarroa Inzidenz 1300, Euskadi 1200, im Vergleich Andalusien 300 – im Norden werden eben die besten Fiestas gefeiert!

AUFRÜSTUNG

In Navarra und Euskadi wurden über Nacht mehr als 1000.000 Polizisten eingestellt – diese Aussage ist keine Übertreibung, sondern die Interpretation der in der Gastronomie Beschäftigten. Es geht um den Covid-Pass in allen Lebenslagen. In Discos kontrollieren die ewigen Türsteher, in zehntausenden von Kneipen soll die Bedienung mit Polizeifunktion verbunden werden, ein Wahnsinn, der nur mit erneuter Schließung der Gastronomie zu überbieten ist. Erneut der schwarze Peter, wo er nicht hingehört. Während in Kneipen also die Kontrolle auf die Spitze getrieben wird, drängen sich ungezählte Massen durch Einkaufsstraßen und Kaufläden: kein Durchkommen, beklagen sich die Beteiligten. Nicht einmal bei den Kontroll-Fetischisten der PNV ist man sich einig: die von der Regierung ausgegebene Parole, öffentliche Massen-Veranstaltungen zu vermeiden, wird nicht einheitlich befolgt, Bilbao verbietet der Drei-Königs-Umzug, Donostia und Gasteiz halten daran fest. In der Industrie läuft ohnehin alles “normal“ und ohne Einschränkungen. Frohe Weihnachten auch!

UND SONST … Die baskische Regierung empfiehlt dringend, familiäre Weihnachtsfeiern auf 10 Personen zu begrenzen – also ob Empfehlungen jemals geholfen hätten. Neben dem umstrittenen Covid-Pass soll eine allgemeine Maskenpflicht auf der Straße helfen, die erneute Krise zu bewältigen.

(2021-12-17)

SEIN ODER NICHT SEIN IN COVID-ZEITEN

Nach dem Spaziergang in den Bergen gingen wir spontan in ein bekanntes Restaurant zum Mittagessen. Nicht geplant, aber unverhofft kommt oft. Wir warteten anständig an der Tür zum Speiseraum, bis wir einen Tisch zugewiesen bekamen und setzten uns. Erst als die Tischdecke ausgebreitet wurde und wir die erste Bestellung gemacht hatten, fiel mir ein: heute war der erste Tag der Covid-Pass-Pflicht, der ab sofort nicht nur für das Massen- und Nachtleben galt, sondern beinahe für alle Aktionen des täglichen Lebens. Auch für Mittagessen in der Kneipe.

kolu32c17Spontan wie der Essensgang war, hatten wir selbstverständlich nicht an “die Papiere“ gedacht, vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon aufstehen und das Lokal wieder verlassen. Doch niemand wollte gar nichts sehen außer guter Laune. Also mal wieder “die baskische Art“ mit komplizierten Umständen pragmatisch umzugehen, dachte ich. Nach dem ersten Menüteller kam die Chefin in den Saal und fragte mit halblauter Stimme: “Hier haben alle einen Covid-Pass …“. Das heißt, eigentlich fragte sie nicht, sondern traf eine Feststellung. Dennoch erhielt sie ein undeutliches Geräusch zwischen Gemurmel und vollem Mund zur Antwort, was ihren 5-Sekunden-Auftritt schnell beendete. Der Formalität genüge getan. Eine Mundmaske trug in diesem Moment niemand, der Abstand zwischen den Tischen (und Gästen) war den Normen entsprechend groß, es wurde weder getanzt noch geraucht oder viel bewegt (außer der Kellnerin). Wie sollte hier, bitteschön, eine Virus-Verbreitung stattfinden – selbst wenn eine der Anwesenden einen solchen mitgebracht hätte!

DIE UNERWARTETE WELLE

Wir stehen am Anfang zum x-ten Kapitel des Managements einer Pandemie, die die Welt bedroht. Nach zwei Jahren unzureichender oder übertriebener Maßnahmen stehen wir wieder in der berüchtigten “Badstraße“, um das hindernisreiche Spiel neu zu beginnen.

Bei den Tagesnachrichten höre ich, dass es seit Pandemie-Beginn nie zuvor so viele Neuansteckungen pro Tag gab wie heute. Der Inzidenzwert für die Region liegt bei über 1.000, wo er doch besser bei 50 liegen sollte. Die Gesundheits-Apostelin der Regierung sagt trocken, wie seien noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt: Heute stehen wir am Abgrund, morgen sind wir einen Schritt weiter. Großfeste werden abgesagt. Weil Familienfeiern nicht verboten werden können (außer durch Lockdown), wird bis zum Erbrechen appelliert an die Vernunft der Feierwilligen und Familien, sich doch bitte nur mit wenigen an den Weihnachts-Tisch zu setzen. Eine junge Frau sagt ins TV-Mikro, dass alle zur Weihnachtsfeier Eingeladenen vorher einen Antigentest machen, “um sicher zu sein“. Aber Fest ist Fest und Familie ist Familie. Die Interviews werden in der Innenstadt gemacht, wo sich Leute jeden Tag zwei Tests leisten können, ohne am Hungertuch zu nagen. In den Armenvierteln machen ohnehin alle, was sie wollen. Sollen sie doch! Die Pandemie hat schließlich auch eine darwinistische Komponente.

Bis Mitte Januar, wird im Baskenland erwartet, werden zwei Drittel aller Ansteckungen (eine konkrete Zahl sagt niemand) zu der schnell-übertragbaren Omikron-Variante gehören. Doch bis dahin sollen – als gesundheitspolitischer Gegenschlag – schon alle Kinder zwischen zwölf und fünf eine erste Dosis Wundermittel gespritzt bekommen haben. Kinder an die Front – das letzte Aufgebot! Ohne jeglichen aggressiven Ton wird eine Antihaltung geschürt gegen jene, die Bedenken haben und den Arm nicht hinhalten wollen: sich impfen zu lassen ist eine solidarische Aktion, die schließlich allen zu Gute kommt.

UND SONST … Der neue Bischof von Bilbao hat dem Papst vorgeschlagen, im April 2022, aus Anlass des 85. Jahrestages der Vernichtung Gernikas durch die Nazis, im vatikanischen Garten einen Sprössling der baskischen Eiche zu pflanzen, die seit Jahrhunderten in Gernika steht. Als Zeichen des … Weltfriedens, sagen wir mal.

(2021-12-08)

LASSET DIE KINDLEIN ZU MIR KOMMEN!

Dieser biblische Spruch bekommt völlig neue Bedeutung, nachdem immer mehr Regierungen beschließen, nun auch Kinder von 5 bis 12 Jahren mit Impfstoffen gegen Coronavirus glücklich und resistent zu machen. Die Stoffe werden dieselben sein wie die für Erwachsene, nur die Dosis wird geringer. Ab 15. Dezember sind auch baskische Kinder an der Reihe und niemand weiß, ob die Eltern viel nach Zustimmung gefragt werden. Die Zahlen sind klar: wenn mehr als 90% der Eltern sich haben impfen lassen, wird die Quote unter den Kindern in ähnlicher Größenordnung liegen. Was aber wird mit den verbleibenden 10%? Warum lässt du deine Kinder nicht impfen, wo sie doch alle täglich in der Schule zusammen sind! Der Druck wird größer, nicht nur von oben, auch von unten.

kolu32c08Denn längst ist nicht mehr von Herdenimmunität die Rede, das Limit war von 70 auf 80% Geimpften erweitert worden. Nun sind es 90% und das Schweigen über die geplatzte Illusion (oder gezielte Beschwichtigungs-Lüge) ist peinlich. Die Pandemie geht weiter ihren pandemischen Gang. Weil es keinen Weg zurück zum Einschluss geben soll-darf, werden neue Methoden ausprobiert: allen voran der Covid-Pass, dem bereits im Voraus Wirkungslosigkeit bescheinigt wird. Dass er nicht ganz ohne Folgen bleiben kann, zeigen Zahlen aus Euskadi. Hier hat die Zahl der Impfwilligen zugenommen unter jenen, die vorher Vorbehalte hatten. Diese Tatsache enthält zwei Interpretationen. Erstens sind im Baskenland lange nicht alle Impf-Zweifler*innen Negationist*innen (schon gar keine Ultrarechten, eher schon Esotheriker). Zweitens stellt die Gefahr, ein Weihnachtsessen mit der Familie im gewohnten Restaurant zu verlieren, oder sich nicht am Betriebsessen beteiligen zu können (das womöglich der Chef bezahlt), eine dermaßen große Drucksituation dar, dass die Bereitschaft, den Arm doch noch hinzuhalten, deutlich wächst.

In Gipuzkoa ist die Zahl der Covid-Ansteckungen so hoch wie nie in der Pandemie (Frankreich-Tourismus), in Araba ähnlich, in Bizkaia etwas weniger. Eine enorme Anzahl von Orten sind wegen ihrer hohen Inzidenz (mehr als 500 Fälle pro 100.000 Personen in zwei Wochen) im roten Bereich (auch wenn niemand weiß, was das bedeutet, denn das Leben mit Maske und Ausweis geht “normal“ weiter). Orte wie Zarautz (Tourismus) oder Urretxu liegen bei Inzidenz 2.000. In den Gesundheitszentren wurde ebenfalls wieder Alarm ausgerufen, nur noch harte und verdächtige Fälle werden behandelt, nicht-dringende Operationen abgesagt, das Publikum mit ordinären Allerwelts-Beschwerden soll bitteschön zu Hause bleiben und sich im Internet Abhilfe suchen. Das zusammengekürzte System kommt schon wieder an seine Grenzen.

Bis Ende Januar 2022 sollen 140.000 Schüler*innen in Euskadi mit Pfizer geimpft sein, die versprochene Wirksamkeit liegt bei 90%. Kinder sind die Bauernopfer, um die nahestehenden Erwachsenen zu schützen. Denn sie selbst entwickeln keine dramatischen Covid-Verläufe, sind aber als Überträger*innen berüchtigt. Also: Lasset die Kindlein zu mir kommen –ist es nicht zynisch zu fragen, wie sich die nach wie vor unbekannten Impfstoffe mittel- und langfristig auf Kinder auswirken? (OLATZ)

UND SONST … Stürme, Regefälle und Überschwemmungen halten an. Ein norwegischer Kreuzfahrer sucht Sturmasyl in Getxo. Der ungeliebte Ultra-Bischof von Donostia wird nach Alicante deportiert, die Gläubigen atmen auf. Athletic schießt weiter keine Tore.

(2021-12-06)

DIE VORLÄUFIGE ENDLÖSUNG

kolu32c06Nachdem die Impfungen versagt haben und der Herdentrieb … was sag ich … die Herden-Immunität eine Illusion war und auch sonst von Maske bis Lockdown nichts gefruchtet hat, haben wir in Euskadi endlich die Lösung zur Bekämpfung der chinesisch-südafrikanischen Pandemie: den Covid-Pass. Alle sind glücklich, weil fortan die Gesunden, Geimpften und Geheilten unter sich bleiben dürfen und sich nicht mehr mit Überträgerinnen plagen müssen. Ob in der Disco oder im Groß-Restaurant, der Zauberpass schafft Zugang und das Leben ist wieder, wie es einstmals war. 90% der baskischen Bevölkerung sind glücklich, so viele haben die Spritzerei hinter sich gebracht, die andern 10%, keine Ahnung.

Unser baskischer Regierungschef hat angekündigt, sich in Europa umzuschauen, was man von andern noch lernen kann im Umgang mit dem Killervirus, vielleicht keine gute Idee, weil anderswo noch mehr Fehler gemacht wurden. Derweil spricht sich herum, dass die gefürchtete Mandela-Variante doch nicht so schlimm sein soll, im Gegenteil: sehr ansteckend, aber mit sanftem Verlauf. So gewöhnen wir uns am Ende noch an die kronenförmigen Tierchen. In Zeiten von Amazon, Telepizza und Globo ist es durchaus denkbar, dass die Ungeimpften und Infizierten zu Hause bleiben können (und müssen), schließlich hat der Kapitalismus die Bedingungen geschaffen, das Leben auch von zu Hause aus in die Hand zu nehmen. Sogar gearbeitet werden kann von hier aus.

UND SONST … Osakidetza, die baskische Gesundheitsbehörde, hat schon mal vorsorglich Genehmigungen für Weihnachtsurlaub rückgängig gemacht, um das System aufrechtzuhalten, wenn es zum erneuten Corona-Kollaps kommt.

(2021-12-03)

INTERNATIONALER TAG X

Jeder Tag ist ein Internationaler Tag von, für oder gegen … denn an alles, was schlecht ist, in Gefahr, vom Verschwinden bedroht oder ganz besonders erhaltenswert soll wenigstens ein Mal im Jahr erinnert werden. Politiker strengen sich dann ganz besonders an, bauen sich neben dem entsprechenden Plakat auf und halten Minireden mit Bezug auf das ominöse Tagesthema. Die Bandbreite ist groß: vom Internationalen Tag für die Menschenrechte, bis zum Internationalen Tag zur Abschaffung der Sklaverei, um zwei Beispiele zu nennen. DA kann die baskische Sprache, das Euskara, als bedrohtes Kultur-Objekt natürlich nicht fehlen.

kolu32c03Heute, wie an jedem dritten Dezember, ist der Internationale Tag der baskischen Sprache. In Madrid sicherlich nicht, auch nicht in Vigo oder Alicante, aber ganz sicher in Urretxu, Betelu und Bolibar. Denn das Euskara ist nach wie vor bedroht. Nicht vom Verschwinden, wie vor 45 Jahren, nach einer langen Verbots-Etappe während der faschistischen Diktatur. Manches hat sich seither verbessert, aber dennoch kommt die Sprache nicht aus den Startlöchern. Immer mehr Personen sind es, die Baskisch verstehen und sprechen könnten, doch der Konjunktiv deutet bereits an, dass zwischen Anspruch und Realität eine Kluft besteht.

Die baskische Gesellschaft ist davon geprägt, dass viel und ständig geredet wird, fast wie eine Sucht, immer gibt es etwas zu besprechen und wenn es drei Mal dasselbe ist am Tag. Welche Masken denn die besten wären, warum Athletic zum dritten Mal nicht gewonnen hat und warum die Nachbarin ihr Fenster offen gelassen hat – vorwärts, rückwärts, rauf und runter. Das geht nicht in einer Sprache, die man erst später gelernt hat, die frau nicht perfekt beherrscht. Automatisch der Rückgriff auf die andere, die dominierende, die ohne es zu wollen alle können: Spanisch.

Deshalb ist am 3. Dezember 2021 – dem Tag des dritten Pandemie-Notstands, an dem ein Covid-Pass für das Nachtleben, den Fitnessraum und Restaurants verkündet wurde – der Internationale Tag des Euskara. So wollten es 1995 die baskische Regierung und Euskaltzaindia, die Akademie der baskischen Sprache. Deshalb werden heute Preise vergeben für die schönste Poesie in Euskara, die beste Übersetzung ins Baskische, vorgestellt wird das Programm “Uler-Saioak“, das verspricht, die Sprache in 60 Stunden zu lernen. Doch schon der Titel desillusioniert: Versteh-Versuche … die Teilnehmerin aus einem Pilotprojekt erzählt glücklich (und auf Spanisch), dass sie nach dem Kurs zumindest verstehen kann, um was es in einer Unterhaltung geht. Ganz toll! Ansonsten hat sich die Dame also für Schweigen entschieden.

Es handelt sich um eine Migrantin aus Lateinamerika – Migration ist ein wunder Punkt in der Euskara-Kultur. Erwachsene müssen nämlich für das Lernen in Euskaltegis (Ort des Baskischen) bezahlen, und zwar nicht wenig. Wer sollte das von einer Afrikanerin erwarten, die mit dem Boot über das Meer kam und sich schlecht und recht mit Hilfsjobs durchschlägt. Euskara ist für die zahlungskräftige “Elite“. Zudem musste die Afrikanerin auf ihrem Weg noch andere Sprachen lernen, Spanisch – das war bei der Latina nicht der Fall. Sie tut sich eben schwer, zu verstehen, dass sie nicht in Spanien gelandet ist, sondern in Euskal Herria, von Landsleuten wurde ihr empfohlen, ihre Kinder zu einer A-Modell-Schule zu schicken, wo Baskisch zwar marginal unterrichtet, aber nicht wirklich gelernt wird.

Geklagt wird seit Jahren, das Problem sei nicht die Kenntnis der Sprache, sondern ihre Anwendung. Ein altbekanntes Bild. Zwei Euskara-Muttersprachler unterhalten sich über Fußball, auf Spanisch. Oder: Am Eingang einer großen Gewerkschaft hängt ein großes Plakat, das darauf hinweist, dass hier Baskische gesprochen wird – die Praxis auf den Fluren deutet in eine andere Richtung. “Eine Sprache geht nicht verloren, weil sie von denen, die sie nicht können, nicht gelernt wird; sie geht verloren, weil jene, die sie können, sie nicht sprechen“, sagte einst Joxean Artze, Literat und bekannter Euskara-Förderer. Hizkuntza bat ez da galtzen ez dakitenek ikasten ez dutelako, dakitenek hitz egiten ez dutelako baizik.

UND SONST … Mit ihrer Zustimmung zum Staatshaushalt hat sich die PNV die Option erkauft, zwei unterirdische Bahnhöfe für den Schnellzug zu bauen und damit Bauland an der Oberfläche freizumachen. Jede LKW -Ladung Zement ist bares Geld.

(2021-12-01)

NOTSTAND, VERLÄNGERUNG

Einmal mehr kann die baskische Regierung verlassen als auf die spanische Justiz. Der Oberste Gerichtshof Baskenland hatte einen Covid-Pass abgelehnt, wie er von der Regional-Regierung ins Auge gefasst worden war, weil er die persönlichen Freiheiten in unangemessenem Rahmen einschränkt (obwohl entsprechende Gericht in Navarra sah dieses Problem, in jeder autonomen Region wurde anders entschieden). Gegen die baskische Entscheidung ging die baskische Regierung vor das spanische Oberste Gericht (Supremo) und bekam Recht. In diesem Staat entscheiden schon lange nicht mehr Politiker*innen und schon gar nicht das kompetente Gesundheits-Personal. Hier entscheiden gesundheitspolitisch inkompetente Richter, nach welchen Kriterien auch immer.

kolu32c01Die Regierung in Gasteiz wird die Gelegenheit wahrnehmen und so schnell es geht wieder den Notfall-Zustand ausrufen und den umstrittenen Pass einführen, von dem Expert*innen abraten, weil er die Probleme nicht löst. Das etwas geschehen werden muss, steht außer Frage. Denn die Zahlen steigen zunehmend, die Variante Omikron droht angeblich (ohne genauere Angaben). In Euskadi ist das Virus nach längerer Abwesenheit wieder in die Altersheime einmarschiert und die Schulen sind schwer angeschlagen. Längst ist klar, dass die Impfung keinerlei Schutz gegen Ansteckung bietet, im besten Fall für einen einfacheren Krankheitsverlauf im Covid-Fall sorgt. Doch aus diesen Schlussfolgerungen werden keine Konsequenzen gezogen.

Ein Blick auf die Corona-Hotspots (Orte mit besonders vielen Ansteckungen), lässt keinerlei Zweifel über den Ursprung zu: Tourismus. Warum sollte in Euskadi gerade Gipuzkoa stärker betroffen sein? Wegen der Nähe zu Frankreich und den Zehntausenden, die im Sommer über die Grenze strömten, um hier Freiheiten zu genießen, die sie zu Hause nicht hatten. Weitere Beispiele: Mallorca steht an der Spitze der Ansteckungen, danach das Ferienparadies Katalonien, auch Navarra, ebenfalls französisches Grenzgebiet. Oder wie wäre es mit dem Mittelmeer-Hotspot Benidorm, wo sich Bask*innen und Engländer*innen zu Zehntausenden treffen und “austauschen“. Es war und ist immer dasselbe Übel: um irgendeine Kauf- oder Urlaubs-Saison zu retten, werden ein oder gleich zwei Augen zugedrückt. Wie anders wäre es zu erklären, dass Portugal in der aktuellen Notsituation auf Empfehlungen an die Bevölkerung zurückgreift und für Anfang Januar (in fünf Wochen!) einen leichten Lockdown beabsichtigt.

Problem sind weder die Geimpften generell, noch die Ungeimpften, die sich vorsichtig bewegen. Das Problem sind die Geimpften, die die Sau rauslassen, weil sie meinen, es könnte ihnen nichts mehr passieren; und die ungeimpften Negationisten, die ebenfalls auf Vorsichtsmaßnahmen pfeifen (lange nicht alle Impfgegner*innen sind Negationisten). Das Panorama ist kompliziert, jede repressive oder selektive Maßnahme (Verbote, Ausweise) trifft alle gleich und erhöht die Notwendigkeit von polizeilicher Kontrolle.

In den Medien wird behauptet, die Mehrheit der Covid-Einlieferungen in die Krankenhäuser seien Nichtgeimpfte – Zahlen werden nicht beigefügt, es könnte sich also auch um eine Zwecklüge handeln. Aus Katalonien wird gemeldet, eine größere Anzahl bisher Unwilliger habe sich zur Impfung angemeldet, um Weihnachten (mit Covid-Pass) ordentlich feiern zu können, so wird der Ausweis zur 007-Lizenz.

Eine beträchtliche Anzahl von Personen und Gruppen spielt im Namen aller mit dem Feuer: Angefangen bei Disko- oder Konzert-Besucherinnen, Großunternehmen, Touristinnen, Negationistinnen – alles muss im großen Rahmen stattfinden! Sicher auch die Familientreffen an Weihnachten, wer erinnert sich noch, dass die Weihnachtsprotzerei vor 12 Monaten für die Covid-Welle im Januar verantwortlich war (auch ohne internationalen Tourismus). Nur in einem sind sich alle einig: die Situation ist schlimmer denn je. Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir einen Schritt weiter! (OLATZ)

UND SONST … Aita Mari, der umgebaute Thunfisch-Kutter schippert weiter durch das Mittelmeer, um zur Unbill der Anlieger-Regierungen mehr Schiffs-Migrantinnen zu retten. Ein Dokumentarfilm erzählt die Geschichte. (VIDEO)

(2021-11-30)

OMIKRON VERSTEHEN

Alle reden von neuen Varianten, niemand versteht was. Der Schlüssel zum Verständnis von Omikron: Alles, was wir über die neue Variante des Virus wissen. – Es machte den Eindruck, als könnten wir die Pandemie langsam abhaken, aber das Coronavirus ist wieder in den Schlagzeilen. Eine neue Variante mit dem Namen Omikron (in Südafrika entdeckt) hat erneut Grenzschließungen, den Einbruch der Finanzmärkte und Besorgnis von Regierungen ausgelöst.

kolu32b30Erinnern Sie sich, was die Varianten des Coronavirus waren?

So wie wir Menschen eine DNA haben, hat auch das Coronavirus genetisches Material. Im Falle des Virus wird sie RNA genannt. Dieses genetische Material ist die "Gebrauchsanweisung" für das Virus, sich zu vermehren. Die RNA des Coronavirus besteht aus 30.000 Buchstaben. Es beginnt mit ... xcvbgnm ... und so weiter, bis die 30.000 Buchstaben vollständig sind. Bei der Vermehrung macht das Virus manchmal Fehler und tauscht einen Buchstaben gegen einen anderen aus. Wenn zum Beispiel der Buchstabe "g" in den Buchstaben "u" umgewandelt wird. Die anderen 29.999 Buchstaben bleiben gleich, es gibt nur einen kleinen Unterschied. Dies nennt man eine Mutation. Das neue Virus mit dieser Mutation wird sich von dem alten Virus ein klein wenig unterscheiden. Mutationen können sich häufen, und es entstehen "Stämme" des Virus, die sich um mehr als nur einen Buchstaben vom ursprünglichen Virus unterscheiden.

Wie viele Mutationen weist die Omicron-Variante auf?

Omikron weist mehr als 50 Mutationen auf, von denen sich 32 in der Spike-Region des Virus befinden.

Warum sind Mutationen im "Rückgrat" des Virus ein Problem?

Mutationen im "Rückgrat" des Virus sind vor allem aus zwei Gründen besorgniserregend: 1) Das Rückgrat ist die "Kralle", mit der das Virus in unsere Zellen eindringt. Wenn die Mutationen diese Klaue effizienter machen, dann könnte die neue Variante ansteckender sein. 2) Das Rückgrat ist der "Brocken" des Virus, der in Impfstoffen verwendet wird. Wenn sich das Rückgrat der neuen Variante stark vom Rückgrat des ursprünglichen Virus unterscheidet, verlieren die Impfstoffe ihre Wirksamkeit.

Wann wurde Omikron erstmals entdeckt?

Diese neue Variante wurde erstmals am Dienstag, dem 23. November 2021, in Südafrika entdeckt.

Ist sie ansteckender als andere Varianten?

Das wissen wir noch nicht mit Sicherheit. Der rasche Anstieg der Fälle in Südafrika in der letzten Woche könnte darauf hindeuten, dass diese Variante übertragbarer ist. Es wird aber noch ein paar Wochen dauern, um genau festzustellen, wie ansteckend sie ist.

Funktionieren die Impfstoffe auch bei dieser Variante?

Wir haben noch kein Maß für die Wirksamkeit von Impfstoffen gegen diese Variante. Bei anderen Varianten haben sich die Impfstoffe als wirksam erwiesen, auch wenn ihre Wirksamkeit um einige Punkte abnimmt.

In welchen Ländern wurde die Variante entdeckt?

Die meisten Fälle wurden in Südafrika, Botswana und Hongkong festgestellt. Andere Länder wie das Vereinigte Königreich, Israel und Belgien haben ebenfalls Fälle gemeldet. (PUBLICO)

UND SONST … wird kein Rückgriff auf bekannte repressive Maßnahmen zu Einschränkung der Bewegungsfreiheit ausgeschlossen. Weder Zwangsimpfung, noch Impfpass noch Lockdown.

(2021-11-27)

MEIN ELFTES DÉJÀ VU

kolu32b2721 Monate Pandemie haben uns mehrfach vor unbekannte Situationen gestellt, Anstrengung, Flexibilität und neue Perspektiven der Betrachtung waren erforderlich. Als im Juli 2021 in vielen Ländern die Parole “Entspannung“ ausgegeben und die Restriktionen gelockert wurden, setzte sich die Hoffnung durch, das Schlimmste sei überwunden. Den einen blieben Zweifel wegen der Geschwindigkeit der “Normalisierung“, die andern gaben sich dem “alten Leben“ mit aller Gier und Exzess hin. Heute, Ende November, können wir feststellen, dass das Fell des Bären verkauft wurde, bevor der Bär erlegt war. Es ist nicht nur ein “Déjà vu“, das uns nun heimsucht, es ist deutlich mehr. Was in Mitteleuropa passiert, ist nicht nur der Schritt zurück zum Anfang (“Gehen Sie zurück nach der Badstraße“) – schlimmer. Wenn nun ein neuer Lockdown (Einschluss) vor der Tür steht, bedeutet das nicht mehr und nicht weniger, dass alle bisherigen Strategien zur Pandemie-Bekämpfung fehlgeschlagen sind. Bankrott, pasa página, Totalversagen.

Ein neuer Lockdown steht im Baskenland (oder Spanien) nicht zur Debatte. Der Schritt zurück wäre zu groß, nach so viel Zweckoptimismus im (tourismus-rettenden) Sommer. Dagegen wird die Karte mit dem Impfpass gezogen. Obwohl nirgendwo so viele Personen den Impfempfehlungen nachgekommen sind. Nun sollen die Ungeimpften schuld sein – absurd. 75% sollten ausreichen für die sog. Herden-Immunität – eine dumme Zwecklüge mehr. Doch nicht die Politik entscheidet über den Covid-Pass, sondern die Justiz. Die Justiz? Die hat in Navarra den Ausweis als angemessene Maßnahme genehmigt, obwohl Grundrechte eingeschränkt werden. In Euskadi hingegen nicht. Das soll jemand verstehen. Ein Kapitel mehr im Labyrinth der verwirrenden Maßnahmen gegen die tödliche Bedrohung.

Was bleibt? Wieder die Kneipen schließen? Auf die göttliche Maske setzen? Mit DDT-Kleinflugzeugen aus der Luft impfen? Jeden Tag eine neue Schlagzeile: Negationisten, Variante Omicron – Euskadi in roten Zahlen, Hunderte von Schulklassen in Quarantäne. Die sollen nun ebenfalls gestochen werden. Trotz aller Klarheit, dass die Spritzen nicht nachhaltig sind. (OLATZ)

UND SONST … Regen, Schnee ab 400 Metern Höhe, Überschwemmungen stehen bevor. Tourismus bringt jede Covid-Variante an jeden Ort. Fiestas werden abgesagt, Weihnachten wird zum Alptraum.

(2021-11-22)

EIN POLITISCHER VOLLIDIOT

Pablo Casado (üs: Pablo Verheiratet) ist der Chef der spanischen Volkspartei Partido Popular. Trotz des Namens ist von Volk wenig zu spüren, vielmehr riecht es nach Verwesung und Neoliberalismus, weshalb die Organisation getrost als post-franquistisch bezeichnet werden darf. Pablo hat das schwierige Erbe von Aznar und Rajoy angetreten. Um beiden gerecht zu werden – dem Franquismus und dem demokratischen Unwesen – ist Pablo ständig mit Springen beschäftigt, von rechts nach ultrarechts und wieder zurück. Mit den ultra-Sprüngen sollen Wahlstimmen von Vox zurückgeholt werden, mit demokratisch rechts der Gonzalez-Flügel der Sozialdemokraten aufgeweicht werden.

kolu32b22Nun ist Pablo bei einem ganz besonderen Ultrasprung erwischt worden: er war bei einer Messe zum Todestag von Franco (20. November, für Nichteingeweihte). Eigentlich ganz logisch in Anbetracht der geschichtlichen Hypothek seiner Partei (Aznar war bei der Falange), aber eher peinlich, wenn es um den demokratischen Anschein geht. Noch peinlicher ist Pablos Ausrede: er habe nicht gewusst, dass die Messe für Franco gelesen wurde. Nicht zu fassen! Pablo hätte vor wenigen Tagen nur ein Blick in die Nachrichtenabteilung von Baskultur.Info werfen müssen, da stand klipp und klar, wo die braunen Messen stattfinden. Aber wer nicht lesen will kriegt die Rechnung präsentiert. “Ich wusste doch nicht, dass …“

Lassen wir die Kinderlügen doch bitte mal beiseite, Pablo. Du warst schließlich nicht allein bei der Messe, deine Bodyguards und Berater waren auch mit. Sollten die etwa ebenfalls nichts gewusst haben? Womöglich noch nicht einmal, dass Franco schon tot ist?! Öffentlich für Franco zu beten ist illegal, lieber Pablo. Das steht in den Memoria-Gesetzen – aber die willst du ja zu Fall bringen, wenn du an die Regierung kommst, damit die ganze Nation endlich wieder ungestraft für den Massenmörder beten kann! Sicher wolltest du uns einen kleinen Vorgeschmack liefern. Ist ja ganz okay so, aber die Sache mit dem Dementi … das hat uns doch ziemlich enttäuscht.

UND SONST … Die Stiftung Francisco Franco (staatlich anerkannt, gemeinnützig) hat dem Oppositionsführer Pablo Casado ausdrücklich für die Teilnahme an der Franco-Messe gedankt. Er sei zwar nicht eingeladen gewesen zum Gebet für einen beispielhaften Christen wie Francisco Franco Bahamonde …

(2021-11-14)

COVID-INZIDENZ IM VERGLEICH

kolu32x14Die neuen Covid-Zahlen verbreiten nicht gerade Optimismus. Unaufhörlicher Anstieg – eigentlich kennen wir das ja schon. Der Unterschied zu vorherigen Situationen: Wir befinden uns wieder in der “Normalität“, ohne Einschränkungen. In verschiedenen Ländern wurde schon wieder die Bewegungsfreiheit eingeschränkt, bzw. der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen an die Vorlage eines Covid-Ausweises gekoppelt. IM Baskenland wurden diese Zugangsbedingungen nie praktiziert, unter anderem, weil die Impfquote bei über 90% liegt.

Die Sieben-Tage-Inzidenz auf Mallorca ist mehr als fünfmal niedriger als in Deutschland. Während das spanische Gesundheitsministerium am Mittwochabend 45 Fälle auf 100.000 Einwohner meldete, waren es am Donnerstag in Deutschland 249. Was die spanischen Autonomieregionen angeht, so befinden sich die Balearen derzeit auf Rang fünf hinter Navarra (87), dem Baskenland (76), Aragonien (65) und La Rioja (49). Am niedrigsten ist die Inzidenz in Ceuta (1,2), Melilla (10,3) und Asturien (19,9). In Deutschland sieht die Corona-Lage in einigen Bundesländern dagegen verheerend aus: Sachsen ist mit der Zahl 521 Spitzenreiter, auf Rang 2 folgt Thüringen (469), Bayern (427) und Baden-Württemberg (316). (Mallorca-Magazin - OLATZ)

UND SONST … Das Klima wird weiter angeheizt, nicht zuletzt durch die lächerlichen Beschlüsse der K-Konferenz im schottischen Glasgow. Wer das Abschlussdokument liest, wird womöglich vergeblich das Wort Kapitalismus suchen. Die wirklich Verantwortlichen werden immer verschont.

(2021-11-10)

FROHE WEIHNACHTEN SCHON MAL!

Hier im Baskenland gibt es noch einfältige Geister, die meinen, endlich wieder ein “ganz normales Weihnachten“ feiern zu können, mit Massen-Buchmesse in Durango, einem wohltuenden Santo-Tomas-Besäufnis, Weihnachtsessen a la 2019 und und und. Dabei steigen die Covid-Zahlen wieder beträchtlich. Lange nicht so wie in Frankreich, Russland oder Deutschland (Bayern hat angeblich den Katastrophen-Zustand ausgerufen). Doch sie steigen. Zwar hat der spanische Staat eine Impfquote von mehr als 90% erreicht, aber … erstens geht die Wirkung der Wundermittel schon zur Neige und zweitens sind es derzeit die übrig gebliebenen 10%, die sich um die Krankenhausplätze rangeln: die nur zu 20% geimpften Jugendlichen zwischen 20 und 30, und Kleinen in der Schule.

Die Impfungen mögen etwas geholfen haben, der Pandemie ihre dramatische Dynamik zu nehmen, doch die Mystik des Allheilmittels ist längst verblasst. Ein Viertel der Neuinfizierten hatte die Stiche hinter sich (fühlte sich womöglich sicherer und wurde unvorsichtiger). Doch das Virus ist weiter gegenwärtig. Sogar in Glasgow bei der Klimakatastrophen-Konferenz wurde das Thema gestreift. Stichwort: Methan-Produktion. Gemeint ist die Fleischproduktion, die bekanntlich auch für die Entstehung des Virus verantwortlich war (bzw. die industrielle und rücksichtslose Art wie produziert wird). Doch wurde das Thema schnell wieder von Tisch gewischt, weil es zu wenig präsent ist in den Köpfen der meisten, und weil es nicht nur die weltweite Produktionsweise in Frage stellt, sondern auch eine wesentliche Basis der Ernährung der Weltbevölkerung.

kolu32b11Spätestens, nachdem wir hören mussten, dass Atomkraft nun als nachhaltig definiert werden soll, weil sie keine Abgase verursacht und mit ihrer Hilfe die Folgen der anderen Energie-Übel aufgefangen werden sollten, wissen wir definitiv, wie ernst die Verhandler*innen von Glasgow die bevorstehende Katastrophe wirklich nehmen. Wer soll sich da auch noch um Rinderfürze kümmern! Glasgow: Augenwischerei sagen die einen, Greenwashing die anderen, und die kleine Greta fügt ein vielsagendes Blabla hinzu. Gewichtige Argumente.

Aber lassen wir für einen Moment den Ernst beiseite und wenden uns dem zu, was uns angesichts des Untergangs noch vor Depression oder einem Suizid bewahrt: die abendliche Unterhaltung. Zuletzt wurde ich von einer meiner Lieblings-Serien – Law and Order, keine ist so einfühlsam wie Olivia – überrascht. Die Darstellerinnen wirkten etwas gealtert, mehr Falten um die Münder, Ice-T mit gefärbten Haaren. Doch der Hit war, dass sie alle Mundmasken trugen, wie im richtigen Pandemie-Leben. Ich stürzte mich sofort ins Internet, um mich zur virtuellen Wahrheit durchzugoogeln. Tatsächlich, 2011 wurde die Produktion eingestellt und 2020 wieder aufgenommen, just im entscheidenden Moment. So wird die empathische Olivia noch realistischer und publikumsnäher. Übrigens: wusstest du, dass sie die Tochter ist von Jayne Mansfield? Nur so nebenbei, es gibt ja noch ein Leben außerhalb der Pandemie. OLATZ

UND SONST … wurde heute vor x Jahren ein Stadtrat aus Navarra von der Polizei erschossen, zwei Unternehmer von ETA entführt, Arafat in Paris womöglich vergiftet, ein junger Antifa in Madrid ermordet und die Illegalisierung der baskischen Linken in Straßburg bestätigt.

(2021-10-24)

EUSKADI AN DER COVID-SPITZE

Euskadi ist die Region im spanischen Staat, in der die Covid-Inzidenz innerhalb von 14 Tagen am stärksten zugenommen hat, auf die Ziffer von 69, wie das spanische Gesundheitsministerium am Freitag mitteilte. Betroffen sind insbesondere Kinder unter 12 Jahren. Eine weitere Tatsache erregt Besorgnis: Kinder unter 12, die nicht geimpft sind, führen generell die höchste Infektionsrate im Staat an, in Euskadi (111,6) und Navarra (106,4) gibt es die meisten infizierten Kinder.

kolu32a24Was die Gesamtdaten betrifft, so ist die Inzidenz in Spanien erneut gestiegen, und zwar um 1,2 Punkte auf 44,4 pro 100.000 Einwohner, nachdem 2.556 Neuinfektionen gemeldet wurden, zwar in einer Woche, in der die Zahl der Infektionen schwankte. Aus den Daten des Gesundheits-Ministeriums geht hervor, dass heute 728 Infektionen mehr aufgetreten sind als gestern, als 1.828 registriert wurden, wodurch sich die Gesamtzahl der bestätigten PCR-Fälle im Staat seit Beginn der Pandemie auf 4.997.732 erhöht hat. Gestern Tag starben 30 Personen, zehn mehr als am Vortag, die Zahl der durch die Pandemie verursachten Todesfälle ist auf 87.132 gestiegen.

Die Inzidenz stieg am deutlichsten in Euskadi, wo sie in den letzten 14 Tagen um fünf Prozentpunkte auf 69,2 Fälle pro 100.000 Einwohner*innen kam. Asturien, das als erste Region am 20. September weniger als 25 Fälle erreicht hatte, ist mit einer Inzidenz von 24,9 Punkten kurz davor, die “Normalität“ wieder zu verlassen. Es ist auch die Region mit dem höchsten Prozentsatz an geimpften Menschen in Spanien, 85% der Bevölkerung sind geimpft. Der Druck auf den Intensivstationen hat sich in den letzten Tagen kaum verändert.

UND SONST … 25.000 Personen demonstrieren in Donostia für eine Änderung der Strafvollzugs-Politik in Spanien und für die reguläre Entlassung von ETA-Gefangenen. * Die Covid-Variante Delta Plus kommt in Katalonien an und bedroht Euskadi.

(2021-10-23)

SECHSTE WELLE IM ANMARSCH

Noch vor einer Woche wurde im Baskenland Bilanz gezogen über die Vergangenheit der Pandemie. In der WHO wurden Überlegungen angestellt, der Pandemie den Titel zu entziehen und sie zur Epidemie zurückzustufen. Doch bekanntlich ist Eile eine schlechte Beraterin. Die erste “schlechte Nachricht“ wurde in diesem optimistischen Panorama noch heruntergespielt, im Krankenhaus Bilbao-Basurto wurde ein neuer Infektionsherd ausgemacht, “nur“ 15 bis 20 Personen. Doch folgten dem “Business as usual” weitere “bad news”: die Inzidenz stieg von 40 auf 70, der Reproduktionsfaktor auf eins Komma fünf. Aus der Basurto-Anekdote wurde eine Tsunami-Gefahr. Dazu hat die Nachricht aus Britannien beigetragen, dass dort bereists 100.000 von einer neuen Variante – Delta Plus – betroffen sind, wie immer ansteckender als alle vorherigen. Der Stolz, als erstes Reich mit der Spritzerei begonnen zu haben, mischt sich nun mit der bitteren Erkenntnis, dass die Wirkung hier zuerst wieder nachlässt. Der Terminus von der “sechsten Welle” wird in den Medien ohne Umschweife ins Spiel gebracht, mit dem Zusatz “muss verhindert werden” – falls das Kind nicht schon in den Brunnen gefallen ist.

kolu32a23Denn der wieder angeheizte Massentourismus garantiert – wie bereits mehrfach erlebt – eine ordentliche Verbreitung der Schadstoffe von woher auch immer. Stichwort Benidorm: Ferienlager und Altersitz für Baskinnen, Deutsche und Britinnen. Dort wird die heiße Virus-Ware erneut verteilt, so heutige Presseberichte. Da hilft auch nicht die Rekord-Impfquote von 91%, die im spanischen Staat erzielt wurde. Denn der Impfschutz stellt sich immer mehr als relativ heraus. Bei den mit Janssen (einfach) Geimpften muss “nachgelegt“ werden, weil sich der Schutz bereits verflüchtigt hat. Die Pharmaindustrie wird sich die Hände reiben angesichts dieser Profitaussichten, die Konkurrenz steht in den Startlöchern. Benidorm – Euskadi, der Weg ist kurz, angesichts der zu Hunderten dort vertretenen baskischen Rentner*innen.

Sechste Welle also. Heutige Tagesnachricht: der kleine Ort Urnieta in Gipuzkoa ist wieder im roten Bereich, sprich Inzidenz 500. Im Baskenland nicht erwartet werden Touristen aus Bulgarien und Russland, auch dort multiplizieren sich die Ansteckungen wieder. Im Land der Zaren endete die Impfquote bei 31%, kein Vertrauen in die staatliche Gesundheitsversorgung. Trotz gegenteiliger Quote in Euskadi sticht die Zahl der im baskischen Gesundheitsbereich Tätigen ins Auge, die die Impfung verweigert haben: immerhin 1.500 in diesem kleinen Land. Es ist davon auszugehen, dass sie besser informiert sind als die Normalsterblichen, was die Entwicklung und Nebenwirkungen der Spritzen betrifft. Verweigerung mit vollem Recht.

UND SONST … In Tafalla (Nafarroa) fand das erste Stiertreiben (encierro) seit zwei Jahren bei den wiedererweckten Fiestas statt, dazu kamen junge Macho-Männer aus dem halben Staat, die unter schweren Entzugserscheinungen litten.

(2021-10-07)

FRAGWÜRDIGE FREIHEITEN

Hurra! Wir dürfen wieder! Der Coronavirus-Krisenstab in Euskadi hat heute beschlossen, dass alle wegen der Pandemie beschlossenen Restriktionen aufgehoben werden, mit Ausnahme der Maskenpflicht in geschlossenen Räumen. Endlich dürfen wir wieder – fast alles! Wieder auf der Straße trinken, wieder an der Theke stehen und mit der Wirtin quatschen, Zeitung lesen oder Fußball schauen. Das Stadion darf sich wieder füllen, ebenso die Diskotheken und Bibliotheken, nur eben mit Masken. Die Ruheständlerinnen dürfen wieder Familienbesuch einbestellen und sich auf den Rundgang durchs Quartier machen. Wir dürfen uns auch weiterhin anstecken, wenn wir unbedingt wollen. Die Quote liegt zwar so niedrig wie seit 19 Monaten nicht, 49 auf 100.000 in zwei Wochen, aber 2.500 Fälle sind keine Kleinigkeit, auch wenn sie für den ganzen Staat gelten.

kolu32a07Die WHO diskutiert noch, ob die ansteckenden Tierchen weiter den Namen Pandemie verdienen oder nun Epidemie genannt werden müssen – hier hat alles sein Recht auf korrekte Bezeichnung. Pünktlich mit der Entwarnung kommen die Festankündigungen aus den Schubladen: das Sidra-Fest in Bilbao (Santo Tomas) wurde umgehend freigegeben. Das erste große Massenbesäufnis ist somit unter Dach und Fach, seine Dimension wird als uneinholbar in die Geschichte eingehen. Hunderttausende von Litern des Apfelweins werden die Sinne erheitern und verwirren, gegossen aus Tausenden von Tonnen von Glas. Hunderttausende von Plastikbechern werden nach zwei Jahren endlich wieder einmal ins Meer gespült und könnten mit den Meeresströmungen Mitte 2023 an jenem schwimmenden Plastikkontinent im Atlantik ankommen, der zu einem weiteren Todesstoß für die Meereswelt wurde.

Wer heute von Normalität oder Freiheit spricht, meint die des grenzenlosen Konsums, die Freiheit, auf organisierten Wegen den Planeten zu zerstören und unbewohnbar zu machen. Mit Plastik und der fahrlässigen Produktion von Killerviren, in Laboren und Fleischfabriken. Ihre Grenze findet diese Freiheit lediglich in den baskischen Fußball-Stadien: in der Halbzeit das geliebte mitgebrachte Baguette zu essen, bleibt verboten, statt Bier gibt es Wasser – aus ebenso naheliegenden wie unerfindlichen Gründen. Jedem das Seine.

UND SONST … Der Anführer der Vergewaltigungstruppe, die vor fünf Jahren bei den Fiestas in Pamplona ihre frauenverachtenden Spuren hinterließ, hat nach jahrelangem Leugnen und Lügen die Vergewaltigung eingeräumt und sich beim Opfer formal entschuldigt. Dafür erhofft er sich Hafterleichterungen und bessere Voraussetzungen für Ausgangs-Anträge.

ABBILDUNGEN:

(06-10) Collage FAT

(07-10) Neue Normalität

 

(ERST-PUBLIKATION BASKULTUR.INFO 2021-10-07)

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